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Montag, 18. April 2022

"Und die Stimme erkennend" - ein Augenblick tiefster Seligkeit. - Noch einmal zum Passionsgeschehen aus der Sicht Anna Katharina Emmericks





 

(vorausgegangen auf diesem Blog war ein Auszug in Bezug auf das Karfreitagsgeschehen aus der Sicht der Anna Katharina Emmerick - siehe vorausgehender Beitrag)

Magdalena aber sah ich wieder in den Garten und zu dem Grabe eilen, sie war vom Laufen und von Trauer ganz wie von Sinnen. Sie war vom Tau ganz durchnässt, ihr Mantel war ihr vom Kopf auf die Schultern gesunken und ihre langen Haare waren aufgelöst herabgefallen. Weil sie allein war, scheute sie sich, gleich in die Felsenhöhle hineinzutreten, sondern sie verweilte auf dem Rande der Vertiefung vor dem Eingang der Vorhalle. Hier beugte sie sich nieder, um durch die tiefer liegende Tür in die Vorhalle gegen das Grablager zu schauen, und in dem sie ihre vorfallenden langen Haare mit den Händen fassend zurückhielt, sah sie zwei Engel in weißen priesterlichen Kleidern zu Häupten und Füßen des Grablager sitzen und hörte zugleich die Stimme von einem derselben: „Weib, was weinst du?“ Und sie rief in ihrem Jammer aus (denn sie wusste und dachte an nichts, als dass der Leib des Herrn nicht mehr da sei): „Sie haben meinen Herrn weggenommen und ich weiß nicht, wo sie ihn hingelegt haben.“  

Dies sagend und nichts als die Tücher sehend, wandte sie sich sogleich wie eine Suchende um, sie meinte, sie müsse ihn überall finden, sie war im dunklen Gefühle seiner Nähe, und selbst die Erscheinung der Engel konnte sie nicht irre machen. Es war, als denke sie gar nicht, dass diese Engel seien, sie konnte an nichts denken, als an Jesus, nichts als: Jesus ist nicht hier, als: wo ist Jesus? Und ich sah sie einige Schritte vor dem Grabe hin und wieder irren wie eine ganz verwirrt suchende Person, ihre langen Haare hingen ihr links und rechts über die Schulter hervor, sie strich einmal die Masse der Haare auf der rechten Schulter durch beide Hände, dann hatte sie die beiden Haarströme in beiden Händen und schlug sie zurück und schaute umher, da sah sie etwa zehn Schritte von dem Grabfelsen gegen Morgen, wo der Garten gegen die Stadt aufsteigt, zwischen dem Gebüsche hinter einem Palmbaum eine lange, weiß bekleidete Gestalt in der Dämmerung und hörte, darauf zustürzend, abermals die Worte: „Weib, was weinst du? Wen suchst du?“ Sie hielt die Gestalt aber für den Gärtner, und ich sah sie auch mit einer Schaufel in der Hand und einem flachen Hut, der einem Stück gegen die Sonne vorgebundener Baumrinde glich, gerade wie ich den Gärtner in der Parabel gesehen, die Jesus den Frauen kurz vor seinem Leiden in Bethanien erzählte, und seine Erscheinung war nicht leuchtend, sondern gleich der eines Menschen in der Dämmerung in langem weißem Gewande. Auf die Worte: „Wen suchst du?“, erwiderte sie sogleich: „Herr, hast du ihn weggetragen, so sage mir wohin, ich will ihn holen!“ Und zugleich schaute sie wieder umher, ob er ihn nicht in der Nähe habe; da sagte Jesus zu ihr mit gewohnter Stimme: „Maria!“ Und die Stimme erkennend und Kreuzigung, Tod und Begräbnis vergessend, als lebe er, sagte sie, sich augenblicklich wendend, wie sonst: „Rabboni (Meister)!“ und fiel vor ihm auf die Knie und streckte die Arme nach seinen Füßen aus. Jesus aber hob die Hand abwehrend gegen sie und sprach: „Rühre mich nicht an, denn ich bin noch nicht aufgefahren zu meinem Vater; gehe aber zu meinen Brüdern und sage es ihnen: Ich fahre auf zu meinem Vater und eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott.“ Da verschwand der Herr. – Ich hatte auch eine Erklärung, warum Jesus sagte: „Rühre mich nicht an“, ich bin mir aber derselben nicht mehr ganz bewusst. Ich meine, er sprach dies, weil sie so ungestüm war und ganz in dem Gefühl, als lebe er wie sonst, und alles sei, wie sonst.

[nach Rudolf Steiner ist, wenn ich mich recht entsinne, Jesus Christus nicht in seinem physischen Leib auferstanden, sondern in seinem erleuchteten Ätherleib, der sich physisch nicht umarmen lässt; Maria Magdalena, die diesen Ätherleib hellsichtig wahrnahm, setzte ihn wohl mit dem physischen Leibe gleich; in ihrer folgenden Erklärung, scheint mir, ist sich Anna Katharina Emmerick dieser Tatsache aus ihrer Erinnerung heraus, die sie ja Clemens Brentano mitteilte, nicht (mehr) bewusst]

Über die Worte Jesu, er sei noch nicht aufgefahren zu seinem Vater, hatte ich die Erklärung, er habe sich noch nicht nach seiner Auferstehung seinem himmlischen Vater dargestellt und ihm noch nicht für seinen Sieg über den Tod und für die Erlösung gedankt. Es war, als sage er ihr hierdurch, die Erstlinge der Freude gehörten Gott, sie solle sich erst besinnen und Gott danken für das vollendete Geheimnis der Erlösung und des Sieges über den Tod; denn sie hatte seine Füße wie sonst umarmen wollen, sie hatte an nichts gedacht, als an ihren geliebten Meister, und das ganze Wunder in der Heftigkeit ihrer Liebe vergessen. Ich sah aber, wie Magdalena nach dem Verschwinden des Herrn sich aufraffte und, als sei sie im Traum gewesen, nochmals dicht an das Grab hinlief; da sah sie die beiden Engel auf dem Grab sitzen, hörte, was die Frauen gehört von der Auferstehung, sah die Tücher liegen und eilte nun, des Wunders und ihres Gesichtes ganz gewiss, hinaus, ihre Begleiterinnen zu suchen auf dem Weg gegen Golgatha, denn sie wandelten dort noch zagend umher, teils Magdalenas Rückkehr erwartend, teils in Begierde, den Herrn irgendwo zu sehen. Alles, was mit Magdalena geschah, währte nur ein paar Minuten; es mochte etwa halb drei sein, da ihr der Herr erschienen, und als sie kaum den Garten hinausgelaufen war, eilte Johannes in denselben hinein und Petrus dicht hinter ihm her. Johannes stand auf dem Rande vor dem Eingang und bückte sich durch die Tür der Vorhalle nach der halb offenen Grabtür schauend und sah die Tücher liegen. Nun kam Petrus und ging hinab in die Höhle und vor das Grablager und sah die Grabtücher hier in der Mitte des Lagers von beiden Seiten gegen die Mitte zusammengerollt, es waren die Gewürze hineingewickelt und die Binde war darum geschlungen, so wie Frauen dergleichen Tücher zum Aufbewahren zusammenzurollen pflegen, das Angesichtstuch aber lag rechts davon gegen die Wand und war auch geordnet. Hierauf folgte Johannes dem Petrus auch an das Grablager, sah dasselbe und glaubte an die Auferstehung, denn es wurde ihnen nun klar, was der Herr gesagt und was in der Schrift stand, sie hatten das vorher nur so obenhin genommen. Petrus aber nahm die Tücher unter seinem Mantel mit, und sie eilten hinaus durch das Pförtchen des Nikodemus, Johannes aber lief dem Petrus wieder voraus.

