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Mittwoch, 22. Januar 2014

Über den Blumenschmuck der großen Himmelsauen. – Andreas Gryphius´ Sternenliebe.


Er kann sich nicht satt an ihnen sehen, an seinen Sternen. 
Wenn man sein Sonett, typischerweise aus zwei vierzeiligen und zwei dreizeiligen Strophen bestehend, liest, mag man sich auch nicht vorstellen, dass Andreas Gryphius die Liebe seiner Sterne jemals vergisst, Sterne, die seinem Herzen und Geist Feuer geben. 
Er nennt sie Lichter, Fackeln, Blumen, Wächter, Bürgen seiner Lust, Regierer unserer Zeit.
Seine Sprache erfasst nur in Metaphern, in Bildern aus anderen Bildbereichen, was sie ihm bedeuten; über diesen Weg kann er vermitteln, wie viel sie ihm wert sind.

Und wie er sich freut, ganz am Schluss, dass er sie einst von oben sehen wird. 


Gryphius ist ein Kind seiner, der Barock-Zeit. Seine Lebenszeit, 1616 geboren, 1664 gestorben, ist von frühester Jugend an durch den dreißigjährigen Krieg geprägt, der 1618 beginnt, durch randalierende Katholiken- und Protestantenheere, durch die Pest, durch unvorstellbares Leid. Da versteht man die Losung des Barock: memento mori - gedenke, dass wir sterben müssen.

Und dennoch lebt die Freude. Und wenn sie von irgendwoher kommen darf, dann kommt sie einer Seele wie Gryphius von oben. Andere, vor allem die Fürstenhöfe, gaben sich auch der Sinnenlust hin, wollten den Tag genießen: carpe diem war die andere Losung dieser Zeit.

Menschen wie Gryphius fassten Mut für den Tag durch die Nacht, durch ihre Lichtboten, die Sterne.
Sie vermitteln uns, so weiß er, Weisheit, die wir bis heute nicht wirklich verstehen. Und doch ist sie da. Auch am Tag.
Vor allem nachts.

Sein Gedicht geht mir nah.
Wer erlaubt sich heute noch, so inbrünstig zu sein.

Würden doch die Sterne wirklich unsere Zeit regieren!

Ich hab den Text etwas lesbarer gestaltet.
Das Original kann man bei wikisource finden.


An die Sternen.

Ihr Lichter / die ich nicht auf Erden satt kann schauen / 

Ihr Fackeln / die ihr stets das weite Firmament
Mit euren Flammen ziert / und ohn Aufhören brennt;
Ihr Blumen / die ihr schmückt des großen Himmels Auen:

Ihr Wächter / die als Gott die Welt auf wollte bauen; 
Sein Wort die Weisheit selbst mit rechtem Namen nennt 
Die Gott allein recht misst / die Gott allein recht kennt
(Wir blinden Sterblichen! Was wollen wir uns trauen!) 

Ihr Bürgen meiner Lust / wie manche schöne Nacht
Hab ich / indem ich euch betrachtete gewacht?
Regierer unser Zeit / wenn wird es doch geschehen /

Dass ich / der euer nicht allhier vergessen kann / 
Euch / deren Liebe mir steckt Herz und Geister an
Von andern Sorgen frei werd unter mir bestehen?


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