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Montag, 29. August 2011

Rose Ausländer: In deinen Augen steht das Wort geschrieben


In deinen Augen steht das Wort geschrieben,
das noch vor Gott als erster Ursprung war.
Du biegst den Regenbogen deiner Liebe
wie einen Glorienschein mir um das Haar.

Ich fühle dich wie einen Falter schweben
in meiner Sehnsucht unerlöstem Raum.
Die goldnen Vögel meiner Liebe beben
und wollen in den Wald zu ihrem Traum.

Kannst du mich auf den Regenbogen heben
und jedes Restchen Erde mir entziehn?
Kannst du von deinem großen, heißen Blühn

mir eine Wurzel in die Seele geben,
aus der mein bang verhaltenes Gedicht
sich löst und aufsteigt in das tiefe Licht?

aus Der Regenbogen. Sonette. 1939
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Freitag, 19. August 2011

Das Ewig-Weibliche war zu Beginn - Homerischer Hymnus über die Allmutter Erde

Wenn man - wie auch im letzten Post - die lächelnde Madonna von Lauter sieht, dann glaubt man in ihr Züge zu sehen, die man mit dem Ur-Weiblichen, Ur-Mütterlichen in Verbindung bringen kann.



Manche der zahlreichen, zum Teil zwei- oder dreitausend Jahre alten Figuren aus allen Teilen der Erde, die die Große Mutter abbilden, zeigen diese Körperbetonung, aber auch durchaus vergleichbare Gesichtszüge, ich denke nur an die nunmehr 4000 Jahre alte Abbildung der ägyptischen Göttin Isis, wie sie ihrem Sohn Horus die Brust darreicht. Allerdings finde ich den Frieden, die Sanftheit, die Liebe, die diese Madonna von Lauter ausstrahlt, schon sehr einmalig. Und natürlich ist Marias Gewand, ihr Haar, ihr Diademband, ihr Kopftuch und manches mehr mit Liebe bis ins Detail gestaltet, deutlich mehr, als das bei den vorzeitlichen Skulpturen und Plastiken der Fall ist, die - eine Frage des Bewusstseins - nur eher elementare Konturen geben können.

Manchen Männern, insbesondere denjenigen, die sich vor allem über ihr Geschlecht definieren, mag es nicht gefallen, dass es nach der Überzeugung führender Ethnologen, Religionswissenschaftler und Kulturpsychologen - ich nenne hier beispielhaft Mircea Eliade und Erich Neumann - kaum abzustreiten ist, dass es in vielen Kulturen offensichtlich ein - um es mit Goethe zu sagen - Ewig-Weibliches gab vor einem Ur-Männlichen. Es ist Gaia, die Erde, die in der griechischen Mythologie den Himmel als ihren Göttergatten erschafft und es ist diese Gaia, auf die wir schauen müssen, wenn wir über die weibliche Seite Gottes sprechen. - Darüber wird ein andermal mehr zu schreiben sein.

Bevor ich mich Homer zuwende, möchte ich noch für die- oder denjenigen, der Interesse hat, auf indianische Kulturen verweisen und wie sehr sie verwoben sind mit der Erde als ihrer Mutter. Vergessen wir nicht: Im Sinne der Griechen und der Indianer ist Gaia, ist die Mutter Erde mehr als die Göttin dieses Planeten. Sie ist ein kosmisches Prinzip, ein kosmisches Wesen.

Wir lesen bei Homer - jenem Dichter, den man zwischen 850 und 1200 vor Christus datiert - in seinem 30. von 33 bekannten Hymnen über die Allmutter Erde:


Die Erde will ich besingen, die Allmutter, die fest begründete, die älteste aller Wesen. Sie nährt alle Geschöpfe, alle, die auf der göttlichen Erde gehen, alle, die in den Meeren sich regen und alle, die fliegen. Von ihrer Fülle leben sie alle. Dir, o Herrin, entsprießen gute Kinder und gute Ernten, du hast Gewalt, den sterblichen Menschen Leben zu geben oder zu nehmen. Glückselig ist, wen du wohlwollend ehrest. Im Überfluss wird ihm alles zuteil. Das fruchtbare Land ist mit Getreide überladen, die Wiesen bedeckt mit Vieh, das Haus ist mit allem Trefflichen versehen. In der Stadt voll rechtschaffener Frauen herrscht man nach dem Gesetz, begleitet von Reichtum und Glück. Fröhlich frohlocken die Kinder, junge Mädchen, die Hände voll Blumen, springen frohgemut über die Blüten der Felder. Erhabene Göttin, solches genießen, die dich ehren, freigebige Gottheit.
Sei gegrüßt, Mutter Erde, Gattin des gestirnten Himmels. Spende gütig zum Lohn für mein Lied herzerfreuende Nahrung. Ich aber will nun deiner und anderen Sanges gedenken.
aus Christoph Einiger, Die schönsten Gebete der Welt
zu finden ebenso in Mircea Eliades Geschichte der religösen Ideen  