Ich habe mit ihnen das Grab besehen und auch mit der Magdalena, und ich sah beidemal die beiden Engel zu Häupten und Füßen sitzen, wie immer und auch wie die ganze Zeit, während der Leib Jesu im Grabe lag. Es schien mir aber, als habe Petrus sie nicht gesehen. Johannes hörte ich nachher zu den Jüngern von Emmaus sagen, dass er von der Vorhöhle schauend einen Engel gesehen habe. Vielleicht ließ er, dadurch erschreckt, den Petrus voraus, und meldete es nicht im Evangelium, aus Demut, um nicht mehr gesehen zu haben als Petrus.

Ich sah aber nun erst die herumliegenden Wächter sich erholen und aufraffen. Und sie nahmen ihre Spieße und Feuerkessel, welche an der Tür des Einganges auf Stangen gebrannt und einen Schein hineingeworfen hatten, und ich sah sie scheu und verstört aus dem Garten eilen und gegen das Tor der Ausführung hin zur Stadt ziehen. 

Magdalena hatte indessen die heiligen Frauen aufgefunden und ihnen erzählt, dass sie es Petrus gesagt, und jetzt den Herrn im Garten und dann die Engel gesehen habe, und die Frauen erwiderten ihr, dass auch sie die Engel gesehen. Nun eilte Magdalena zur Stadt durch das nahe Ausführtor, die Frauen aber gingen wieder gegen den Garten, vielleicht um die beiden Apostel dort noch zu finden, und ich sah die Wächter an ihnen vorüberziehen und einige Worte zu ihnen sprechen.

In der Nähe des Grabgartens trat den heiligen Frauen die Erscheinung Jesu in einem weiten weißen Gewand, das selbst über die Hände niederhig, entgegen und sprach: „Seid gegrüßt!“ Da bebten sie und sanken ihm zu Füßen, und es war, als wollten sie seine Füße umfassen, wessen ich mich jedoch nicht deutlich erinnere. Ich sah aber, dass der Herr einige Worte zu ihnen sprach, mit der Hand nach einer Gegend deutete und verschwand, worauf die heiligen Frauen durch das Bethlehemstor nach Sion eilten, den Jüngern im Cönaculum zu sagen, dass sie den Herrn gesehen und was er zu ihnen gesprochen. Diese aber wollten anfangs weder ihnen noch Magdalenas Aussagen irgendwelchen Glauben schenken und hielten bis zur Rückkehr des Petrus und Johannes alles für Einbildung der Frauen.
Johannes und Petrus, der vor Staunen ganz tiefsinnig geworden war, trafen auf ihrem Rückweg Jakobus den Kleineren und Thaddäus an, welche ihnen zum Grabe hatten folgen wollen. Auch diese beiden waren sehr erschüttert, denn der Herr war ihnen nahe bei dem Cönaculum erschienen. Ich sah aber, dass Jesus dem Petrus und Johannes vorübergegangen war, und Petrus schien mir ihn gesehen zu haben, denn diesen sah ich plötzlich in großer Erschütterung. Ob auch Johannes ihn erkannt, weiß ich nicht.

Ich sehe jetzt in diesen Bildern in Jerusalem und anderen Orten den Herren und andere Erscheinungen öfter hier und da in Gegenwart anderer Menschen ganz deutlich, ohne zu bemerken, dass diese ihn auch sehen. Manchmal sehe ich einzelne plötzlich erschüttert und staunend, während die anderen ganz gleichgültig sind. Es ist, als sähe ich den Herrn immer, bemerke aber zugleich, dass die Leute ihn damals nur dann und wann gesehen.

Ebenso sah ich die beiden priesterlichen Engel im Inneren des Grabes von der Grablegung des Herrn an immer, sah aber auch, dass die heiligen Frauen diese Engel manchmal nicht, manchmal nur einen derselben, und dann wieder beide erblickten. Die Engel, welche die Frauen anredeten, waren die priesterlich erscheinenden Grabengel. Es redete nur einer derselben und wurde nur einer, als die Tür nicht ganz offen war, von ihnen gesehen; der Engel, der wie ein Blitz vom Himmel niederfuhr, den Stein vom Grab rückte und sich auf ihn setzte, erschien in der Gestalt eines Kriegers. Cassius und die Wächter sahen ihn anfangs auf dem Steine sitzen. Die nachher sprechenden Engel waren die beiden oder einer der Engel des Grabes. Warum dieses alles so geschah, ist mir nicht mehr erinnerlich, als ich es sah, wunderte es mich nicht, dann ist alles, wie es ist, ganz recht und nichts scheint seltsam.

