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Freitag, 13. Oktober 2023

Herzgedanken. In in ein aktives Verhältnis zum Geistigen kommen.

(Dieser Beitrag setzt den vorausgegangenen – „Alles fühlt. Doch Gefühl ist nicht alles! Vom Denken zum Herzdenken“ – fort).

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Es gibt dem Erzengel Michael – mittlerweile ist er ein Archai – geistesverwandte Menschen, die sich seinem Ziel, dem Christus vorauszugehen, verpflichtet fühlen; es sind Menschen, die nicht ständig nach oben flehen und nach oben bitten und betteln, sondern die mit Michael sich der Drachenrealität stellen.
Spirituelle Memmen kann er nicht brauchen, sondern ganze Frauen, ganze Männer.
Michael will Vorleistung sehen; er will potentielle Drachenbezwinger an seiner Seite; Menschen, die nicht nach der zweiten oder dritten Niederlage aufgeben (Deiner Lektüre empfohlen: „Rudolf Steiner über das besondere Wesen Michaels: jener erwartet vom Menschen Vorleistung – er ist es dann, der sie zur Freiheit führt > https://bit.ly/3PMzVTS)
Mit solchen Menschen arbeitet er; er kräftigt ihr Herz, er öffnet es für Herzgedanken; er verändert den Intellekt seiner Mitkämpfer, verbindet ihn wieder mit dem Geist.
Einst übergaben die Seraphim, die Cherubim und Throne die kosmische Intelligenz der menschlichen Sphäre. War der Mensch ursprünglich ein Herzensmensch, so wurde er im Laufe der Zeit zu einem Kopfmenschen. Noch allerdings bis ins neunte Jahrhundert hinein empfanden Menschen ihr Denken als gegründet im Kosmisch-Göttlichen. Heute empfinden wir weitgehend unser Denken als Produkt der eigenen Seele und das ist es ja weitgehend – das Ergebnis sieht man am Zustand der Erde.
Zur Mission eines Michael gehört, dass er den Menschen hilft, ihre Intelligenz wieder mit ihrem inneren wertvollen göttlichen Geist zu verbinden. Dazu bedarf es Menschen, die dem „Erkenne dich selbst“ gefolgt sind und mehr und mehr um den Wert ihres eigenen Inneren wissen und die Hilfen Michaels annehmen.
Das Herz des normalen Menschen gleicht heute einer Müllhalde. Es wird ständig gefüttert mit Informationen, Bildern, Meinungen, Pseudowahrheiten, Einbildungen. Wenn solche Gedanken des Herz füttern und füllen, dann ist kaum Platz für Michaels Energie, erst recht nicht für die des Christus. Wertvolle Gedanken, die eine kosmische Qualität haben, d.h. mit Wesen des Kosmos verbunden sind – gemeint sind hier Wesen der neun Hierarchien -, brauchen einen Raum, der jenem Tempel entspricht, den Jesus reinigte, nachzulesen in allen vier Evangelien. Im Grunde sind wir, wenn es gut geht, in einem ständigen Reinigungsprozess; niemand allerdins sollte ihn künstlich übertreiben, sonst verhärtet die Seele. Doch er darf uns zur guten Gewohnheit werden.

