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Sonntag, 29. April 2018

Schade, dass Helene Fischer sich zu Deutschlands Pin-up-Girl Nr.1 und zu einem medialen Produkt hat verkommen lassen - die Leute merken das.

Erstaunlich, dass in der Zuschauergunst die ZDF-Helene Fischer-Show am Samstagabend sogar gegen eine Mordkommission-Istanbul-Wiederholung verlor; letztere sahen 14,5 Prozent (3,89 Mio.) der Fernsehzuschauer, das Helene-Fischer-Spektakel nur 12,7 Prozent und damit 3,53 Millionen. Relativ viele haben sich da gegen eine junge Dame entschieden, die noch nicht verstanden hat, dass es zunehmend mehr Menschen in Deutschland weniger auf Las-Vegas-Stil und ständige Steigerung von Effekten ankommt, sondern offensichtlich noch auf einen Rest von Natürlichkeit. Ihre ursprüngliche Natürlichkeit, die die Dame einmal hatte, hat sie längst verloren, verkauft.

Natürlichkeit verbraucht sich nicht, ein ständiges Atemlos durch die Nacht schon. Mittlerweile nehmen zunehmend mehr Menschen einer Helene Fischer ihre Texte nicht mehr ab, wenn auch die hingerissen zuschauenden Gesichter im Fernsehen anderes vermitteln wollen. Die Frau ist austauschbar geworden.

Dass  sich so viele für einen alten Krimi - wobei die Istanbul-Krimis noch nicht einmal mehr in der Türkei gedreht werden und ohnehin noch nie, fand ich, einfallsreiche und gute Produkte ihres Genres waren - entschieden, ist dennoch in diesem Ausmaß erstaunlich.  Diese Gigantomanie der Light-Show-Effekte, dieses hallo Deutschland, das so warm herüberklingen soll, das scheinbar so warmherzige Eingehen auf die Zuschauer wollen zunehmend mehr Menschen nicht mehr sehen.
Viele spüren den Schein. Es fehlt das persönliche Sein.

Gewiss sind die körperlichen Leistungen und die akrobatischen Einlagen, die Umziehgeschwindigkeit von einem Kostüm ins andere durchaus bewundernswert. Aber irgendwie kommt nichts mehr rüber.
Da hat sich jemand zu einer austauschbaren Puppe gemacht, ob sie nun Vanessa Mai oder Helene Fischer heißt oder - erfinden wir noch zwei Namen - Elisa Toller oder Sarah Nochtoller. Klar gehen die Kostüme noch knapper, die Effekte noch aufwendiger. Aber das wird nichts nützen. Ob das die junge Dame mitbekommt, mitbekommen will?

Gewiss hätte, als es die Bundeswehr noch als Wehrpflichtarmee  gab, das ein oder andere Bild von Frau Fischer in zig-tausend Spinden gehangen, vor allem jenes, als sich so ganz aus Versehen die eine Pobacke beim Tanzen entblößte.
Helene Fischer wäre wohl, an solchen Orten zu hängen, kein Anlass gewesen, ins Grübeln zu kommen.
Mittlerweile hat ja die junge Dame ihr Arsenal an aufreizenden Tanz- und Körperbewegungen zudem noch erheblich vergrößert.
Irgendwie ist es dann aber doch peinlich, wie sie erzählt, dass sie ursprünglich in ihrer von unten einsehbaren Plattform ein Kleid tragen wollte, dass man aber dann doch gemerkt hätte, dass das ja nicht geht (huihui), vor allem wenn sie sich so und so bewegt. - Meine Güte, geht´s noch? - Irgendwie könnte man sich dann doch für den ein oder anderen Gag zu schade sein.

Klar waren Schlagertexte schon immer Geschmacksache, doch die Leistung einer Helene Fischer besteht sicherlich darin, dass sie in gewisser Weise den deutschen Schlager wieder hoffähig gemacht hat mit Liedern, die eine individuelle Note und ein eigenes Flair hatten.
Irgendwie aber hat man den Eindruck, sie hat sich verloren - und zu fürchten ist, dass sie es nicht merkt.
Mir tut es dabei um den Menschen Leid, wie es mir um jeden anderen auch Leid täte.

