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Freitag, 3. März 2017

Alltag in Sachsen und warum deutsche Frauen in Deutschland gefährlich leben!

Eine liebe Bekannte von mir, die ich über ihr lyrisches Engament kennengelernt habe, hat auf Facebook ein Erlebnis veröffentlich, das mich schockiert hat, auch, weil es mich an ein ähnliches erinnert hat, das ich selbst erlebt habe.

Hier der Bericht darüber, wie es einer Deutschen in Deutschland geht, die das Pech hat, lange schwarze Haare und einen etwas dunkleren Teint zu haben:

Alltag in Sachsen - einer, an den ich mich nie gewöhne und vom HEUTE, nachdem ich mich beruhigt habe.
Heute in Radeburg:
Gerade unterhielt ich mich noch mit einer Freundin über diverse, gesellschaftlich-politische Zustände in Sachsen.
Sie umarmte mich zum Abschied und sagte:
"Ärgere dich nicht so!"
Recht hatte sie. Beschwingt verließ ich ihren Laden und schlenderte wieder Richtung Markt.
Der Tag war einfach zu schön. Erste Frühlingsgefühle durften sich einstellen. Die freundliche Frau in der Post und ich machten wie stets unsere Scherze. Es war ein Tag zum Glücklichsein!

Ich stieg in mein Auto, ließ die Scheiben herunter. Ein tolles Gefühl!
Neben mir hielt ein Fiat. Ein junger Mann stieg aus und das Outfit sowie die "Frisur" verrieten mir sogleich, in welchen "Strömungen" er zu finden war. Auf dem Beifahrersitz saß eine blonde Frau. Doch ich überlegte noch, ob ich alles eingekauft und erledigt hatte. Immerhin wohne ich auf einem Dorf, in welchem es kein einziges Geschäft gibt.

Der Mann sah zu mir, beugte sich zu seiner Beifahrerin herunter und sagte deutlich vernehmbar, mit Blick in meine Richtung: "Jetzt fahren diese Ausländerschlampen schon unsere Autos."
Mit aggressivem Blick begutachtete er mich. Die Freundin sah angewidert zu mir herüber und lachte abfällig.

Er ging um mein Auto herum, sah mein Kennzeichen, stellte sich dicht an dieses und spuckte lautstark und demonstrativ vor sich hin.
Dann lief er weiter und drehte sich immer wieder mit seinem aggressiven Gesichtsausdruck zu mir um.
Angst hatte ich keine. Außerdem sah ich, dass mein "Lieblingsdönermann" am Markt schon aufmerksam zu mir sah.
Doch nachdenklich wurde ich, wieder einmal mehr.
Ich sah zu, das Auto anzulassen - übrigens ein Toyota - nix mit Deutsch und "unseres".
In der Tat: Es war ein schöner Frühlingstag.
Da können schon von so manchem Nazi die Negativemotionen Purzelbäume schlagen!

Ihren Schluss-Satz finde ich gut, weil er zeigt, dass sie es mit Humor nimmt, obwohl ich sicher bin, dass es ihr nicht danach ist.

Mein eigenes Erlebnis fand ca. ein halbes Jahr nach Maueröffnung statt. Damals war ich mit meiner früheren Frau, deren syrische Eltern ihr unschwer anzusehen sind, auf Urlaubs-Tour in Thüringen und Sachsen. In einer Kleinstadt saßen wir in einem Café, als ich vom Nebentisch einen jungen Typ zu seiner Begleiterin im Hinblick auf meine frühere Frau sagen hörte: Normal setz ich mich nicht neben sowas!

Gut, dass ich mit solch einer Aussage nicht gerechnet hatte und total perplex war. Normalerweise nehme ich so einen Satz nicht kommentarlos hin. Ich vermute aber, dass wäre mir/uns schlecht bekommen, denn er war bestimmt nicht der Einzige in diesem Café, dessen Gesinnung solchen Sprüchen entsprach. Und wie wir ja noch recht gut in Erinnerung haben, sind die Berichte, wie phlegmatisch die Polizei nach der Maueröffnung auf rechtsradikale Gewalt reagierte. Hoffentlich ist das heute überall wirklich anders.
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8 Kommentare:

Unknown hat gesagt…

Danke, Johannes! Es ist in Sachsen - in meiner Heimat - unerträglich für mich geworden.
Daher trage ich mich seit Längerem mit dem Gedanken, in spätestens fünf Jahren aus Sachsen wegzugehen. Denn dieser Alltag beinhaltet auch: keine Freunde in der Umgebung. Er beinhaltet, dass ich mit Scheuklappen durch den Alltag gehen müsste. Auf Dauer ist das für mich nicht realisierbar.