Das erste Gebot, um kosmische Qualität in das eigene Herz reintegrieren zu können, um also zu Herzgedanken zu kommen, ist aus meiner Sicht, dass man das, was normalerweise auf das Herz einströmt, reduziert.
Und zwar in erheblichem Ausmaße.
In der Regel füttern wir das Herz mit überflüssigen Oberflächeninformationen. Sie verstopfen den wertvollen Kanal, die geistige Aorta zum Herzen. Es ist ein ständiges Üben, Spreu vom Weizen zu trennen; wer es tut, spürt eine zunehmende Empfindsamkeit, die er mit der Zeit als heilsam, hilfreich und wohltuend empfindet, weil sie Alarm gibt, wenn zu viel Redundantes auf uns einströmt.
Ein oder zweimal am Tag empfiehlt es sich, das Vater Unser zu beten; u.a. kann man es aus der Mitte der Wohnung laut in alle Räume beten; sie entsprechen den Räumen unserer Seele. Das Vater Unser öffnet unsere inneren Kanäle, Von der ersten zur dritten Bitte hin öffnet es die Ebenen zum Heiligen Geist (Manas) zu Christus (Buddhi) und zum Vater (Atman).
"Dein Name werde geheiligt": immer dann wenn es uns gelingt, den Astralleib zu reinigen dann heiligen wir den Namen des Vaters - was für eine bemerkenwerte Möglichkeit zur Entwicklung. Das Reich, das kommen möge, ist das Reich des Christus, die Buddhi-Ebene, und der Wille, der geschehen möge, öffnet die Atmanebene, die Ebene zum Vater.
Der zweite Teil des Vater Unser widmet sich den vier Ebenen unserer derzeitigen Realität, beginnend mit der physischen Ebene („unser täglich Brot gib uns heute“) und endend mit der Bitte um Reinigung des Ich („erlöse uns von dem Übel“).
So umfasst das Vater Unser die sieben realen und angestrebten Ebenen unseres seelisch-geistigen Seins und richtet sie zum Vater aus - nie war es wertvoller als heute.

Was sich zum zweiten als bedeutsam herausstellt, ist, dass wir uns aller Urteile entheben. Es gilt, Menschen und Zeitgeschehnisse wahrzunehmen (sich abzukoppeln ist der falsche Weg), aber nicht auf falsche Weise in eine diskursive, brotlose Auseinandersetzung einzutreten und zu werten, wie dies bei viel zu vielen Menschen geschieht, die damit die ahrimanisch-luziferische Ebene immer wieder neu installieren und verstärken (die ganzen zunehmend verbissenen Corona-Diskussionen um das Maskentragen und Impfen waren traurige und seelenzersetzende Beispiele). Was wirklich sich ereignet, geschieht auf der geistigen Ebene - Menschen wie Macron, Biden, Putin oder Scholz sind, ohne es zu wissen, Marionetten in Händen gewisser geistiger Kräfte, gegebenenfalls sind es auch wir.
Was wir sehen, sind luziferisch-ahrimanische Zerrbilder, die Wirklichkeit suggerieren. Die Diskussionen beispielsweise um den Ukraine-Krieg nehmen entweder die Position des ahrimanischen Westens ein oder des luziferischen Ostens. Eine dualistische Position kann jedoch niemals die Wahrheit enthalten; diese allein findet sich im Rahmen der Trinität. Nur wer zwischen diesen beiden Polen die Christus-Mitte sehen kann und auf dieser Mitte steht, kann zur spirituellen Lösung solcher Konflkte beitragen.
Wahrheiten zu benennen, ist etwas anderes als Urteile zu fällen. Beides wird gern in einen Topf geworfen von Menschen und den sie infizierenden Wesen, welche die Wahrheit hintertreiben wollen und sie deshalb als Urteile diskriminieren. Wenn ich sage, dass der von so vielen verehrte Daniele Ganser fest in den Enden Luzifers ist mit den Inhalten, die er verbreitet, dann entspricht es einer Wahrheit, wie sie sich mir zeigt, allein deshalb, weil er völlig in dualistischem Denken aufgeht, auch wenn er es geschickt esoterisch garniert. Diese Aussage also, dass Daniele Ganser fest in Händen Luzifers ist, enthält kein Urteil. Ganser tut, was die allermeisten Menschen tun, seien sie in den Händen von Ahriman oder Luzifer. Die Wahrheit zu benennen, beinhaltet keine Wertung.
Die Bibel hat beispielhaft nicht zufällig unmittelbar hintereinander zwei Beispiele gebracht, (Matth. 16), ein Beispiel für Wahrheit und Herzdenken und ein Beispiel für das krasse Gegenteil.