(…) es erschienen nach Jesu Auferstehung noch viele Seelen verstorbener heiliger Juden hier und da vielen Leuten aus ihren Nachkommen, die noch einer Gnade und Rührung fähig waren, und erschütterten ihr Herz zur Bekehrung. Auch zu vielen Jüngern, welche, im Glauben erschüttert, sich mutlos im Lande zerstreut hatten, sah ich solche Erscheinungen kommen, die sie trösteten und im Glauben festigten. Das Aufstehen der toten Leiber aus ihren Gräbern nach Jesu Tod hatte keine Ähnlichkeit mit der Auferstehung des Herrn, denn Jesus stand mit seinem nun erneuten, verklärten Auferstehungsleibe auf, wandelte lebend am Tage auf Erden und fuhr mit diesem seinem Leibe vor den Augen seiner Freunde zum Himmel, und es war dieser sein Leib nicht mehr dem Tode und dem Grabe unterworfen. Jene auferstandenen Leiber aber waren nur wandelnde, bewegungslose Leichen, den Seelen zur Hülle gegeben und wurden von diesen wieder in den Schoß der Erde abgelegt, wo sie die Auferstehung am jüngsten Tage mit uns allen erwarten. Ja sie waren weniger vom Tode auferstanden als Lazarus, der wirklich lebte und später zum zweiten Male starb; denn sie wurden als ein Kleid der Seele wieder abgelegt in die Gräber, da der Leib Jesu auch zu Grabe gebracht worden war.


PS.  (betrifft Facebook-Gruppe https://bit.ly/3ObGgXs)

In einem abschließenden Beitrag möchte ich in den nächsten Tagen darauf eingehen, was mir im Rahmen der wiedergegebenen Auszüge selbst sehr bemerkenswert ist (natürlich freue ich mich, wenn das auch andere tun, im Rahmen eines eigenen Beitrages oder mittels Kommentaren).
Die Mitteilungen der Anna Katharina Emmerick könnten im Übrigen einen Hinweis darauf geben, warum unter den Jüngern keine Frau war und sie bestätigen mir, dass Maria Magdalena die Lebensgefährtin von Jesus gewesen sein könnte. 


Freitag, 15. April 2022

Mitteilungen der Anna Katharina Emmerick über das Karfreitagsgeschehen, aufgezeichnet von Clemens Brentano

Clemens Brentano (1778 - 1842), der berühmte romantische Dichter, Verfasser zahlreicher Gedichte, Märchen, Erzählungen, religiöser Arbeiten und Bühnenwerke, vor allem aber Mitverfasser von "Des Knaben Wunderhorn", jener Sammlung alter deutscher Volks-, Kinder- und Kirchenlieder, die zu den wertvollsten Gütern unseres Sprach- und Kulturraumes gehören, schrieb von 1818 über mehr als sechs Jahre die Mitteilungen jener berühmten Nonne (1774 -1824), die die Stigmata Jesu trug, Anna Katharina Emmerick, auf, Aufschriebe, die schlussendlich 24 Bände umfassten, aufgrund deren Brentano vier Bücher herausgab; aus einem, der "Passion", gebe ich das Karfreitagsleiden von Jesus in Auszügen wieder, basierend also auf Visionsprotokollen, die nicht unumstritten sind, reicherte sie doch Brentano ganz offensichtlich mit eigenen Anmerkungen an.
Brentano selbst äußert zu ihrem gemeinsamen Arbeiten - am 24. September 1818 fand die erste Begegnung statt - bis zu ihrem Tod, am 9. Februar 1824:
Sie sprach gewöhnlich niederdeutsch, im ekstatischen Zustande oft auch reinere Mundart; ihre Mitteilung wechselte zwischen Kindlichkeit und Begeisterung. Alles Gehörte, dass unter behinderten Verhältnissen in ihrer Gegenwart sehr selten kaum in wenigen Zügen notiert werden konnte, war unmittelbar zu Haus aufgeschrieben. Der Geber alles Guten gab Gedächtnis, Fleiß und jene Gemütserhebung über viele Leiden, welche die Arbeit möglich machten, wie sie ist. Der Schreiber tat, was er konnte, und spricht in diesem Bewusstsein den genügsam Leser um ein Gebetsalmosen an.
An der ein oder anderen Stellest für mich offensichtlich, dass hier auch die innere Handschrift des Dichters deutlich erkennbar ist. Insgesamt aber bezweifle ich den Wahrheitsgehalt der "Passion" nicht, im Gegenteil, durch die vielen Bilder, in denen die Ereignisse vermittelt werden, rückt das Geschehen von damals aus einer gewissen Abstraktion heraus und kann die Seele eines Menschen zutiefst bereichern; deshalb gebe ich das Folgende wieder:


Karfreitag

Am Morgen bis gegen 10 Uhr, da das Urteil gesprochen wurde, war abwechselnd Hagelschauer, dann während der Ausführung heller Himmel und Sonnenschein, jetzt gegen 12 Uhr entstand ein rötlicher, trüber Schein vor der Sonne.

Es gingen nun vier Schergen nördlich die siebenzig Schritte zu der Kerkergrube hinab und rissen Jesus heraus, der da zu Gott um Stärkung gefleht und sich nochmals für die Sünden seiner Feinde aufgeopfert hatte. Sie schleppten ihn treibend, schlagend und höhnend diesen letzten Pfad seines Leidens, das Volk schaute und höhnte, die Soldaten brüsteten sich kalt und ernst, Ordnung haltend, die Schergen empfingen ihn grimmig und hinreißend in den Kreis. (…)
Der Anblick von all diesem ward mir dadurch noch schrecklicher, dass ich auch das den anderen unsichtbare Böse hier in seiner Gestalt sehen musste. Ich sah nämlich große furchtbare Teufelsgestalten zwischen allen diesen grausamen Menschen tätig, als reichten sie ihnen alles, als rieten und hülfen sie zu allem, und unzählige kleine grässliche Erscheinungen aller Gestalten von Kröten, Schlangen und Drachen mit vielen Klauen und alle Arten gräulichen, giftigen Ungeziefers sah ich um die Umgebung wie verfinsternd schwärmen. Sie schossen den Leuten ins Maul, in den Busen, saßen auf ihren Schultern, und es waren dies solche Leute, welche allerlei grimmige, böse Gedanken hatten oder Worte des Fluches und Hohnes ausstießen. Über dem Herrn aber sah ich während der Kreuzigung oft große weinende Engelsgestalten und Glorien erscheinen, in denen ich bloß kein Angesicht erkannte. Solche Engel des Mitleides und Trostes sah ich auch über der heiligen Jungfrau und allen Wohlgesinnten stärkend und aufrichtend erscheinen.
Nun aber rissen die Schergen unserem Herrn den Mantel ab, der ihm um den Oberleib geschlungen war. Sie nahmen ihm den Fesselgürtel ab und seinen eigenen Gürtel und rissen ihm das wollweiße Oberkleid über das Haupt, es hatte einen Brustschlitz mit Riemen verbunden. Dann nahmen sie ihm die lange, schmale Halsbahn von den Schultern, und da sie ihm den braunen und genähten Rock, den ihm seine Mutter gewirkt hatte, nicht über die breite Dornenkrone ziehen konnten, rissen sie ihm die Krone vom Haupte, alle dessen Wunden neu eröffnend, schürzten ihm dann den gewirkten Rock, und zogen ihm denselben mit vermaledeitem Hohne über das blutende, wundenvolle Haupt aus.
Da stand der zitternde Sohn des Menschen, mit Blut, Schwielen, vertrockneten und fließenden Wunden, mit Striemen und Flecken bedeckt. Er hatte nur noch das kurze wollene Skapulier [Überwurf über Brust und Rücken] über dem Oberleib und die Hülle des Unterleibes an. Das Skapulier war mit der Wolle in seine Wunden festgetrocknet und mit Blut in die neue tiefe Wunde verklebt, welche ihm die Kreuzeslast in die Schulter gedrückt hatte, woran er unaussprechlich litt. Unbarmherzig rissen sie ihm das Skapulier von der Brust, und er stand schrecklich zerrissen und verschwollen in seiner Nacktheit, die Schulter und Achsel war bis auf die Gebeine zerrissen, und die weiße Wolle des Skapuliers klebte hier und da auf den Wundrinden und im trockenen Blute seiner Brust.

