Seiten

Montag, 21. Januar 2008

Rohr frei für die Scham !

Hallo Etienne, ich finde Deine Montage unten echt genial! Ich kann mir vorstellen, Nico und Du, ihr hattet einen Riesenspaß ...
Erst habe ich gedacht, dass hätte irgendjemand zufällig irgendwo gefunden und eben an die Wand von 118 gepinnt - hätt´ mich eigentlich stutzig machen können, dass es genau zum Unterricht passt .... gg ... Bis ich nachgefragt habe und hörte, dass Du das "verbrochen" hast - köstlich, ich könnt´ mich nach wie vor kringeln ... find es nur gut ...


Der Panzerfahrer Ingo Appelt (siehe Bild), selbsternanntes enfant terrible unter den Comedians, ist ein Paradebeispiel für eine Schampersönlichkeit, die dies dadurch kaschiert, dass sie sich besonders schamlos geriert, wobei Appelt sich in letzter Zeit mit krass-obszönen und vulgären Ausdrücken im Fernsehen mehr und mehr zurückgehalten hat. Das mag damit zusammenhängen, dass er in einer Talkrunde von einem älteren Teilnehmer gefragt worden war, ob er sich nicht mal überlegt habe, was seine Kinder über ihn denken, wenn sie ihren Vater auf diesem Fäkalniveau erleben. Seitdem hat er sich auf öffentliche Beiträge zur Intimrasur und Ähnliches verlagert, wobei er nicht zurückschreckt, im Hinblick auf Türken und Kurden peinlich diskriminierende Anspielungen zu machen.



Wenn man Ingo Appelt in einem eher persönlich geführten TV- Gespräch erlebt, bemerkt man, wie voller Selbstwertproblemen er ist, wie er in Wahrheit Probleme mit sich als Mann hat, der sich Frauen grundsätzlich unterlegen fühlt, und dass man ihn für jemand halten kann, der all das, mit was er nicht klar kommt, auf andere projiziert - und das scheint eine ganze Menge zu sein ...

Schampersönlichkeiten kommen aus Familien, in denen in sehr hohem Ausmaß Gefühle an Scham gebunden werden. In dem Moment also, wo ein Gefühl aktiviert wird, wird sofort auch Schamgefühl aktiviert; beispielsweise schämt man sich, zärtlich zu sein oder wütend, stolz oder ausgelassen.
In nicht wenigen Familien ist es z.B. Kindern untersagt, zornig zu sein. Zornig darf der Vater sein, die Mutter manchmal, wenn es sich nicht gegen den Vater richtet, die Kinder jedoch haben zorn-los zu sein, das ist ihr Los; im Zweifel haben sie den Mund zu halten bzw. lieb zu sein, andernfalls haben sie sich zu schämen. - Wobei man sich nicht vorstellen darf, dass heute noch des Öfteren gesagt wird: "Schäm Dich!"
Mittlerweile wissen viele Eltern, dass das nicht mehr ´in´ is
t. Eltern, die in ihrer Kindheit einer schamgeprägten Erziehung ausgesetzt waren, haben aber in der Regel ein reichhaltiges Reservoir, ihre Kinder in die Scham zu treiben, z.B. mit Hilfe entsprechender Blicke. Wenn solche Kinder in ihrem späteren Leben zornig werden wollen - und manchmal kann Zorn sehr wichtig und reinigend sein, davon abgesehen, dass man nicht zu Unrecht von einem heiligen Zorn spricht -, dann schämen sie sich; sie sind - wenn überhaupt - zornig mit ganz schlechtem Gewissen oder eben überhaupt nicht. Solche Menschen empfinden andere, die zornig sein können, deshalb gern als unkontrolliert und aggressiv.
Auch alles, was mit dem "Schambereich" zu tun hat, kann - nomen est omen - an Scham gekoppelt werden.
Ingo Appelt und andere gehen gegen diese Koppelung und die damit vorhandene Gefühlsblockade vor, nicht, indem sie die Hintergründe aufarbeiten und den "Schambereich" in ihr Leben integrieren, sondern indem sie sich in einen Panzer setzen und die ganze Scham niederwalzen, den gordischen Problemknoten "Scham" zerschlagen. Dieses Zerschlagen kann sich äußern in einem Verhalten, wie es Appelt zeigte und zeigt: indem man durch sein schamloses Verhalten und Reden andere zwingt, sich zu schämen. Innerlich triumphiert in Wirklichkeit die eigene Scham: Sieh an, köstlich, wie sich alle schämen.

Man selbst kann sich dann suggerieren, all dem überlegen zu sein. Die eigene Scham nimmt man nicht wahr; unser Comedian kennt ja auch nichts anderes als den Scham-Ingo.

Ein Parallelverhalten finden wir auch bei Harald Schmidt und anderen, die die eigene fehlende Selbstliebe kaschieren, indem sie über andere herziehen. Wenn jemand sich wirklich selbst liebt, respektiert er den anderen, welche Schwächen er auch zeigt. Er muss nicht ablästern. Er will damit auch kein Geld verdienen.
Schlimm ist es, wenn Scham an Freude gekoppelt ist. Dann ist Ausgelassensein streng untersagt, Freude und Ausgelassenheit werden dann z.B. als ein Zeichen für Oberflächlichkeit gewertet.
Freude aber ist auch Lebensfreude; deshalb kann die Koppelung von Scham an Freude nicht nur einfach diese Emotion lahmlegen, sondern viel mehr: eben Lebens(!)Freude.
Es wird kaum einen Menschen geben, bei dem nicht Gefühle an Scham gebunden sind.
Wenn diese Koppelung ausschlaggebendes Kennzeichen einer Persönlichkeit wird, sprechen wir von einer Schampersönlichkeit.
Manche machen aus dieser Tatsache nicht nur eine "Tugend", sondern auch ihren Beruf.
Ich vermute, dass mindestens 80 Prozent aller Beiträge von Stefan Raab auf dieser Tatsache basieren.
Die Frage ist, warum so viele ihn gut finden; unter Jugendlichen ist er - oder war lange Zeit zumindest - nahezu eine Kultfigur.

Ich selbst empfinde Harald Schmidt als seine intellektuelle Ausgabe und Ingo Appelt seinen vulgären Klon.
Harald Schmidt selbst ist ein Narziss par excellence. Im Grunde ein eitler Pfau, welcher die Fähigkeit besitzt, mit dieser Tatsache gekonnt zu kokettieren. So weiß man nie, ob er´s wirklich ist oder nur so tut oder womöglich für unsere gesellschaftliche Hygiene unverzichtbar ist - hm, hm, ... wir brauchen doch diesen Spiegel ... nicht wahr? ... Oder doch nicht ganz wahr ...

Mit ihm können wir zudem klasse unsere eigene narzisstische und selbstlieblose Seite ausleben. Und sie hat im Grunde jeder mehr oder weniger; deshalb findet auch fast jeder Harald Schmidt mehr oder weniger gut, ich nicht ausgenommen, allerdings: eher "weniger" als "mehr".

Nur verdienen wir nicht so viel Geld mit solchem Schmidteinander :-((.
Dazu möchte ich nur sagen: Gott sei Dank! :-))

Keine Kommentare: