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Sonntag, 3. Juni 2012

Zu viele Leben hab` ich Dich vermisst!



























Lange bist Du weg gewesen, Betula,
viele Leben hab` ich Dich vermisst.
Lebte ich am Euphrat,
zogst Du über die Anden,
wanderte ich durch die Wüsten,
bautest Du Dein Iglu,
warst Du eine dunkle Maya,
kämpfte ich im Libanon,
bautest Du Reis an,
verlor ich mich an Krokodile.

Nun bewegen sich unsere Zeiten
unaufhaltsam aufeinander zu.

Wirst Du neben mir stehen 
wie einst
und Deine Zweige 
mit meinen vereinen?
Werden sich unsere Äste wissend berühren,
unsere Wurzeln sich Wasser geben
wie damals, 
als es nur Eine Erde gab?

Unsere Rotkehlchen sangen sich zu,
unser Adler baute ein Nest
auf unseren Zweigen,
die ihm Halt boten und Schutz,
als wir noch standen 
an jenem Ort,
den wir wandernd verließen
auf unserer Baumreise durch viele,
zu viele Leben.

Zu weit war ich entfernt von Dir,
vergaß, wie Deine Blüten schimmerten,
Deine Pollen sich anfühlten, 
wenn sie meine Blätter berührten.

Nun geht ein Hauch um die Welt,
der zusammenführt,
was zusammengehört,
Bäume und Menschen,
Menschen wie Bäume.
Unsere Stämme 
wie eine Liebe. 


Weißt Du noch?

Ich höre den Wind in meinen Ästen
flüstern 
und glaube, 
Botschaften von Dir
zu hören.

Ich weiß, dass es Dich gibt,
meine Freundin,
Birke meiner Zeiten.
Dein Strom fließt unaufhaltsam
wieder in meine Zeit.
Wann darf ich Dich sehen 
am Horizont?

Ich sehe alle meine Tiere.
Immer wieder tauchen sie auf,
hie und da.
Ein Zeichen.
Schon rieb mein Reh seinen Rücken 
an meinem Stamm,
bei Nacht sah ich die Eule fliegen
und das Murmeltier pfiff von den Sternen.
Ich sah die Fontäne meines Wals
und hörte die zirpenden Laute Helians.
Am Weg wartet meine Warte
und die Kerze 
streckt königlich sich nach oben.
Es bereitet sich alles für Dich.

Ich warte geduldig auf Dich.
Ich weiß, dass Du kommst.
Ich sehe ahnend 
Dein schimmerndes Kleid,
Deiner Blüten Duft und Pracht
atme ich schon.
Alle Äste wollen jauchzen,
alle Zweige Dich umarmen,
alle Wurzeln sich mit Deinen vereinen.

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