Eine Bitte hätte ich dann noch an das ZDF: Möglichst bitte kein Advents- und Weihnachtssingen mit Helene. Genug ist irgendwann genug. Und mit Verlaub: Die Stimme klingt schon immer ziemlich gleich; gerade bei Weihnachtsliedern fällt das auf.

Dienstag, 17. April 2018

Gefährliche Liebe. - Sonst ziehe ich Prometheus dem Epimetheus vor, aber dessen Zeilen gehen schon nahe!

G E F Ä H R L I C H E  L I E B E
Der Seligkeit Fülle, die hab' ich empfunden!
Die Schönheit besaß ich, sie hat mich gebunden;
Im Frühlingsgefolge trat herrlich sie an.
Sie erkannt' ich, sie ergriff ich, da war es getan!
Wie Nebel zerstiebte trübsinniger Wahn,
Sie zog mich zur Erd' ab, zum Himmel hinan.

Du suchest nach Worten, sie würdig zu loben,
Du willst sie erhöhen; sie wandelt schon oben
Vergleich ihr das Beste, du hältst es für schlecht.
Sie spricht, du besinnst dich, doch hat sie schon recht.
Du stemmst dich entgegen; sie gewinnt das Gefecht.
Du schwankst, ihr zu dienen, und bist schon ihr Knecht.

Das Gute, das Liebe, das mag sie erwidern.
Was hilft hohes Ansehn? sie wird es erniedern.
Sie stellt sich ans Ziel hin, beflügelt den Lauf;
Vertritt sie den Weg dir, gleich hält sie dich auf.
Du willst ein Gebot tun, sie treibt dich hinauf,
Gibst Reichtum und Weisheit und alles in den Kauf.

Sie steiget hernieder in tausend Gebilden,
Sie schwebet auf Wassern, sie schreitet auf Gefilden,
Nach heiligen Maßen erglänzt sie und schallt,
Und einzig veredelt die Form den Gehalt,
Verleibt ihm, verleiht sich die höchste Gewalt.
Mir erschien sie in Jugend-, in Frauengestalt.

Die vier Strophen entstammen einem Dialog zwischen Prometheus und Epimetheus in Goethes Fragment gebliebenem Werk Pandora. Prometheus hatte ja seinen Bruder vergeblich vor Pandora gewarnt. Dieser hatte das Gefäß, das jene mitbrachte, geöffnet und alles Leid der Welt, das dieses enthielt, war aus ihm gewichen. Nur die Hoffnung verblieb noch darin. Die allerdings sagt in Goethes Fragment zu allem nur "Ja, Ja" und ist wenig hilfreich.

Die Verse machen deutlich, wie heillos hingegeben Epimetheus - übersetzt bedeutet er >Der Nachdenkende< - auf das Werk des göttlichen Schmiedes Hephaistos hereinfiel, der Pandora auf Bitten von Zeus geschaffen hatte als Bestrafung für Prometheus und seine Menschen, die jener - übersetzt >Der Vorausdenkende< geschaffen hatte.

Pandora musste vielleicht Fragment bleiben, weil die beiden Gestalten, Epimetheus und Prometheus, menschliche Wesensanteile verkörpern, die zu vereinen der Menschheit bisher nicht gelungen ist; ja, sie hat nicht einmal ihre Bedeutung erkannt.

Prometheus ist derjenige, der sich gegen die Götter wehrt und gegen einen Zeus, der die Menschen klein und dumm halten wollte (die griechischen Götterdynastien wollen im Grunde immer Entwicklung verhindern). 
Er entspricht in gewisser Weise dem biblischen Kain, mit dessen Existenz die Menschen ja einen eigenen Weg gehen und nicht mehr den des gottesfürchtigen Abel. Kain ist der Mensch der Erdenwirklichkeit.

Wir alle sind auf dem Weg von Prometheus und Kain, aber auf sehr unterschiedliche Weise. Manche treten, ganz im Materialismus aufgehend, auf der Stelle, manche entwickeln sich weiter.
Allerdings entwickeln unter Letzteren manche geistlos Neues, gleichgültig, ob die Menschen damit umgehen können oder nicht (wir denken an Atomkraft und Risiken der Genforschung), manche sind die ewigen Bedenkenträger, immer Epimetheus, immer über alles nachdenkend und über Gedanken nochmals nachdenkend - und dann nochmal.
Doch ist auch Epimetheus wichtig, muss er doch auch immer wieder den Prometheus, so er denn in uns ist, bändigen (in der Mythe tut dies Zeus, indem er Prometheus an den Felsen bindet).