Als Jesus seine Jünger fragt: „Wer denkt ihr, dass ich sei“, antwortet Petrus: „Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.“
Jesus weiß, dass diese Erkenntnis nicht dem Kopf des Petrus entsprungen sein kann, sondern dass sie nur ein Herzgedanke sein kann, eine Eingebung des Vaters, eine Gnadengabe, ein Geschenk des Vaters in das Herz eines Menschen; die Folge solcher Herzgedanken teilt Jesus Christus Petrus mit und mehr Gnade kann einem Menschen nicht zuteil werden:„Ich werde dir die Schlüssel des Himmelreichs geben; was du auf Erden binden wirst, das wird im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, das wird im Himmel gelöst sein.“
Wie es geschieht, wenn ein Mensch ohne den heiligen Geist, ohne Christus, ohne den Vater agiert und auf Ahriman hereinfällt, das zeigt sich im unmitttelbaren Verlauf, als Petrus die Mission Jesu zu hintertreiben sucht. Die Folge ist, dass Jesus den Satan in Petrus ansprechen muss: „Weiche von mir, Satan!“
Wie einen Herzgedanken empfangen darf, der weiß es, der spürt eine Wärme, eine stille Freude, eine Gewissheit, dass ein hohes Wesen ihm eine geistige Frucht in des Herzens Schoß gelegt hat. Wem dies neu geschieht, der mag zunächst unsicher sein, ob es wirklich wahr ist, was sich ereignet hat.
Solche Früchte kommen nicht von ungefähr. Sie sind das Ergebnis demütigen Lernens und Hörens in jene Richtung, in die die Welt nicht hört.

Klar ist, dass das, was ich Wahrheit nenne, andere anzweifeln oder als Unwahrheit bezeichnen bzw. als Urteil hinstellen. Jeder steht in der Verantwortung dessen, was er sagt und tut. Letztendlich entscheiden Engel des Karma und Christus als Herr des Karma, wer verantwortungsvoll spricht und handelt im Dienste der Wahrheit.
Übrigens bewirken Herz Gedanken oft, dass, wenn jemand sie äußern darf, alles um ihn schweigt.

Je mehr wir unseren Kompass ausrichten können an der Trinität, desto näher kommen wir der Wahrheit. Dualität kann niemals wahr sein. Trinitarisches Bewusstsein gibt es erst - sieht man von vorchristlicher Mysterienweisheit ab - seit 2000 Jahren; menschheitsgeschichtlich ist dieses Denken noch sehr jung; viele Menschen werden noch geraume Zeit benötigen, um es in ihr inneres Sein zu integrieren und zu versstehen, auf welche Weise und warum es die Menschen und ihre Welt verändert.
Gewiss gibt man in der ein oder anderen Situation Bewertungen ab, auch, um Gesprächspartnern eine gewisse Orientierung zu geben;. Doch geht es grundsätzlich darum zu wissen, dass Urteile und duale Positionen Mauern in der Seele aufrichten, in der des Nächsten und in der eigenen. Diese Mauern beenden jeden geistigen Fluss.

Zum dritten ist es wichtig, logisches Denken zu schulen. Wenn wir auf gedankliche Ungereimtheiten und Halbwahrheiten stoßen, haben wir sie zumindest in uns klarzustellen. Dieses Vorgehen richtet das mentale Innere auf und aus; es ist dies eine wesentliche Form des Ge-richts, des Gerichtetseins. Gerade auf spirituellem Gebiet ist diese mentale Klarheit wichtig, sind doch geistige Wesenheiten absolut raffiniert, intellektuelle Sackgassen zu arrangieren. Wer eine Aussage wie „Gefühl ist alles“ (siehe letzter Beitrag) durchgehen lässt, hat einen fatalen Virus geladen und gegebenenfalls an andere weitergegeben – mit entsprechenden karmischen Folgen.

Es geht nicht um verbissenes Heiligwerden-Wollen und geistige Enge, es geht darum, geistig auf der Höhe zu sein – und das ohne selbstproduzierten Stress und Bevormundung anderer.
Gewiss ist es so, dass Menschen ganz unterschiedlich im Hinblick auf Gefühle und Verstand veranlagt sind. Gerade aber, jene die im Gefühlsbereich sich mehr zu Hause fühlen, sollten sich dazu anhalten, ihren Intellekt zu schulen, und umgekehrt: Menschen, die mehr verstandesorientiert sind, sollten sich um ihren Gefühlsbereich kümmern. Die Bereiche müssen sich ja keineswegs die Waage halten, aber sie dürfen innerhalb eines Menschen auch nicht verkümmern.
Logisches Denken ist immer mit einem inneren Aufwand und mentaler Arbeit verbunden. Aber es geht nicht ohne und es kommt der Punkt, wo das innere System zuverlässig Laut gibt, wenn es gilt, in einer Sache genauer hinzuschauen.

