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Montag, 11. Juni 2018

Die Scheinheiligkeit der #MeeToo-Debatte: Frauen sollten Stellung nehmen zu den Sex-sells-Frauen, die ihre Geschlechtsgenossinnen und sich selbst zu Lustobjekten degradieren.

Ich kann die Vehemenz, mit der die #MeToo-Lawine die Männerwelt wie die Gesellschaften Europas überhaupt überrollt hat, nachvollziehen. Warum Frauen sich noch nicht früher geoutet haben? Die Staumauer musste brechen, hinter der sich so lange so viel Leid gesammelt hat. Als sie brach, wurde die Männerwelt überflutet und vor allem - erfreulicherweise - einige Übeltäter.

So weit so gut.

Allerdings traut sich absolut niemand anzusprechen [mittlerweile habe ich von Sylvia und Wiebke gelesen, dass sie es taten - siehe Fb-Kommentar], dass Frauen selbst ein Gutteil dazu beitragen, dass sie als Lustobjekte missbraucht werden - Details dieses Missbrauchs sind genügend durch die Presse und die Medien gegangen. Manches, was man lesen  musste, war in seiner Widerlichkeit einfach erschütternd.

Was mich mittlerweile, nachdem die ersten Wogen sich geglättet haben, doch etwas erstaunt zurücklässt, ist nicht, dass Männer das folgende Thema nicht ansprechen - Männer trauen sich so schnell nichts mehr, weil sie sofort als frauenfeindlich kastriert werden, ob es nun berechtigt ist, was sie sagen oder nicht -, sondern dass kaum eine Frau - schon gar nicht öffentlich - den Mut hat zu sagen, dass Frauen darauf schauen sollten, was sie selbst zu dem #MeeToo-Dilemma beigetragen haben.

Ich finde diesen Beitrag nicht  unerheblich, wobei ich mich leider bemüßigt fühlen muss zu beteuern, dass ich natürlich finde, dass den entsprechenden Männern der Prozess gemacht wird - und obwohl ich kein Freund des öffentlichen Prangers bin, scheint er mir in diesem Fall doch notwendig. Wenn ich das nicht in aller Glaubwürdigkeit beteuern würde und eine öffentliche Person wäre, könnte ich mich sicherlich vor einem gigantischen Shitstorm kaum retten  (wahrscheinlich käme er auch trotz der Beteuerung, denn dieses Land und viele Leute brauchen mittlerweile diese Shitstorms).

Ich erinnere mich, dass ich vor fünfunddreißig Jahren mit meiner damaligen Freundin auf der Peloponnes durch das griechische Kalamata gelaufen bin, als auf einmal ein Alter in einer Kneipe aufbrüllte, weil er meine Freundin in ihrem kurzen Minirock gesehen hatte. Heute würde man den Alten eher in die Klapse einliefern als sich Gedanken darüber zu machen, ob sein Aufbegehren berechtigt sei (was zu denken eh niemand mehr in den Sinn kommt).

Warum ich auf dieses Thema komme und auf die Idee zu diesem Post: Zufällig las ich einen Tweet von Victoria Reith, der hinwies auf eine Sendung des DLF über #MeeToo in Schweden; nicht nur per Film, sondern auch mittels fünf Artikeln wird  aufgezeigt, wie die Schweden damit umgehen; eine bemerkenswerte und ausgesprochhen aufschlussreiche Untersuchung

Und ich erinnerte mich, erst gestern auf inTouch gelesen zu haben:
Vanessa Mai (26) etwa bewirbt ihr Album „Schlager“ mit heißen Foto-Aufnahmen und gibt auf der Bühne Vollgas. Lasziv geht sie im knappen Body vor den Zuschauern in die Hocke oder hält sich einen LED-Stab vor den Schritt.
Sogar Michelle (46), die viele Jahre wie abgetaucht erschien, rief sich mit ihrem Hingucker-Albumcover und einem Glitzer-Jumpsuit bei Auftritten zurück ins Gedächtnis ihrer Fans. „Für mich gibt es keine Tabus. Ich finde, jeder Mensch soll das tun, was ihn glücklich macht“, sagte sie kürzlich in einem Interview. Und selbst die sonst eher konservativ gekleidete Linda Hesse (31) zog sich gerade für die Juni-Ausgabe des Männermagazins „Playboy“ aus.
Wobei zunächst auf Helene Fischer (SKANDALAUFTRITT LÖST RIESENWELLE AUS) eingegangen wird, über die ich allerdings schon in zwei Posts geschrieben habe, mehr Aufmerksamkeit ist sie nicht wert. Sie ist für mich die deutsche Sex-sells-Vorzeige-Protagonistin mit ach so gut-bürgerlichem Wohnzimmer-Touch; mittlerweile empfinde ich einfach nur Ekel vor ihrer gerissenen Scheinheiligkeit, wenn sie kürzlich auf ihre ach so unbedarfte Weise gesteht, dass sie auf ihrem berühmten Foto doch ein Höschen angehabt habe: so ein Ausspruch mag schon wenigstens 1000 zusätzlich verkaufter Songs bringen.