Nun rissen sie ihm den letzten Gürtel von den Hüften, er stand nackt und krümmte sich schamhaft, und als er ihnen unter den Händen umzusinken drohte, setzten sie ihn auf einen herbeigewälzten Stein, stießen ihm die Dornenkrone von neuem wieder auf das Haupt und boten ihm das andere Gefäß mit Essig und Galle zum Trinken dar, doch er wandte schweigend das Haupt ab.
Jetzt aber, da die Schergen ihn an den Armen, mit denen er seine Blöße bedeckte, anpackten und aufrichteten, um ihn auf das Kreuz zu werfen, erhob sich Ärger, lautes Murren und Wehklagen unter allen seinen Freunden über die schmähliche Entblösung. Seine Mutter betete heftig, sie war im Begriff, ihren Schleier abzureißen und, in den Kreis dringend, ihm denselben als Hülle zu reichen; aber Gott erhörte sie, denn in diesem Augenblick stürzte ein Mann, der vom Tore, quer durch das Volk durch, außerhalb des Weges heraufgelaufen war, geschürzt und außer Atem in den Kreis unter die Schergen und reichte Jesus ein Tuch, welches dieser dankend annahm und so um die Mitte des Leibes wand, dass das längere Ende zwischen den Füßen durch rückwärts wieder durch den Bund geschlungen war.
Dieser von Gott durch das Gebet der heiligen Jungfrau erflehte Wohltäter seines Erlöses hatte in seinem Ungestüme etwas Gebieterisches, er drohte mit der Faust gegen die Schergen und sagte nichts als: „Und dass ihr den armen Menschen sich bedecken lasset!“ Er sprach mit niemandem sonst und eilte eben so schnell wie er herangekommen, wieder von dannen. (…)

Jesus, ein Bild des Jammers, wurde von den Schergen auf das Kreuz gestreckt, er setzte sich selbst darauf, und sie stießen ihn nieder auf den Rücken und rissen seinen rechten Arm mit der Hand auf das rechte Nagelloch des rechten Kreuzarmes und schnürten den Arm fest, und es kniete einer auf seiner heiligen Brust, und einer hielt die sich schließende Hand auf, und der andere setzte den langen dicken Nagel, der spitz zugefeilt war, in das dicke Teil seiner segnenden Rechten und schlug wütende Schläge mit dem eisernen Schlegel.

 

Ein süßes, helles, gebrochenes Wehgeschrei tönte aus dem Munde des Herrn. Sein Blut spritzte auf die Arme der Schergen. Die Bänder der Hand wurden zerrissen und mit dem dreischneidigen Nagel in das engere Nagelloch hineingetrieben. Ich habe die Hammerschläge gezählt, aber in meinem Elende wieder vergessen. Die heilige Jungfrau wehklagte leise und schien bewusstlos, Magdalena aber war ganz von Sinnen.
Die Bohrer waren ein großes Stück Eisen, wie ein lateinisches T, es war kein Holz daran, auch die großen Hämmer waren mit den Stielen ganz von Eisen aus einem Stück, und beinah von der Form, wie bei uns die hölzernen Schlegel der Tischler, mit welchem Sie auch die Meißel schlagen.
Die Nägel, bei deren Anblick Jesus so sehr geschaudert hatte, waren so lang, dass sie in die Faust gefasst, oben und unten etwa ein Zoll hervorstanden. Sie hatten oben ein Blättchen mit einer Kuppe, welches im Umfange eines Kronentalers die Hand füllte. Die Nägel waren dreischneidig, oben so dick wie ein mäßiger Daumen, unten wie ein kleiner Finger, und dann spitz zugefeilt. Eingeschlagen sah die Spitze an der hinteren Seite des Kreuzarmes ein wenig hervor.
Nach der Annagelung der rechten Hand unseres Herrn fanden die Kreuziger, dass seine linke Hand, die auch auf den Kreuzarm festgebunden war, nicht bis zu der Stelle des Nagelloches reichte, das sie wohl zwei Zoll vor den Fingerspitzen gebohrt hatten; sie banden daher die Stricke an seinen linken Arm allein und zogen, sich mit den Füßen gegen das Kreuz stemmend, so heftig an diesem Arme, bis die Hand die Nagelstelle erreichte. Jesus wehklagte ganz rührend, sie rissen die Arme ganz aus den Gelenken, seine Achseln waren ausgedehnt und hohl, und an den Ellenbogen sah man die Knochenabsätze. Seine Brust hob sich hoch empor, die Knie zogen sich gegen den Unterleib. Sie knieten ihm auf den Armen und der Brust, sie knebelten ihm die Arme fest und schlugen dann den zweiten grausamen Nagel durch die Linke des Herrn: das Blut spritzte empor, der süße, helle Wehruf Jesu tönte durch die Schläge des schweren Hammers. – Die Arme Jesu waren in gerader Linie so ausgespannt, dass sie nicht mehr die schräg aufsteigenden Kreuzarme deckten, man sah zwischen den Kreuzarmen und seinen Achselhöhlen hindurch.
Die heilige Jungfrau fühlte alle Peinigung mit Jesus, sie war bleich wie eine Leiche und leise Schmerzenstöne erklangen von ihren Lippen. Die Pharisäer höhnten und schimpften nach der Seite des Walles hin, wo sie stand, und man führte sie darum etwas ferner von dem Kreise zu den anderen heiligen Frauen. Magdalena war wie wahnsinnig, sie zerriss sich das Angesicht, ihre Augen und Wangen waren blutig. (…)
Der ganze Leib unseres Erlösers hatte sich durch die gewaltsame Ausspannung der Arme nach den zu weit auseinandergebohrten Annagelungsstellen in die Höhe gezogen, und seine Knie hatten sich aufgerichtet. Nun aber fielen die Schergen über diese her und banden sie, mit Strickschlingen ziehend, nieder, und es reichten durch die boshafte Stellung der Nagellöcher seine heiligen Füße bei weitem nicht nach dem Fußklotze hin. Da erhob sich unter den Schergen ein Fluchen und Höhnen, einige meinten, man müsse andere Löcher bohren an den Armen, denn den Klotz herauszurücken war beschwerlich, andere höhnten schauderhaft, „er wolle sich nicht strecken, aber sie wollten ihm helfen“; und sie banden ihm Stricke an das rechte Bein und zogen mit schrecklich marternder Gewalt den Fuß auf den Standklotz und knebelten das Bein mit Stricken fest. Es war die Ausspannung des Körpers so entsetzlich, dass die Brust Jesu krachte und er laut jammerte: „O Gott, o Gott!“ Sie hatten ihm die Brust und die Arme auch gebunden, damit die Hände nicht aus den Nägeln rissen. Sein Unterleib zog sich ganz hinweg, und es war, als brächen ihm die Rippen von dem Brustbeine. Es war ein schauderhaftes Leiden.
Sie knebelten nun den linken Fuß ebenso gewaltig mit Stricken über den rechten Fuß nieder und durchbohrten ihn oben am Riste, weil er zum Annageln nicht fest genug über dem rechten Fuß ruhte, mit einem feineren, plattköpfigen Stift, als die Nägel der Hände waren, es war wie ein Vorbohrer mit einem Pfriem [Werkzeug, mit dem Löcher gestanzt werden]. Nun aber ergriffen sie den schrecklichsten, viel längeren Nagel und trieben ihn mit großer Anstrengung durch den verwundeten Rist des linken und durch den des unten ruhenden rechten Fußes krachend hindurch in das Loch des Standklotzes und durch diesen in den Kreuzesstamm hinein. Ich habe am Kreuze, von der Seite sehend, den einen Nagel durch beide Füße durchgehen sehen.