Einen vierten und vorletzten Punkt möchte ich ansprechen, der Herzgedanken erheblich im Wege stehen kann und er hat zu tun damit, dass wir über viele Jahre unseres Lebens auch unsere Gefühle ständig sich zu mehr Wahrhaftigkeit entwickeln zu lassen haben. Wenn jemand zum Beispiel wie ich in einem Elternhaus aufgewachsen ist, in dem wenig Liebe vorhanden war, aber die Liebe Gottes umso höher gepriesen wurde und die enge Vorstellung von Gott der eigenen inneren Enge meiner Eltern entsprach, dann entspricht gegebenenfalls meine Erwachsenen-Gefühlswelt eher genau dem Gegenteil dessen, was ich als Kind erleben musste, falls ich zu denen gehöre, die sich gegen ihr Zuhause auflehnen, oder aber ich setze in meinem Leben die Enge meiner Eltern weiter fort, vielleicht mit einigen modernistischen Zugaben, die aufgeklärtes Bewusstsein suggerieren, aber im Grunde im Alten stecken. Meine Gefühle dem Weiblichen gegenüber und der Sexualität wurden massiv geprägt durch jenes Gottesbild, das dem Weltbild meiner Eltern entsprach. Wem vergleichbare Zusammenhänge bewusst werden bzw. sind, der wird wissen, dass er viele Jahre sich seiner Gefühlswelt wird immer wieder widmen müssen. Jedenfalls sind Gefühle selten zuverlässig zutreffend und rein, auch sie müssen gereinigt werden.

Mitgefühl ist nur möglich, wenn wir überhaupt in gewissem Umfang zu Gefühlen fähig sind. Es gibt aber ein Gefühl, was Mitgefühl total hintertreibt und das ist Selbstmitleid.
Die Anzahl der Menschen mit Selbstmitleid entspricht ungefähr der Zahl derer, die auf die Frage, ob sie unter Selbstmitleid leiden, dies spontan verneinen.
Selbstmitleid ist eine Volkskrankheit. Ich persönlich haite das Glück, dass vor vielen Jahren eine Freundin zu mir sagte, dass ich regelmäßig im Selbstmitleid versacken würde. Nur dem Umstand, dass ich die Frau sehr schätzte, ließ mich sie spontan nicht für verrückt erklären, und ich begann etwas widerwillig, Gefühlsanzeichen zu suchen, die Selbstmitleid signalisieren könnten. In der Tat wurde ich fündig, und das in einem erheblichen Ausmaß. Ich lernte mir der Zeit auf dieses klebrig süße Gefühl zu achten, das sich einstellte, wenn ich mir selbst mal wieder Leid tat. Ich würde nicht sagen, dass ich heute völlig immun bin gegenüber diesem verflixten Gefühl; wenn es auftaucht, gönne ich mir durchaus mal eine Runde Selbstmitleid, aber weiß um dem Punkt, wo ich zu ihm sage: genug.

🌺

Mitgefühl ist das Gefühl der Zukunft. Unsere Menschheit überlebt nur, wenn der Einzelne in der Lage ist, sich selbst und andere zu fühlen.

PS
Ich möchte noch einmal die Steiner–Michael-Passagen empfehlen; sie sind wertvollst für unser Bewusstsein, das sich in unserer Zeit neu ausrichten will > https://bit.ly/3PMzVTS


Dienstag, 10. Oktober 2023

Alles fühlt. Doch Gefühl ist nicht alles! - Vom Denken zum Herzdenken!

