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Freitag, 27. Februar 2009

Was Harald Schmidt, Oliver Pocher, Stefan Raab und ihresgleichen gemeinsam ist ...

Wer hat nicht schon über Harald Schmidts Pointen geschmunzelt, ja gelacht?! Schließlich bekommt er sie ja regelmäßig von Pointenschreibern auf den Leib geschrieben; da muss doch was dabei rauskommen.
Er kann im Fernsehen außerhalb seiner eigenen Sendungen durchaus auch schlagfertig sein, es gibt aber auch den anderen Harald Schmidt, dem gar kein Gag gelingen will.
Im Grunde ist er die intellektuelle Variante anderer, die auf primitiveren Ebenen gagig daherdümpeln; Stefan Raab ist einer von ihnen.

Vordergründig gemeinsam ist den oben Genannten und auch vielen anderen Comedians und wie sie sich auch immer nennen - ist es Zufall, dass die meisten Männer sind? -, dass regelmäßig Pointen auf Kosten anderer gehen.
Wenn einem gar nichts mehr einfällt, ein Gag über das Aussehen der Angela Merkel kommt doch immer an, einer über die vielen Frauen des Gerhard Schröder oder, wenn die absolute Pointennot ausbricht, muss auch nochmal Rudolf Scharping herhalten oder Helmut Kohl ...
Beste Abendunterhaltung nennen das die einen, Kavaliersdelikte die anderen.

Die Frage ist, was diesen Comedians wirklich gemeinsam ist, die anderen, seien es Homosexuelle, Politiker, Blondinen oder eben Menschen, die sie zu Minderbemittelten erklären, unter die Gürtellinie schlagen, dass der Getroffene sich bücken muss, um den Schmerz auszuhalten, was die Möglichkeit bietet, ihm noch einen Genickschlag mitzugeben.
Was bringt Menschen dazu, so bewusst zu verletzen?
Wir schimpfen über die Kriege im Irak, Afghanistan und anderswo ... aber die gemeinsten Waffen, die Waffen, die vollkommen unterschätzt und im Grunde unerkannt Kloakiges in so viele Seelen schießen, besonders in die der Verletzten, die lassen wir in den Händen ihrer Benutzer.
Und traurig aber war: Bei wie vielen Jugendlichen hatte z.B. Stefan Raab über viele Jahre Kultstatus. Für was bereitet er wohl den Boden?!

Mit welcher Selbstverständlichkeit werden Leute wie Harald Schmidt und Oliver Pocher in den öffentlich rechtlichen Anstalten subventioniert mit den Gebühren aller Zuschauer, obwohl sie das Recht auf Menschenwürde und Unverletzlichkeit der Person ständig verletzen?

Und dafür werden sie noch von einem Millionenpublikum begrölt.

Politiker gehen übrigens oft nicht viel anders mit ihresgleichen um.
Wir aber wundern uns, wenn Kinder in der Schule andere Kinder mobben und finden das ganz schlimm.
So eine Scheinheiligkeit.

Zurück zu der Frage: Was bringt Menschen dazu, so viel Gülle auszuschütten, in alle Wohnzimmer und vor allem, indem sie das tun, in ihre eigene Seele, die, wenn sie sich beschweren könnte, schreien würde über den Güllegestank ihrer selbst.

Selbsthass und Selbstverachtung sind die Triebfedern solchen Verhaltens. Nicht-Angenommen-Sein. Sich nicht selbst annehmen.
Wer sich selbst annehmen kann, kann auch andere annehmen, so wie sie sind.
Wer sich selbst nicht annehmen kann, kann das auch mit anderen nicht.
Im Extremfall machen er oder sie die anderen fertig - kultivieren das als besondere Fähigkeit und machen das zu ihrem Beruf.

Die dreiste Grimasse der Schmidt, Pocher, Raab und Co kaschiert die ihnen gemeinsame pure Angst, jemand könne ihre eigene übergroße Verletzlichkeit erkennen, ihre Schampersönlichkeit. Es sind Menschen, die vor ihren eigenen übergroßen Ängsten und ihrer toxischen Scham davonlaufen und andere so prügeln, dass niemand mehr auf die Idee kommt, sie könnten es tun aus Angst, selbst wieder geprügelt zu werden.

Wir denken, die einzig Kriminellen sind die, die Pistolen, Messer und Ähnliches bedienen. Wir vergessen, wie kriminell es ist, andere mit Häme vollzukübeln, an den Pranger zu stellen, in den Schmutz zu ziehen, von dem zeitlebens etwas haften bleibt, manchmal nicht wenig.
Schrapnells kommen oft aus Mündern; sie lassen blutendes Fleisch der Seele zurück.
Und wir vergessen, wie diese Wort- und Gesinnungskriminalität sich multipliziert. Millionenfach.

