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Dienstag, 29. Dezember 2009

Innere Kinder in der Politik: Wie alt war George Bush, als er eine ganze Nation nach Bagdad marschieren ließ?


Ich behaupte, er war 12 Jahre alt.
In Gestalt ihrer Soldaten marschierte unter Bushs Oberbefehl eine ganze Nation inclusive der 47 Staaten umfassenden Koalition der Willigen im Irak ein, in der Tat oder mittels unterstützender Gesinnung.

Vor 4 Tagen schrieb ich über Innere Kinder in Träumen. Und oft, wenn ich über diese Thematik nachdenke, kommt mir George W. Bush in den Sinn.
Mir soll es hier nicht um die fragwürdigen Umstände gehen, unter denen Bush junior Amerika in den Irak-Krieg führte - sein damaliger Außenminister Colin L. Powell hat es wohl bitter bereut, diesen gezielten Fehlinformationen auf den Leim gegangen zu sein;
auch nicht um seinen unwürdigen Boykott einer sinnvollen Umweltpolitik oder sein Verhältnis zur Todesstrafe sowohl als Gouverneur von Texas als auch als Präsident der USA. Ich will auch nicht jene Bilder aktualisieren, die seine Gesichtszüge thematisieren und eine gewisse Ähnlichkeit zu Affen herstellen.
Zu respektieren ist der Mensch.

Nur muss die Frage erlaubt sein, warum er Amerika in den Zweiten Irakkrieg - manche bezeichnen ihn auch als den Dritten Golfkrieg - führte. Jeder erinnert sich noch, dass die Amerikaner in Bagdad sofort das Ölministerium besetzten und die Anhänger Sadam Husseins in Ruhe noch in den anderen Ministerien Dokumente vernichten konnten, Gegner Sadams dagegen öffentliche Gebäude plünderten, ohne dass die Amerikaner etwas unternahmen. Ein Schelm, wer dabei nicht daran denkt (wenn er es weiß), dass Bush seine berufliche Tätigkeit auf dem Gebiet der Erdölförderung begann, wobei allerdings beide Firmen, die er gründete und besaß bzw. führte, pleite gingen.
Obwohl auch das - und hier gibt es noch andere anzuführen, ich denke nur an die Ache des Bösen, die es für ihn zu bekämpfen galt - eine fragwürdige Angelegenheit und Motivation gewesen sein könnte und für mich auch war -
mich interessiert ein menschlicher, sozusagen familiärer Aspekt:

Mir ist es einfach zu offensichtlich, dass er ein Bub war, wenn er Oberfeldmarschall spielte und eine ganze Nation dahin führte, wohin schon sein Vater im Rahmen des 1. Irakkrieges hätte eigentlich hinwollen sollen, dann aber doch den Schwanz eingekniffen hat: nach Bagdad, ins Herz des Irak.

Ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass diverse Psychologen und Journalisten diesen Zusammenhang nicht gesehen und artikuliert haben. Seltsam nur, dass nie etwas über den Großen Teich gelangt ist; vielleicht doch, jedenfalls habe ich nichts darüber gelesen.

Für mich ist offensichtlich, dass eine Haupttriebfeder in den Krieg zu ziehen das Ansinnen des Buben George war, dem Vater zu beweisen, dass er ein Mann sei.
Und dass er mehr zustande bringe als der Vater.
Eben, dass es ihm gelingt, was jener als Präsident im 1. Irakkrieg nicht geschafft hatte und auch nicht wollte: nach Bagdad zu gelangen.

Ich sehe einfach diesen Gesichtsausdruck George Bushs vor mir, wenn er bisweilen hinter den Mikrophonen stand und sich sein Gesicht zu einem herausfordernden, dreisten, verzerrt-schelmischen Lächeln verzog.
Das war kein Mann, der da stand, für mich war er es nicht. Da stand ein großer Bub.

Und immer, wenn er den großen Staatsmann spielte, dann war auch dahinter versteckt dieser große Bub, der es Papa und Mama beweisen wollte: Seht her, zu was ich es gebracht habe!

Solch ein Mann ist - zumindest gegenüber dem Vater - nie ein Mann.
Er macht aber seine Umgebung, wo immer es geht, zu Söhnen.
Nur spüren ihm nicht wenige an, dass in diesen Fällen nicht wirklich eine Persönlichkeit vor ihnen steht, sondern eben ein großer Junge.

Gut, dass den amerikanischen Präsidenten in der Regel eine Auswahl hochkarätiger Berater umgeben. Wohin hätte dieser Bub Amerika außer nach Kabul und Bagdad noch zu führen versucht?

Wir wissen aufgrund der trefflichen Ausführungen Stephen Wolinskys in "Die dunkle Seite des inneren Kindes", dass jemand, der aufgrund bestimmter seelischer Muster in einen anderen Bewusstseinszustand gerät, sich in einer Art Trance befindet: "Die Sicht der Welt des Kindes ist in der Zeit eingefroren, was dem Erwachsenen allerdings nicht bewusst ist (...). Der Erwachsene der Gegenwart ist vielmehr hypnotisiert von dem Schema des verwundeten inneren Kindes und reagiert automatisch. Das Leben wird nicht so erfahren, wie es im gegenwärtigen Augenblick ist, sondern so, wie es in der Vergangenheit war."
Ob wir es nun die Subpersönlichkeit des inneren Kindes nennen, das falsche Selbst des inneren Kindes oder wie auch immer: Wir sprechen "von einer Situation, die in der Zeit erstarrt ist wie in einem Kälteschock, (..) durch die das innere Kind Erfahrungen sieht und die Außenwelt interpretiert."
Handlungsaktiv also ist nicht der Erwachsene, sondern das Kind, das dem puritanisch reinen oder übermächtigen Vater und oft einer vergleichbaren Mutter etwas beweisen möchte. Das ist wie eine Sucht, die darauf basiert, dass das Kind nie bekam, was es gebraucht hätte: Anerkennung auch ohne Gegenleistung.
In diesem Moment der Erstarrung, der Trance, ist der Erwachsene nur in dieser Alterstufe ansprechbar. Wer ihn dann nicht ernst nimmt, riskiert, von ihm kaltgestellt zu werden, so wie das Kind sich kaltgestellt fühlte, wenn es nicht das oft in vorauseilendem Gehorsam tat, was der Vater wollte.
Dass die Alkoholprobleme des George W. Bush weder durch seinen strengen Entzug noch durch seine Konversion zu den Methodisten geheilt waren, müssen nicht wenige in den USA gewusst haben.
Diese ungelösten Probleme waren mit verantwortlich für jenes rigide, kalte, auf Verständnislosigkeit basierende Weltbild, das die Menschen in Gut und Böse unterteilt; sie haben zur Achse des Bösen geführt, zur Verunglimpfung von Menschen und zu einer rigiden Politik, wie sie auch Bushs Verteidigungsminister Rumsfield zelebrierte.
Es ist für mich das größte Verdienst Gerhard Schröders, dass er auf all das nicht hereinfiel und sich nicht in die Achse der "Guten", in die Koalition der Willigen einbinden ließ.

Auch wenn jene Zustände, von denen wir oben sprachen, nur zeitweilig die seelische Realität der Betroffenen regieren, bleibt doch die Frage offen:

Wie viele Minderjährige haben weltweit das Sagen?

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