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Dienstag, 17. Mai 2016

Gerade noch höchster Geistesadel, wenig später Satan! - Wie nah doch Himmel und Hölle in unseren Seelen beieinander sind!

Klar, zwei Seelen wohnen, ach, in unserer Brust! – Faust hat es gewusst und leider dennoch nicht gecheckt, dass jener Mephistopheles, dem er im Außen begegnet, Teil seiner Seele ist. Sonst hätte er sich vielleicht nicht auf der Walpurgisnacht mit jungen geilen Hexen herumgetrieben, während seine Margarete sich in höchster seelischer Not befand, nicht wissend, wie sie mit dem Kind in ihrem Leib, das sie ihrer Liebe zu eben diesem Faust verdankte, umgehen solle. Jener ließ sie mutterseelenallein. Schließlich tötete sie es.
Als jener Doktor endlich mittels einer Vision mitten im walpurgisnächtlichen Treiben wahrnahm, dass sich Gretchen buchstäblich in der Hölle befand, ließ er sich zwar durch Mephistopheles zu ihr in ihren Kerker bringen - aber es war viel zu spät!
Gretchen mag in jener Kerkerszene, die Faust I abschließt, gespürt haben, wie kalt ein Herz ist, das im Griff des Mephistopheles ist. Worte hin oder her.

Petrus hatte höchste Erkenntnis, und die wohl nicht nur im Kopf (wie es wohl bei Faust gewesen sein mag), sondern wohl auch im Herzen:

Als Jesus seine Jünger fragte, ob sie wüssten, wer er sei, vermuteten jene zunächst, er sei der wiedergeborene Elia oder der wiedergeborene Jeremia oder ein anderer der alttestamentarischen Propheten. Jesus stutzte sie übrigens nicht zurecht nach dem Motto: Was soll der Quatsch mit der Reinkarnation. Nein, die Stelle weist darauf hin, dass der Gedanke an sich für Jesus durchaus denkbar ist, eine der Belege für mich, warum dem christlichen Glauben Reinkarnation durchaus inhärent ist (die katholische Kirche hat bekanntlich jene, die an Seelenwanderung und damit auch an Reinkarnation fürderhin glauben, auf dem Konzil zu Konstantinopel 553 verflucht - seitdem glauben brav ganz viele Leute, vor allem Katholiken, aber auch Protestanten an ein einziges Leben).

Aber Jesus möchte mit seiner Frage, wer er sei, seinen Jüngern etwas ganz anderes so richtig bewusst werden lassen und er vermag es über die Worte, die Petrus ausspricht:
Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.
Jesu folgende Worte sind für Petrus wie ein seelisch-geistger Ritterschlag; sein Meister sagt nämlich:
Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Gemeinde bauen, und die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen.Ich will dir die Schlüssel des Himmelreichs geben: Alles, was du auf Erden binden wirst, soll auch im Himmel gebunden sein, und alles, was du auf Erden lösen wirst, soll auch im Himmel gelöst sein. (Matth. 16,18f)
Mehr geht kaum: Petrus wird die Schlüssel des Königreiches der Himmel erhalten, wie es wörtlich heißt und er wird in einem Ausmaß ermächtigt, wie es kaum mehr sein kann.

Anmerken möchte ich an dieser Stelle, dass ich so sehr bedaure, dass Luther des Öfteren von nur einem Himmel gesprochen und ihn trotz anderer sprachlicher Gestaltung des Originals im Singular erwähnt hat, obwohl auch an dieser Stellen von dem Königreich der Himmel im Original die Rede ist. Für das Bewusstsein der Menschen wäre es so wichtig zu wissen, dass es in Wirklichkeit heißt:
Vater unser, der Du bist in den Himmeln . . .
So steht es nämlich im Matthäus-Evangelium.
Und auch an der oben zitierten Stelle ist von mehreren Himmeln die Rede.
Schade. Jesus wollte das Wissen um mehrere Himmel weitergeben. Vielleicht musste Luther hier den Satan geben.

Zurück zu Petrus: Nur wenige Tage später wird es gewesen sein, da brandmarkt Jesus jenen als Satan.
Für Petrus mag das ein Absturz wie für Luzifer gewesen sein.
Eben noch in höchster Höhe, von Gott ausersehen, sein Wort weiterzugeben - welche Ehre, welches Vertrauen!
Und dann tiefster Fall. Bis auf Satansebene.

Wie war es dazu gekommen?
Jesus hatte davon gesprochen, dass er nach Jerusalem gehen werde und viel werde leiden müssen, letztendlich natürlich, um seine Mission zu erfüllen.
Worauf Petrus nichts anderes einfiel, als Jesus ziemlich schroff in die Parade zu fahren, indem er ihn beiseite nahm und anfuhr:
Gott bewahre dich, Herr! Das widerfahre dir nur nicht!
Man könnte Petrus zugute halten, er habe es doch nur gut gemeint; in Wirklichkeit hat er schlicht und ergreifend das aus christlicher Sicht größte und wichtigste Menschheitsereignis torpediert.
Wenn auch nur mit Worten.
Die Reaktion Jesu geschieht unmittelbar und eindeutig. Er wendet sich von Petrus ab, sagend:
Geh weg von mir, Satan!
Brutal. 
So kommt es bei uns, bei mir jedenfalls an.
In Wirklichkeit als Antwort notwendig, um die Energie, die Petrus wachgerufen hatte, zu eliminieren!
Es hat nicht den Falschen getroffen, schließlich sollte Petrus Jesus auch in der Nacht von dessen Tod verleugnen, um sein eigenes Leben zu retten, wobei noch dazu das Ohr eines römischen Soldaten dran glauben musste, das er jenem abschlug, weil dieser die Wahrheit zu ermitteln versucht hatte, dass Petrus doch zu der Schar des eben gekreuzigten vermeintlichen Schwerverbrechers gehöre.

Kaum zu glauben, wie in einer Seele in unmittelbarer zeitlicher Nähe höchste Höhe und tiefste Tiefe, Himmel und Hölle beieinanderliegen. Ein Wimpernschlag, gemessen an dem, was wir Zeit nennen (und allein unsere Erde ist ja über 4 Milliarden Jahre alt).

Mich tröstet das heute sehr.
Dass das auch Petrus widerfuhr.
Offensichtlich kann man - seit Luzifer wissen wir das - wie ein Blitz vom Himmel fahren.
Aber für immer in den Himmel zurück gibt es keine Blitzreise.
Sondern immer wieder Himmel und Hölle.
Nah beieinander.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Tiefgründiger Artikel
Hermann Weipert

Johannes G. Klinkmüller hat gesagt…


Vielen Dank und liebe Grüße!

Johannes