Beide Gestalten versinnbildlichen die Reise des Menschen, deren Risiken und Gefahren eine weitere Mythe in der Gestalt des Odysseus, wie er zwischen Scylla (Prometheus) und Charybde (Epimetheus) hindurch muss, ohne ganz in dem einen oder anderen aufzugehen, zum Ausdruck bringt. 

Pandora jedenfalls ist ein faszinierendes Werk Goethes, in dem auch die Töchter des Epimetheus, Elpore (die Hoffnung) und Epimeleia (die Sorge, Goethe nennt sie die Sinnende) eine wichtige Rolle spielen; ihre Mutter eben ist Pandora, ein Kunstprodukt des Hephaistos. Von daher hat Epimetheus keine Chance, weder als Mann noch als Mensch. Ich leide mit ihm mit. Eigentlich war ich immer ein Prometheus-Fan; aber durch Goethes Blick auf ihn ist er mir richtig nahegekommen. – Bei Gelegenheit mehr zu ihm und zu Pandora, ein, wie ich finde, spirituell, das heißt, für die Entwicklung der Menschheit höchst aufschlussreiches Werk. Wenn man es liest, muss man sich Zeit lassen (es beginnt schon damit, wie unterschiedlich und doch so bezeichnend das Wohngehöft des Prometheus und des Epimetheus beschrieben sind), allerdings geht es über die Dimension eines Aktes auch nicht hinaus.

Schade, dass dieses Werk so wenig bekannt ist. Man sieht allerdings auch nur auf den zweiten oder dritten Blick, wie wertvoll es ist und auch wie kunstvoll geschaffen, was z.B. die reiche Metrik betrifft; sie zeigt, was für ein Könner Goethe war, auf der Form- wie auf der Inhaltsebene.
Bei Gelegenheit mehr dazu.

Freitag, 13. April 2018

Ich habe so eine Wut auf diese Merkel, die seit über 12 Jahren nichts gegen die Nöte von Menschen dieses Landes tut!

4,3 Millionen erwerbsfähige Hartz-IV-Empfänger werden in der Arbeitslosenstatistik nicht aufgeführt. Sie haben aber im Grunde einen Arbeitslosenstatus. - Wie viele Arbeitslose also hat die BRD wirklich? Wohl erheblich mehr als circa zweieinhalb Millionen!

Jeder 6. Rentner lebt in Armut!  

Jedes 5. Kind in Deutschland ist von Armut bedroht. Das sagt der Wochenbericht des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung.

Etwa drei Millionen Menschen müssen in Deutschland zusätzlich zu ihrem Hauptberuf einem Nebenjob nachgehen (hier ein Beispiel). Damit haben sich die Anzahl der Mehrfachbeschäftigten und ihr Anteil an allen Arbeitnehmern laut dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung seit 2003 mehr als verdoppelt.

Das ist ein Ergebnis von über 12 Jahren Merkel-Politik und niemand unter unseren feisten Politikern unternimmt wirklich etwas gegen diese skandalösen Zustände.

Dafür kriegt VW-Müller 20 Millionen noch weitergezahlt, obwohl er entlassen wurde (die armen Aktionäre können einem richtig Leid tun . . .)


Wann endlich wacht dieses Land auf ?

Donnerstag, 12. April 2018

Sri Aurobindo und seine kontraproduktiven esoterisch-spirituellen Worthülsen. Von einer Verbindung östlichem mit westlichem Denken, die er beansprucht, sehe ich in Wahrheit nichts.

Ich habe ja vor nicht allzu langer Zeit eine Passage Sri Aurobindos veröffentlicht, die mir  recht gut gefallen hat. Nun bin ich allerdings über so viele Stellen in seinen Büchern Life Divine und Human Cycle unangenehm gestolpert, dass ich an dem Mann ernsthaft zweifle. Als Avatar (ein göttliches Wesen also), der nicht nur die Mutter Mirra Alfassa, mit der er über zwanzig Jahre zusammenwohnte, sondern auch er zu sein vorgeben, muss er doch wissen, dass der menschlich-spirituellen Entwicklung kaum etwas abträglicher ist, als wenn sie sich an leere Worthülsen gewöhnt und mit diesen gefüttert wird. Von diesen wimmelt es aber in vielen Passagen der oben genannten Bücher.
Gewiss kann man sich einbilden, diese Hülsen mit Leben füllen zu können, aber das ist absolut nicht der Sinn solcher Lektüren. Oder ist es Sinn der Schule, dass Kinder in der 4. Klasse, die einem Lehrer zuhören, der universitär abstrakt daherschwafelt, sich darum bemühen, dem, was der Lehrer sagt, Sinn zu geben?

