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Mittwoch, 22. März 2017

Und im Innern weint ein Quell! – Schicksalhaft verloren durch die Liebe. Rainer Maria Rilkes Gedicht "Eros".


Selten hat mich eine Gedichtzeile sofort so angesprochen wie die letzte aus Rainer Maria Rilkes im Februar 1924 verfasstes Gedicht Eros, gestaltet in durchgehend reinen Kreuzreimen und fünfhebigem Trochäus, der keine Wahl lässt:


Masken! Masken! Dass man Eros blende.
Wer erträgt sein strahlendes Gesicht,
wenn er wie die Sommersonnenwende
frühlingliches Vorspiel unterbricht.

Wie es unversehens im Geplauder
anders wird und ernsthaft...Etwas schrie...
Und er wirft den namenlosen Schauder
wie ein Tempelinnres über sie.

Oh verloren, plötzlich, oh verloren!
Göttliche umarmen schnell.
Leben wand sich, Schicksal ward geboren.
Und im Innern weint ein Quell.


Es ist, als ob da einer stünde, der, selbst aus Erfahrung wissend, Zeuge wird, wie Eros wieder einmal zwei Liebenden zum Schicksal wird, die beide anonym bleiben, weil es nicht um eine konkrete Beziehung zweier Liebender geht, sondern um ein Geschehen, wie es immer und immer wieder zum Ereignis wird.

Wie dringlich! Fast wie ein Hilferuf: Masken! Masken!

Nicht einmal Zeit für einen Hauptsatz. Ein Nebensatz, nur die Absicht vermittelnd: Dass man Eros blende!

Zu spät! - Der Dichter weiß: Dieses strahlende Gesicht eines Gottes, sein Eingreifen, der Macht der Sommersonnenwende gleich, die ein magischer Moment im Jahresablauf ist, Menschen schon immer fasziniert hat und sie diesen Moment feiern, die Johannisfeuer lodern ließ, lässt Geplauder unversehens anders und ernsthaft werden.

Masken hätten vielleicht vor den Blicken von Eros schützen können. 

Nun schreit etwas von ferne. 
Ist es das Schicksal, just in diesem Moment geboren, wo Eros den namenlosen Schauder über die Liebenden wirft?

Vor dem Tempel, da ist frühlingliches Vorspiel. 

Doch wenn Eros wirkt, dann befindet man sich in einem Inneren, das einen Raum entfaltet, dem man nicht mehr entweicht.
Tempelinnres hat Unausweichliches.

Oh verloren - und noch einmal betont: oh verloren!

Was fehlt, ist das Objekt. Wen oder was hat man verloren?
Was grammatikalisch fehlt, fehlt auch existentiell.

Vielleicht aber fehlt gar nicht einmal etwas Bestimmtes, sondern der, der so dringlich nach Masken rief, empfindet den Zustand als ein einziges großes Verloren-Sein.

Die letzten beiden Verse: schon im Präteritum.

Erinnern wir uns an das Präsens des Beginns. Präsenter kann ein Augenblick kaum sein: ausgesetzt dem strahlenden Gesicht von Eros.

Plötzlich aber gilt: verloren.

War da ein Moment der Entscheidung?

Eher nicht, denn: Göttliche - Eros ist einer von ihnen - umarmen schnell!

Im Inneren: eine Quelle.

Auf einmal ist sie da, ganz am Schluss und doch so im Zentrum.

Mit einem schlichten Und angeschlossen. 

Zugleich ist diese letzte Zeile als einziger Vers vierhebig. 
Fast wie ein Ausrufezeichen.
 

Weil ihr Sein, das Sein der Quelle, so wichtig ist?
Weil sie das Wesen der Liebe ist?

Vielleicht sind ihre Tränen heilsam.


Freitag, 17. März 2017

Je animalischer, desto seelischer! - Wozu Tiere und Tierbücher herhalten müssen.

Den Menschen als Krone der Schöpfung bezeichnet zu haben, beinhaltete keine arrogante Abgrenzung gegenüber der umfassenden Natur, sondern wollte eine ständige Erinnerung an Anspruch, Weg und Ziel sein. Es gibt ein exoterisches und ein esoterisches Christentum. Nicht Ersteres, die Amtskirche also, sondern Letzteres, die Frömmigkeit der einfachen Menschen, war das Bindeglied unserer Gesellschaft. Dass dieses sich auflöst, läutet, das spüren momentan viele, ihr Ende ein.

Klar, dass die angesprochene Frömmigkeit dem Bewusstsein der Menschen entsprach und immer wieder hinterfragbar war. Doch für eine miteinander kommunizierende, aufwärtsstrebende Gesellschaft war sie unverzichtbar.
 
