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Dienstag, 1. Mai 2012

Es ist Zeit sich zu öffnen und allen ein Freund zu sein. – Rose Ausländers "Mai II"




















Das folgende Mai-Gedicht der aus der Bukowina stammenden und 1988 in Düsseldorf verstorbenen deutschsprachigen Jüdin Rose Ausländer, deren Leben durch so viele innere und äußere Krisen gezeichnet war und manches, über was wir jammern, relativ erscheinen lässt, kann unseren Blick auf unseren Mai öffnen.
Beispielhaft für das Leben dieser Frau mag jene Zeit sein, als sie 1939 wider alle scheinbare Vernunft aus den USA nach Czernowitz zurückkehrt, um ihre kranke Mutter zu pflegen. 1941 besetzen SS-Einheiten die Stadt  und richten im alten Judenviertel ein Ghetto ein; sechzigtausend Juden leben damals dort. Fast 5000 werden innerhalb weniger Tage getötet. Als Rose Ausländer die Arbeitserlaubnis entzogen wird, weiß sie, dass ihr der Todestransport nach Transnistrien droht. Immer wieder ihre Kellerverstecke wechselnd überleben sie und ihre Mutter. Doch nach Kriegsende war mit der russischen Besatzungsmacht – nur fünftausend Juden überlebten die Nazihölle – das Leiden nicht zu Ende. Waren sie für die Nazischergen Juden gewesen, so waren sie für die Russen Deutsche; wer arbeiten konnte, aber keine Arbeit hatte, wurde nach Sibirien deportiert. Diesem Schicksal entging sie dank eines mutigen Czernowitzer Arztes, dem die Leitung der dortigen Bücherei übertragen war und der mehr Frauen einstellte als notwendig, um ihnen somit einen Arbeitsnachweis zu ermöglichen und sie vor der Verschleppung zu bewahren.
Umso bewundernswerter nach all diesem Leid, dass Rose Ausländers Worte, die so fühlbar ehrlich aus ihrem Inneren kommen, immer wieder voller Trost sind, Hoffnung geben und den Blick für Wesentliches öffnen.
Auch heute noch können sie unserem Mai 2012 und unserem Leben Wegweiser sein:

     Mit Maiglöckchen
     läutet das junge Jahr
     seinen Duft

     Der Flieder erwacht
     aus Liebe zur Sonne
     Bäume erfinden wieder ihr Laub
     und führen Gespräche

     Wolken umarmen die Erde
     mit silbernem Wasser
     da wächst alles besser

     Schön ist´s im Heu zu träumen
     dem Glück der Vögel zu lauschen

     Es ist Zeit sich zu freuen
     an atmenden Farben
     zu trauen dem blühenden Wunder 

     Ja es ist Zeit
     sich zu öffnen
     allen ein Freund zu sein
    das Leben zu rühmen


PS: Es gibt da tatsächlich eine Wiese, auf der es diese wunderbaren gelben Trollblumen oben gibt. 
Man darf sie nicht betreten (deshalb war es nicht ganz einfach, an sie ranzukommen :-)). Vielleicht gibt es sie, weil unweit davon der Schwabenstein liegt -  und der ist ja nunmal schon was Besonderes.  Den lieb ich ja :-)). Und die Krokusse lieben ihn auch, die sind gleich nebendran :-)
PPS: Veröffentlicht auch auf Methusalem

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