In den Auszügen, die ich gelesen habe, bin ich nicht auf ein einziges Beispiel getroffen, das Aurobindo anführt, um, was er sagt, anschaulich sein zu lassen. Alles ist auf einer total abstrakten Ebene und führt den Leser vom Sinn dessen, was der Mann vielleicht ansprechen will, fort. Mir ist völlig  unverständlich, wie ein so Erleuchteter, wie ihn seine Anhänger sehen - und er und die Mutter Mirra Alfassa haben immerhin eine weltweite Gefolgschaft -, ein Buch veröffentlicht, dass das Ziel menschlich-geistiger Bewusstseinsentwicklung so blutleer darstellt.

Die Worte bleiben in reiner Abstraktion stecken.

Vor allem Life Divine wäre, soweit ich das aufgrund der Auszüge, die ich gelesen habe, sehen kann, besser nie geschrieben worden. Natürlich gibt es auch in ihm Passagen, die gut klingen. Aber das ist, als ob man unter vielen angeschlagenen Äpfeln welche findet, die keine Macken haben.

Ich führe im Folgenden zwei Passagen an, die - so zitiert - natürlich aus einem gewissen Zusammenhang genommen sind, aber es ist meines Erachtens kein Schaden, wenn man nicht noch mehr liest.

Natürlich kenne ich das Argument seiner Jüngerinnen und Jünger, es komme nicht auf das Wort an, sondern entscheidend sei, was an Vibrations mitgeliefert werde.
Das aber ist genau die Argumentation der luziferischen Ebene, jenes gefallenen Engels also, der den Menschen vergeistigen möchte, bevor er alles mit Liebe und mit dem eigenen Herzen durchdringt. Dann nämlich, solchermaßen ohne Liebe, ist er ein Spielball Luzifers im Rahmen von dessen Geistigkeit. Einer Geistigkeit mit dem Licht einer Neonröhre: ohne alle Wärme.

Genau so, hochgeistig und luziferisch kalt, kommen die Worte Sri Aurobindos bei mir an.

Es kommt hinzu, dass ich das Vokabular, also die Begrifflichkeiten, die sich auf spirituelle Gehalte beziehen, bei Aurobindo total verwirrend finde. Da ist von Geist die Rede, von Spirit, von Gnosis, overmind, Supramental, von Sat, Chit und Ananda, von Shakti, Purusha und Pakriti, von Subliminal, Vital, Mental, Natur, Übernatur und Allnatur, Ishvara, Atman, Jivatman, Brahman, der Idee und der Realidee, von dem Selbst und der Seele und kurzum, einem bunten Mischmasch deutscher, englischer und indischer Begrifflichkeiten.
Bedauerlich ist hinsichtlich der Lektorierung, dass den deutschen und englischen Begriffen nicht wenigstens in Klammern der zugrundeliegende indische Begriff hinzugefügt wurde, das könnte z.B. die Verwirrung in Bezug auf Begriffe wie Geist, Supramental, Gnosis, Spirit, Seele und Selbst mindern. Völlig unklar ist z.B., warum für Geist einerseits der deutsche Begriff verwendet wird und auch der englische, nämlich Spirit.