Wer mit-macht, wer mit-lacht, ist Mit-Täter. Er verleiht den Gallionsfiguren solchen Treibens seine Energie; von ihr, von der vieler nähren sie sich.

Ich finde, wir sollten uns innerlich und öffentlich von diesem Verhalten distanzieren.
Ich persönlich will nicht, dass in öffentlich-rechtlichen Anstalten Menschen bezahlt werden, die Kübel von Häme und gemeinste Sottisen über anderen ausschütten.

Ich freue mich, wenn immer mehr Menschen, statt mitzulachen, diesen Gallionsfiguren von Dreistigkeit, Hohn und übergroßer Scham zu einer Therapie raten, damit sie eine Chance haben, ihre Selbstachtung zu finden und die Würde ihres Menschseins, damit sie auch andere als Menschen respektieren lernen - vor allem eben aber: sich selbst.

Freitag, 20. Februar 2009

Die Sehnsucht Gretchens: Trinken aus dem Meer der Liebe. – Goethes "Es war ein König in Thule"

Margarethes Himmels-Liebe

Zwei Sätze haben sie miteinander gewechselt, Faust und Gretchen, bei ihrer ersten Begegnung.

Faust:
Mein schönes Fräulein, darf ich wagen,
Meinen Arm und Geleit ihr anzutragen?
So spricht man eine Dame von Stand an, so aber fühlt sich Gretchen als einfaches Bürgermädchen nicht:
Bin weder Fräulein, weder schön!
Kann ungeleitet nach Hause gehen.

Als ob ihr geringerer Stand ihre Schönheit beeinträchtigen könne, stellt Gretchen diese gleich mit in Abrede.
Doch Faust kennt die Wahrheit:

Beim Himmel, dieses Kind ist schön [...]
Faust wird der äußeren, vor allem aber auch der inneren Schönheit Gretchens nicht gerecht werden können.
Auch wenn seine Aussagen immer wieder in Zukunft Anklänge an das Hohelied Salomos erkennen lassen:

Faust ist nicht Salomo, der Bräutigam des Hoheliedes, wohingegen Gretchen weit eher der Braut Sulamith gleicht; doch wird sie diese Liebe nicht leben können. Faust, im Banne des Mephistopheles, ist weit von dieser Liebe entfernt. Er wird Gretchen schwängern und sie, die ihr gemeinsames Kind ertränkt hat, zwar aus ihrer Kerkerhaft befreien wollen: Die aber erkennt diesen Faust, wahnsinnig geworden, bereits nicht mehr, er, der sich nie um sie gekümmert hatte, als sie allein mit ihrem Kind war, als sie seiner Hilfe bedurft hätte.

Zurück zum Beginn jener Liebe:

Gretchen weiß bereits nach dem ersten Treffen und jenem kurzen Wortwechsel, welche Liebe sie leben möchte und singend erfindet sie in Faust I - allein in ihrem Zimmer - jenes Lied, das von einer Liebe erzählt, so tief wie das Meer und so frei, wie sie nur zwischen einem König und seiner Buhle sein kann: frei, grenzenlos, an keine Fesseln gebunden, überdauernd die Zeiten ...



Es war ein König in Thule
Gar treu bis an sein Grab,
Dem sterbend seine Buhle
Einen goldnen Becher gab.

Es ging ihm nichts darüber,
er leert' ihn jeden Schmaus,
die Augen gingen ihm über,
so oft er trank daraus.

Und als er kam zu sterben,
zählt' er sein Städt' im Reich,
gönnt' alles seinen Erben,
den Becher nicht zugleich.

Er saß beim Königsmahle,
die Ritter um ihn her,
im hohen Vätersaale
dort auf dem Schloß am Meer.

Dort stand der alte Zecher,
trank letzte Lebensglut
und warf den heil'gen Becher
hinunter in die Flut.

Er sah ihn stürzen, trinken
und sinken tief ins Meer.
Die Augen täten ihm sinken,
trank nie einen Tropfen mehr.

Den Becher, Symbol der Liebe zwischen dem König und der Geliebten, gibt jener nie aus der Hand, jeden Tag trinkt er aus ihm, und auch als er weiß, dass er sterben wird, gibt er ihn in niemandes Hand, sondern übergibt ihn dem Meer, Symbol der Ganzheit und ewigen Lebens.

