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Donnerstag, 21. Februar 2019

Wir nennen´s fromm sein. - Goethe wusste um jene überkonfessionelle Religiosität, die aus einer der Ebenen der Himmel strömt.

In seiner Marienbader Elegie hat Goethe ein Bewusstsein angesprochen, welches dem Bewusstsein der Menschen noch fremd ist und fremd sein muss, solange sie sich mit katholischer und protestantischer Religiosität herumschlagen und nicht erkennen, dass es in den Himmeln nicht um Hinduismus, Buddhismus, Islam, Christentum, Konfuzianismus und was es an religiösen (Hin-)Richtungen noch gibt, geht, sondern um eine Frömmigkeit, die die Himmel durchströmt und bei vielen Menschen leider noch weit entfernte Teile ihrer Seele, deren sie sich zwar in der Zeit zwischen ihren Leben bewusst werden, nicht aber auf der Erde.

Das Vater unser beginnt ja, im Gegensatz zu Luthers falscher Übersetzung, mit: Vater Unser, der du bist in den Himmeln. In diesen Himmeln sind die Urbilder der Schöpfung angesiedelt, die Reiche der Engel, also die Reiche unterschiedlichen Bewusstseins und unterschiedlicher Aufgaben, denn, wie im Himmel, so auf Erden - wie es im Vater unser heißt - ist Geist nie untätig; vielleicht des Öfteren bei manchen Menschen auf der Erde, in den Himmeln nie. Hier eine der wertvollsten Strophen, die es weltweit gibt:
In unsers Busens Reine wogt ein Streben,
Sich einem Höhern, Reinern, Unbekannten
Aus Dankbarkeit freiwillig hinzugeben,
Enträtselnd sich den ewig Ungenannten;
Wir heißen´s: fromm sein! - Solcher seligen Höhe
Fühl ich mich teilhaft, wenn ich vor ihr stehe.
Man darf gespannt sein, wann unsere Kultur sich endlich auf ihre wertvollen, weil wahren Perlen besinnt, auf Goethes Marienbader Bewusstsein, auf sein Verständnis der Urbilder, erarbeitet in seinen Ausführungen zur Urpflanze, auf des Novalis Blaue Blume, auf Hölderlins Verweis auf die Unerkannte, das Ewig-Weibliche, unsere große Seele. In ihr gibt es keine Kirche, kein zölibateres Gefängnis, keine päpstlichen Dogmen, Bannbullen und Verbote von Reinkarnation etc.

Da durchgeistet ein Bewusstsein alle Seelen, und dieses Grundgefühl menschlichen Seins ist das eigentliche religiöse Bewusstsein. Mit unserem Verständnis von Religion hat das so wenig zu tun wie das Wasser einer Kläranlage mit dem jenes Brünnleins im Schneegebirge, von dem eines unserer Volkslieder singt, auch so eine Perle, die noch zu wenig Beachtung findet.

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