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Sonntag, 28. Dezember 2008

Wer bin ich? Wen sehen die Anderen in mich hinein? Wie lebe ich? - Die Antwort Albert Schweitzers.


In der Zeit zwischen den Jahren macht es besonderen Sinn zurückzuschauen und zu fragen, ob die Vergangenheit einen Rat für die Zukunft enthält, ob wir uns selbst in den vergangenen Monaten näher gekommen sind und inwiefern uns unsere Umgebung und die Menschen um uns eine Antwort geben auf die Fragen:
Wer bin ich?
Was spiegeln mir andere über mich?
Inwieweit finde ich zu meinem unverwechselbaren und wertvollen Selbst?


In einem Post kann man nicht annähernd eine Person umreißen, aber kleine Vermächtnisse weitergeben.

Eine der großen Jahrtausendgestalten des vergangenen zweiten nachchristlichen ist Albert Schweitzer, der als einer der führenden Bachorganisten seiner Zeit, Doktor der Philosophie, bekannter Theologe, Buchautor sowie Leben-Jesu-Forscher und ausgebildeter Arzt sich nicht zu schade war, in einen unbekannten Ort Afrikas, nach Lambarene zu gehen und dort Tieren und Menschen gleichermaßen das Leben zu retten.

Manchen Schüler mag trösten, was er selbst über sich schrieb:

"Mein Vater wurde zum Direktor geladen, der ihm sogar andeutete,
dass es viel­leicht am besten wäre,
wenn er mich vom Gymnasium nähme."


Und er erinnert sich noch über den Kommentar des Direktors unter seinen Abituraufsatz:
„Ich habe mehr von Ihnen erwartet.“

Doch ist sein Rat für Menschen, gerade auch für Jugendliche, in unserer Zeit, in der die Gefahr der Ablenkung so riesengroß ist, so wichtig:

Suche, ob sich nicht eine Anlage für dein Menschentum findet.
Lass dich nicht abschrecken, wenn du warten oder experimentieren musst.
Auch auf Enttäuschungen sei gefasst.
Aber lass dir ein Nebenamt, in dem du dich als Mensch an Menschen ausgibst, nicht entgehen.
Es ist dir eines bestimmt, wenn du es nur willst
.

Dabei kommt es Albert Schweitzer nicht darauf an, was andere von der Qualität der Arbeit halten, sondern für ihn gilt:

Sein Menschenleben neben dem Berufsleben rettet sich,
wer auf die Gelegenheit aus ist, in persönlichem Tun,
so unscheinbar es sei,
für Menschen, die eines Menschen bedürfen, Mensch zu sein [...]
Dass jeder in der Lage, in der er sich befindet,
darum ringt, wahres Menschentum am Menschen zu betätigen:
davon hängt die Zukunft der Menschheit ab.


Dabei glaubt er, dass jedem Menschen eine Kraft innewohnt, die ihn befähigt, ein großer Strom auf der Landkarte des Lebens zu sein.


Der Mensch als freier Geist ist nicht dazu bestimmt,
bloß Nebenfluss zu sein.
Jeder sollte seine eigene Bahn zum Ozean verfolgen,
mancher breiter und tiefer,
mancher vielleicht kürzer und flacher,
aber jeder frei und sich selbst treu.


Und dabei ist es nicht notwendig, dass ein Strom den anderen hindere. Der Globus des Lebens hat Raum für alle Ströme. Wir verwirklichen das, indem wir Ehrfurcht auch vor dem Leben des Anderen, des Nächsten haben:


Sich kennen will nicht heißen, alles voneinander wissen,
sondern Liebe und Vertrauen zueinander haben
und einer an den anderen glauben {...}
Es gibt nicht nur eine leibliche, sondern auch eine geistige Schamhaftigkeit,
die wir zu achten haben.


Uns gelingt es, wenn wir beherzigen, dass


"Die Reife, zu der wir uns zu entwickeln haben, (..)
die (ist), dass wir an uns arbei­ten müssen,
immer schlichter,
immer wahrhaftiger,
immer lauterer,
immer fried­fertiger,
immer sanftmütiger,
immer gütiger,
immer mitleidiger
zu werden.
"

Wenn wir das berücksichtigen, ja beherzigen, dann geschieht etwas, was Albert Schweitzer mit einem großen Wort so ausdrückt und was mich jedes Mal, wenn ich es lese, zutiefst berührt und auch mit großer Hoffnung füllt:

Finden sich Menschen,
die sich gegen den Geist der Gedankenlosigkeit auflehnen
und als Persönlichkeit lauter und tief genug sind,
dass die Ideale ethischen Fortschritts als Kraft von ihnen ausgehen können,
so hebt ein Wirken des Geistes an,
das vermögend ist,
eine neue Gesinnung in der Menschheit hervorzubringen.

* Das Bild ist entnommen dem Cover des leider nur noch antiquarisch erhältlichen, ehemals im Arena-Verlag erschienenen Buches von K.R. Seufert: "Das Zeichen von Lambarene. Albert Schweitzer gründet das Urwaldhospital." Würzburg 1992.
Umschlagillustration: Marlis Scharff-Kniemeyer
** Die Zitate sind weitgehend entnommen den Büchern von Albert Schweitzer "Aus meiner Kindheit und Jugendzeit" sowie "Aus meinem Leben und Denken".

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