Nicht von ungefähr erfindet Gretchen einen König, einen weisen alten König als männlichen Part ihrer Liebe. Solch eine reife Liebe wünscht sie sich, fühlt sie ihrer Liebe würdig. Wie der Becher in der letzten Strophe möchte sie trinken das Meer und sinken auf den Grund der Liebe.

Das Es war zu Beginn klingt an an jenes Es war einmal, jenen Bewusstseinszustand der Menschheit, denn wir in den Märchen finden, als es zwischen Liebenden ein ganzheitliches Bewusstsein der Liebe gab.

Wenn wahrhaft Liebende sich finden, dann trinken sie im Meer der Liebe aus dem Meer der Liebe und jener Becher ist ihr Heiliger Gral. Liebe in Ewigkeit: Es gibt sie.

Unsere Seele kehrt immer wieder, um genau jene Liebe zu suchen und zu finden, von der Paulus im Brief an die Korinther spricht, wenn er sagt:


Die Liebe höret nimmer auf,
so doch die Weissagungen aufhören werden
und die Sprachen aufhören werden
und die Erkenntnis aufhören wird.


Liebe, die nimmer aufhört: Liebe, die immer währt.

Auch Faust kehrt in Faust II wieder. Und auch, als er dort stirbt, holt ihn Gretchen zum Himmel in dem Wissen, was der Chor der Engel, die Faustens Unsterbliches tragen, singt:

Wer immer strebend sich bemüht
Den können wir erlösen.
Wer das nicht tut, bleibt gegebenenfalls endlos der Herrschaft des Kronos, der Zeit ausgeliefert und dem Jüngsten Gericht. Das Jüngste Gericht ist ein Gericht der Zeit.

Aber die Liebe bleibt.



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Samstag, 14. Februar 2009

Zu Ehren von Valentin, zu Ehren des himmlischen Bräutigams, zu Ehren meiner Liebe: der Valentins-Tag.


D
er Name Valentin leitet sich von dem lateinischen Verb valere ab; es bedeutet u.a. wert sein, gültig sein, in Kraft bleiben. Ja, dieser Bischof von Terni, von dem die Legende erzählt, dass er Verliebte christlich getraut habe und dafür auf Befehl des Kaisers Claudius II enthauptet worden sei, bleibt in uns gültig in dem, was er tat. Es ist, als ob seine Liebe noch heute, wie er es damals tat, den Liebenden aus seinem Garten, dem Garten der Liebe, Blumen schenkt. Leider musste er erleben, was Eduard Mörike in einem seiner Peregrina-Gedichte so beschreibt:

Die Liebe, sagt man, steht am Pfahl gebunden,
Geht endlich arm, zerrüttet, unbeschuht;
Dies edle Haupt hat nicht mehr, wo es ruht,
Mit Tränen netzet sie der Füße Wunden.



Manche verbinden auch mit diesem Tag und verehren durch ihn die Ankunft des Himmlischen Bräutigams. Zu weit hergeholt? Keineswegs. Wo diese überkonfessionelle Christus-Liebe einzieht, wird jeder Tag zum Valentins-Tag und da mag geschehen, was Christian Friedrich Hebbel in einem der schönsten Liebesgedichte, die ich kenne, überschrieben DAS HEILIGSTE, so zu Papier gebracht hat:

Wenn zwei sich ineinander still versenken,
Nicht durch ein schnödes Feuer aufgewiegelt,
Nein, keusch in Liebe, die die Unschuld spiegelt,
Und schamhaft zitternd, während sie sich tränken;

Dann müssen beide Welten sich verschränken,

Dann wird die Tiefe der Natur entriegelt,
Und aus dem Schöpfungsborn, im Ich entsiegelt,
Springt eine Welle, die die Sterne lenken.

Was in dem Geist des Mannes, ungestaltet,
Und in der Brust des Weibes, kaum empfunden,
Als Schönstes dämmerte, das muß sich mischen;

Gott aber tut, die eben sich entfaltet,
Die lichten Bilder seiner jüngsten Stunden
Hinzu, die unverkörperten und frischen.


Freitag, 13. Februar 2009

Es war, als hätt der Himmel / Die Erde still geküsst: Erinnerung schafft das Morgen – die Magie der Hoffnung.




Es war, als hätt der Himmel
Die Erde still geküsst,
Dass sie im Blütenschimmer
Von ihm nun träumen müsst.

Die Luft ging durch die Felder,
Die Ähren wogten sacht,
Es rauschten leis die Wälder,
So sternklar war die Nacht.

Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.