In dem so genannten Religionsgespräch, in welchem Margarete Faust hinsichtlich seiner Auffassung gegenüber der Religion auf Herz und Nieren zu prüfen sucht, muten jene folgenden höchst salbungsvollen Worte, die angesichts der Tatsache, dass Faust sich noch wenige Tage zuvor Mephistopheles - sagen wir also ruhig: dem Teufel - verschrieben hatte, gewiss ziemlich ungewöhnlich an. Doch was tut ein Mann nicht alles, um eine junge Dame ins Bett zu bekommen. Das wird ihm gelingen dank eben jenes Mephisto, der für die Mutter Gretchens, damit die beiden sich ungestört ihrer Liebe widmen können, einen Schlaftrunk besorgt, an dem diese allerdings sterben wird.
Jedenfalls hätten die Worte, die Faust für Gretchen findet, um sie von seiner religiösen Integrität zu überzeugen, jedem Pfarrer zur Ehre gereicht (wie das dann übrigens auch Gretchen zutreffend äußern):

Wer darf ihn nennen?
Und wer bekennen:
»Ich glaub ihn!«?
Wer empfinden,
Und sich unterwinden
Zu sagen: »Ich glaub ihn nicht!«?
Der Allumfasser,
Der Allerhalter,
Faßt und erhält er nicht
Dich, mich, sich selbst?
Wölbt sich der Himmel nicht da droben?
Liegt die Erde nicht hier unten fest?
Und steigen freundlich blickend
Ewige Sterne nicht herauf?
Schau ich nicht Aug in Auge dir,
Und drängt nicht alles
Nach Haupt und Herzen dir,
Und webt in ewigem Geheimnis
Unsichtbar sichtbar neben dir?
Erfüll davon dein Herz, so groß es ist,
Und wenn du ganz in dem Gefühle selig bist,
Nenn es dann, wie du willst,
Nenn's Glück! Herz! Liebe! Gott
Ich habe keinen Namen
Dafür! Gefühl ist alles …

Noch vor wenigen Tagen war Faust an all dem Wissen der damals gängigen Wissenschaften, das er sich angeeignet hatte - wir entnehmen das der Szene „Nacht“ zu Beginn der Fausthandlung - verzweifelt. Allerdings hatte er in der Folge nicht sein Heil in neu entflammten Gefühlen gesucht, sondern sich der Magie übergeben.
In den obigen Versen allerdings gibt er den Gefühlsexperten, glaubend, dass Margarete auf diese Schiene abfahren werde.
Wie spirituell verantwortungslos seine Aussage ist und warum eine neue Sicht auf Gefühle und Denken gerade heute so wichtig sind, darauf möchte ich nachher zu sprechen kommen.
Hier sei zunächst gesagt, dass das scheinbar so unbedarfte Gretchen keineswegs auf Fausts Schwall hehrer Worte hereinfällt, weiß sie doch auf seine Suada mit
„du hast kein Christentum“ zu reagieren, schließlich spürt sie zu genau, wo das Problem liegt: „Es tut mir lange schon weh, / Daß ich dich in der Gesellschaft seh.“ Gemeint ist Mephisto.
Wie sehr Faust bereit ist zu heucheln, um die junge Dame dahin zu bekommen, wohin er sie haben möchte (wobei gesagt sein muss, dass Margarete offensichtlich mitnichten abgeneigt war), wird deutlich an seiner scheinheiligen Frage auf Margaretes letzte Aussage hin: „Wieso?“
Noch wenige Stunden zuvor hatte er dem Erdgeist gegenüber sich darüber beschwert, dass jener ihm diesen Gesellen - eben Mephisto - als Gefährten zugesellt habe. Auf einmal will er gegenüber Margarete nicht wissen, was sie meinen könnte.
Offensichtlich ist Gefühl doch nicht alles.