Auf den zentralen Kritikpunkt, der sich auf den Anspruch Sri Aurobindos bezieht, westliches  und östliches Denken verbinden zu wollen, kann im Rahmen dieses Post nicht eingegangen werden. Erstaunt war ich, um dies als Beispiel anzuführen, dass auf einmal von dem Wahren, Schönen und Guten die Rede ist, ohne dass - jedenfalls nicht in meinem Auszug - auf Platon verwiesen wird, von dem diese Begrifflichkeit nun eindeutig stammt (im Begriffssystem Aurobindos wirken die platonischen Begriffe ohnehin wie ein Fremdkörper, wobei sie noch dazu vorchristlich sind. Ich bin mir nicht sicher, ob Aurobindo die Wirklichkeit von Christus verstanden hat. Auf Christliches geht er - darauf weist auch der Wikipedia-Artikel über ihn hin - kaum ein; wenn man aber, so der eigene Anspruch, westliches und östliches Denken verbinden will, ohne dezidiert auf Christus und die Bedeutung von Golgatha einzugehen, kann man diesem Anspruch überhaupt nicht gerecht werden. Und wenn ich die Aussagen seiner Lebensgefährtin Mirra Alfassa, der Mutter also, die er als Inkarnation der göttlichen Mutter ausgibt, zum Christentum nehme - munter vermischt sie Christus mit der christlichen Kirche, die jenem aber überhaupt nicht gerecht wird, was sie als Avatar berücksichtigen müsste -, dann haben beide dessen Wesenskern nicht verstanden. 

Den ersten Auszug habe ich gewählt, weil er zunächst noch relativ verständlich beginnt, was sich zunehmend ändert:


Eine Aspiration, ein Verlangen nach höchster und völliger Seligkeit des Daseins ist insgeheim bereits in der ganzen Anlage unseres Wesens vorhanden, ist aber durch die Trennung unserer Elemente der Natur und deren unterschiedlichen Drängen vermummt und durch die Unfähigkeit verdunkelt, mehr als ein oberflächliches Vergnügen zu empfangen und zu erfassen. Im Körperbewusstsein nimmt dieses Verlangen die Form des Bedürfnisses nach körperlicher Freude an, in unserem Vitalen erscheint es als eine Sehnsucht nach Lebensglück, als begierig mitschwingende Antwort  auf jede befriedigende Überraschung, auf Freude und Entzücken aller Art. Im Geist wird es zur bereitwilligen Empfänglichkeit für alle Formen mentaler Freuden. Auf einer höheren Ebene erscheint es als der Ruf des spirituellen Geistes nach Frieden und göttlicher Ekstase. Diese Neigung beruht auf einer Wahrheit des Seins, denn Ananda ist das eigentliche Wesen Brahmans, ist die höchste Natur der allgegenwärtigen Wirklichkeit. Das Supramentale selbst, das auf den Stufen der Manifestation herabsteigt, wird aus Ananda geboren und taucht in der aufsteigenden Entwicklung wieder in Ananda ein. Es verschmilzt nicht im Sinne des Ausgelöscht- oder Zunichtegewordenseins, sondern ist dort beheimatet, unzertrennlich von ihr, nicht unterscheidbar von dem bewussten Selbst, der Seligkeit des Seins und seiner sich selbst bewirkenden Kraft. Im involutionären Abstieg wie auch in der evolutionären Rückkehr wird das Supramentale von der ursprünglichen Seligkeit des Seins unterstützt und trägt diese bei all seinem Wirken als dessen tragende Essenz in sich. Denn man kann sagen, dass das Bewusstsein seine hervorbringende Kraft im Spirit ist, doch Ananda ist das spirituelle Gerüst, aus dem sich das Supramentale manifestiert und die erhaltende Quelle, in welche es die Seele bei ihrer Rückkehr in den Zustand des Spirits  zurückbringt. Einer supramentalen Manifestation folgt als nächste Stufe im Aufstieg unmittelbar und als krönendes Ergebnis aus sich selbst die Manifestation der Seligkeit des Brahman. Der Evolution des gnostischen Wesens würde die Evolution des Seligkeitswesens folgen. Eine Verkörperung gnostischen Seins würde die Verkörperung des seligen Seins zur Folge haben.
Sie verstehen lieber Leser, dass ich eine gewisse Sehnsucht nach Beispielen entwickelt habe. Manchmal möchte man einfach Petrus oder Buddha im 6. Himmel begegnen und ein Bierchen im himmlichen Gartenlokal mit ihnen trinken und einfach für kurze Zeit obigen Aufstieg vergessen.