Donnerstag, 18. August 2011

Die lächelnde Madonna zu Lauter - Erinnerung an Mariä Himmelfahrt 2011

Am Fuße der Rhön finden wir einen 600-Seelen-Ort namens Lauter, zu der Gemeinde Burkardroth gehörend, der sich zu seinem spirituellen Reichtum bekennt, denn unweit des Ortschildes finden wir eine Hinweistafel:


Vor etwas mehr als 100 Jahren war eine Madonnenfigur am Wegrand liegend aufgefunden worden und zunächst in einen anderen Ortsteil von Burkardroth gebracht worden, bevor sie wohl der dortige Pfarrer dann in seiner Filialgemeinde, in Lauter eben, aufstellen ließ. Über die näheren Umstände weiß man wohl insgesamt wenig.
Auf einmal war sie da, die lächelnde Madonna ...

Herrlich das Blumengesteck, das man ihr für den 15. August zur Seite stellte:


Wenn man allerdings des Madonnenbildes gewahr wird, dann kann man kaum den Blick mehr von ihm wenden:


Sein Alter wird auf nahezu 800 Jahre geschätzt und einem gelben Faltblättchen entnehmen wir, dass seine kunsthistorische Einordnung ausgesprochen schwer fällt. Dem Verfasser will es auch nicht so recht gelingen, diese lächelnde Maria angemessen zu beschreiben; es könnte ihm entgangen sein, dass sie unvergleichlich ist, einmalig, einzigartig:
ein Geschenk des Himmels.

Von dieser Maria geht eine unglaubliche Kraft aus und ich weiß von Heilungen, die Gebete zu ihr bewirken.
Es mag genau die richtige Haltung sein, die das Jesuskind ihr gegenüber einnimmt, ihr gegenüber wahrt.

Wenn man ihr Gesicht in sich aufnimmt, glaubt man, sie wolle einen erinnern, wie wir leben können:


Ihr Antlitz vermittelt uns einen Eindruck, ein Gefühl davon, was das göttlich Weibliche zu geben vermag.
Sich von ihr zu verabschieden, fällt schwer.
Man möchte den Menschen empfehlen, ihr Bild im Herzen zu bewahren, ja vielleicht sogar bei sich zu Hause aufzustellen auf dem eigenen Altar, denn zweifelsohne gibt diese lächelnde Madonna einen Schutz vor den Bildern unseres Alltags, die unsere Seele gefährden.
Wie wohltuend, friedliebend sanftmütig und schutzgebend ist, was Maria uns einfach so geben möchte ...



siehe auch Das Ewig-Weibliche war zu Beginn

Mittwoch, 10. August 2011

"Ich springe eine Hürde, wenn sie da ist, und nicht vorher" - Joachim Fuchsberger im Gespräch mit Frank Elstner

