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Samstag, 9. August 2014

"Liebste Milla, meine Seele braucht deine!" – Noch einmal, zum letzten Mal eine Reminiszenz an Markus Zusaks "Der Joker".

Ehrlich, ich könnte auf Anhieb 6, 7, 8 Stellen aufzählen, aufgrund deren ich total gerührt war beim Lesen dieses Buches. Die folgende steht dabei mit ganz vorne. Es geht um Folgendes:

Eine der Karten, die Ed von einem Unbekannten zugesandt bekommt, schickt ihn in die Harrison Avenue. Diesmal fließt kein Blut, Ed muss keinen Goliath zusammenfalten, damit der seine Frau nicht mehr vergewaltigt, er wird auch nicht selbst zusammengeschlagen oder muss einen Taxikunden verfolgen, weil der nicht zahlt, was ihn letztendlich jedoch zum Berg der Brüder bringt . . .
Meine Güte, es gibt so viele Episoden, die faszinierend sind und doch im Grunde einen Sinn haben: das Herz von Ed zu weiten, ihn in seinen Mut zu bringen, auch den Mut, anderen zu helfen und zugleich sich selbst.
Ed hatte schon vorab erkundet, wer in der Harrison Avenue wohnt:
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Die einzige Frau, die ich dort angetroffen habe, war eine alte Frau, die hinter Fenstern ohne Vorhänge wohnt. Sie saß allein im Haus, kochte sich Abendessen, setzte sich hin, aß und trank dazu Tee, ich glaube, sie aß Salat und Suppe.
Und Einsamkeit.
Auch die aß sie.
Sie gefiel mir.
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Am Abend fährt er dann hin, wie sich herausstellen wird, zu Milla:
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Ihre Schritte kämpfen sich zur Tür. Sie hören sich an wie das Ticken der Uhr, die die Sekunden bis zu diesem Augenblick zählt.
Da steht sie
Sie schaut zu mir hoch und einen Moment lang verlieren wir uns ineinander. Sie fragt sich, wer ich bin, aber nur für den Bruchteil einer Sekunde. Dann überzieht ein verblüfftes Erkennen ihr Gesicht und sie lächelt mich an. Sie lächelt mich mit einer so unglaublichen Wärme an und sagt: "Ich wusste, Du würdest kommen, Jimmy." Sie macht einen Schritt auf mich zu und  umarmt mich ganz fest, schlingt ihre weichen, zerknitterten Arme um mich. "Ich wusste, du würdest kommen."
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Später wird Ed auf den Friedhof gehen und mit Hilfe des Friedhofwärters das Grab Jimmys finden, sein bürgerlicher Name:
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James Johnson
1917 - 1942
gefallen für sein Vaterland
gelieber Ehemann von Milla Johnson
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So steht es auf dem Grabstein.
Kein Mann ist je wieder in Millas Leben getreten. Sie hat mehr als 60 Jahre darauf gewartet, dass Jimmy zurückkommt. Mit der Zeit hat ihre Wahrnehmung gelitten.
Jetzt ist er da. Ed ist für sie Jimmy.
Als er sie wieder besucht, bittet sie ihn, ein Buch zu nehmen, und ein paar Seiten daraus vorzulesen.
Während dem Lesen schläft Milla ein.
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Während ich nach Hause laufe, ritzt sich etwas in den Rand meines Geistes ein. Es ist ein Stück Papier, das in dem Buch steckte, als Lesezeichen. Es war ein ganz normales, dünnes Stück Papier, von einem Notizblock, ganz gelb und alt. Ein Datum stand drauf - 1.5.41 - und ein paar Worte in einer krakeligen, typisch männlichen Handschrift. Ein bisschen wie meine eigene.
Da stand:
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Liebste Milla, 
meine Seele braucht deine.
In Liebe,
Jimmy.
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Liebe Leserin, lieber Leser,
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dieses Buch liest man einfach nur mit Gewinn. Es zeigt die Entwicklung eines jungen Mannes namens Ed, wie er in seine Kraft kommt, zu sich, zu seinem Mut findet, aufhört, ein Loser zu sein, die Ketten seiner Familie sprengt und gleichzeitig vielen anderen Menschen hilft, sei es dadurch, dass er einen Goliath, der seine Frau tagtäglich im Suff vergewaltigt, zusammenfaltet, sei es, dass er einem Pfarrer mit einer glänzenden Idee die Kirche füllt, seinem Freund hilft auf dessen Weg zum Glück, zu seiner großen Liebe, zu seinem Kind und gleichzeitig selbst seine große Liebe findet.
Endlich ein Buch, das von innen heraus konstruktiv ist.
Bis zum Schluss allerdings bleibt es ein großes Rätsel, wer Ed die Karten schickt, die jene Aufgaben enthalten, die ihn so wachsen lassen.

Das vorwegzunehmen, wäre fatal.

Ich habe über den Schluss geschrieben, weil er nicht ganz einfach zu verstehen ist.
Wenn Du, was ich geschrieben habe, liest, bevor Du ihn für Dich selbst gelesen hast, nimmst Du dem Buch seine große Botschaft.
Deshalb mein Rat:

Lies das Buch, unbedingt!

Und wenn Du willst, dann kannst Du meine Sicht auf den Schluss lesen - bitte erst dann! – 
Und zwar im Rahmen des hier verlinkten Post, dort ab dieser Markierung: ♼ ♼ ♼ ♼ ♼ ♼ ♼ ♼ ♼ ♼ 

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