Mehr und mehr Mitbürger nehmen Abstand von ihr, wenn sie überhaupt noch wissen, was gemeint ist, profitieren aber gleichzeitig noch von ihr. Wenn sie einmal fehlen wird, werden diejenigen, die sie passiv oder aktiv ablehnten, die sein, die am lautesten greinen.

wer weiterlesen möchte: hier 

Sonntag, 12. März 2017

Lieber Tier statt Krone der Schöpfung?

Bücher über Tiere haben Hochkonjunktur: Richard David Precht lässt sie denken, Peter Wohlleben befasst sich mit ihrem Seelenleben und für Baumgartner/Dahlke sind sie ein Spiegel unserer Seele. – Je komplexer die Welt, desto mehr wächst das Bedürfnis nach Einfachheit und schlichtem Abdrücken der elementaren Bedürfnisse. Vorgaben und Schablonen sind erwünscht. Tiere überlegen auch nicht lange.
Der Mensch als Krone der Schöpfung: ein endlich überwundenes Hirngespinst der Kabbala?

Doch so einfach ist es nicht. Es könnte sein, dass sich hinter dem Trend Überraschendes, aber gewiss nichts überraschend Gutes verbirgt.

Dem ein oder anderen mag bekannt sein, dass die Krone, von der gerade die Rede war, nicht irgendeine Königskrone ist oder die eines Faschingsprinzen, sondern Kether, jene Krone, die Ziel menschlichen Strebens und höchste Vollendung zum Ausdruck bringt und uns ein ewig wertvolles Geschenk der jüdischen Mystik ist als Krönung des Baumes der Sephirot.


Wer weiterlesen möchte: hier 
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Dienstag, 7. März 2017

DAFÜR IST DEUTSCHLAND GUT GENUG!

Eine streng geheim operierende CIA-Einheit, so ist auf tagesschau.de zu lesen entwickelt in Frankfurt am Main maßgefertigte Computerviren. Das zeigen Dokumente, die die Plattform WikiLeaks veröffentlicht hat. Die Unterlagen deuten darauf hin, dass Frankfurt Ausgangspunkt ist für Hackerangriffe in Europa, China und dem Nahen Osten.

mehr auf Tagesschau.de

https://www.tagesschau.de/ausland/wikileaks-113.html

Wenn wir nur eine politische Führung hätten mit dem Mut, sich solche Sachen zu verbieten.

Ich als Bürger dieses Landes jedenfalls möchte nicht, dass von hier aus Viren in alle Welt gehen!

Sonntag, 5. März 2017

Der zunehmende Verlust tiefer Religiosität und ihr meist bestens getarnter Zusammenhang mit dem Mangel, dankbar zu sein.

Als tiefe Religiosität bezeichne ich eine Sehnsucht der Seele und ihr Streben, das darum weiß, dass der Mensch, um es mit der jüdischen Kabbala auszudrücken, nach Kether, nach der Krone strebt, aber noch mehr oder weniger weit davon entfernt ist. 
Nachdem das Konzil zu Konstantinopel 553 unter Kaiser Justinian I. diejenigen, die weiterhin - so der Wortlaut - an eine fabelhafte Präexistenz der Seele glaubten (und damit meist auch an Reinkarnation), verflucht hatte, blieb es vor allem dem Buddhismus vorbehalten, diesen Gedanken weltweit wachzuhalten, der allerdings auch im mitteleuropäischen Raum nie wirklich ausgerottet werden konnte; Rosenkreuzer, Freimaurer, Goethe, Christian Morgenstern, Wilhelm Busch  und viele andere blieben diesem Denken verpflichtet.

Reinkarnation legt nahe, dass der Weg der Seele - im Sinne Buddhas - über tausende von Inkarnationen geht, entwickelt sich doch die menschliche Seele durch viele Weltzeitalter; Ziel ist es, selbst zum Buddha zu werden - keineswegs ist also das Rad der Wiedergeburten ein endloser Kreislauf. 

Es ist ein weiterer von der Kirche verbreiteter fataler Irrglaube, dass die sieben Schöpfungstage sich auf den Anfang menschlichen Seins beziehen. Vielmehr ist es so, dass der Mensch in seiner Entwicklung erst am siebten Schöpfungstag vollendet ist, dass aber die gesamte Entwicklung unter göttlicher Hut geschieht ("und Gott sah, dass es gut war"), wenn es auch der Mensch weidlich ausnutzt, dass er immer  zu freien Entscheidungen in der Lage ist. 
Unter anderem auch Hildegard von Bingen verweist darauf, dass der Mensch inmitten des Schöpfungsprozesses sich befindet.

