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Samstag, 11. Dezember 2010

"Sachliche Romanze": Erich Kästners Irrtum in puncto Liebe und die Bedeutung des wahren Sakramentes der Ehe.


Ich schätze Erich Kästner sehr, vor allem seine Kinderbücher wie Das doppelte Lottchen und Emil und die Detektive - was hab ich die Verfilmungen geliebt, wie sehr war ich mit Emil als Detektiv unterwegs ...
Und natürlich liebe ich seinen hintergründigen Humor, und seine Art, Schlusspointen in seinen Gedichten zu setzen ist schließlich in der deutschen Lyrik nahezu einmalig.
Oft ist es ja so, dass er äußere Anlässe beschreibt, aber auf eine Weise, die sie so aufhellt, dass sie in diesem Licht eine typische Wirklichkeit zeigen; ich denke da an den Monolog in der Badewanne, hier ein Auszug:

Da liegt man nun, so nackt wie man nur kann,
hat Seife in den Augen, welche stört,
und merkt, aufs Haar genau: Man ist ein Mann,
Mit allem, was dazu gehört.

Es scheint, die jungen Mädchen haben recht,
wenn sie - bevor sie die Gewohnheit packt -
der Meinung sind, das männliche Geschlecht
sei kaum im Hemd erträglich. Und gar nackt!

. . .
Da liegt man ohne Portemonnaie und Hemd
und hat am ganzen Leibe keine Taschen.
Ganz ohne Anzug wird der Mensch sich fremd ...
da träumt man nun, anstatt den Hals zu waschen.

Der nackte Mensch kennt keine Klassenfrage.
Man könnte, falls man Tinte hätte, schreiben:
"Ich kündige. Auf meine alten Tage
will ich in meiner Badewanne bleiben."


. . .
In dieser Weise sind auch köstlichst Klassenzusammenkunft, Gedanken beim Überfahrenwerden und andere geschrieben.
Doch zurück zur Sachlichen Romanze; sie beginnt ja:

Als sie einander acht Jahre kannten
(Und man kann sagen: Sie kannten sich gut),
Kam ihre Liebe plötzlich abhanden.
Wie andern Leuten ein Stock oder Hut.

und die zweite Strophe lautet:

Sie waren traurig, betrugen sich heiter,
Versuchten Küsse, also ob nichts sei,
Und sahen sich an, und wussten nicht weiter.
Da weinte sie schließlich. Und er stand dabei.

Erich Kästner spricht von Liebe. Aber eines ist sicher: wirkliche Liebe war es nie.
Das, was zwei Menschen zusammenführt, ist oft eine gemeinsame Struktur, die sie sich - ihnen unbewusst - vorgenommen haben, zusammen zu überwinden, oder eine gemeinsame Vergangenheit in früheren Leben, die sie weiterführen und vielleicht zu einem guten Ende bringen wollen.
Aber nicht Liebe. Hormonelle Aufwallungen sind keine Liebe, auch wenn sie manche dafür halten oder halten wollen; vielleicht kann man sie als Annäherungsweisen bezeichnen.
Deshalb kommt es, dass sich zwei am Ende einer Liaison so fremd sind und innerlich den Kopf schütteln und womöglich sagen: Wie konnte ich nur ...
Nicht von ungefähr spricht die Bibel davon, dass das, was Gott zusammenfügt, der Mensch nicht scheiden solle.
Doch solche womöglich jahrelang dauernden Zusammenkünfte wie in Kästners Sachlicher Romanze hat Gott nicht zusammengefügt. Was Gott zusammenfügt, das ist, wie ich es nenne, die erste Ehe, es ist die eigentliche Ehe, ist das, was wir Seelenpartnerschaft nennen.
Freilich können zwei Menschen nicht Seelenpartner sein und dennoch in Liebe eine Ehe führen. Im Himmel gibt es keine Ehen, heißt es in der Bibel. Wo Liebe ist, ist Ehe zwischen Mann und Frau. So ist es auch im Hohelied Salomos. Beide, Sulamith und Salomo, sind dort "nur" ein Paar. Dennoch steht ihre Liebe im Zentrum der Bibel.
Auch von daher - so möchte ich formulieren - ist eine wirkliche Ehe immer ein Zusammensein in Liebe und umgekehrt: ein Zusammensein in Liebe ist eine Ehe. Zoff und Auseinandersetzung eingeschlossen. Wir leben schließlich auf der Erde.
Das, was die Kirche als Sakrament bezeichnet, ist in Wahrheit ein inneres Gut. Ein inneres Heiligtum, eben ein Sacra-ment.
Davon, von einer Ehe in dieser Liebe, sind die beiden in Kästners Gedicht allerdings weit entfernt. Gut, wenn es an den Tag kommt, an den Tag kommen darf. Dann verliert sich eine Ehe wie ein Stock oder Hut. Und wenn sie sich so verliert, das heißt, wenn nicht prozessiert oder schmutzige Wäsche gewaschen wird, dann ist es gut. Nie finden zwei grundlos zusammen.
Solange es keine Kinder gibt, ist solch ein Ende für mich nicht tragisch; in gewisser Weise ist es sinnvoll, macht Sinn. Eine solche Beziehung kann beide Partner ihrer inneren Wahrheit ein Stück näher bringen. Denn jeder Mensch möchte erfahren, was Liebe ist.
Deshalb ist die Tatsache, dass die katholische Kirche eine Scheidung in gewisser Weise sanktioniert, Un-Sinn. Nur eine Scheidung zweier Menschen, die Gott wirklich zusammengeführt hat: Das wäre ein Verstoß gegen das Sakrament der Ehe. Das aber, so hoffe und glaube ich, kommt so häufig nicht vor, denn das wäre nun wirklich tragisch.


Der Vollständigkeit halber noch die beiden Schlussstrophen Kästners:

Vom Fenster aus konnte man Schiffen winken.
Er sagte, es wäre schon Viertel nach vier
Und Zeit, irgendwo Kaffee zu trinken.
Nebenan übte ein Mensch Klavier.

Sie gingn ins kleinste Café am Ort
Und rührten in ihren Tassen.
Am Abend saßen sie immer noch dort.
Sie saßen allein und sie sprachen kein Wort
Und konnten es einfach nicht fassen.
Über Erich Kästner als Frauenversteher: hier

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