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Dienstag, 12. Juni 2012

40% der Zeit, die wir miteinander reden, reden wir über Leute, die nicht anwesend sind. – Über eine Spitzen-Übung!

Wer hier relativ regelmäßig mitliest, weiß, dass ich manchmal Morgengedanken, die ich morgens im Südwestrundfunk kurz vor den Nachrichten höre, veröffentliche. Manchmal wochen- ja monatelang nichts, dann mal mehrere in kurzer Zeit, je nachdem, ob mich etwas (be)trifft Die Autoren haben nichts dagegen und manche mag ich wegen ihrer unaufdringlichen Art, die so gar nicht moralisieren will; das gefällt mir. Das gilt für den Rottenburger Peter Kottlorz. Seinen Beitrag heute Morgen fand ich klasse; vor allem seinen letzten Satz werde ich mir zu Herzen nehmen; ich finde die damit verbundene Übung absolut spitze!

Hier also seine Morgengedanken:

40 % der Zeit, die wir miteinander reden, reden wir über Personen, die nicht anwesend sind. Das hat eine Studie gezeigt. Ist ja auch kein Problem, wenn ich zum Beispiel mit meiner Frau über unsere Kinder rede. Ein Problem ist es aber, wenn über die Nichtanwesenden schlecht geredet wird, gelästert wird.

Lästern ist ein so universelles wie zeitloses Phänomen. Es gehört wohl zum Menschsein. Männer wie Frauen tun es, Alt und Jung lästert. Lästern gilt als eine Art Psychohygiene. Weil ohne direkte Konfrontation Aggressionen abgebaut werden können. Lästern soll verbinden, heißt es, und verbünden, indem sich die Lästernden gemeinsam abgrenzen.

Womit wir aber auch schon bei der dunklen Seite des Lästerns sind. Die Lästernden üben Macht aus über den Gelästerten und der Gelästerte ist ohnmächtig. Er oder sie hat keine Chance sich gegen das Gesagte zu wehren. In früheren Zeiten konnte das leicht lebensgefährlich werden.

Im Mittelalter zum Beispiel konnte eine Frau durch Klatsch und Tratsch nur allzu schnell zur Hexe werden und auf dem Scheiterhaufen landen. Heute, in Zeiten des Internets, kann ein Ruf für immer beschädigt werden. Das Netz vergisst nichts, heißt es.

Der Mann aus Nazareth konnte sich furchtbar aufregen, weil er den Ungeist, das Negative, das im Lästern steckt, nicht ausstehen konnte. Er hat gesagt, dass die Menschen einmal über jedes einzelne Wort, das sie reden, Rechenschaft ablegen müssen (Matthäus 12,22; 15,16).

Au au au, da kann man schon ins Grübeln kommen! Aber das war sicher nicht als Drohbotschaft Jesu zu verstehen, sondern aus seinem Aber gegen das verletzende Gelaber der Menschen. Und weil er wollte, dass sie in einem guten Geist miteinander umgehen. Das ist mir auch immer wichtiger geworden, auch und gerade beim Reden. Und deshalb arbeite ich seit geraumer Zeit an einer ganz speziellen Übung.

Immer wenn ich über einen Menschen rede, der nicht anwesend ist, versuche ich so über ihn zu reden, wie wenn er da wäre. Und es ist schon sehr interessant, wie sich meine Sprache dabei verändert …

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