Das Folgende möchte ich Ihnen aus einem bestimmten Grund nicht vorenthalten:
Bei ihrer Befreiung der Seele von der Unwissenheit sind Frieden, Ruhe und das Schweigen und die Stille des Ewigen und Unendlichen die erste Grundlage. Im Lauf des spirituellen Aufstiegs übernehmen dann eine vollendetere Kraft und eine größere Formation diesen Frieden, der aus der Befreiung kommt, und verwandeln ihn in die Wonne einer vollkommenen Erfahrung und Verwirklichung der ewigen Glückseligkeit des Ewigen und Unendlichen.
Selbst wenn man die Begrifflichkeiten Sri Aurobindos kennt, glaube ich, werden Jüngerinnen und Jünger mit dieser strohtrockenen Spiritualität Schwierigkeiten haben. Einen gewissen Gipfel der Abstraktion fand ich aber dann doch, dass Aurobindo von einer vollendeteren Kraft und einer größeren Formation schreibt, ohne auch nur die geringsten Anstalten zu machen zu erläutern, was der geneigte Leser sich darunter vorzustellen hat.

Jedenfalls sollten Sie noch wissen:

Friede und Ekstase hören auf, etwas Verschiedenes zu sein und werden eins. Das Supramentale, das alle Verschiedenheit, alle Widersprüche versöhnt und verschmilzt, bringt diese Einheit hervor. Eine weite Ruhe und eine tiefe Seligkeit des Allseins gehören zu den ersten Schritten der Selbstverwirklichung, und diese Ruhe und diese Seligkeit entstehen gleichzeitig als ein Zustand, wachsen an Intensität und gipfeln in der ewigen Ekstase, in der Seligkeit, die das Unendliche ist. Im gnostischen Bewusstsein würde sich diese fundamentale und spirituelle, bewusste Seligkeit des Daseins in gewissem Grade auf jeder Stufe in der ganzen Tiefe des Wesens finden. Alle Bewegungen der Natur würden von ihr durchdrungen sein, und alles Wirken  und alle Reaktionen des Lebens und des Körpers ebenfalls: nichts kann sich dem Gesetz des Ananda entziehen.  
 (Auszüge zitiert nach >Sri Aurobindo, Das Göttliche Leben auf Erden<, Mirapuri-Verlag) 

Ich bin nicht sicher, ob sich jeder nach dieser Lektüre wünscht, dass Letzteres so ist.
Ich bin mir auch nicht sicher, ob im Original der Konjunktiv II verwendet wird, wie es in der Übersetzung der Fall ist. Denn der kann ja nicht nur einen dringenden Wunsch vermitteln, sondern auch irreal gebraucht werden, Nicht-Wirklichkeit vermitteln. Ich schreibe das, weil ich mich dieser Art von Nicht-Wirklichkeit nicht nähern möchte.

Wie dem auch sei, ich erspare mir und Ihnen dann doch ein weiteres Beispiel, wobei ich noch viele dieser Art auf Lager hätte.

Mich lässt jedenfalls diese blutleere, ins unverständlich Begriffliche pervertierte Spiritualität ziemlich fassungslos zurück.


Montag, 2. April 2018

Ohne Erbschuld wirst du funkeln! - Ostergedanken eines Christian Morgenstern.

Wer Karfreitag durch die Augen eines Jesus gesehen hat, weiß, dass dieser Mensch zu Recht ein Überwinder genannt werden kann. Schließlich war schon Gethsemane für ihn eine harte Prüfung gewesen. Der ein oder andere wird die Erfahrung, die er machte, auch gemacht haben: in den schwersten Stunden ist der Mensch ganz allein. Oft hat er sein Schicksal sich selbst zu verdanken und erkennt das auch. Wie Jonas im Bauch des Wals, auf der Flucht vor dem Auftrag,  nach Ninive zu gehen und den Menschen dort die Wahrheit zu sagen, landet man, wenn man solchen Auftrag blockt, in absoluter Finsternis.
Für all jene, die das kennen, hat Christian Morgenstern, jener Dichter, den die meisten nur mit seiner komischen Seite, z.B. seinen Palmström-Gedichten, in Verbindung bringen, einen Rat:

Überwinde! Jede Stunde,
die du siegreich überwindest,
sei getrost, daß du im Pfunde
deines neuen Lebens findest.

Jede Schmach und jede Schande,
jeder Schmerz und jedes Leiden
wird bei richtigem Verstande
deinen Aufstieg mehr entscheiden.

Ohne Erbschuld wirst du funkeln,
abermals vor Enkeln rege,
ungezähltem Volk im Dunkeln
weist ein Sieger Sonnenwege.
 
Das Gedicht könnte eine Anregung sein, das nächste Ostern bewusster zu erleben. Wer mehr darüber lesen möchte: hier.