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Samstag, 30. November 2019

Advent, Advent, ein Lichtlein brennt . . . Über eine Gesellschaft, die sich systematisch selbst entweihnachtet!


Am untersten Ast sah man entsetzt
Die alte Wendel hangen.
Hell schien der Mond ihr ins Gesicht,
Das festlich still verkläret;
Weil auf der Welt sie nichts besaß,
Hatt' sie sich selbst bescheret.

Einer Gesellschaft, die sich systematisch selbst entweihnachtet, hält Gottfried Keller (1819-1890), der Schweizer Lyriker und Romanautor mit seinem Gedicht "Weihnachtsmarkt" einen angemessenen Spiegel vor. Jahr für Jahr wird er angemessener. Jahr für Jahr zieht Weihnachten früher auf die Märkte und in die Kaufhäuser ein. Christstollen sind oft schon vor dem 1. Advent ausverkauft. Kinder haben von Weihnachten genug. Schon vor dem 1. Advent hängt es ihnen zu den Ohren raus. Mit Macht wird man beschallt. Aber die Töne kommen nicht mehr an. Sie schließen kein Herz mehr auf. Es ist wie auf vielen Feldern: Unsere Gesellschaft gräbt sich die eigenen Wurzeln ab und während wie - was durchaus auch wichtig ist - über Rechtsradikalismus, Klimanotstand, Windräder, Elektroautos und digitale Rückständigkeit Deutschlands diskutieren, verlieren wir unsere Wurzeln und alles, über was wir diskutieren, könnte irgendwann gar keine Rolle mehr spielen - wer keine Wurzeln hat, ist eh schon tot, oft, bevor er es merkt; da spielt eigentlich auch keine Rolle mehr, dass nicht wenige unter uns sich Weihnachten gar nicht leisten können . . .

Welch lustiger Wald um das hohe Schloß
hat sich zusammengefunden,
Ein grünes bewegliches Nadelgehölz,
Von keiner Wurzel gebunden!

Anstatt der warmen Sonne scheint
Das Rauschgold durch die Wipfel;
Hier backt man Kuchen, dort brät man Wurst,
Das Räuchlein zieht um die Gipfel.

Es ist ein fröhliches Leben im Wald,
Das Volk erfüllet die Räume;
Die nie mit Tränen ein Reis gepflanzt,
Die fällen am frohsten die Bäume.

Der eine kauft ein bescheidnes Gewächs
Zu überreichen Geschenken,
Der andre einen gewaltigen Strauch,
Drei Nüsse daran zu henken.

Dort feilscht um ein winziges Kieferlein
Ein Weib mit scharfen Waffen;
Der dünne Silberling soll zugleich
Den Baum und die Früchte verschaffen.

Mit rosiger Nase schleppt der Lakai
Die schwere Tanne von hinnen;
Das Zöfchen trägt ein Leiterchen nach,
Zu ersteigen die grünen Zinnen.

Und kommt die Nacht, so singt der Wald
Und wiegt sich im Gaslichtscheine;
Bang führt die ärmste Mutter ihr Kind
Vorüber am Zauberhaine.

Einst sah ich einen Weihnachtsbaum:
Im düsteren Bergesbanne
Stand reifbezuckert auf dem Grat
die alte Wettertanne.

Und zwischen den Ästen waren schön
Die Sterne aufgegangen;
Am untersten Ast sah man entsetzt
Die alte Wendel hangen.

Hell schien der Mond ihr ins Gesicht,
Das festlich still verkläret;
Weil auf der Welt sie nichts besaß,
Hatt' sie sich selbst bescheret.

Dienstag, 26. November 2019

Wenn eine Tante und große Dichterin ihrer Nichte in Sachen Rechtschreibung zur Seite springt:

Gertrud Kolmar nannte ihre Nichte Sabine gern das ´kleine Ungeheuer´; im März 1941 schrieb sie an ihre Schwester, die in die Schweiz emigriert war, in Bezug auf deren Tochter:
"Ich finde das auch sehr unrecht von dem Papa, dass er die Rechtschreibung seiner Tochter bemängelt. 'Spiele' kann jeder schreiben, aber 'SBILE' nur das kleine Ungeheuer! Das ist doch mal was anderes! Und wenn man bedenkt, dass sie vielleicht noch siebzig, achtzig, neunzig Jahre lang 'Brief' mit dem 'e' schreiben wird, warum soll sie das Wort dann nicht während eines kurzen Jahres ohne 'e' malen? Hauptsache ist, dass dem Kind die Freude am Schreiben und Lesen erhalten und gekräftigt wird. Schularbeiten sollen überwacht und verbessert werden, ja; aber wenn das Kind einmal zu seinem Vergnügen den Bleistift in die Hand nimmt, dann soll man an seiner Schreiberei nicht herumnörgeln, sonst wird das Vergnügen auch nur zur Schularbeit, und das ist schade..."
Anderthalb Jahre später fragt Gertrud Kolmar in einem Brief ihre Schwester:
"Meinst Du, dass Deine Tochter minder fantasiebegabt ist als Du? Ihre Rechtschreibung spricht gegen diese Annahme. ‚Geburztag' - das finde ich herrlich, das schönste Wort vielleicht aus Eurem ganzen Briefe: wie sieht das neu und blank aus, und wie alt und abgegriffen erscheint dagegen 'Geburtstag'. Ich danke dem 'Ungeheuer' recht herzlich für seine Zeilen.”
Dem kleinen Ungeheuer selbst aber schreibt sie am 14.7.1940:
"Nun bleibe weiter gesund und brav und wenn Du mal ungezogen bist - ein Kind muss auch mal unartig sein, nicht wahr, damit der Mutti das ewige Artigsein nicht zu langweilig wird - also wenn Du schon mal ungezogen bist, dann bleibe es nicht zu lange."

PS:  Gertrud Kolmar war ja eine sehr belesene und gebildete Frau mit durchaus hohem Anspruch auch in formaler Hinsicht. Hier aber ging es ihr darum, nicht durch übertriebene und eine einer Situation völlig unangemessene Korrigiererei einem Kind, das ohnehin noch im Lernalter ist, die Freude am Schreiben zu nehmen. Eltern können ja durchaus manchmal zu verbissen sein; deshalb ruft sie ihrer Schwester zu: Mach Dich mal locker! In einem Jahr schreibt Dein Kind nicht mehr ´Brif´ oder ´Geburztag´ :-)

PPS
Auf der Ethik-Post mehr zu Gertrud Kolmar hier
auf meinem Methusalem-Blog hier

Samstag, 23. November 2019

"Schrittweis kehr ich heim und weine, / Und mir blieb mein müdes Herz / An der Grenze." - Vom Leben an der Grenze.

An der Grenze grüßt ein Haus.
Wandrers Zuflucht, stammgezimmert,
Schirmt’s vorm Strahl, der ficht und flimmert,
Wehrt dem Herbstwind, der’s umwimmert.
Oftmals späht ich von ihm aus
Nach der Grenze.

An die Grenze kroch der Schmerz,
Lag im Busch als bunte Steine;
Fand ich einen, ward’s der meine.
Schrittweis kehr ich heim und weine,
Und mir blieb mein müdes Herz
An der Grenze.

Auf die Grenze fällt bald Schnee,
Stäubt und schlägt: Ein Weg erblindet,
Der durch Tann sich aufwärts windet.
Ob zurück ins Tal er findet?
Eins nur weiß ich wohl: ich steh
An der Grenze.

Was ist das für eine Grenze, nach der ein Wanderer, unterwegs und in einem Haus Unterschlupf findend, späht und nicht hinüberkommt?
Eine Grenze, die noch dazu droht, im Schnee zu versinken; der Weg zu ihr kann erblinden (fast will es scheinen, der Weg zurück ins Tal, also weg von der Grenze, sei noch gangbarer).

In der Literatur ist diese Grenze auf vielfältige Art beschrieben worden. Sie ist in Kafkas Türhüterlegende der Zutritt zum Gesetz, der dem Mann vom Lande verwehrt ist (weil er ihn sich selbst verwehrt), sie ist in Goethes Märchen der Fluss zum Land der schönen Lilie, der Zutritt zum Reich der Mütter im Faust II, die Himmelsleiter, die Jakob sieht, die Frage Parzivals an den kranken Gralskönig, respektive an das eigene, überholte Bewusstsein, und der Zugang zum Bergesinneren, in dem sich die Blaue Blume findet.