All das rechfertigt kein entsprechendes Männerverhalten, aber die Frage sei erlaubt, inwieweit das mittlerweile oben angesprochene jahrzehntelange Berieseln mit entsprechenden Bildern nicht zwangsläufig seine Wirkung erzielen muss gerade bei den Männern, die diesbezüglich labil sind. Gern wird argumentiert, dass doch dafür nicht Frauen verantwortlich gemacht werden können - aber so einfach ist die Sache nicht, finde ich. Frauen tragen einen Gutteil zu der öffentlichen Verkommenheit von Sexualität und deren Folgen bei.
Und ich formuliere das auf dem Hintergrund des Eindrucks, dessen man sich nicht mehr erwehren kann, dass in den letzten Jahren Sexualität auf eine dramatische Weise in diesem Land und den gesamten Indurstrienationen verkommt, ein Verkommen, zu dem, wie gesagt, eben auch Frauen erheblich beitragen, wobei keineswegs unterschlagen sein soll, dass die entsprechenden Marketing-Projekte meist von Männern durchgezogen werden. Es geht mir auch nicht um eine Zuweisung von Schuld, es geht um eine ehrliche gesellschaftliche Debatte und das #MeToo auch einschließen muss: auch das weibliche Geschlecht trägt erheblich zu dem #MeToo-Dilemma bei.

Dass sich in einigen Jahren Männer und Frauen mittels Roboter befriedigen werden, ist offensichtlich, wobei die Entwicklung der entsprechenden Aggregate, obwohl schon vorhanden, noch etwas unbemerkt von der Öffentlichkeit vor sich geht - ich bin gespannt, wann es den ersten Spielfilm gibt, in dem eine entsprechende Szene vorkommt. Ich bin ebenfalls gespannt, wann als Argument pro entsprechende Aggregate auftaucht, dass sie die Frauenwelt sicherer machen; das wäre ein Argument auf Puff-Niveau (damals und noch heute wird ja entsprechend auch hinsichtlich der Legitimation von Prostitution argumentiert).

Dass ein Teil der Menschheit auf eine dramatische Weise verkommt, ist für mich offensichtlich. Die Frage ist, wie Menschen, die ahnen oder wissen, warum wir Menschen sind und wohin wir uns entwickeln mögen oder sollten, sich zu all dem stellen.

Ich sehe nicht, dass das geschieht und setze dabei nicht auf die Kirchen, weil ich mir vorstelle, dass der Papst zwar gegen diese Entwicklung wettern mag, aber im Vatikan es dann schon längst entsprechende Befriedigungsinstrumentarien in dem ein oder anderen Kardinalszimmer gibt - hoffentlich wenigstens ohne das Wissen des Papstes (Päpste haben in der Vergangenheit allerdings schon zu ganz anderen Dingen geschwiegen).

Ich finde es notwendig, sich darauf zu besinnen, dass es die Zweigeschlechtlichkeit nicht schon immer gab - nimmt man jedenfalls die biblische Schöpfungsgeschichte und eine Übersetzung, frei von Lutherfehlern ernst - und worin die Bedeutung der Sexualität liegt. Ich fürchte, wer nicht in sein Bewusstsein sehr bewusst die Bedeutung von Gegensätzen aufnimmt und in diesem Zusammenhang die Bedeutung der Zweigeschlechtlichkeit und Sexualität und - ja, das gibt es noch - Liebe, wird nicht verstehen, dass Goethes Ewig-Weibliches sich nicht auf Sexualität bezieht, sondern darauf, dass das, was in uns als Ur-Seele den Weg sucht zum 7. Schöpfungstag mit diesem Ewig-Weiblichen angesprochen ist, und warum es auf der anderen Seite das Männliche, den Vater gibt. Mit einer Dominanz des Männlichen hat das nichts zu tun, zumal unsere abendländischen Bewusstseinsvorfahren, die Griechen, nicht von ungefähr ein weibliches Wesen als Ursprung des Lebens benannten: ihre große Göttin Gaia.

Jedenfalls: eine ehrliche öffentliche Debatte wäre wünschenswert, wobei ich es begrüßen würde, wenn Männer nicht die besonders Geknickten spielen müssten, ehrlich auch mal Männliches sagen dürften, das nicht gleich irgendwelche Feministinnen auf die höchsten Höhen von Yggdrasil, der Weltenesche bringt (die bekanntlich über alle Himmel hinausreicht),  und Frauen auch Meinungen zu äußern wagen, die nicht deutlichst feministisch angehaucht sein müssen, weil sonst von links oder grün gleich irgendwelche Totschlagargumente kommen (sorry, ich mag die Parteien nicht mehr, das gilt für die Linken und Grünen genauso wie für die AfD und ihre Mehr-oder-weniger-Gesinnungsgenossen aus der CSU und der sonstigen Parteienlandschaft, die niemand mehr so recht ernst nehmen kann).

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