2007 erschien ein wegweisendes Buch mit dem Titel „ALLES FÜHLT. Mensch, Natur und die Revolution der Lebenswissenschaften“, verfasst von Andreas Weber, promovierter Biologe und Philosoph. Weber ging es um einen notwendigen gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Paradigmenwechsel, was unsere Sicht auf Bedeutung und Stellenwert der Gefühle betrifft. Wenn man es aus heutiger Sicht formuliert, hatte Weber erkannt, dass unsere Erde und damit unsere Spezies nur überleben kann, wenn Gefühl nicht weiterhin als humane Kollateralerscheinung vernachlässigt wird, sondern Empfindungen als essentielle Qualität allen Lebens gewürdigt werden.
Seit 2007 hat sich viel geändert, u.a. allerdings auch, dass Männer weicher und manche Frauen härter geworden sind - wenn ich das hier mal etwas verkürzt auf den Punkt bringen möchte.
Gefühle sind in den Sozial- und den Naturwissenschaften zunehmend in den Mittelpunkt der Beobachtung gerückt. Subjektivität hat einen ganz neuen Stellenwert gewonnen und niemand wird heute mehr behaupten, dass ein von Menschen entwickeltes Experiment wirklich objektiv sein könne - die Quantenphysik lässt grüßen.
Gerade im esoterisch-spirituellen Bereich hatte das zur Folge, dass die Bedeutung der Gedanken vernachlässigt wurde, und das, obwohl ein Rudolf Steiner im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts eindringlich und wiederholt auf die Bedeutung klarer und reiner - er spricht von ihrer Leibfreiheit - Gedanken verwiesen hatte. Nach ihm ist eine seelisch-geistige Entwicklung ohne die Fähigkeit zu logischen und klaren Gedanken nicht möglich, ansonsten alles, so lassen sich seine Gedanken zusammenfassen, in mystischem Geschwurbel ende und zu leicht geistig minderwertige Kräfte zur Seele Zugang fänden. Nach ihm ist der Christusweg nur begehbar, wenn man in der Lage ist, den luziferischen und ahrimanischen Attacken, denen der Schlange also und Satan, gedanklich klar zu begegnen.

Menschen neigen dazu zu unterschätzen, wie sehr sich innerhalb weniger Jahrhunderte die Qualität der menschlichen Seele verändert hat. Noch bis zum 9. Jahrhundert - ein Näherungswert - waren den Menschen, soweit sie sich damit beschäftigten, Gedanken Offenbarungen des Göttlichen. Damals war es ihnen wie selbstverständlich, dass Gedanken etwas seien, was ihnen von außen zufließe. Zunehmend änderte sich dies:
Menschen nahmen ihre Seele wahr als etwas, was in ihnen die Gedanken selbst bilde. Der Mensch begann sich selbst als intelligent zu empfinden (was in Perversionen wie dem Intelligenzquotienten einen bemerkenswerten Höhe-, oder sagen wir Tiefpunkt fand). Damit verbunden war auch eine innere Abkoppelung vom Kosmischen, gewiss allerdings noch nicht in Menschen wie Thomas von Aquino (der sogenannte Universalienstreit bildet den damalig diesbezüglich geistigen Kampf der Menschheit ab).
Obwohl noch die Regentschaft der Erzengel Raphael, Samael und Gabriel vorausgingen - jeweils 300 - 350 Jahre - begann allerdings hier schon der Einfluss des Erzengel Michael und seine Auseinandersetzung mit Satan/Ahriman. Ahriman, der Fürst dieser Welt, wie ihn die Bibel bezeichnet, ist im Kosmischen ein hoch –, ja überintelligentes Wesen, dessen Intelligenz allerdings den niederen Bereich menschlichen Seins bedient, nieder deshalb, weil er Seelen, die auf ihn abfahren, an das Materielle bindet (Steiner hat ihn deshalb mit flacher, nach hinten fließender Stirn abgebildet und seinem Wesen den Spott zugeordnet; Ahriman spottet im Grunde über Menschen, gerade über jene, die ihm folgen).
Michael geht in den Kampf mit ihm und es gelingt ihm, ihn 1879 auf die Erde zu schleudern. Für die Menschheit ist dies deshalb von so großer Bedeutung, weil nun die Auseinandersetzung jedes Einzelnen mit diesem Wesen beginnt und unvermeidbar ist, wenn die Seele sich wirklich zum Geistigen, zu Michael und Christus hin entwickeln will.
Wenn wir uns an den Computer setzen, das Smartphone in die Hand nehmen oder Geld ausgeben befinden wir uns im Grunde genommen automatisch auf dem Gebiet Ahrimans. Warum beispielsweise das Smartphone solch ein Suchtpotenzial beinhaltet, wird auch auf diesem Hintergrund deutlich. Und Satan/Ahriman ist es beispielsweise gelungen, mit dem Börsenwesen etwas zu installieren, was sich so verselbstständigt hat, dass es menschlichen Zugriff entglitten ist und Ahrimans Lieblingsspielzeug ist. Börsenkurse spielen heute, wie der Schwabe sagen würde, Hugoles mit den Menschen und seiner Wirtschaft. Ahriman lacht sich ins Fäustchen. Gleiches gilt für den Wett– und Lotto-Tottobereich.
Davon abgesehen, dass die Schlange, sprich Luzifer weiterhin ihr Unwesen treibt, bevorzugt im esoterischen Bereich, hat eine Gegenbewegung zu Ahriman/Luzifer eingesetzt, die mit dem dem Wesen, das wir Michael nennen, verbunden ist, zumindest wird das mehr und mehr Menschen deutlich.