Liebe Grüße
Sylvia

Johannes G. Klinkmüller hat gesagt…

Schlimm!

Unknown hat gesagt…

Du kennst ja meine Arbeiten ein wenig und auch mein Engagement für mehr Menschlichkeit und Toleranz.
Vor einem Jahr habe ich bei WEMEZE noch die Sachsen in Schutz genommen, denn ja: Nicht alle sind so. Auch lassen die Handlungen von Politik und Polizei noch heute zu wünschen übrig, was natürlich den Sachsen eine Gegenwehr noch erschwert.
Aber es sind viel zu wenige, die den Mund aufmachen - inkl. Künstler! Da wurde ich von Lesern der Seite Wemeze angegriffen.

Heute mache ich das nicht mehr. Ich wüsste nicht, wie ich das erklären sollte. Ich erlebe nichts mehr, was es mir erleichtert, die Sachsen in Schutz zu nehmen. Vielleicht wird das in der Nähe Meißens - nach meinem Umzug - besser, was ich sehr hoffe.

Johannes G. Klinkmüller hat gesagt…

Es waren noch nie viele, die den Mund aufgemacht haben. Aber es ist wichtig, dass man es tut, denn wenn diese Dinge an die Öffentlichkeit kommen, verlieren solche üblen Energien an Energie, auch wenn es nicht unbedingt gleich erkennbar ist.

Ich kann nur ahnen, wie es Dir und Deiner Familie geht und ich verstehe nur zu gut, dass Du weg willst. Tatsächlich sind Menschen selbst in Deutschland so unterschiedlich; ich habe nach meinem Umzug sogar gemerkt, dass es einen fühlbaren Unterschied zwischen Schwaben und Franken gibt; man sollte es nicht glauben; aber es ist so.

Ich bin der Letzte, der Sachsen in eine Ecke stellen will. Aber die Wahrheit muss eben auch ans Licht.

Ich wünsche Dir jedenfalls viel Kraft und für jeden Tag einen Schutzengel!

Unknown hat gesagt…

Wie wahr, Johannes. Ich habe es eine Zeit lang nicht wahrhaben wollen. Vielleicht liegt es auch in der Natur des Menschen, seine Heimat zu verteidigen. Ich danke Dir für Deine herzlichen Worte.

Heute schreibe ich:

Die Zwei-Varianten-Verserei
(Heimat)

Geboren bin ich um Dresden,
in Sachsen,
50 Jahre war der Heimat ich zugetan,
nun sind vom Heimatgefährt gebrochen
die Achsen,
und ich such eine neue Lebensbahn.

Geboren bin ich um Dresden,
in Sachsen,
einst wollte ich gar hier sterben,
vom Heimatgefährt sind gebrochen
die Achsen,
so werd ich vorm Tod hier verderben.

(c) Sylvia Kling

(Für Besucher: Kopieren ist nicht gestattet!)


Johannes G. Klinkmüller hat gesagt…

Ich drücke ganz fest die Daumen, dass sich was, dass sich viel ändert.
Die Hoffnung gebe ich nicht auf.

Ich dachte, mit Heine und den Exilanten des Zweiten Weltkriegs wäre diese Art von Ortsveränderung vorbei . . .

Dein Gedicht berührt mich sehr. Wie viel Leid sich dahinter verbirgt und Trauer.

Man muss einfach akzeptieren, dass es Menschen auf unterschiedlichen Bewusstseinsebenen gibt. Aber der Fall der Mauer hat mir gezeigt, wie viel Unerwartetes geschehen kann. Deshalb hoffe ich für Dich und Deine Familie!

Liebe Grüße,
Johannes

Unknown hat gesagt…

Danke, Johannes.
So bewege ich auch nun Deine Worte in mir.
Sei herzlich gegrüßt
Sylvia

Unknown hat gesagt…

Danke, lieber Johannes.
Bei diesem Gedicht denke ich intensiv an Kästner. An seiner Verse lehnen sich die meinen.

Sei herzlich gegrüßt
Sylvia