Ein lyrisches Ich outet sich als einer der möglichen Wanderer.
Stein um Stein findet es an der Grenze, ein Stein, ein Schmerz, den sich das lyrische Ich zu eigen macht und mit ihm heimkehrt ins eigene müde Herz, das doch immer an der Grenze ist.
Aber nicht hinüberkommt.

Die Steine sind bunt, aber sehr grenzwertig.

Dem lyrischen Ich bleibt das Bewusstsein, an der Grenze zu stehn. - Damit endet das Gedicht.

Kennen wir diese bunten Steine, mit denen sich vielleicht nicht nur wir, sondern im Grunde alle Menschen beladen, die womöglich das Herz so müde machen, dass es nicht die Kraft findet, über die Grenze zu gelangen? - Sisyphus könnte ein Lied davon singen. Camus hat ihm ein Essay gewidmet und ihn als ewigen Rebellen glorifiziert . . . für mich eine philosophische Fata Morgana, ein Blankoscheck für den ewigen Aufenthalt im Haus vor der Grenze. - Steine können so schön bunt sein . . .

Gertrud Kolmar ist diese Grenzgängerin. Ihrer Schwester schrieb sie, sie sei immmer die Andere gewesen, nie die Eine. 

Sie hat Deutschland - auch ihrem Vater zuliebe, den sie nicht allein lassen wollte (er starb kurz vor ihr in Theresienstadt, sie 1943 49-jährig in Auschwitz) - nie verlassen, obwohl wir ihren Gedichten und ihren Aussagen, gerade auch in ihren Briefen entnehmen, dass sie ahnte, ja wusste, was auf sie zukommt. In einem ihrer Gedichte aus dem Zyklus Das Wort der Stummen, geschrieben am 30. September 1933 und überschrieben An die Gefangenen heißt es:

Das wird kommen, ja, das wird kommen; irret euch nicht!
Denn da dieses Blatt sie finden, werden sie mich ergreifen.

Ihre Grenze lag zwschen der Anderen und der Einen. Als Schriftstellerin überschritt sie die Grenze von der Stummen zur Schreibenden. Im Leben näherte sie sich immer mehr der Jüdin in sich. Und blieb es bis zum bitteren Ende.

Für uns stellt sich die Frage: Sind wir der oder die Andere - oder doch der oder die Eine?
Sind wir uns überhaupt dieser Grenze zwischen beiden bewusst?

Gertrud Kolmars Zeilen, geschrieben um 1920, leisten das, was ihre Lyrik immer wieder tut und das dichterische Wort immer wieder auch zu leisten vermag: uns an jene Grenze zu erinnern, auf die wir womöglich gerne Schnee fallen lassen.

Mehr zu Gertrud Kolmar hier
Und hier

Dienstag, 19. November 2019

Julian Assange wird gefoltert - und niemand interessiert es. Auch nach einem Monat interessiert sich die Bundesregierung nicht für den UN-Bericht.

Auf einer Pressekonferenz am 15. Oktober im Hauptsitz der Vereinten Nationen in New York berichtete der UN-Sonderberichterstatter über Folter, der Schweizer Diplomat Nils Melzer, über seinen Besuch – begleitet von zwei medizinischen Experten – bei dem WikiLeaks-Gründer Julian Assange im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh und erklärte öffentlich:
Wir kamen zu dem Ergebnis, dass er [Assange] über einen langen Zeitraum psychologischer Folter ausgesetzt war. Das ist ein medizinisches Urteil. Wir haben alle involvierten Staaten gebeten, in dem Fall zu ermitteln und den auf Assange ausgeübten Druck zu mildern und insbesondere seine juristischen Rechte zu respektieren, die aus meiner Sicht systematisch verletzt wurden. Kein betroffenes Land hat zugestimmt, eine Untersuchung einzuleiten, obwohl sie gemäß der UN-Antifolterkonvention dazu verpflichtet wären.







