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Sonntag, 14. Juni 2009

Seelenlandschaften: Der tiefe Brunnen weiß es wohl ... Vom Zucken eines Traums ...





















Der tiefe Brunnen weiß es wohl,
Einst waren alle tief und stumm,
Und alle wussten drum.

So beginnt Hugo von Hofmannsthals Gedicht Weltgeheimnis.
Und in der Tat birgt ein tiefer Brunnen auch das Geheimnis der Welt, so wie jedes Menschen Seele das Geheimnis der Welt birgt, wenn man auf ihren Grund kommt. Nicht von ungefähr heißt es im Grimm-Märchen Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich:

Nun trug es sich zu, dass die goldene Kugel der Königstochter nicht in ihr Händchen fiel, das sie in die Höhe gehalten hatte, sondern vorbei auf die Erde schlug und geradezu ins Wasser hineinrollte. Die Königstochter folgte ihr mit den Augen nach, aber die Kugel verschwand, und der Brunnen war so tief, dass man keinen Grund sah.

Ja, in der Folge wird die Königstochter sich wirklich selbst auf den Grund gehen müssen, um zu ihrer goldenen Kugel zu kommen und dabei zugleich einen wirklichen Mann zu finden, nicht nur einen Frosch, jedenfalls: mit den Augen zu rollen, das wird nicht genügen! Dazu wird sie sich erstmal von dem Papa, dem Herrn König, lösen müssen. Wer mehr dazu lesen möchte, dem sei Hans Jellouscheks Der Froschkönig. Ich liebe dich, weil ich dich brauche empfohlen, ein klasse Buch.

Wer nicht in die Tiefe des Brunnens zu tauchen bereit ist, - er ist nichts anderes als ein Symbol für die eigene Seele -, wird nicht zu sich selbst gelangen.

Auch im Märchen Eisenhans beginnt die Initiation des Jungen an einem Brunnen, den er bewachen muss und dessen Bedeutung daran ersichtlich wird, dass alles, was hineinfällt, golden wird. Doch darf eben nicht alles hinein und man muss ihn bewachen können; das jedoch kann Eisenhans nicht, und so beginnt seine Reise zum Mann-Sein, über die wiederum Robert Bly in Eisenhans. Ein Buch über Männer Fundamentales und Erhellendes geschrieben hat. Eisenhans wird seiner Mutter den Schlüssel unter dem Kopfkissen stibitzen müssen (freiwillig gibt sie ihn nicht her, wie so oft im Leben die Mütter), damit er zum - wilden - Mann werden kann und kein Muttersöhnchen, sprich Froschkönig bleibt.

So einfach sind diese Reisen zu sich selbst nicht - vor allem, weil viele vergessen haben, dass es diese Reisen gibt -, und Hugo von Hofmannsthal weiß, warum er am Schluss seines Gedichtes schreibt:

Der tiefe Brunnen weiß es wohl,
Einst wussten alle drum,
Nun zuckt im Kreis ein Traum herum.

Es wird Zeit, dass wieder Realitiät werden kann, was nur so als Traum durch die Gegend zuckt ... Einst kannten wir alle das Weltgeheimnis, wussten wir um das Geheimnis des tiefen Brunnens. Nun liegt es auf seinem Grund verborgen und das Einst, also das Es war einmal der Märchen will uns sagen: Wir können Dich hinführen ...
Das aber ist vielen Zeitgenossinnen und -genossen suspekt; lieber lallen sie oder werden verrückt ...

Wenn Liebe tiefe Kunde gibt: mehr zu Hofmannsthals Weltgeheimnis

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