Wenn wir tief in uns gehen, wenn wir den Weg der Er-inne-rung nach innen gehen, kommen wir in jene Zeit, da der Himmel einst die Erde immer wieder küsste; es war - so entnehmen wir der griechischen Mythologie - zu Zeiten der Regentschaft von Uranos, dem Himmel, und Gaia, der Erde, noch bevor die Herrschaft der Zeit, die Herrschaft des Gottes Kronos einsetzte – es war das Goldene Zeitalter; die Bibel nennt es Paradies.

Wir meinen, das sei Ewigkeiten her. Das ist es natürlich auch, doch was Dichter wie Eichendorff ahnend zum Ausdruck bringen und all unsere Seelen wissen: In gewissen Mondnächten wiederholt er sich, dieser Himmelskuss, und die Erde träumt ihr ewiges Es war einmal, träumt von ihrem Geliebten, dem Himmel.

Magisch lebt dann die ganze Welt.
Kein Wunder ist die Luft in der zweiten Strophe von Eichendorffs Mondnacht ein lebendiges Wesen, sie geht durch die Felder; auch die Ähren sind lebensvoll beseelt, sie wogen, ebenso die Wälder, sie rauschen; und die Nacht zeigt uns alle ihre Sterne.

Es scheint, als ob alles in der Vergangenheit spiele, die Luft ging, die Ähren wogten, die Wälder rauschten: Alles geschieht in der Vergangenheit.
Und doch geschieht alles auch im Augenblick des Lesens.
Warum ist alles uns so präsent?
 

Es ist nicht nur die griechische Mythologie, die den Hintergrund bildet für das Glück des Anfangs, dessen Wirklichkeit unsere Seelen alle erlebt haben, dessen Wirklichkeit selbst der Konjunktiv II in "hätt" nicht schmälern kann, ja, im Gegenteil, vielleicht gerade hervorlockt; es ist auch die griechische Weisheitslehre, die den Hintergrund zur dritten Strophe bildet.
 

Wir hören Platons Worte aus dem Phaidros:

Wenn die Seele vollkommen und geflügelt ist,
schwebt sie in der Höhe und durchwebt das ganze Weltall.

 
Wenn sie dies tut, kann sie jederzeit nach Hause fliegen.
Ja, wenn sie so fliegt, dann ist sie zu Hause.
 

Es gibt wohl keine Zeilen mehr in der deutschen Lyrik, welche die Menschen – man möchte fast sagen: die Menschheit – auf so innige Weise versammelt vor dem Altar der kosmischen Hochzeit; und alle wissen:
 

* Ja, der Himmel hat einst die Erde still geküsst, wir waren dabei.
* Ja, der Himmel wird die Erde wieder küssen; wir werden dabei sein.
* Ja, wir fliegen alle einst nach Hause. Und wenn wir daran glauben: in einer Mondnacht.
Auch Richard Dehmel weiß von diesem Moment in seinem Gedicht Manche Nacht.

Es ist die Magie der Hoffnung, welche die Menschen vereint.
 
Wie heißt es am Schluss der Märchen:

Und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie noch heute.

Die Bedingung "Und wenn …" ist für Erwachsene geschrieben, damit ihnen die Option der Hoffnung offenbleibt.
Ein Kind glaubt ohnehin, dass sie noch heute leben und das heißt: für immer.
 

Der Konjunktiv II, den Eichendorff auch am Schluss verwendet – "… als flögen sie …" – ist den Erwachsenen geschuldet.
 

Ein Kind weiß:

Wenn die Seele weit ihre Flügel ausspannt,
dann fliegt sie nach Hause;
dann ist sie zu Hause.

Und in diesem Moment, wo wir obige Zeilen lesen, spannt unsere Seele trotz der Vergangenheitsform "Es war …" und trotz der Unwirklichkeit des Konjunktiv II ihre Flügel aus und sie fliegt für diesen Moment.


Es gibt keinen wertvolleren Augenblick
als diesen Moment der Hoffnung.

Hoffnung ist unsere Wegzehrung.

Durch sie vereinen sich in uns Weg und Ziel.

Im Ziel sind wir zu Hause, gewiss.

Doch unterwegs haben wir Hoffnung und Weg und Ziel.

In einem.

Ja, wir dürfen dieses Unterwegs-Sein sogar genießen.
In diesem bewussten Unterwegs-Sein
kommt uns der Vater schon entgegen.

Auch wenn das große Gleichnis anders überschrieben ist:

Der verlorene Sohn, die verlorene Tochter
sind verloren nur aus der Sicht von Menschen.

Unser geistiger Vater gibt uns niemals verloren.