Es soll hier nicht um die Rolle des Bösen gehen, das bekanntlich auch sein Gutes hat, was aber - in den letzten Monaten mehr denn je, wenn man den IS sieht oder was sich in den USA abspielt, wo Verlogenheit fröhliche Urstände feiert - momentan schwerfällt  zu glauben. Eines der eindrücklichsten Beispiele für die Rolle des Bösen im Entwicklungsprozess hat Goethe mit seinem Faust niedergeschrieben.

Es geht mir hier um eine bestimmte Strategie des Bösen.

Eine ist bekanntlich die, der auch Faust anheimfällt, sich für Gott zu halten. Das endet im Faust I mit vier Toten (der zum Tode verurteilten Margarethe, ihrem von ihr getöteten Kind, ihrem von Faust und Mephisto getöteten Bruder und ihrer "aus Versehen" vergifteten Mutter). Ich würde nicht viel darauf geben, wenn Menschen behaupten, sie wollten sich nicht für Gott halten. Oft geben sich solche Menschen atheistisch, um es unverhohlener tun zu können (wenn es keinen Gott gibt, kann man sich angeblich nicht für ihn halten).

Eine Strategie, um die es mir hier geht, ist, sich unwissend zu stellen, wenn es gälte, dankbar zu sein.

Dankbarkeit aber ist Voraussetzung für eine ehrliche Religiosität.

Anlässlich einer Konstitutionsbehandlung erzählte mir meine Bad Kissinger Homöopathin von einer Frau, die sich auch in einer Konstitutionsbehandlung befand und in ihrem Leben eine neue Aktivität begonnen hatte. Den Zusammenhang mit ihrer Behandlung und der Einnahme des Konstitutionsmittels aber wollte sie nicht sehen.

Ich ging nachmittags spazieren, und da fiel es mir - wie so oft mitten im Wald - wie Schuppen von den Augen: 
Das war keine Unfähigkeit zu erkennen, dass eine neue Aktivität, also Neuland zu betreten, und die Konstitutionsbehandlung nicht zufällig zusammenfielen. 
Das war eine womöglich bewusste Strategie der Seele, nicht dankbar sein zu müssen. 
Man wäre es ja nicht selbst gewesen, der auf das Neue gekommen wäre. Es wäre ja auf das homöopathische Mittel zurückzuführen gewesen, zumindest hätte es damit zusammengehangen.

Zusammenhänge nicht zu erkennen kann wirklich auch auf eine Unfähigkeit des Bewusstseins  zurückzuführen sein, ganz einfach dann, wenn die Seele noch nicht in der Lage ist zu erkennen, wie bei aller Individualität alles mit allem zusammenhängt.
Oft aber, so wurde mir schlagartig bewusst, liegt es einfach an der Weigerung, etwas Höheres anzuerkennen. Es liegt also an der Bereitschaft, sich dankbar einem Höheren zuwenden zu müssen.
Wie unbedarft kann man dann tun.
Ach, meinen Sie, das glaube ich eigentlich nicht, ich hätte das ohnehin gemacht ...

Durch meine christliche Erziehung ist mir heute bewusst, wie leicht es vielen Christen fällt, Großer Gott wir loben Dich zu singen, aber wie schwer es ist, ihn im Kleinen erkennen zu wollen, z.B. in einem Globuli.  
Großes lässt sich leicht herausposaunen, ist unverbindlich; als Einzelner kann man sich leicht verstecken.
Kleines aber verweist auf die persönliche Beteiligung. Da auf einmal werden viele dann seltsam stumm.

Das betrifft aber nicht nur das Göttliche:
Faust fällt es sogar schwer, das Böse als eine überlegene Macht anzuerkennen; die Folge aber davon ist, dass er Mephisto, der viel gerissener als er ist - wie das Böse leider sehr oft viel bewusster und gerissener ist als wir -, im Grunde fast hilflos ausgeliefert ist.

Wie viel schwerer aber fällt es uns Menschen, etwas, das wir Gott nennen oder Geist oder Christus als ein weltenschaffendes Bewusstsein anzuerkennen. 
Wir sperren es lieber aus. Dann brauchen wir schon nicht dankbar zu sein.
Diese Dankbarkeit fängt bei ganz kleinen Dingen an. Mir hat das auch ihre Offenheit dafür, Wunder in Ihrem Leben zu sehen, eine liebe frühere Kollegin gezeigt. Ihr kleines Buch über Wunder enthält oft ganz schlichte Wunder-Geschichten.