Das Annageln der Füße war grausamer als alles durch die Ausdehnung des ganzen Leibes. Ich zählte an 36 Hammerschläge unter dem Wehklagen des armen Erlöses, das mir so süß und hell und rein klang; die Stimmen des Hohnes und Grimmes umher klangen mir dumpf und trübe. (…)

Ich sah weinende Engel über Jesus während dieser schrecklichen Peinigung erscheinen. (…)

Man meißelte noch während der Annagelung auf dem Kreuzhügel an dem Loche, worin das Kreuz aufgerichtet werden sollte, denn es war zu klein und der Fels sehr hart. Es hatten aber einige Schergen den gewürzten Wein der heiligen Frauen nicht Jesus gegeben, sondern selbst getrunken, und sie waren ganz rauschig davon und empfanden ein Brennen und Schneiden im Leibe, so dass sie wie toll wurden; sie schimpften Jesus einen Zauberer, waren wütend über seine Geduld und liefen mehrmals den Kalvarienberg hinab und soffen Eselsmilch. Es waren Weiber aus dem nahen Lager der Ostergäste mit melkenden Eselinnen in der Nähe, sie verkauften die Milch.
Nach dem Stand der Sonne war es ungefähr ein Viertel nach 12 Uhr, als sie Jesus kreuzigten, und da sie das Kreuz aufrichteten, hallte ein großes Trompetengetöse vom Tempel her. Das Osterlamm war geschlachtet.

Nach der Annagelung unseres Herrn zogen sie mit Stricken, die an Ringen hinten am Kreuze befestigt wurden, den oberen Teil des Kreuzes auf den erhöhten Standort, und warfen dann diese Stricke über einen jenseits errichteten Querbalken oder Bock, und viele Schergen zogen vermittelst dieser Stricke das Kreuz in die Höhe, andere steuerten mit Hakenstöcken an dem Stamme nach und richteten den Fuß in das Loch, dann schoben sie den Gipfel des Kreuzes etwas vorwärts, dass es in senkrechte Richtung kam und seine ganze Last mit einem erschütternden Stoße in die Grube niederfuhr. Das Kreuz erzitterte von dem Stoße, Jesus wehklagte laut, die ausgespannte Last des Leibes zog nieder, die Wunden wurden weiter, das Blut rann reichlicher, und die ausgerenkten Gebeine stießen sich. Nun rüttelten Sie das Kreuz noch fest und schlugen fünf Keile umher in das Loch. Einen von vorn, einen zur Rechten, einen zur Linken und zwei an die hintere etwas runde Seite des Kreuzes.
Es war ein erschreckender und zugleich rührender Eindruck, als unter Hohngeschrei der Schergen und Pharisäer und vielen entfernten Volkes, das ihn nun auch sehen konnte, dass Kreuz emporschwankte und erschütternd niederstieß; aber auch fromme, wehklagende Stimmen erhoben sich zu ihm. Die heiligsten Stimmen der Erde, die jammernde Stimme der Mutter und der Freundinnen und des Freundes, und alle, die reinen Herzens waren, begrüßten das am Kreuz erhöhte, ewige, Fleisch gewordene Wort mit rührender Wehklage, und alle Hände der Liebenden streckten sich bang, als wollten sie helfen, empor, da der Heiligste der Heiligen, der Bräutigam aller Seelen, lebendig an das Kreuz genagelt, in den Händen der tobenden Sünder emporschwankte; als aber das Kreuz mit lautem Hall aufrecht in die Standgrube hineinsank, trat ein kurzes Schweigen ein. Alles schien von einem neuen, nie da gewesen Gefühle überrascht. Selbst die Hölle fühlte den Stoß des sinkenden Kreuzes mit Schrecken und bäumte sich nochmals in ihren Werkzeugen mit Hohn und Fluch gegen dasselbe; bei den armen Seelen aber und in der Vorhölle war eine bang harrende Freude, sie horchten auf jenen Stoß mit sehnsüchtiger Hoffnung, er tönte ihnen wie das Pochen des nahenden Sieges an den Toren der Erlösung. Das heilige Kreuz stand zum ersten Male in der Mitte der Erde aufgerichtet wie ein anderer Baum des Lebens im Paradiese, und aus den erweiterten Wunden Jesu träufelten vier heilige Ströme auf die Erde nieder, ihren Fluch zu sühnen und sie ihm, dem neuen Adam, zu einem Paradiese zu befruchten.

