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Dienstag, 23. Oktober 2018

„Die an dich nur denkt / Die sich liebend kränkt“ - Goethes Ballade verweist nicht nur auf eine übergroße Liebe, sondern auch auf die Bigotterie der Katholischen Kirche.

Manche Balladen Goethes haben eine sterbenslangweilige Überschrift wie z.B. "Der Gott der Bajadere" oder "Die Braut von Korinth". Hätte er wenigstens "Der Gott und das Tempelmädchen" getitelt oder "Korinths Vampir, Widergängerin und Liebende zugleich" würden selbst heute noch manche nachschauen, was es damit auf sich hat. Zu seiner Zeit erregte die Ballade über jene korinthische Braut, die als Tote ihren ihr versprochenen Bräutigam aufsuchte und durch seine Liebe nahezu lebendig wurde, großes Aufsehen, vor allem in klerikalen Kreisen, weil Goethe in dieser Ballade deutlich werden ließ und lässt, wie sehr ein wahres Heidentum, das Liebe ermöglicht, einem bigotten Christentum immer vorzuziehen ist.

Ich selbst lehne den Begriff des Heiden ab. Seine etymologische Herkunft ist unklar, seine einstmals abwertende Konnotation eindeutig. Mittlerweile ist das angesichts vieler sich zum Atheismus bekennenden Menschen nicht mehr der Fall. Aber selbst C.G. Jung hat diesen Begriff noch verwendet, der doch zu seiner Zeit sehr negativ belastet war, obwohl er aufgrund seiner Studien hätte wissen müssen, dass es eine nicht-christliche, also heidnische Zeit in dem so verstandenen Sinne nie gab, war doch in den Mysterien Griechenlands und Ägyptens - v.a. vermittelt durch die Gestalt des Gottes Osiris -, aber auch in den germanischen in der Gestalt des Gottes Baldur, bekannt, was auf die Menschheit an neuem Bewusstsein zukommen würde (Richard Wagner hat das im Ring der Nibelungen in der Götterdämmerung verarbeitet, die Voraussetzung ist für jenes Bewusstsein, das er in seiner Oper Parzival auferstehen lässt); dass mit dem Erscheinen von Christus das Mysterienwesen versiegte, ist auf diesem Hintergrund eben kein Zufall.

Jedenfallls ist die > Braut von Korinth < absolut lesenswert, weil auf ihrem Hintergrund klar wird, wie scheinheilig - auch aufgrund ihrer zölibatären Struktur - eine Kirche ist, die sich mit Kindesmissbrauch besser auskennt als mit der Realität der Ehe, dennoch aber in das Leben der Menschen so spirituell arrogant wie unberechtigt eingreift, indem sie ihren Gläubigen eine zweite Ehe untersagt und das auf dem Hintergrund, dass sie selbst es ist, die deren erste Ehe immer im Namen Gottes weiht, obwohl sie doch sehen muss, dass ihre Priester mit dieser sakramentalen Weihe oft daneben lagen und liegen, was die Zahlen sich scheiden lassender Paare zeigen. Dennoch, obwohl ihre Priester sich offensichtlich selbst so oft irren, erlaubt sie sich, eine weitere Ehe zu verbieten. Eigentlich ist das schlicht unverschämt, vor allem angesichts der Gewissensnöte vieler Gläubigen, die diese falsche und scheinheilgie, weil menschlich irrige Religiosität ernst nehmen.

Das soll uns nicht daran hindern, diesen wunderschönen - ich möchte fast sagen: göttlichen - Herbst im Gedächtnis zu behalten.

Herbstzeit an Bad Kissingens Saale

Jene Seite von ihm, die so lucide ist, in der die Natur transparenter zu werden scheint und stiller zu leuchten beginnt, kommt nun auf uns zu, bewegt und beeinflusst unser Inneres auf ein Ziel hin, dass die Katholische Kirche in ihren hierarchischen und dogmatischen Verkrustungen nie wirklich verstanden hat.

Bad Kissingen, am Luitpoldbad

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