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Montag, 6. Januar 2014

Träume, unsere Himmelsleiter zwischen Unbewusstem und Bewusstsein, oben und unten, Himmel und Erde.

Gestern morgen, auf der Autobahn Richtung Würzburg unterwegs, hörte ich "zufällig" Bayern 1 als die Evangelische Morgenfeier kam, mit dem Titel, der mich sofort faszinierte:

Träume - die zweite Sprache Gottes.

Seit ich vor vielen Jahren ein Traumtagebuch geführt habe und unglaubliche Erfahrungen in Sachen Träumen machte - z.B. nahm ich mit der Zeit wahr, dass ich manchmal mehrere Träume zeitgleich träumte, oder dass ich etwas träumte, was Jahre später genau so eintrat, dass ich in einem Traum wie in der Hölle war, in einem anderen im Himmel, davon an anderer Stelle und später mehr - bin ich von Träumen wirklich fasziniert.
Und den Titel der Sendung fand ich einfach genial.

Weniger genial finde ich, dass Pfarrer Andreas Ebert seine Sendung auf einem angeblichen Goethe-Zitat, nämlich dass Träume Schäume seien, aufbaut. Ich habe es nicht als Goethe-Zitat gefunden und kann es mir auch nicht vorstellen, dass es der weise Alte aus Weimar gesagt oder geschrieben haben soll. Das war gewiss nicht seine Auffassung von Träumen.
Vielleicht verwechselt Herr Ebert es mit einer Stelle aus dem Heinrich von Ofterdingen von Novalis, jenes Büchlein, in dessen Mittelpunkt die blaue Blume steht. Dort sagt nämlich der Vater zu Heinrich, dem jugendlichen Protagonisten der Handlung, als dieser mal wieder geträumt hat, dass Träume Schäume seien, wobei wohl fast jeder weiß, dass Novalis gewusst hat, dass er hier den Vater nur ein Sprichwort wiedergeben lässt, denn Novalis selbst, wie im Grunde allen Romantikern, war kaum etwas heiliger als Träume.
In der ansonsten, wie ich finde, guten und inspirierenden Morgenfeier finden wir natürlich Hinweise zu den Josephsträumen, als also jener die schwangere Maria verlassen will, was im Übrigen echt lieb von ihm war, weil er nicht sie der öffentlichen Schande preisgegeben sehen wollte - schließlich konnte sie ja nur von einem Fremden schwanger sein, sondern ihr zuliebe selbst gehen wollte, dann aber ein Engel erscheint, der ihn darauf hinweist, dass Maria vom Heiligen Geist schwanger ist - was auch immer das bedeuten und wie es sich vollzogen haben mag; oder als Joseph die Information im Traum erhält, dass er nach Ägypten fliehen müsse, um Maria und seine Kind zu retten.
Bewundernswert, welchen Stellenwert für Joseph Träume gehabt haben müssen, dass er ihnen solch ein Vertrauen entgegenbringt.


Träume retten Leben

Träume, so sagte Andreas Ebert, seien in der Weihnachtsgeschichte Gottes Mittel und Weg, Leben zu retten. Echt schön gesagt.

Einer meiner absoluten Lieblingsträume ist der Jakobs, als er auf der Flucht vor seinem Bruder Esau erschöpft einschläft, im Traum eine Himmelsleiter sieht, auf der Engel auf und niedersteigen, am oberen Ende er aber Gott wahrnehmen darf, worauf er diese Stätte Beth-El nennt, und vom Haus Gottes spricht und dieses zugleich Pforte des Himmels nennt.
So wichtig ist mir dieser Traum, weil ich mich damals im Zusammenhang mit dem Heiligen Gral mit heiligen Steinen beschäftigt hatte; Jakob aber hatte, bevor er einschlief - seltsam, dass das die Bibel erwähnt, wo es doch scheinbar eine Nebensächlichkeit ist -, einen Stein des Ortes genommen, den er zu seinen Häupten legte.
Dieser Traum Jakobs, so sagte Andreas Ebert, ist gleichsam ein Traum übers Träumen:

Unsere Träume verbinden wie die Himmelsleiter oben und unten, Himmel und Erde. Sie überraschen uns. Sie rütteln uns auf, wenn wir dabei sind, ins Verderben zu laufen. Mit anderen Worten: Auch wenn wir uns innerlich verirren, Gott kennt noch einen Weg zu uns, zu unserer Seele. Jakob muss fliehen, weil er seinen Bruder betrogen hat. Da begegnet ihm im Traum Gott als einer, der ihn dennoch segnet und der ihm verspricht, ihn auch in die Fremde zu begleiten.

Und auch die folgende Passage fand ich klasse:

Auch scheinbar banale Träume sind sinnvoll. Sie helfen uns, die unverdauten Reste des Tagesgeschehens 
zu verarbeiten. Nachts, wenn wir träumen, geschieht in unserer Seele ein Heilungs- und Klärungsprozess, selbst wenn wir uns an den konkreten Traum nicht erinnern können.
Solche Träume könnte man mit einem Photonegativ vergleichen. All das, was tagsüber hell und klar ist und im Vordergrund steht, dunkelt sich ab und tritt in den Hintergrund. Alles, was wir übersehen oder verdrängen, all das, was tagsüber sozusagen im Schatten steht, wird beleuchtet. Das trägt dazu bei, dass unser Inneres heiler und geeinter werden kann und wir uns keine Illusionen machen über uns selbst.


Zum Abschluss zitierte der Pfarrer noch den Wüstenmönnch Evagrius aus dem 4. Jahrhundert nach Christus, der ein großer Seelenkenner gewesen sein muss:

Ob unsere Leidenschaften, unser Zorn, unser Neid, unsere Furcht, unser Stolz, unsere Trägheit wirklich geheilt sind, das zeigen uns unsere Träume. So lange uns beim Träumen all diese Begierden überfallen, ist unsere Heilung und Versöhnung noch nicht in der Tiefe abgeschlossen - und wir können Gott bitten, uns noch tiefer zu befreien und zu reinigen.

Diese Sendung animiert mich, in der Folge ab und an etwas aus meinem Traumtagebuch zu erzählen, von Träumen, in denen ich einem Tiger begegnete, in Stuttgart von einem Polizisten erschossen wurde oder Schüler schlug. Davon allerdings habe ich an anderer Stelle schon erzählt und wer mag, mag schon mal lesen: Wenn ein Lehrer Kinder schlägt - innere Kinder in unseren Träumen.

Es ist nicht so schlimm, wie es klingt :-))

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