Als unser Heiland an dem Kreuze aufgerichtet stand, und das Hohngeschrei auf wenige Minuten durch ein Schweigen des Staunens unterbrochen war, schallte der Ton vieler Trompeten und Posaunen vom Tempel herüber und kündete das begonnene Schlachten des Osterlamms, des Vorbildes, an, indem er das Hohn– und Wehgeschrei um das wahre geschlachtete Lamm Gottes mit ahnungsreicher Feierlichkeit unterbrach; und es ward manches harte Herz erschüttert und gedachte der Worte des Täufers: „Siehe das Lamm Gottes, welches die Sünden der Welt auf sich genommen hat!“ (…)

Es war nun ungefähr halb zwei, und ich wurde in die Stadt geführt, zu sehen, wie es dort hergehe. Ich fand eine allgemeine Angst und Bestürzung, Nebel und Nacht lagen in den Straßen, die Menschen tappten verwirrt umher, viele lagen in Winkeln mit verhülltem Haupte und schlugen an die Brust, viele schauten nach dem Himmel und standen auf den Dächern und wehklagten. Die Tiere brüteten und verbargen sich, die Vögel flogen niedrig und fielen nieder. Ich sah, dass Pilatus den Herodes besucht hatte und dass sie in großer Bestürzung nach dem Himmel schauten, auf derselben Terrasse, von welcher Herodes am Morgen die Verspottung Jesu mit angesehen. Dies sei nicht natürlich, sagten sie, Jesus sei gewiss zu viel geschehen. Ich sah hierauf Herodes und Pilatus nach dessen Palast über das Forum gehen, sie waren beide sehr geängstigt und gingen mit starken Schritten von Wachen umgeben. (…)
Es sammelte sich unterdessen viel Volk vor Pilatus’ Schloss, und wo sie morgens geschrien: „Kreuzige ihn, hinweg mit ihm“, schrien sie jetzt: „Ungerechter Richter! Sein Blut, auf seine Mörder!“ Pilatus musste sich mit Soldaten umgeben, und jener Zadoch, der am Morgen, als Jesus ins Richthaus ging, seine Unschuld laut ausgerufen, schrie und lärmte dermaßen vor dem Palaste, dass Pilatus ihn beinahe festnehmen ließ. Pilatus, der elende Mensch ohne Seele, machte den Juden die größten Vorwürfe: „Er habe keinen Teil daran, es sei ihr König, ihr Prophet, ihr Heiliger gewesen, den sie zum Tode gebracht, und nicht der seine, ihn gehe es nichts an, sie hätten seinen Tod gewollt.“

Im Tempel herrschte Angst und Schrecken im höchsten Grade, sie waren im Schlachten des Osterlammes begriffen, als die plötzliche Nacht einfiel, alles war verwirrt und hier und da brach bange Wehklage aus. Die Hohenpriester taten alles, um die Ruhe und Ordnung zu erhalten; man steckte alle Lampen beim hellen Tage an, aber die Verwirrung wurde noch größer, ich sah Annas in peinliche Angst geraten, er lief aus einem Winkel in den anderen, sich zu verbergen. Als ich wieder zur Stadt hinausging, bebten die Schirme und Gitter vor den Fenstern der Häuser, und es war doch kein Sturm. Die Dunkelheit ward immer größer. Ich sah auch im äußeren Teile der Stadt an der Nord-West-Gegend zur Stadtmauer hin, wo viele Gärten und Gräber sind, einzelne Grabeingänge einsinken, als wanke der Boden.

Auf Golgatha machte die Finsternis einen wunderbar fürchterlichen Eindruck, das gräuliche Toben und Martern, das Geschrei und die fluchende Tätigkeit bei der Kreuzaufrichtung, die Anknebelung und das Gebrüll der beiden Schächer, das Höhnen und Umherreiten der Pharisäer, der Wechsel der Soldaten, das lärmende Abziehen der berauschten Henker hatte im Anfang der Verfinsterung den Eindruck zerstreut, und dann folgte die Strafrede des reumütigen Dismas und die Wut der Pharisäer gegen ihn, nun aber wuchs die Finsternis, die Zuschauer wurden ernster und vom Kreuze abgewendeter. Da empfahl Jesus seine Mutter dem Johannes, und sie wurde hierauf aus dem Kreise hinausgebracht. Es trat jetzt eine dumpfe Pause ein, das Volk wurde bange bei der zunehmenden Finsternis, die meisten schauten zum Himmel, in vielen regte sich das Gewissen, manche wandten die Augen reumütig zum Kreuze, viele schlugen an die Brust und bereuten, die Gleichgesinnten zogen sich nach und nach zusammen, die Pharisäer, heimlich bang, erklärten alles noch natürlich, aber ihre Reden wurden immer kleinlauter und verstummten endlich fast ganz. Hier und da stießen sie wohl noch ein freches Wort aus, aber es machte sich sehr gezwungen. Der Kern der Sonne war fahl dunkel wie Berge im Mondschein, ein roter Ring umgab sie, die Sterne traten mit rötlichem Lichte hervor, die Vögel fielen aus der Luft auf dem Kalvarienberge und in den nahen Weinbergen zwischen die Menschen nieder und ließen sich mit Händen greifen, die Tiere umher brüllten und zitterten, die Pferde und Esel der berittenen Pharisäer drängten sich zusammen und hingen die Köpfe. Dampf und Nebel umgab alles.

