Das folgende Mai-Gedicht der aus der Bukowina stammenden und 1988 in Düsseldorf verstorbenen deutschsprachigen Jüdin Rose Ausländer, deren Leben durch so viele innere und äußere Krisen gezeichnet war und manches, über was wir jammern, relativ erscheinen lässt, kann unseren Blick auf unseren Mai öffnen.
Beispielhaft für das Leben dieser Frau mag jene Zeit sein, als sie 1939 wider alle scheinbare Vernunft aus den USA nach Czernowitz zurückkehrt, um ihre kranke Mutter zu pflegen. 1941 besetzen SS-Einheiten die Stadt und richten im alten Judenviertel ein Ghetto ein; sechzigtausend Juden leben damals dort. Fast 5000 werden innerhalb weniger Tage getötet. Als Rose Ausländer die Arbeitserlaubnis entzogen wird, weiß sie, dass ihr der Todestransport nach Transnistrien droht. Immer wieder ihre Kellerverstecke wechselnd überleben sie und ihre Mutter. Doch nach Kriegsende war mit der russischen Besatzungsmacht – nur fünftausend Juden überlebten die Nazihölle – das Leiden nicht zu Ende. Waren sie für die Nazischergen Juden gewesen, so waren sie für die Russen Deutsche; wer arbeiten konnte, aber keine Arbeit hatte, wurde nach Sibirien deportiert. Diesem Schicksal entging sie dank eines mutigen Czernowitzer Arztes, dem die Leitung der dortigen Bücherei übertragen war und der mehr Frauen einstellte als notwendig, um ihnen somit einen Arbeitsnachweis zu ermöglichen und sie vor der Verschleppung zu bewahren.
Umso bewundernswerter nach all diesem Leid, dass Rose Ausländers Worte, die so fühlbar ehrlich aus ihrem Inneren kommen, immer wieder voller Trost sind, Hoffnung geben und den Blick für Wesentliches öffnen.
Auch heute noch können sie unserem Mai 2012 und unserem Leben Wegweiser sein:
Mit Maiglöckchen
läutet das junge Jahr
seinen Duft
Der Flieder erwacht
aus Liebe zur Sonne
Bäume erfinden wieder ihr Laub
und führen Gespräche
Wolken umarmen die Erde
mit silbernem Wasser
da wächst alles besser
Schön ist´s im Heu zu träumen
dem Glück der Vögel zu lauschen
Es ist Zeit sich zu freuen
an atmenden Farben
zu trauen dem blühenden Wunder
Ja es ist Zeit
sich zu öffnen
allen ein Freund zu sein
das Leben zu rühmen
PS: Es gibt da tatsächlich eine Wiese, auf der es diese wunderbaren gelben Trollblumen oben gibt.
Man darf sie nicht betreten (deshalb war es nicht ganz einfach, an sie ranzukommen :-)). Vielleicht gibt es sie, weil unweit davon der Schwabenstein liegt - und der ist ja nunmal schon was Besonderes. Den lieb ich ja :-)). Und die Krokusse lieben ihn auch, die sind gleich nebendran :-)PPS: Veröffentlicht auch auf Methusalem
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