Brief an den englischen Botschafter in Berlin (mit der Möglichkeit, dieses oder ein vergleichbares Schreiben an die Botschaft bzw. einen die Menschenrechte ignorierenden Außenminister zu richten

An
Herrn Sebastian Wood
Britischer Botschafter in der BRD
Wilhelmstraße 70/71
10117 Berlin
.
Von
Thomas Ramdas Voegeli
Jl. Gunung Payung II
80363 Sawangan
Indonesia
kristall@gmx.ch
.
Guten Tag, Herr Wood.
Ich richte mein Schreiben an Sie in der Gewissheit, dass Sie ein rechtschaffener Mensch sind, dem das Wohl der Bürger Englands und aller Länder der Erde ehrliches Anliegen ist.
Am 21.10.2019 hat im Westminster Magistrates Court eine Verhandlung, die Auslieferung Julian Assanges betreffend, stattgefunden.
Ich habe den Augenzeugenbericht Ihres Landsmannes, Herrn Craig Murray gelesen. Er ist hier nachzulesen:
https://fassadenkratzer.wordpress.com/2019/11/08/ex-botschafter-assange-wird-zu-tode-gefoltert/
Ich habe keinen Grund zur Annahme, dass Herr Murray’s Bericht in irgendeiner Richtung tendenziös sei. Ich gehe davon aus, dass Herr Murray exakt beschrieben hat, was bei der fraglichen Verhandlung zu sehen, zu hören und festzustellen war.
Herr Wood, auch Sie dürften strikte ablehnen, wie Julian Assange behandelt wird. Sehe ich das richtig?
Und wäre Herr Assange vermutlicher Massenmörder, wäre er gar vermutlicher Kindesfolterer…es würde keinen Menschen berechtigen, ihn zu malträtieren so, wie es ganz offenkundig getan wird, und es würde keinen Richter berechtigen, Assanges Verteidigung konsequent und widerrechtlich ins Leere laufen zu lassen, so, wie das Frau Richterin Vanessa Baraitser tat.
Mein Gewissen verpflichtet mich, Ihnen zu schreiben. Mein Gewissen verpflichtet mich, auch deutschen Behördenmitgliedern zu schreiben.
Ich appelliere.
Bitte, Herr Wood, setzen Sie alle Hebel in Bewegung, dass mit Julian Assange so verfahren wird, wie es ganz normaler menschlicher Anstand, menschlicher Respekt und menschliche Ethik erfordert. Bitte setzen Sie ihren gesamten Einfluss und Ihre gesamte Autorität ein, dass unter selbstversändlich humanen Umständen Gerechtigkeit geübt wird.
In der Hoffnung, bei Ihnen Gehör gefunden zu haben grüsse ich Sie, von Mensch zu Mensch, herzlich.
Thomas Ramdas Voegeli
http://bumibahagia.com


Hier zunächst die Adresse der britischen Botschaft in Berlin.
++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++
Britische Botschaft in der BRD
Wilhelmstraße 70/71
10117 Berlin
Deutschland
Telefon: 0049 30 204 570
email für nichtkonsularisches Anliegen:
ukingermany@fco.gov.uk
++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++
Postanschrift Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz
11015 Berlin
Mohrenstraße 37
10117 Berlin
Telefon +49 (0) 30 18 580 – 0
Fax +49 (0) 30 18 580 – 9525
emaill poststelle@bmjv.bund.de
De-Mail poststelle@bmjv.de-mail.de
++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

  • Mail an Herrn Heiko Maas: hier

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Write To Julian Assange   https://writejulian.com/  

#LettersToJulian

Before writing to Julian Assange, write at least 1 letter to a politican or leader or take some other action to help #ProtectJulian. (Click here for examples). Please write short personal notes only and let Julian know of an action you've taken to help defend him. Do not include sensitive information in your letter.

You must include his prisoner number (#A9379AY) or his DOB on the envelope. He still recieves letters with just his name + DOB without any problems. Envelopes without his prisoner # or DOB will not be delivered. To avoid confusion we have changed our instructions to say include the prisoner #.

You MUST include your full name AND address on the back of the envelope or else the letter will not be delivered.

If you wish for him to reply, include a blank piece of paper with a self-addressed envelope. It must be pre-stamped (UK Stamps only). Do not send loose stamps as they will be rejected. Include 2 UK first class stamps for international. Click here to buy UK stamps.

Letters sent to and from the prison are checked by prison staff. Do not send letters containing sensitive material, instead please contact mr. Assange's lawyers for any sensitive matters.

You may send paper items only, such as letters, photos & drawings. Please do not attempt to send other items. Postcards are not allowed.

If you receive a reply, you may share it with #WriteJulian unless he has marked the letter private. Please DO NOT publish any letters that he has marked private.

´s ist ein Gesetz der Teufel und Gespenster: /Wo sie hereingeschlüpft, da müssen sie hinaus. - Mephistopheles outet seine Methode, aber niemand hört hin!

