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Donnerstag, 17. September 2015

Geh kühnen Schritt, geh tapfren Tritt!


Die Schritte

Klein ist, mein Kind, dein erster Schritt, 
Klein wird dein letzter sein.
Den ersten geh
n Vater und Mutter mit,

Den letzten gehst du allein.

Seis um ein Jahr, dann gehst du, Kind, 
Viel Schritte unbewacht,
Wer weiß, was das dann für Schritte sind 

Im Licht und in der Nacht?

Geh kühnen Schritt, tu tapfren Tritt,
Groß ist die Welt und dein.
Wir werden, mein Kind, nach dem letzten Schritt 

Wieder beisammen sein. 


Ein ganz liebes Gedicht von einem Mann, den ich sehr verehre, Albrecht Goes (1908-2000), der lange Jahre Pfarrer in jenem Ort war, in dem ich auch viele Jahre gewohnt habe, Gebersheim, ehemals ein Bauerndorf, heute Teilort von Leonberg, unweit von Stuttgart.

Ich bewundere ihn, denn er hat selbst Bemerkenswertes geschrieben, vor allem aber hat er Gedichte, u.a. in seinem Band Freude am Gedicht, so fein, feinsinnig, kenntnisreich und voller Wertschätzung gegenüber dem Dichter interpretiert, gern Mörike und Goethe, dass man seine Gedanken so gern liest wie das Gedicht selbst.

Ich bewundere in ihm auch seine Frau, die, als Goes eingezogen wurde, zuerst als Funker, dann als Feldgeistlicher, die verwaiste Gemeinde betreute und mehrfach Juden im Gebersheimer Pfarrhaus versteckte, wissend, dass es für sie das Konzentrationslager bedeuten würde, wenn man das entdeckte.
Es war umso bemerkenswerter, weil sie noch drei Töchter hatte. 
Wie groß muss ihre Liebe zum Nächsten, zu den Juden, denen sie das Leben rettete, gewesen sein, dass sie ihnen dennoch half.

Albrecht Goes hat übrigens erst nach dem Krieg von all dem erfahren; es war aber sicherlich ganz in seinem Sinne.

Mich bewegt ihr Mut und ihre große Seele heute, angesichts des Leides, das viele erfahren, die keine Heimat mehr haben wie damals die Juden, umso mehr.

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