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Dienstag, 7. Juli 2015

O du, aus der mir Kraft des Hoffens quillt! – Beatrice zieht ihren Dante hinan. – Über die Kraft des Ewig-Weiblichen.

Tatsächlich war Dante mit Beatrice nie liiert. Er ist neun Jahre alt, als er das Mädchen zum ersten Mal sieht; sie ist damals acht Jahre, Tochter des reichen und wohltätigen Folco Portinari.
Die Begegnung verändert, ja bestimmt dennoch sein Leben, obwohl Beatrice jung mit Simone de' Bari vermählt wird und bereits 1290 stirbt. Da ist Dante gerade 25 Jahre alt.
Doch muss ihr erstes Zusammentreffen einen fast überirdischen Eindruck auf ihn gemacht haben, dass es eine gewaltige und fundamentale Leidenschaft in ihm auslöst, die nur auf dem Hintergrund zu verstehen ist, dass Beatrice Dantes Eva ist, er ihr Adam, sie sich also seit Urzeiten kennen.
Er begegnet ihr im Übrigen, als er 18 Jahre alt ist, wieder, mittlerweile ist er da seit mehr als fünf Jahren verheiratet, denn der damaligen Sitte entsprechend tat man ihn mit Gemma Donati zusammen, einem jungen Mädchen aus einem mächtigen Florentiner Geschlecht. Damals blieben die Kinder noch eine ganze Weile bei ihren Eltern, bis Dante, 22-jährig, seine Gemma zu sich holt.
Zwischenzeitlich ist die Liebe und Leidenschaft, die Dante für Beatrice empfand, merklich abgekühlt. Ein Jahr nach Dantes Hochzeit heiratet Beatrice - wir schreiben das Jahr 1187, ebenfalls also sehr jung; sie hat noch drei Jahre zu leben - einen Mann, den sie nicht liebt, Simone Bari, der später zu einem erbitterten Gegner Dantes werden und sicherlich an den beiden Todesurteilen ihm gegenüber beteiligt gewesen sein wird, Urteilen, die zwar nie vollstreckt wurden, aber Dante bis zum Ende seines Lebens seiner Heimat beraubten; nach Florenz kehrt er nicht mehr zurück.

Wenn es das gibt, dass zwei Seelen einander gehören, für einander seit Urbeginn bestimmt sind, wie wir das ja immer wieder in der Mythologie und Literatur finden, dann trifft dies auch auf Beatrice und Dante zu.
Viele glauben, dass Beatrice für Dante in der Göttlichen Komödie eine Allegorie darstelle, dass sie also für etwas Höheres stehe, für die Weisheit der Theologie zum Beispiel, so sagen nicht wenige Gelehrte.
Ich glaube, wer das annimmt, versteht das Wesen der Liebe nicht. Goethe hat es verstanden inmitten seiner Marienbader Elegie und einige andere haben gesehen, dass sich immer beides findet: sinnliche und geistige Liebe; nur dann nämlich ist Liebe göttlich, ansonsten ist sie strohtrocken, sinnen-los sinn-los. Vielleicht können wir Gott nur wirklich lieben, wenn wir als Mann wirklich eine Frau, als Frau wirklich einen Mann zu lieben vermögen, es zumindest bewusst versuchen.

Gegen Ende der Göttlichen Komödie verlässt Beatrice Dante wieder, sie, die ihm, nachdem Virgil Dante durch die Hölle und das Fegefeuer geführt hatte, das Paradies zeigte, ihn ermunterte, ja aufforderte, Fragen zu stellen, ihm manches erläuterte, mit ihrem Lächeln ihn immer wieder ermunterte, ihn an das göttliche Licht gewöhnte, denn von Himmelssphäre zu Himmelssphäre wurde ihr Licht heller und strahlender, dem göttlichen Licht immer ähnlicher werdend.
Zunächst merkt er - wir befinden uns im 31., also vorvorletzten Gesang - gar nicht, dass Beatrice fehlt; der heilige Sankt Bernhard, der auf einmal da ist - er, der in seinem irdischen Leben schon die Menschen mit Maria verband und Dante mit der Mutter Gottes verbinden wird - muss ihn darauf aufmerksam machen, dass Beatrice an ihren Platz in der Himmelsrose zurückgekehrt ist.
Da sieht er sie und seine Worte gehören mit zum Intensivsten, was im Zusammenhang mit Liebe geschrieben worden ist, wobei es so ist, dass man nicht von vornherein alles intellektuell verstanden haben muss, denn Dantes Zeilen sind die ganze Göttliche Komödie hindurch magischer Natur; wer mit ihm den Weg durch die Hölle und das Fegefeuer bis in die himmlischen Sphären gehen will, kann diesen Weg der Läuterung und des Entfachens der Liebe gehen; er muss dabei nicht alles verstanden haben, vor allem gilt es, Dantes Worte in seinem Inneren zu wiegen, wie eine Mutter ihr Kind wiegt, das Frieden finden will.

Dante nun sieht - es ist der 31. Gesang des Paradieses - Beatrice und findet zu folgenden Worten:

O du, aus der mir Kraft des Hoffens quillt,
Die in der Hölle, meines Heiles wegen
Du deine Spur zu lassen warst gewillt,
Von allem, was ich sah auf diesen Wegen
Erkenn' ich nur durch deine Güt und Macht
Die Gnadenwirkung und den hohen Segen.
Zur Freiheit hast du mich, den Knecht, gebracht
Durch alle Mittel und durch alle Pfade,
Die Gott zu solchem Heil wirksam gemacht.
Behüt in mir die Fülle solcher Gnade,
Dass meine Seel' einstmals, geheilt von Dir,
Dir wohlgefällig sich des Staubs entlade.

Dante lebt ja noch und wird in sein irdisches Leben zurückkehren müssen, doch was er betend äußert, ist, dass Beatrice helfen möge, dass seine durch sie geheilte Seele, wenn er dann stirbt, wenn er sich also des Staubs entlädt, mit der Fülle der Gnade, deren er hier ansichtig und teilhaftig geworden ist, zurückkehren kann.

PS In der EthikPost gestalte ich die Posts ja nicht so lange. Diesen Post hier führe ich noch auf meinem Methusalem-Blog fort, denn Dante wird noch in wunderbarer Weise auf die Lichtfülle von Maria hinweisen und damit auch dem Ewig-Weiblichen zu seinem Recht verhelfen: Link hier, wer noch weiterlesen mag.

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