Manchmal mag man es nicht glauben, welche Wahrheiten in so viel gelesenen Sätzen stecken, ohne dass groß darüber geschrieben wurde oder es jemand weiters interessiert.

Doch obiger Satz sagt unglaublich viel aus.
Denn er betrifft die Mehrheit der Menschen (behaupte ich einfach mal)!

Tatsächlich hat es etwas teuflisch Gespenstisches, was da Mephistopheles, der sich als Pudel bei Faust eingeschlichen hat und jetzt als Junker gekleidet jenen wieder verlassen möchte, als Wahrheit von sich gibt.
In dier Bredouille ist er, weil er als Pudel beim Hereinspringen übersehen hatte, dass das Pentagramm, das auf die Türschwelle gezeichnet war (was damals neben gebündeltem Johanniskraut und anderen Abwehrstoffen durchaus üblich war, um böse Geister abzuwehren), verkantet gezeichnet war; die Spitzen mussten jedoch sauber gezogen sein, klar nach außen und innen gerichtet. Wenn sie in irgendeiner Form schräg gezeichnet waren, war dem Geist der Abgang versperrt. Rein konnte er, raus nicht. So ging es Mephistophleles. Er hätte der Hilfe des Faust und dessen Zeichenkünsten bedurft.
Warum aber die Aussage des Mephistopheles so interessant und wichtig ist: Es hat etwas Teuflisches, wenn Menschen immer durch dieselbe Tür raus- und reingehen. Es ist immer dasselbe. Wir gehen raus, wo wir reingekommen sind. Oft kommen wir uns womöglich sogar großartig vor. Aber es hat sich nichts verändert. Wer sich verändert hat, nimmt nicht dasselbe Loch, zu dem er reinkam.
Gut wäre es, wenn wir tatsächlich einen anderen Ausgang nähmen, wenn während des Aufenthalts so viel geschehen ist, dass wir den Sinn wenden, eine Vokabel, die aus dem Griechischen (metánoia - μετάνοια) Luther mit Buße übersetzt, eine Übersetzung, die ungefähr so zutreffend ist, als wenn man ein Mixed im Tennis als Herreneinzel mit Damenbehinderung bezeichnet.


Wer Metanoia betreibt, wendet den Sinn (wie es wörtlich heißt), er geht in eine neue Richtung, der Sinn wendet sich, das Wesen Mensch (es liegt also weit mehr als Buße vor!)
Das genau aber machen Teufel und Gespenster nicht, ihr Sinn bleibt gleich, immer geht es durch denselben Ein- und Aussgang.

Da bewegt sich nichts und die Formulierung des Paktes zwischen Faust und Mephistopheles, der beim nächsten Treffen erfolgt, dass Faust also die Wette verliert, wenn er zum Augenblicke sagt: Verweile doch, Du bist so schön, das ist genau die grundsätzliche Strategie alles Mephistophelischen, alles Satanischen, alles dessen, was den Menschen an Altes bindet: Alles bleibt gleich, nichts ändert sich. Schön verpackt heißt das dann: Verweile doch, du bist so schön.

Wir kennen die Menschen, die - man möchte fast manchmal sagen - seit Jahrtausenden immer diesselbe Auffassung vertreten, bei denen sich nichts im Inneren rührt. Bloß nicht zu einer Tür raus, die man nicht kennt!
Und oft darf man dankbar sein, dass sie diejenigen, die den Sinn wenden, nicht verhöhnen, oder - wie weiland beispielsweise Giordano Bruno - verbrennen oder neu Denkende mit dem Tod bedrohen, wie Galileo Galiliei (der Überlieferung nach soll es jedenfalls so gewesen sein). - Platon hat in seinem Höhlengelichnis das Verhalten dieser mephistophelisch Gesteuerten bestens beschrieben und wie schwer sie es denen machen, die sich dem Licht, einer anderen Tür zuwenden.

