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Samstag, 16. Februar 2008

G8 - eine Fehlentwicklung auf Kosten der Kinder

Wie konnte es zu der Schulzeitverkürzung hin zu einem achtjährigen Gymnasium kommen?

I
Da war zunächst einmal das Vorgehen einer Kultusministerin namens Schavan, die das achtjährige Gymnasium durch die Hintertüre einführte, ohne dass jemals in Baden Württemberg eine wirklich öffentliche Diskussion über die Schulzeitverkürzung geführt wurde.

Hallo Frau Schavan , Ihre vielen inneren Kinder, die wohl zum Teil nie eine wirkliche Kindheit hatten und die Sie dieses Los deshalb allen Kindern aufbürden ließen, lassen grüßen!
Sie hocken nun in Berlin, und mit dem Bären, den Sie den Baden-Württembergern aufgebunden haben, lassen Sie diese nun allein. --- Ich mag Ihr intellektuelles Gerede nicht mehr hören ...


II
Und da gibt es ein bestimmtes Verhältnis zur Zeit in unserer Gesellschaft, demzufolge es galt, Jugendliche schneller als bisher markttauglich, der Wirtschaft verfügbar zu machen, denn: unsere Jugendlichen waren zu alt, verglichen mit anderen Ländern, bevor sie der Marktwirtschaft und der Forschung zur Verfügung standen.
Übrigens: Michael Endes graue Herren lassen grüßen. Wer hätte gedacht, dass Literatur so intensiv die Wirklichkeit spiegeln kann.
Mit 65 sind nunmal die Menschen verbraucht, so der offensichtliche Konsens ... Je früher sie im Beruf tätig sind, desto länger sind sie brauchbar.
Man muss das Eisen schmieden, bevor es alt wird ...

Ein Jahr später als der internationale Schnitt: das geht nicht.
Also: schneller zum Abitur ... das geht schon ... (Es lebe die Zeitsparkasse!)
Darüber entschieden haben Männer und Frauen mit verkümmerten inneren Kindern.
Was ist schon Kindheit ...
Mit der gehen wir genauso um, wie mit der Natur ... letztere haben wir schon geschafft, da werden wir doch nicht an der Kindheit scheitern ...
Dieses ganze Natürliche wie Natur, Kindheit, überhaupt Leben ... das kriegen wir schon in den Griff ...

Heute sieht, wer hinschauen will, die fatalen Folgen der Schulzeitverkürzung für Kinder und Jugendliche.
Alle am Schulbetrieb Beteiligten sind in eine Art Stress gekommen, der nicht offen zutage tritt, aber klammheimlich die Schule durchzieht. Eigentlich sollte sie einmal menschlicher werden. Nun ist die Menschlichkeit der Zeit, dem Markt und unserer wirtschaftlichen Konkurrenzfähigkeit zum Opfer gefallen.
Weder Kindheit noch wirkliches Lebensglück haben eben eine Lobby in unserer Gesellschaft.

Die Lehrpläne können gar nicht so entrümpelt werden, dass bei unserem curricularen System ohne zusätzlichen Stress ein Jahr eingespart werden könnte. Dies ist vor allem auch deshalb unmöglich, weil im Laufe der letzten Jahre die Schule immer mehr Aufgaben übernehmen musste:
- Sie muss erzieherische Defizite in einer Gesellschaft auffangen, in der auch Erwachsene in der familiären Erziehung immer mehr ihr Ego auf Kosten ihrer Kinder leben, u.a., weil sie ihre Art von Lebensstandard halten wollen - je stärker das Ego wird, desto kälter wird das Herz (Kinder spüren das, Erwachsene oft nicht mehr);
- sie soll Kinder in die Lage versetzen, mit dem sich ständig verändernden Medienkonsum klarzukommen;
- sie muss die angemessene und gekonnte Verwendung des Computers vorbereiten, u.a. den Kindern lernen, mit Programmen zu arbeiten;
- mehr als früher wird das Gymnasium berufsorientiert ausgerichtet mit Folgen für die Lehrplangestaltung vor allem in Klasse 9 und 10 und
- sie soll einen Werteverfall kompensieren, der durch die zunehmende Säkularisierung der Gesellschaft, durch einen Verlust der ethisch-religiösen Kompetenz der Kirchen und zunehmende Gewalt in den Medien und öffentlichen Bereichen unübersehbar ist.

Zu all dem hat sie gerade im Rahmen von G 8 überhaupt keine Zeit mehr. Aber obiges und noch mehr muss in den Lehrplan hinein! Und das, wo dessen Inhalt ohnehin gekürzt werden muss. Also muss gedrückt und gestopft und gepresst und gestaucht werden. Dadurch geht noch mehr Sinn verloren; Kinder können im Grunde noch weniger verstehen, was sie alles so lernend futtern sollen. Je mehr gekürzt wird, desto mehr leidet das notwendige Hintergrundwissen darunter. Aber es gibt keinen Vordergrund ohne Hintergrund. Ohne die notwendige Basis steht alles Wissen sinnlos in einem sinnlosen Raum.
Die natürliche Reaktion bei vielen wie bei einer Überfütterung: nach der Klassenarbeit kommt alles wieder rückwärts raus. Drin bleibt wenig... fragen Sie mal Kinder nach einem Jahr, was sie noch über irgendwelche chemischen Formeln, über die Darmausgänge bei Würmern oder Taifune in Hinterindien wissen ...
Was eigentlich ein zentrales Ziel unseres Lebens sein sollte, nämlich in der Gegenwart zu leben, das vertreibt die Schule: anstatt Schulgegenwart zu gestalten, sind die meisten Jugendlichen froh über jede Form von schulfreier Zeit.
Was also fehlt der Schule, damit sie ein Ort der Begegnung mit sich selbst, mit dem Nächsten und mit bewusst gelebter Zeit wird?
Momentan ist es der Kultusbürokratie noch nicht gänzlich gelungen, die Schule zu entmenschlichen; aber sie arbeitet systematisch daran.
Dass dies nicht so schnell gelingt, liegt an dem starken Lebenswillen der Kinder und ihrem Wunsch, gesund zu bleiben ...

An das, was sich die Kultusbürokratie an Dilettantismus bei der Einführung des G8 geleistet hat, will ich hier keinen Platz verschwenden.

Die wirklich Leidtragenden dieser ganzen Entwicklung sind die Kinder ...

Es ist, als ob das, was sie in Wirklichkeit benötigen, am wenigsten eine Rolle spielt ...

Sie haben keine Lobby, also Menschen mit Herz, die wissen, was Kindsein bedeutet ...

Was tun?

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