Ich bin kein Anthroposoph, aber möchte dennoch jenen, denen es wie mir geht, empfehlen, Steiners Gedanken zu prüfen und ihm gegebenenfalls sich gegenüber zu öffnen. Für mich jedenfalls möchte ich sagen, dass seine geistigen Impulse mein Leben verändert haben. Dass ich kein Anthroposoph bin, hängt damit zusammen, dass ich die Anthroposophische Gesellschaft für einen ziemlich schlappen Verein halte - ihr Corona-Management war für mich ein spirituelles Desaster - und ich habe früher vieles Anthroposophische als zu eng empfunden, wobei ich sagen möchte, dass es aktuell Anthroposophen gibt, mit denen zusammen zu sein ich als wertvoll für mich empfinde; das gilt zur Zeit für mein gastfreundliches und menschlich liebevolles Aufgenommensein in dem Würzburger Zweig der Anthroposophischen Gesellschaft.
In einigen Vorträgen hat sich Rudolf Steiner zum Wirken Michaels geäußert, so weist er darauf hin, dass jener kein Geist ist, der Seelen beträufelt, sondern möchte - um es mit meinen Worten zu formulieren -, dass der Mensch in Vorleistung geht, um in Michaels Wirken integriert zu werden.

Mir persönlich war besonders aufschlussreich, dass nach den Worten Steiners Michael in den Herzen der Menschen Platz finden möchte, um die Gedanken eines Menschen vom Kopf ins Herz zu holen. Hier bekommen sie eine Qualität, die die Welt verändert. Diesen - wie ich sie nenne - Herzgedanken möchte ich einen eigenen Beitrag in Kürze widmen, ansonsten doch hier der Rahmen gesprengt wird. Dann mag auch deutlich werden, warum gerade heute ein „Gefühl ist alles“ im Verführungsarsenal eines Luzifer einzuordnen ist.

Mittwoch, 4. Oktober 2023

Warum die Madonna die Seele so vieler Menschen berührte und berührt.

Jahrelang hing das Bild der Sixtinischen Madonna von Raffael in meinem Wohnzimmer, ohne dass mir bewusst war, welch tiefe spirituelle Bedeutung ihm zukommt. Für mich spiegelte sich in Maria und den diversen Madonnen der Versuch der katholischen Kirche, dem Weiblichen eine gewisse Bedeutung zu geben und doch zugleich für den religös-kirchlichen Alltag alles Weibliche aus dem seelsorgerlichen und institutionellen Bereich fernzuhalten. Der war Männern vorbehalten. Nicht von ungefähr entspricht die eigentlich katholische Sportart dem Mixed im Tennis: im Grunde für diverse Männer ein Herreneinzel mit Damenbehinderung. – Es ist auch nicht abzusehen, dass im 21. Jahrhundert sich daran grundlegend etwas ändert.