Bis Faust lernt zu lernen, obwohl er sich doch für so klug hält, ja für einen Gott: Das dauert seine Zeit. Erst müssen vier Tote seinen Weg pflastern, bevor er lernt, mit dem Teufel umzugehen, bis er lernt, dass er  seiner bedarf, jedoch eben gleichzeitig lernen muss, richtig mit ihm umzugehen (nur Mephistopheles kann ihm im Faust II den Schlüssel ins Reich der Mütter, ins Ur-Reich des Seins überreichen!), bis er also im Grunde die Bedeutung der Schlange, die ja auch für uns Menschen so wichtig ist, auch wenn die Kirche sie erfolgreich verteufelt hat versteht (ohne die Schlange wäre es der Kirche gar nicht möglich, so gottlos sein zu können, wie sie ist, das heißt beispielsweise, Hunderte von Millarden allein in Deutschland zu horten und das Vermögen noch zu vermehren, während die Not auf der Erde riesengroß ist . . .).
Wir wissen, Fausts Besuch im Reich der Mütter endet nicht gerade glücklich, aber für diesen Weg des Faust zum Ewig-Weiblichen bedarf es auch großer Ausdauer, erst recht, wenn auch noch das Ewig-Männliche seinen Part übernehmen soll, den zu erwähnen Goethe noch nicht vermochte.

Ohne die Schlange wären wir nicht in der Lage, Gott abzulehnen, um ihn ggf. aus freien Stücken als bedeutsam für unsere innere Entwicklung zu erkennen (eine Entwicklung, für die die Schlange allerdings auch kein Garant ist, wie man mit Blick auf die Menschheit unschwer sieht).

Jedenfalls mag man in Zukunft den Menschen, die stets immer derselben Auffassung sind und sich nicht verändern, dazu gratulieren, dass sie so gekonnt dieses für die geistige Unterwelt so bedeutsame Gesetz der Geister und Teufel befolgen. Vielleicht wird ihnen anlässlich dieser Gratulation etwas bewusst; aber auch das ist nicht sicher. - Umso mehr können uns selbst solche Sätze wie obiger zu denken geben.

Samstag, 16. November 2019

Mein Herz sei Gottes Herd!




Wo GOtt ein Fewer ist / so ist mein Hertz der Herd /
Auf welchem Er das Holtz der Eittelkeit verzehrt.

                                                                                          Angelus Silesius (1624-1677)

Dienstag, 12. November 2019

Ach, laß nicht zu, daß Zeit zwei Seelen trennt, / die Liebe eint. - Mein Shakespeare-Lieblings-Sonett:


Ach, laß nicht zu, daß Zeit zwei Seelen trennt,
die Liebe eint. Die Lieb ist nicht verliebt,
die Änderung, sich ändernd, anerkennt,
und allem Neuen neuerlich sich gibt.

O nein! Sie ist für alle Zeit und Not
ein stetiges und unvergänglich Licht,
ein Stern für jedes sturmverirrte Boot,
wovon, wenn er es rettet, keiner spricht.

Die Liebe geht nicht mit der Zeit. Ihr Mund
ist rosig noch, wenn sie ihn blasser mag.
Die Liebe ändert sich zu keiner Stund,
hat noch Beständigkeit am Jüngsten Tag.

Doch falls daraus ein Irrtum sich ergibt,
hat nie ein Mensch auf dieser Welt geliebt.

(Übersetzung: Karl Bernhard)

William Shakespeare (1564 - 1616)

Let me not to the marriage of true minds
Admit impediments. Love is not love
Which alters when it alteration finds,
Or bends with the remover to remove.

O, no! It is an ever-fixed mark,
That looks on tempests and is never shaken;
It is the star to every wand'ring bark,
Whose worth's unknown, although his height be taken.

Love's not Time's fool, though rosy lips and cheeks
Within his bending sickle's compass come;
Love alters not with his brief hours and weeks,
But bears it out even to the edge of doom.

If this be error, and upon me prov'd,
I never writ, nor no man ever lov'd.

Mittwoch, 6. November 2019

27 Likes für ein Goebbels-Zitat. Den entsprechenden Kommentar aber löscht Axel Burkart seit 4 Tagen nicht.

Wer meine Posts zu Axel Burkart kennt, weiß, dass er nicht nur meine, sondern auch Kommentare Anderer vielfach gelöscht hat, auch wenn sie durchaus im Ton höflich gehalten waren (die Aktivität des Löschens ist ihm also bestens vertraut). Seinen anthroposophisch ausgerichteten You-Tube-Kanal verglich er in entsprechenden Kommentierungen mit seinem Wohnzimmer und dort ist nur erwünscht, was sich im Rahmen der von ihm gesteckten Toleranzgrenzen bewegt.
Das so zu handhaben, ist Axel Burkarts Recht; jeder kann das machen, wie er möchte, und wer sein Verhalten nicht akzeptiert, kann fernbleiben.

