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Sonntag, 19. September 2010

"Du sollst Vater und Mutter ehren", so lautet das vierte Gebot – warum nicht: Du sollst Vater und Mutter lieben ... ?

Ehre, wem Ehre gebührt, so pflegt man zu sagen, und die Rede ist von aller Ehren wert.
Sind Eltern aller Ehren wert?
Und was macht den hier so bedeutungsvollen Unterschied zwischen Ehre und Liebe aus?

Ehre impliziert für mich eine gewisse Distanz, die ich zu jemanden habe, eine Wertschätzung, die so in dem, was wir als Liebe bezeichnen, nicht zum Ausdruck kommt.
2002 war Bert Hellinger in der Talkshow von Jürgen Fliege und er erzählte zu Beginn, dass in Afrika kein Kind über seine Eltern etwas Schlechtes erzähle. - Ob das de facto so ist, mag dahingestellt sein, wichtig ist, dass es so etwas gibt wie ein ungeschriebenes Gesetz, dass man seine Eltern ehrt, egal scheinbar, ob es Ehrenleute sind oder nicht, denn - so führte Hellinger aus - als Eltern haben sie alles richtig gemacht. Was er meinte, war, dass sie ihrer vielleicht wichtigsten Aufgabe nachgekommen sind: Sie haben Leben weitergegeben.

Die zehn Gebote, die vor Zeiten Mose von Gott gegeben wurden, scheinen uns wie selbstverständlich, eigentlich keiner so weihevollen Handlung wert, wie wir sie in der Bibel geschildert finden.
Doch als Mose zu seinem Volk zurückkommt, muss er sehen, dass schon das erste Gebot einen zu hohen Anspruch beinhaltet:
Ich bin der Herr, dein Gott, Du sollst keine anderen Götter haben neben mir.
Man muss sich das vorstellen: In der existentiellen Situation des Volkes Israel, unterwegs in der Wüste, umgeben von ständig angriffslustigen Völkern, wird ihm und seinem Führer eine unglaubliche Ehre zuteil: Sie erhalten eine göttliche Offenbarung. Doch das Volk tritt sie mit Füßen, im Grunde beleidigt es das Göttliche und seinen mutigen Führer, indem es um das Goldene Kalb tanzt.
Daraus lässt sich entnehmen, dass es sehr wohl wichtig war, dass diese Gebote für die Ewigkeit in Stein gemeißelt sind, eben auch:
Ehre Vater und Mutter, auf dass Du lange lebest im Lande, das Dir der Herr, dein Gott gibt.
Natürlich gibt die Tatsache, unter welchen Umständen Kinder gezeugt werden, Aufschluss darüber, dass wir Menschen oft den Kontakt zum Heiligen verloren haben. Denn dieser Akt der Zeugung ist heilig.
Selbst jedoch, wenn Eltern dem nicht gerecht geworden sind, kann das Kind in seinem Leben diesen Akt heiligen, indem es ihn ehrt, weil es ihm sein Leben verdankt, das Wertvollste, was es hat. Dass dies schwerfällt, vor allem, wenn dem Kind kein Vertrauen ins Leben mitgegeben wurde, keine Liebe zum Leben und zu sich, weil die Eltern es vielleicht schon nicht liebten, das wissen wir.
Gewiss ist das ein hoher Anspruch, aber es ist eine Möglichkeit, sich seinen Eltern gegenüber zu verhalten.

Für mich jedoch geht es in oben gestellter Frage noch um mehr:
Als Gott den Menschen schafft, sein Kind, schafft er ihn als Vater-Mutter-Gott, als männlich-weiblicher Gott. Luthers unglückliche Übersetzung der Schöpfungsgeschichte hat leider dazu beigetragen, dass dieser maßgebliche Aspekt menschlichen Lebens nicht die Aufmerksamkeit findet, die ihm zusteht - ich habe an anderer Stelle darüber geschrieben.
So ist von Urbeginn an diese Dreiheit zugegen: Mann, Frau, Kind.
Leider verschweigt sogar das apostolische Glaubensbekenntnis diese Dreiheit, wenn es von Vater, Sohn und Heiligem Geist spricht. Warum die Kirche hier die Mutter durch den Heiligen Geist ersetzt hat, ist eine offene Frage - für mich mit gravierenden Folgen!
Worauf ich hinausmöchte: Vater - Mutter - Kind.
Diese Konstellation, diese Dreiheit, ist eine heilige. Sie zieht sich von Urbeginn der Menschheit durch alle Kulturen und ist keine spezifisch christliche. Sie beginnt im Alten Testament mit dem männlich-weiblichen Gott, der ein Kind zeugt, den Menschen.
Insofern ist es wichtig, dass wir diese Dreiheit ehren.
Jedes Kind sollte sie ehren.
Warum?

Ich glaube, dass der Zugang zum Heiligen in unserer Seele, zum Göttlichen, nur möglich ist, wenn wir erkennen, dass unser Leben hier auf der Erde ein Spiegel des unendlichen Lebens ist. Es gilt das wie oben so unten des Hermes Trismegistos in der Tabula smaragdina genauso wie das wie im Himmel so auf Erden des Vater unser.
Dort, in der göttlichen Sphäre, gab es und gibt es eine Trinität.
Hier auf unserer Erde gibt es sie.


Wir finden nur zur Liebe, wenn wir ihr, der Trinität von Vater, Mutter und Kind die Ehre geben:
als Eltern, als Kinder.

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