Um das Kreuz war es stille, alles war abgewandt, viele Leute flohen zur Stadt. Der gekreuzigte Heiland war mit dem Gefühle der tiefsten Verlassenheit in seiner unendlichen Marter, seine Feinde liebend und für Sie betend, zu seinem himmlischen Vater gewandt. Er betete, wie während seines ganzen Leidens, stets in Psalmenstellen, die nun an ihm in Erfüllung traten. Ich sah Engelsgestalten um ihn. Als die Dunkelheit aber zunahm, und die Angst drückend auf allen Gewissen und eine dumpfe Stille über allem Volke lag, sah ich Jesus ganz einsam und trostlos hängen. Er litt alles, was ein armer, gepeinigter, zermalmter Mensch in der größten Verlassenheit, ohne menschlichen und göttlichen Trost leidet, wenn der Glaube, die Hoffnung, die Liebe ganz einsam, ohne Erwiderung und Genuss, ohne alles Licht, nackt und ausgeleert in der Wüste der Prüfung stehen, und mit unendlicher Marter allein von sich selbst leben. (…) In diese Wüste der inneren Nacht brauchen wir nicht mehr einsam und gefährdet hinabzusteigen! Jesus hat in den Abgrund des bitteren Meeres dieser Verlassenheit seine innere und äußere Verlassenheit am Kreuze hinabgesenkt, und so hat er den Christen in der Verlassenheit des Todes, in der Verfinsterung allen Trostes nicht mehr einsam gelassen. Es gibt keine Wüste, keine Einsamkeit, keine Verlassenheit, keine Verzweiflung in letzter Todesnot mehr für den Christen, denn Jesus, der das Licht, der Weg und die Wahrheit ist, ist auch diesen finsteren Weg segnend und alle Schrecken bändigend gewandelt und hat sein Kreuz in dieser Wüste aufgerichtet. (…)
Und so rief er in seinem Leiden das Zeugnis seiner Verlassenheit aus und eröffnete damit allen äußerst Bedrängten, welche Gott als ihren Vater erkennen, die Freiheit zu vertrauter kindlicher Klage. – Jesus rief gegen drei Uhr mit lauter Stimme: „Eli, Eli, lamma sabacthani!“, das heißt: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen!“
Als dieser laute Ruf unseres Herrn die bange Stille umher unterbrach, wandten sich die Spötter wieder zu dem Kreuze, und einer sprach: „Er ruft den Elias“, ein anderer: „Wir wollen sehen, ob Elias kommt und ihm herunterhilft.“ Die Mutter aber, da sie die Stimme ihres Sohnes hörte, konnte nichts mehr zurückhalten, sie drang wieder zu dem Kreuze hin, und Johannes, Maria Kleophä, Magdalena und Salome folgten ihr. (…)

Bald nach drei Uhr wurde es heller, der Mond begann von der Sonne zu weichen, und zwar nach entgegengesetzter Richtung. Die Sonne erschien strahllos, umnebelt und rot, und der Mond sank schnell nach der entgegengesetzten Seite, als wenn er falle. Es kamen auch die Sonnenstrahlen nach und nach zurück, und die Sterne verschwanden, doch war es noch immer trübe. Mit dem nahenden Lichte wurden die Spötter wieder kühner und triumphierten, und da geschah es, dass sie sagten: „Er ruft den Elias“. Abenadar [der Hauptmann der Soldaten] aber Gebot Ruhe und Ordnung.
Als es heller wurde, erschien der Leib des Herrn am Kreuze bleich, schwach, wie ganz verschmachtet, und weißer als vorher, so sehr war er verblutet. Er sagte auch, ich weiß nicht, ob betend und mir allein vernehmlich, oder ob halblaut: „Ich bin gepresst wie der Wein, der hier zuerst gekeltert worden, all mein Blut muss ich geben, bis das Wasser kommt und die Hülsen weiß werden, es soll aber kein Wein mehr hier gekeltert werden.“
Ich sah später in Bezug auf diese Worte ein Bild, wie Japhet [einer der drei Söhne Noahs, Überlebender der Sintflut] hier auf dieser Stelle den Wein gekeltert, das ich später erzählen will.
Jesus war ganz verschmachtet und sprach mit vertrockneter Zunge: „Mich dürstet!“ – Und da die Seinigen ihn traurig ansahen, sagte er: „Konntet ihr mir nicht einen Trunk Wasser geben?“ Er meinte, während der Finsternis hätte sie wohl niemand gehindert; Johannes sagte betrübt: „O Herr, wir haben es vergessen“; und Jesus sagte noch so viel als: „Auch die Nächsten mussten mich vergessen und mir keinen Trunk reichen, auf dass die Schrift erfüllet würde.“ – Es hatte ihm aber dieses Vergessen bitter wehe getan. Auf seine Klage baten sie die Soldaten und boten ihnen Geld an, ihm einen Trunk Wasser zu reichen, sie taten es aber nicht, sondern einer tauchte einen birnförmigen Schwamm in Essig, der in einem Tönnchen von Bast dastand, und goss auch Galle hinein. Aber der Hauptmann Abenadar war von Jesus gerührt, er nahm dem Soldaten den Schwamm, drückte ihn aus und füllte ihn mit reinem Essig. Er steckte hierauf das eine Ende des Schwarmes in ein kurzes Ysoprohr, welches wie ein Mundstück zum Saugen diente, und hob diese auf der Spitze seiner Lanze befestigte Vorrichtung so zu dem Antlitze Jesu empor, dass das Rohrstück zu dem Munde Jesu gelangte, und dieser durch dasselbe den Essig aus dem Schwamme saugen konnte. (…)

Da nun die Stunde des Herrn gekommen war, rang er mit dem Tode, und ein kalter Schweiß drang aus seinen Gliedern. Johannes stand an dem Kreuze und trocknete Jesu Füße mit seinem Schweißtuch. Magdalena lehnte, ganz von Schmerz zermalmt, an der Rückseite des Kreuzes. Die heilige Jungfrau stand zwischen Jesus und des guten Schächers Kreuz, von den Armen der Maria Kleophä und der Salome unterstützt, und sah zu ihrem sterbenden Sohn hinauf. Da sprach Jesus: „Es ist vollbracht!“ Und richtete das Haupt empor und rief mit lauter Stimme: „Vater, in deine Hände empfehle ich meinen Geist!“ Es war ein süßer lauter Schrei, der Himmel und Erde durchdrang; dann senkte er sein Haupt und gab seinen Geist auf, und ich sah seine Seele wie einen leuchtenden Schatten bei dem Kreuze zur Erde hinab in den Kreis der Vorhölle fahren. – Johannes und die heiligen Frauen sanken zur Erde auf ihr Antlitz nieder.