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Samstag, 7. Februar 2009

Wortschrott

Nun heißt die Abwrackprämie Umweltprämie.

Logisch, wie auch sonst.

Man verschrottet, was noch voll fahrtauglich ist, weil wir Schrott brauchen, klar.

Unserer Umwelt zuliebe.

Wenn Worte sich doch wehren könnten und den verlogenen Lügnern ins Gesicht sprängen.

Dann wäre zwar fast jedes Parlament ein Lazarett.

Aber wir kämen bei solch einem Anblick der Wahrheit vielleicht näher.
Falls dann weniger gesplogen wird, dieser cruden Mischung aus gesprochen und gelogen.
Auch und gerade von unseren Politikern.
Es sind halt nun mal "unsere" ... 
... ein Teil von uns ...

Freitag, 6. Februar 2009

Der Deutschen liebstes Kind ist nicht das Kind: die Abwrackprämie.

Welcher Vater, welche Mutter hätte sich das nicht gewünscht:
Von Vater Staat eine Starthilfe ins Leben für ihr Kind.

2500 Euro, wenn Sie ein Kind zeugen!
Klar zeugen Sie es sowieso.
Aber auch Autos sterben sowieso, auch ohne Sterbeprämie ...
Und wenn Autos schneller gestorben werden, dürfen doch wohl auch Kinder kostengünstiger geboren werden ...

So aber denkt der deutsche Politiker nicht!

Zwar schraubt der ja immer mal wieder ein bisschen am Kindergeld, damit der Betrag im Realwert wenigstens einigermaßen gleich bleibt, aber geliebt wird dieses Kindergeld von unseren Politikern nicht, geschweige denn die Kinder ...

... oh ... sowas darf man doch nicht sagen, schließlich haben die Politiker auch Kinder zu Hause, die sie lieben ... und dass sie sie lieben, ist der Beweis, wie kinderlieb ihre Politik doch ist - so logisch wie einfach ist das.
Besonders an Weihnachten. Und das ist immerhin einmal im Jahr.

Wer allerdings wirklich geliebt wird, zeigt sich in Deutschland daran, wem das Geld zufließt und lieber wird das Sterben eines Autos unterstützt als die Geburt eines Kindes.
Schließlich floriert ja die Wirtschaft, wenn ein Auto stirbt ... und nach neun Jahren Autoleben kann man schon mal ein Autosterben unterstützen ... damit der Geldverkehr lebt.

Unbestritten gilt: Geldverkehr ist wichtiger als Geschlechtsverkehr - vor allem, wenn Ersterer in Liebe geschieht.
Geld zu lieben ist halt auch leichter. Geld ist einfach anspruchsloser, pflegeleichter, man muss ihm nicht antworten und es ist einfach da, wenn man es braucht, es zahnt nicht, muss nicht zum Kinderarzt, wird nicht eingeschult und pubertiert nicht ...

Und klar ist: die Wa(h)re Liebe wird nicht an irgendwelchen Herz-Einheiten gemessen, sondern am Euro.

Das funktioniert vor allem immer dann, wenn das Herz so hart ist wie die Währung.

Zwar ist die nicht mehr so hart wie früher und leider wird - was man erwarten könnte - das Herz nicht zugleich weicher, sondern schwächer.


Aber: Ein Herz kann man ja heute auch ersetzen, wenn es seinen Dienst aufkündigt.
Die Abhängigkeit vom Herzen sinkt - ein kultureller Fortschritt.

Erstaunt?
Nicht im Ernst: Kultur dient nur der Wirtschaft als Ornament.

So ist nun mal die Logik unseres gesellschaftlichen Lebens.

Ja, in Deutschland muss man ein Auto sein oder Geld, um wirklich geliebt zu werden!
Ein Kind kostet, hat Ansprüche, will geliebt sein und andere Dreistigkeiten mehr.
Subventioniert wird das Kind an sich erst, wenn die Politiker ihre Renten gefährdet sehen.
Doch vorher sterben die Volksvertdrehter, auch ohne Prämie. - Warum also umdenken?!
Für die Kinder?
Wo kämen wir dahin!

Solange der Staat ein Mann ist und Mutter Staat nicht einmal als Möglichkeit in Betracht kommt, ist die alte Ordnung nicht gefährdet; schließlich war auch Gott schon immer ein Mann und der Papst ein Papa ...
Trotzdem: Kinderliebe ist so selbstverständlich, dass sie nicht in die Verfassung muss ...
Schließlich haben wir die Prügelstrafe schon abgeschafft, die äußere ...
... innen prügeln wir munter weiter ...