Der eigene Stolz, den wir doch gaaar nicht haben, muss Platz lassen für Dankbarkeit. Aber Ersterer ist eine ganz zähe Masse, die es doch ohnehin bei uns kaum gibt . . . Gott sei Dank, wie viele Christen dann noch zu sagen pflegen . . . Wenn sie nur sehen würden, wie breit Mephistopheles dann grinst.

Freitag, 3. März 2017

Alltag in Sachsen und warum deutsche Frauen in Deutschland gefährlich leben!

Eine liebe Bekannte von mir, die ich über ihr lyrisches Engament kennengelernt habe, hat auf Facebook ein Erlebnis veröffentlich, das mich schockiert hat, auch, weil es mich an ein ähnliches erinnert hat, das ich selbst erlebt habe.

Hier der Bericht darüber, wie es einer Deutschen in Deutschland geht, die das Pech hat, lange schwarze Haare und einen etwas dunkleren Teint zu haben:

Alltag in Sachsen - einer, an den ich mich nie gewöhne und vom HEUTE, nachdem ich mich beruhigt habe.
Heute in Radeburg:
Gerade unterhielt ich mich noch mit einer Freundin über diverse, gesellschaftlich-politische Zustände in Sachsen.
Sie umarmte mich zum Abschied und sagte:
"Ärgere dich nicht so!"
Recht hatte sie. Beschwingt verließ ich ihren Laden und schlenderte wieder Richtung Markt.
Der Tag war einfach zu schön. Erste Frühlingsgefühle durften sich einstellen. Die freundliche Frau in der Post und ich machten wie stets unsere Scherze. Es war ein Tag zum Glücklichsein!

Ich stieg in mein Auto, ließ die Scheiben herunter. Ein tolles Gefühl!
Neben mir hielt ein Fiat. Ein junger Mann stieg aus und das Outfit sowie die "Frisur" verrieten mir sogleich, in welchen "Strömungen" er zu finden war. Auf dem Beifahrersitz saß eine blonde Frau. Doch ich überlegte noch, ob ich alles eingekauft und erledigt hatte. Immerhin wohne ich auf einem Dorf, in welchem es kein einziges Geschäft gibt.

Der Mann sah zu mir, beugte sich zu seiner Beifahrerin herunter und sagte deutlich vernehmbar, mit Blick in meine Richtung: "Jetzt fahren diese Ausländerschlampen schon unsere Autos."
Mit aggressivem Blick begutachtete er mich. Die Freundin sah angewidert zu mir herüber und lachte abfällig.

Er ging um mein Auto herum, sah mein Kennzeichen, stellte sich dicht an dieses und spuckte lautstark und demonstrativ vor sich hin.
Dann lief er weiter und drehte sich immer wieder mit seinem aggressiven Gesichtsausdruck zu mir um.
Angst hatte ich keine. Außerdem sah ich, dass mein "Lieblingsdönermann" am Markt schon aufmerksam zu mir sah.
Doch nachdenklich wurde ich, wieder einmal mehr.
Ich sah zu, das Auto anzulassen - übrigens ein Toyota - nix mit Deutsch und "unseres".
In der Tat: Es war ein schöner Frühlingstag.
Da können schon von so manchem Nazi die Negativemotionen Purzelbäume schlagen!

Ihren Schluss-Satz finde ich gut, weil er zeigt, dass sie es mit Humor nimmt, obwohl ich sicher bin, dass es ihr nicht danach ist.

Mein eigenes Erlebnis fand ca. ein halbes Jahr nach Maueröffnung statt. Damals war ich mit meiner früheren Frau, deren syrische Eltern ihr unschwer anzusehen sind, auf Urlaubs-Tour in Thüringen und Sachsen. In einer Kleinstadt saßen wir in einem Café, als ich vom Nebentisch einen jungen Typ zu seiner Begleiterin im Hinblick auf meine frühere Frau sagen hörte: Normal setz ich mich nicht neben sowas!

Gut, dass ich mit solch einer Aussage nicht gerechnet hatte und total perplex war. Normalerweise nehme ich so einen Satz nicht kommentarlos hin. Ich vermute aber, dass wäre mir/uns schlecht bekommen, denn er war bestimmt nicht der Einzige in diesem Café, dessen Gesinnung solchen Sprüchen entsprach. Und wie wir ja noch recht gut in Erinnerung haben, sind die Berichte, wie phlegmatisch die Polizei nach der Maueröffnung auf rechtsradikale Gewalt reagierte. Hoffentlich ist das heute überall wirklich anders.
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