Abenadar, der Hauptmann, von Geburt ein Araber, als Jünger nachmals Ctesiphon getauft, hielt, seit er Jesus mit dem Essig tränkte, auf seinem Pferde dicht am Kreuzeshügel, so dass der Vorderteil des Tieres erhöht stand. Er schaute lange tief erschüttert, ernst, unabgewandt ins dornengekrönte Antlitz unseres Herrn. Des Rosses Haupt war bang und krank gesenkt, und Abenadar, dessen Stolz sich beugte, zog auch den Zügel nicht mehr an. Da sprach der Herr die letzten Worte laut und kräftig und starb mit Erde, Hölle und Himmel laut durchdringendem Geschrei. Die Erde bebte und der Fels zerbarst weit klaffend zwischen Jesu und des linken Schächers Kreuz. Das Zeugnis Gottes ging mit Schreck und Schauder mahnend tief durch die trauernde Natur. Es war vollbracht, – die Seele unseres Herrn verließ den Leib, und bei dem Todesschrei des sterbenden Erlösers erbebten alle, die es hörten, mit der Erde, die wallend ihren Heiland anerkannte, doch die verwandten Herzen nur durchfuhr ein scharfes Schwert des Schmerzes. Da war es, dass die Gnade über Abenadar kam, da zitterte sein Ross und wankte seine Leidenschaft und brach sein stolzer, harter Sinn gleich dem Kalvarienfelsen, er warf den Speer von sich und schlug mit starker Faust gewaltig an sein Herz, laut schreiend mit der Stimme eines neuen Menschen: „Gelobt sei Gott, der Allmächtige, der Gott Abrahams und Jakobs, dieser war ein gerechter Mann, wahrhaftig, er ist Gottes Sohn!“ Und viele der Soldaten, von des Hauptmanns Wort erschüttert, taten ebenso wie er.

Es wollte aber Abenadar, der nun ein neuer, ein erlöster Mensch war, nachdem er öffentlich dem Sohne Gottes huldigte, nicht länger mehr im Dienste seiner Feinde stehen. Er wandte sein Pferd zu Cassius, den Unteroffizier, den man Longinus nennt, stieg ab, hob seine Lanze auf und gab sie ihm, sprach einiges zu den Soldaten und zu Cassius, der nun das Pferd bestieg und hier befehligte; denn Abenadar eilte vom Kalvarienberg und durch das Tal Gihon zu den Höhlen des Tales Hinnom, er kündigte den dort verborgenen Jüngern den Tod des Herrn an und eilte weiter zu Pilatus in die Stadt.
Es kam ein tiefes Erschrecken über alle Anwesenden mit dem Todesschrei Jesu, als die Erde bebte und der Kreuzigungshügel zersprang, es war ein Schrecken, der durch die ganze Natur ging, denn da zerriss auch der Vorhang des Tempels, da stiegen viele Tote aus den Gräbern, da sanken Wände im Tempel, stürzten Berge und Gebäude in vielen Weltgegenden ein.
Abenadar rief sein Zeugnis aus, viele Soldaten zeugten mit ihm, viele aus dem anwesenden Volke und den zuletzt gekommenen Pharisäern bekehrten sich. Viele schlugen an die Brust, wehklagten und irrten vom Berge durch das Tal nach Haus. Andere zerrissen ihre Kleider und streuten Staub auf ihr Haupt. Alles war voll Furcht und Schrecken. (…)

Das Licht der Sonne war noch trüb und nebelig, es war schwül und drückende Luft bei dem Beben der Erde, nachher aber folgte eine empfindliche Kühle. – Die Gestalt von unseres Herrn Leichnam am Kreuze war ungemein ehrbar und rührend. Die Schächer hingen in schrecklicher Verdrehung wie betrunken da, sie schwiegen zuletzt beide, Dismas betete.

Es war bald nach 3 Uhr, als Jesus verschied. (…) Aus der Ferne, im Tal und auf entlegenen Höhen erschien hier und da scheu einer der Jünger und schaute furchtsam und neugierig nach dem Kreuze und zog sich bei jeder Annäherung von Menschen wieder zurück.

PS.

Mehr zu den Auszügen Anna Katharina Emmerichs im Rahmen einer Facebook-Gruppe: https://www.facebook.com/groups/1430812607350020
und im folgenden Beitrag auf diesem Blog.

Die Bilder entstammen dem Stationenweg auf der Halbhöhe Bad Kissingen

Sonntag, 10. April 2022

Ich fordere: Impfpflicht für Geimpfte - oder: Wie konnte Markus Thomas Theodor Söder als nahezu Überimpfter sich infizieren? - Und: Hoffentlich überleben wir den Herbst ...

Nach Aussagen unseres Krankheitsministers und anderer Angstkomplizen werden wir ziemlich sicher den Herbst nicht überleben. Schuld sind natürlich die Ungeimpften.

Gut, da sind die üblichen Panikanheizer doch etwas überspitzt wiedergegeben (wir haben eine kleine Chance), aber es ist schon unglaublich, wie der Herbst mit Hilfe aller möglichen medialen Rohre angstbesetzt wird:

Da rollt die Viruslawine wieder an und wieder werden wir nichts dazugelernt haben ...

Und das womöglich nur, weil eines der vielen möglichen Impfgesetze nicht durchgegangen ist. 
Irgendwie ist es wie ehemals zu Hause bei Papa und Mama: Du wirst schon sehen, was du davon hast, mach nur so weiter. Aber komm dann nicht her und jammere rum, wir haben dich gewarnt ...

Ich meine, ganz offensichtlich wird ja mittlerweile, dass das Paul-Unehrlich-Institut die Impfschäden nicht wirklich erfasst, auch nicht, wie viele Geimpfte dennoch Corona bekommen haben. Das Beispiel von Markus Thomas Theodor Söder gibt doch eigentlich schon zu denken. Der ist doch sicherlich von hinten und vorne verimpft - und dennoch ...

Seltsam nur, dass in den Medien nicht in Bezug auf diese angesprochenen Aspekte nachgehakt wird oder einer der Oberangstmacher dieser Republik, Markus Lanz, mal ein Wort darüber verliert ...

Ach übrigens: Oliver Welke von der heuteshow ist keinen Deut besser. Menschen, die ihrem Körper mehr vertrauen als der Spritze sind für ihn Idioten. Mich wundert nur, dass unter dem Siegel einer Kabarettsendung einer wie er einen Freibrief erhält, seine Meinung unverdünnt jede Woche von sich zu geben. Dabei ist das ZDF doch für seine Ausgewogenheit bekannt ... räusperräusper

Angst essen Seele auf ... Fassbinder lässt grüßen ... Man möchte fast meinen, Ziel oben erwähnter Menschen ist eine allgemeine Seelenlosigkeit.

Seelenlose Wesen lassen sich besser durch ihr Leben dirigieren ... Und zugleich lässt sich bestens verschleiern, dass man zu der eigenen kein sonderlich gutes Verhältnis hat ...