Wenn ich mich nachts manchmal fernsehweise durch die Sender zappe - seitdem es so viele Programme gibt, guckt man ja nicht wirklich oder höchst selten einen Film oder eine Sendung von vorn bis hinten an, eigentlich eher schade - verweile ich gern länger bei Frank Elstners "Menschen der Woche", wenn ich zufällig auf diese Sendung treffe, nicht nur deshalb, weil dieser Mann oft Leute eingeladen hat, die tatsächlich etwas zu sagen haben, sondern weil ich auch dessen unaufgeregte Gesprächsführung liebe und die Tatsache, dass er als einer der wenigen im Fernsehen in der Lage ist, sich zurückzunehmen, sich also nicht selbst in den Vordergrund spielt. Zudem kann er wirklich zuhören; wenn die Kamera ihn einblendet, dann ist da ein Mensch zu sehen, dessen Fokus wirklich auf den Gegenüber als Mensch gerichtet ist.
So war es auch in dem Gespräch mit Joachim Fuchsberger, den er als Freund auch sicherlich eingeladen hatte, damit jener Werbung für sein neues Buch Altwerden ist nichts für Feiglinge promoten könne; das finde ich nicht verwerflich, man ist da schlimmere versteckte Promotion gewöhnt.
Ich finde Joachim Fuchsberger einen ziemlich, meistens sogar sehr authentischen Mann. Ein Satz von ihm in dem Gespräch hat es mir vor allem angetan, als er nämlich sagte:
Ich springe eine Hürde, wenn sie da ist, und nicht vorher.
Das ist wirklich eine Lebensweisheit und sie sich bewusst zu machen, tut mir selbst spürbar gut. Wie viele Ängste zum Beispiel bauen wir im Vorhinein auf? Wie groß machen wir manche Hürde, die sich später als ziemlich klein erweist? Wie oft springen wir manche Hürde in Gedanken, obwohl unsere innere Lebensweisheit will, dass sie von uns nur einmal gesprungen wird?
Das gilt für den Zahnarzt, für Prüfungen, für wichtige Gespräche, aber wir können sie auch an scheinbar nebensächlichen Hürden üben, und dabei muss ich über mich selbst lächeln:
Meistens habe ich meinen kleinen Rucksack, indem ich mein Regencape mittrage, falls die Wolken Regen ankündigen, wenn ich mit den Stöcken nordicwalkend unterwegs bin, nicht dabei. Auch gestern nicht. Nach 10 Minuten habe ich es schon bereut. Es zogen so dunkle Wolken über mich hinweg und so tief, dass ich glaubte, dass es tiefer nicht mehr gehe. Und vom Schwarzwald her kam eine massiv dunkle Wolkenwand, großflächig, drohend, tief hängend. Das hatte ich in den letzten Tagen immer wieder erlebt, wenn auch nicht so krass. Und immer hatte ich meinen Regenschutz nicht dabei gehabt. Gestern nun fiel es mir wirklich schwer, die Hürde nicht im Vorhinein springen zu wollen, nicht mir Sorgen zu machen, denn Regen bei 12 Grad macht keinen Spaß, wenn man noch 45 Minuten vom warmen Bad weg ist.
Aber es ist so, wie ich es sage: Als ob mich mein Inneres necken wolle, kamen ein paar Tropfen, eine Minute lang, ansonsten blieb ich strohtrocken. Wie in der letzten Zeit immer.
Über meine geliebten Felder zu laufen und Falken und Bussarde zu beobachten, den Pferden, die ich kenne, guten Tag zu sagen oder den zwei Lamas, die es tatsächlich auf einem Gestüt gibt, das finde ich wunderschön.
Da kann einem das ständige Springen über eine Hürde mächtig den Spaß versauen - auf Deutsch gesagt. Wenn man ständig an den kommenden Regen denkt, ist es vorbei mit dem Genuss, der Erholung, dem, was die Natur so gern darreicht.
Ich lerne in letzter Zeit sehr bewusst, die Hürden nicht zu springen.
Da war die Sendung und die Aussage Joachim Fuchsbergers wie das Tüpfelchen auf dem >i<
Nicht ein einziges Mal, wie gesagt, hat es in den letzten Tagen, wenn ich unterwegs war, wirklich geregnet, dabei fiel davor und danach, also wenn ich noch oder wieder zu Hause war, genug Niederschlag ... !
Seltsam, wie sich die Realität an meiner Vorstellung orientiert.
Im Grunde weiß ich, dass es gar nicht seltsam ist.
Wer weiß, wie viele Hürden ich im Leben schon aufgestellt habe, die es eigentlich gar nicht hätte geben müssen. Wie viele ich viele Male gesprungen bin. Oder sie unnötig erhöhte ...
Schluss damit!


PS: Wer sich diese Stelle im Gespräch original ansehen möchte, kann dies mittels der Mediathek des SWR tun - hier der Link, am besten unten Minute 63 einstellen, wer mit etwas Anlauf zu der Aussage Joachim Fuchsbergers kommen möchte.

Sonntag, 7. August 2011

Auf dem wehenden Banner Phantasiens gesehen

   
               


Ein Kinderzimmer voller Licht gesehen

Farben aus Gold und Weiß

mit Legierungen von Rot und Gelb

Kinder die spielen und sich freuen

innere Kinder von Erwachsenen

Erwachsene die Freude zulassen

aus Freude an der Freude


Wolken aus Freude wie Kaskaden von Licht


Blitze von Licht und Freude

Ein innerer Kinderspielplatz der Sanftmut

für innere Kinder von Erwachsenen


Kinderzimmer des Friedens

Kindergärten der Güte

Kinderzimmer und Kinderspielplätze der Zukunft

manchmal schon in unserer Gegenwart


für eine Welt voller

Menschlichkeit



                



Montag, 1. August 2011

Was ist der Mensch? Oder: Wie sehr ist Menschlichkeit überhaupt erwünscht?


Angesichts wissenschaftlicher, ökonomischer und politischer Entwicklungen gewinnt man immer mehr den Eindruck, dass der Mensch zum Hamster in einem Rad wird, das er zwar erfand, aber nicht mehr steuern kann.
Wie aber gewinnt er Wert und Würde seiner Möglichkeiten zurück?

In Gerald Traufetters 2009 erschienenem Buch Intuition. Die Weisheit der Gefühle habe ich im Rahmen des Epilogs, des Nachwortes also, eine Passage gelesen, die mich sehr erschüttert hat, weil sie auch bezeichnend ist für die Situation des Menschen 2011.

Ich zitiere zunächst die entsprechenden Zeilen aus diesem bemerkenswerten Buch:


Im Jahre 1997 entfachte eine Computersoftware eine kurze, leidenschaftliche Debatte in Deutschland. Wahrscheinlich hatte das mit ihrem Namen zu tun. Denn der sagte viel aus über das pragmatische - viele sagten damals: zynische - Verhältnis ihres Erfinders zum Tod. Das Programm heißt RIYADH, der Einfachheit halber nennt es Rene Chang aber auch RIP - und die britische Presse nannte ihn alsbald nur noch Dr. Death. Treffender hätte nicht benannt werden können, worum es hier ging: ein Programm, das über Leben und Tod entscheidet. Auf den Intensivstationen mehrerer deutscher Unikliniken, darunter der Berliner Charité wurde das Programm auf seine Zuverlässigkeit getestet.

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