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Sonntag, 23. Juni 2013

Kein Zufall: Eine ganz bescheidene Ballade Goethes für Wilhelm Meister und seine Lehrjahre.


Bescheidenheit: Das klingt nach Zurücknahme, nach: freiwillig ab ins zweite, besser noch das dritte Glied.

Allerdings: Wer Bescheidenheit so versteht, versteht sie falsch. Das etymologische Wörterbuch gibt Aufschluss:

Ursprünglich bedeutet das Partizip Perfekt bescheiden, dass etwas vom Richter beschieden wurde und dann auch jemand sich bescheiden ließ, also einsichtsvoll und erfahren und klug in ganz positivem Sinne war.

Jemand, der bescheiden ist, ist also keineswegs anspruchslos, sondern zeigt und hat Verständnis.

Wer das von sich sagen kann, dem spielt sein Ego keine Streiche mehr, der muss sich nicht mehr verkämpfen, weil er meint, mit Teufels Gewalt sein Recht durchsetzen zu müssen.

Wer bescbeiden ist, hat Sinn für das Ganze, hat Augenmaß, weiß, seine Sache zu relativieren, in Bezug zu Anderem zu setzen, sie einzuschätzen, zu schätzen, auch wertzuschätzen, das Eigene wie das des Anderen.

Das klingt schon ganz anders, es ist auch Anders, auf solche Weise bescheiden ist niemand auf falsche Art anspruchslos!

Wie vor allem Mut zunächst die Demut kommt und der Hochmütige nie wirklich zu wahrem Mut gelangt, so gelangt kein Anspruchsloser zu wahrer Bescheidenheit.

Niemand soll sein Licht unter den Scheffel stellen.

Es ist nur gut, wenn jeder und jede überprüft. ob sein bzw. ihr Licht das kalte Diabolos ist oder das warme Licht, das aus dem Herzen der Gottheit strahlt.

Um all dies weiß der Harfensänger mit seiner Ballade in Goethes Entwicklungsroman und Wilhelm Meister ahnt: Ohne dieses Herzwissen, das immer nach Tat drängt, wird kein Wilhelm zu einem Meister.

In diesem Sinne sind Goethes Ballade Der Sänger und sein Sänger bescheiden.

Wer sie lesen möchte:
hier

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