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Montag, 18. Januar 2016

♡ Überzeugender ist für mich nie wieder Liebe als höchstes Opfer in Worte und Bilder gefasst worden:



Lösch mir die Augen aus: ich kann dich sehn,

wirf mir die Ohren zu: ich kann dich hören,

und ohne Füße kann ich zu dir gehn, 

und ohne Mund noch kann ich dich beschwören. 

Brich mir die Arme ab, ich fasse dich 

mit meinem Herzen wie mit einer Hand, 

halt mir das Herz zu, und mein Hirn wird schlagen, 

und wirfst du in mein Hirn den Brand, 

so werd ich dich auf meinem Blute tragen.



Ein Gedicht aus dem Stundenbuch Rainer Maria Rilkes.

Es scheint an Gott geschrieben zu sein. Adressiert allerdings war es an Lou Andrea-Salomé, die von Rilke so verehrt wurde, ja, die er heiß liebte. Sie war allerdings nicht nur eine ungewöhnlich attraktive, sondern ganz und gar ungewöhnlich, weil ungewöhnlich selbstständige und selbstbewusste Frau. Sie nahm entscheidenden Einfluss auf ihn, eine Frau, die, als sie 1887 den Heiratsantrag ihres Mannes Friedrich Carl Andreas annahm, dies nur unter der Bedingung tat, dass es zwischen ihnen keine sexuelle Beziehung gäbe. Überliefert ist, dass für ihn ihre folgenden Liaisons nicht unproblematisch waren.

Eine besonders intensive hatte sie mit Rainer Maria Rilke, die 1897 in München begann.

Ich glaube, ohne diese Frau wäre dieses übersensible Wesen Rilke nicht zum Ende seines Lebens jener Orpheus unter den Dichtern geworden. Mit am beeindruckendsten sind nicht von ungefähr seine Sonette an Orpheus.

Wer mehr zu einem Post mit dem Titel Mild und leise / wie er lächelt! - Ist die Zeit der unglücklich Liebenden vorbei?, im Rahmen desssen auch obiges Gedicht eingebracht ist, lesen möchte: hier.




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