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Montag, 7. April 2008

Tibet: alleingelassen

Jeder kleine Eisbär, ob er Knut oder Flocke heißt, bekommt, ohne krank zu sein, ohne misshandelt oder gefoltert worden zu sein, so viel Zuwendung und Post von allen Seiten, dass er sich kaum retten kann.

Pech für die tibetischen Mönche und alle Tibeter, dass sie keine kleinen Eisbären sind, sonst würde sich die Welt um sie kümmern.
Sie sind nur Menschen. Gequält und misshandelt dafür, dass sie ihre Heimat als Heimat beanspruchen.

Ich frage mich, warum nicht die Regierung Israels, einem Land, dem die Völkergemeinschaft 1948 eine Heimat zuerkannte, deutlich und vernehmbar ihre Stimme erhebt für Tibet.

Ich frage mich, warum Vertreter der Palästinenser nicht für Tibet aufstehen, denn sie müssten die Situation der Tibeter verstehen.

Ich frage mich, warum eine Bundeskanzlerin namens Angela Merkel, die groß wurde unter einem Regime, das in seiner Intoleranz dem chinesischen in nichts nachstand, nicht mehr tut für Tibet (dabei müsste sie noch den Schal des Dalai Lama im Schrank haben).

Ich frage mich, warum der Papst nicht aufruft zu täglichem Gebet und damit aktiv eintritt für eine gelebte religiöse Ökumene der Welt und eine ständige Öffentlichkeit schafft, die den Tibetern hilft. - Oder glaubt er, dass den gefangenen Mönchen in den chinesischen Gefängnissen ein Wellness-Programm zuteil wird?
Weiß er nicht, wie gerade Entrechtete der Unterstützung bedürfen?

Ich frage mich, warum die Sportfunktionäre der Welt anlässlich der olympischen Spiele in Peking wieder so versagen wie weiland anlässlich der olympischen Sommerspiele 1936 in Berlin.
Damals war noch kein Land annektiert, aber drei Jahre später war es so weit ... und die weiteren Folgen mit über 50 Millionen Toten sind noch heute unfassbar ...

Anlässlich der Wiederkehr der Reichskristallnacht oder vergleichbarer Gelegenheiten werden unsere politischen Vertreter wieder wunderbare Fensterreden halten, dass nie mehr wieder geschehen dürfe, was damals geschah. 6 Millionen getötete Juden seien Menetekel genug, so wird dann wieder getönt und dass ein toter Jude schon zu viel gewesen sei.
Die Bevölkerung des tibetischen Hochlandes wird auf 6 Millionen geschätzt. Ein toter Tibeter darf´s dann offensichtlich doch wieder sein ...

Warum die politischen Vertreter der Weltgemeinschaft zuschauen, weiß jeder: Wer will schon einen zukünftigen Weltmarkt verprellen. Und das für ein paar buddhistische Mönche ...
Doch sie stehen für mehr! Auch das weiß im Grunde jeder ...

Es ist, als ob die Geschichte nie gelehrt hätte, dass Machtpolitiker, wenn ihnen nicht Einhalt geboten wird, immer dreister werden, immer unverschämter die Rechte von Minderheiten ignorieren ...
Und dann fragen sich die Politiker, warum junge Menschen jeglichen Respekt vor der Politik verlieren und ihren gut bezahlten Wellness-Vertretern ...

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

diesen frustrierten aufschrei kann ich sehr gut verstehen. es gibt zu viele anlässe, bei denen sich mir solche aufschreie entringen: diese laue haltung zur china-politik begleitet vom opportunistischen schielen auf den profit. die paradoxe haltung der industrienationen zum klimaschutz (... unbedingt nötig, aber wir sind nicht zu den notwendigen maßnahmen bereit). die nach-mir-die-sintflut-mentalität, die sich leider an vielen orten durchgesetzt hat: kurzfristig alles schröpfen, ohne längerfristige verantwortung übernehmen zu wollen. der mensch als elefant im porzellanladen unserer erde.

lieber johannes, anhand dieses ersten beitrages, den ich lese, habe ich so ein gefühl wie seelenverwandtschaft.

grüße von stefan

Frau Veh hat gesagt…

Hallo Johannes, ich bin soeben auf deine Seite "gestoßen" worden und sehr dankbar dafür!!!

Ich kann deine Gedanken sehr gut verstehen!!!

Liebe Grüße
Kalive