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Dienstag, 29. März 2016

"Warum stirbt er nicht?" – Vom Sinn der manchmal langen Zeit vor dem Sterben.

In Edward F. Edingers Buch über den psychotherapeutischen Prozess im Spiegel der Alchemie habe ich ein wunderbares Beispiel dafür gelesen, dass wir Menschen mit unserem Urteil und Denken sehr vorsichtig sein sollten.
Edinger erzählt von einem alten Mann, der sein Leben lang immer tätig gewesen war und als er nicht mehr schaffen konnte, offensichtlich einfach nicht sterben wollte, wie es seine Umgebung insgeheim - laut sagt das ja niemand - erwartet hätte. Viele Jahre noch lebte er in einem Pflegeheim dahin und schien niemanden mehr zu erkennen.
Alle fragten immerzu, so gibt Edinger das Denken der Umgebung des Alten wieder: "Warum stirbt er nicht?"

"In der Nacht vor seinem Tod träumte eine seiner Töchter,

daß sie einen sehr großen und sehr schönen kunstvoll und bunt gewebten Teppich vor sich hängen sah. Sie sah, wie am oberen Rand der letzte Faden eingezogen wurde. Sie begriff, dass dieser Teppich das Seelenwerk ihres Vaters war, das er in den letzten acht oder zehn Jahren still gewebt hatte, und jetzt, da es fertig war, war er frei und konnte gehen."

Am Tag darauf starb der Großvater.

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