Gerade auf diesem Hintergrund war ein Aspekt im Werk Rudolf Steiners einer, der mich zutiefst berührt hat, als ich von ihm zum ersten Mal las, weil er mir einen ganz neuen Blick auf die Gestalt der Madonna eröffnet hat.
Es gehört ja zur spirituellen Aufgabe eines jeden Menschen, seine Seele zu reinigen von allen möglichen Süchten, Leidenschaften und Begierden. Das bedeutet nicht, dass alles Sinnliche, was uns in der Natur und im täglichen menschlichen Leben begegnet, minderwertig sei. Aber gerade im zwischenmenschlichen Bereich und auch in der Sexualität gibt es eine Sinnlichkeit, in der Liebe eine immer größere Bedeutung gewinnt und es zwar nach wie vor ein Begehren gibt, das aber nicht die Sinne überbordet. Im Rahmen solch einer Liebe mag sogar die körperliche Liebe eine seelisch-geistige Zuneigung zwischen zwei Menschen in Tiefen hinein verwirklichen, die erkennen lässt, warum die Körperlichkeit von uns Menschen eine himmlische Gabe ist, von Gott geschaffen. 

Leider nehmen wir momentan auf unserer Erde bei vielen eine eher gegenteilige Entwicklung war: „Liebe“ darf gar nicht tierisch genug sein.

Luther hat bedauerlicherweise die letzte der neun Früchte des Geistes, wie sie Paulus im Galater-Brief benennt -  dazu gehören Freude, Frieden, Geduld, Sanftmut -, übersetzt mit „Keuschheit“. Das hat im religiösen Bereich zu einem völlig falschen Zungenschlag hinsichtlich der Bedeutung von Sexualität geführt.
Im Griechischen findet sich das Wort „enkrateia“. Wie Luther dazu kam, dieses Wort mit „ Keuschheit“ zu übersetzen, mag er allein wissen. „enkrateia“ bedeutet, abgeleitet vom griechischen "krátos" = Macht, > in der Macht sein <; seiner selbst mächtig; frei von fremden Mächten, gerade auch seelisch niederen.

Diese Übersetzung wirft ein bezeichnendes Licht auf das, worum es in unserer spirituellen Entwicklung geht: um eine ihrer selbst bewusste Freiheit, zunehmend überlegen gierigem Verhalten, Sucht und Leidenschaft. Solch ein Mensch gebiert in sich und aus sich heraus den höheren Menschen, den wahrhaft geistigen Menschen, dessen Inneres zunehmend mehr von jenem Geist erfüllt ist, den Jesus „heilig“ nannte und heute noch so nennt.

Über einen Menschen, der sich solchermaßen entwickelt hat, schreibt Steiner in seinem Vortrag „Isis und Madonna“ (GA 57):
Versuchen wir, die Seele, welche den höheren Menschen aus sich, aus dem geistigen Universum, herausgebiert, zu verbildlichen, so brauchen wir uns nur vorzustellen das Bild der Sixtinischen Madonna, das wunderbare Kind in den Armen der Madonna.
Im Grunde ist es kaum möglich, im Bereich der Sinne ein Bild für das Innere eines Menschen, wie wir ihn eben in seiner Entwicklung angesprochen haben, zu gestalten. Wenn es jemandem gelungen ist - darauf verweist Steiner -, dann Raffael und ergänzend mag man hier ebenfalls Michelangelos Pietà nennen und gewiss zu Recht auch die ein oder andere künstlerische Madonnengestaltung.

Für mich war der Gedanke, in der Madonna dies zu sehen, ehrlich gesagt, umwerfend. Mit einem Mal wurde mir klar, warum über Jahrhunderte hinweg so viele Menschen sich der Madonna zuwandten, gerade auch einfache Seelen, die ihren Zugang zur Wahrheit intellektuell noch nicht so verstellt hatten: im Grunde wandten sie sich in der Madonna ihrem eigenen zukünftigen Inneren zu. 
Natürlich wird bei jedem Einzelnen schlussendlich eine individuelle Gestaltung dieses Inneren vorhanden sein. Doch diesem großen Künstler mag es gelungen sein, eine Art Urbild dieses höheren Menschen und seiner Seele in der Gestalt seiner Sixtinischen Madonna geschaffen zu haben, gewiss eine himmlische Gnadengabe und dem eine große Hilfe, der sie demütig anzunehmen weiß.
Dann kann in der Seele eine Frucht entstehen, welche die ägyptische Mythe von Isis und Osiris Horus nannte und die, von zu vielen Menschen noch nicht verstanden, Christus heißt.