Nun allerdings ist etwas eingetreten, was private Grenzen überschreitet: 

Dazu muss man wissen, dass Axel Burkart in einem Video zum Thema Lügen eine Grünen-Bundestagsabgeordnete an den Pranger stellt, die im ZDF, ohne als solche kenntlich zu sein, einen AfD-Kreisvorsitzender, der zugleich Hersteller von Bio-Produkten ist, negativ bewertete, indem sie gut fand, dass, weil er eben AfD-Mitglied ist, sein Hirse-Bio-Produkt aus der Produkt-Palette eines Bio-Versandhandels ausgelistet wurde,.

Ob man gewillt ist, die Schlussfolgerung Axel Burkarts zu teilen, dass es Rückwirkungen und auf Dauer ein Desaster geben muss für Grünenpolitiker, weil deren Verhalten die Geistige Welt nicht zulässt, ist eine andere Frage.

In der Vergangenheit hat sich bekanntlich Axel Burkart wiederholt für die AfD in die Bresche geworfen und noch kein einziges Mal die Fragwürdigkeiten von deren Spitzenpolitikern, insbesondere eines Björn Höcke thematisiert, dessen rechter AfD-Flügel erst kürzlich vom Verfassungsschutzpräsidenten als immer extremistischer eingestuft wurde.
(Meine persönliche Ansicht ist übrigens, dass ich obige Auslistung und die Begründung des Versandhandels, obwohl ich wahrlich kein Freund der AfD bin, indiskutabel finde).

Unter diesem Video findet sich nun - Stand heute - seit vier Tagen ein Kommentar:

"Je größer die Lüge desto mehr laufen hinterher".
Joseph Goebbels

Dass Axel Burkart diesen Kommentar im Gegensatz zu vielen anderen nicht löschte, ist das eine.

Das andere ist, dass er 27 Likes - Stand heute - erhielt.

27 Likes. Wenn man die Anzehl der Likes ansonsten anschaut, erkennt man, dass sich ausgerechnet bei diesem Zitat ungewöhnlich viele Leser in ihrer Gesinnung outeten.

Axel Burkart scheint diese Klientel nicht zu stören.
Seit 4 Tagen zeigt er keine Reaktion.

Vor allem aber zeigt sich, dass er mit seinem politischen Engagement Geister wachruft, die Anhänger der Anthroposophie erschüttern und zu einer eindeutigen Stellungnahme herausfordern müssten.




Hinweisen möchte ich darauf, dass es einen akualisierten Post zum Thema  Axel Burkart: Andersdenkende rigide zensierend, politisch manipulierend, Worthülsen produzierend und bar überzeugender Geistigkeit gibt.

Freitag, 1. November 2019

"In meinem Zimmer bin ich ganz verloren. / Die Dinge sagen, daß sie mich nicht kennen" - Wenn Gegenstände lebendig sind!


In meinem Zimmer bin ich ganz verloren.
Die Dinge sagen, daß sie mich nicht kennen.
Die Heizung mit getünchten Schlangenrohren
Zuckt unter meiner Hand und will sie brennen.

Der Stuhl schiebt peinlich scheu den Mantel nieder.
Im Glasschrank klirren flüsternd kleine Tassen.
Aus schmaler Vase schaut mich blauer Flieder
So duldend an, als hieße ich ihn blassen.

Ich ahnte nicht, daß dieses ist: Gewissen.
Der Sachen tote Feindschaft, die ich greife,
Mit hart brokatnem Blick das Sofakissen,
Der hohe Sessel mit gewollter Steife.

Wie lernt ein Tisch, was Menschen nie gebilligt
Und nie gescholten - und auch nie erfahren,
Verneint der Spiegel, da ich eingewilligt,
Und lügt im Haß den Glanz aus meinen Haaren ?

Mein großes Wollknäul sprang vom Fensterbrette,
Im Angstgehüpf wie eine lila Ratte;
Ich meinte wohl, daß ich's verworfen hätte,
Und wußte, daß es mich verworfen hatte.

("Die Verworfene", aus Gertrud Kolmar: "Weibliches Bildnis; 2. Raum"