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Sonntag, 22. August 2010

Saul, Saul, was verfolgst du mich? - Die Wandlung des Saulus zum Paulus wirft eine entscheidende Frage auf!

Heute war ich im Gottesdienst meines neuen Heimatdorfes Malmsheim.
Manchmal ist es so, dass mich die Predigt wenig anspricht; so war es heute auch. Der Pfarrer war in Urlaub und sein Vertreter sprach über alles Mögliche, bloß nicht über das Ereignis selbst, das in der Apostelgeschichte geschildert wird und Inhalt des Predigttextes war.
Aber irgendwie tut mir die Stunde in einer Kirche gut. Es ist, als ob ich mir Zeit für Schichten in mir nehme, die ich im Alltag oder auch zu Hause nicht erreiche, als ob ich mir damit auch wirklich Liebes zugestehe, vielleicht ein besonderer Akt der Selbstliebe. Es ist auch, als ob ich ein Stück weit dadurch dem Sonntag Raum in mir gebe und dem entsprechenden Gebot gerecht werde, das für unsere seelische Gesundheit ja hohe Bedeutung hat.

So habe ich mich heute während der Predigt immer wieder meinen eigenen Gedanken zu dem vorgelesenen Predigttext hingegeben. Natürlich fallen einfach die drei Tage auf, die Saulus nach der Begegnung mit Gott bzw. Jesus blind ist. Seine Nachtmehrfahrt der Seele. Er geht sich nicht mehr auf den Leim, sondern findet seinen Grund in sich. Das ist einfach kein Zufall, diese drei Tage; natürlich erinnern sie an Ostern (und mich an die Geschichte jener Frau, die ich an anderer Stelle veröffentlicht habe).

Saulus muss ja ein wüster Knabe gewesen sein. Er muss sogar unter den Christen gemordet haben, wenn man den Wortlaut der Bibel ernst nimmt, muss sie wie Terroristen verfolgt haben.
Ein übler, intoleranter Bursche also. – Und der Hohepriester war sein Helfershelfer, der ihm - gerade war er wieder unterwegs - die Freibriefe zur Hetzjagd ausstellte (manchmal glaube ich, die Kirche bzw. entsprechende Menschen in ihr sind der Antichrist, denn niemand rechnet damit, dass von ihnen so viel Falschheit ausgeht).

Was mich fasziniert, ist das Licht im Zentrum des Geschehens, das der zukünftige Paulus auf einmal wahrnimmt:
Und da er auf dem Wege war und nahe an Damaskus kam, umleuchtete ihn plötzlich ein Licht vom Himmel.
Im Gegensatz zur Erläuterung meiner Lutherbibel, die das Licht auch von den Begleitern des Saulus gesehen werden lässt, sehen diese es eben gerade nicht; sie müssten dann genauso blind werden ... werden sie aber nicht.
Nein, es ist wie mit dem Gral; ihn können nur Auserwählte sehen. So ist es mit diesem Licht. In ihm verbirgt sich Jesus - und damit auch Christus - und zugleich zeigt er sich darin.

Der Sohn der heiligen Familie zeigt sich dem gefallenen Kind. Einem Mörder. Einem, der voller Hass Menschen hetzt.

Da geschieht etwas, was meinem Bewertungsraster völlig zuwiderläuft. Wie kann einem Mörder göttliches Licht zuteil werden? Muss er nicht erst sein Karma abtragen? (Die Geschichte zeigt, dass der buddhistische Karma-Gedanke so, wie er meistens dargestellt wird, nicht stimmen kann. Ein Menschenjäger - und dann gleich erleuchtet ... tststs).

Wenn ich Saulus bewerten würde, wäre ich auf meine Weise auch ein seelischer Hohepriester, wie jener oben. Ganz offensichtlich: Gott denkt nicht so wie ich, wie meine Vorstellungen und sicherlich die auch vieler anderer.
Also wieder etwas, was mich gemahnt, möglichst nicht zu werten ...
Und damit zusammen hängt die in der Überschrift angesprochene Frage:
Würde ich diese Wandlung bei einem Menschen zulassen können?
Würde ich sagen können: Ja, es grenzt an ein Wunder, aber es und er überzeugen mich.
(Übrigens hat Franz von Assisi sich auch recht schnell von einem absoluten Lebemann zu einem echten Hohepriester der Armen entwickelt - aber so schnell wie Saulus doch nun nicht ...)
Ich kann also obige Frage, ob ich solch eine Wandlung bei einem Menschen zuließe, nicht leichtfertig und schnell mit Ja beantworten. Im Gegenteil: Ich bin sicher, ich hätte erhebliche Schwierigkeiten.

"Du sollst dir kein Bildnis machen".

Ich will hoffen und mir wünschen, ich könnte es, solch eine Veränderung bei einem Mitmenschen wahr-zunehmen; ich wäre selbst auf den Spuren göttlichen Handelns.

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