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Donnerstag, 2. April 2020

„(…) die Zahl ist gerade ein Mittel, die Menschen zu täuschen.“ - Über die Bedeutung von Zahlen und Statistiken in Corona-Zeiten aus geistiger Sicht

Ich bin zwar kein Anthroposoph, aber ich studiere immer wieder Steinersches Schrifttum - und dann mit Intensität, denn nebenbei kann man seine Veröffentlichungen nicht lesen - und bewege mich in zwei anthroposophischen Gruppen (aus zwei anderen bin ich schon geflüchtet), die eine, offen und in liberalem Geist geführt, die zweite dergestalt, dass andere als die doch konservativ-restriktiven Corona-Meinungen des weiblichen Admin und der Moderatoren nicht erwünscht sind - was sich in entsprechenden Hinweisen und Ermahnungen äußert mit der Begründung, dass in diesen Zeiten diese Krise nicht verharmlost werden dürfe (was mich doch die ein oder andere recht heftige Auseinandersetzung führen ließ, schon allein, weil, alternative Verhaltens- und Sichtweisen aufzuzeigen nichts mit Verharmlosung zu tun hat). Auffallend aber war, wie man gerade dort auf Zahlen und Fakten abfuhr und meines Erachtens das, um was es Steiner ganz besonders geht, nämlich, dass hinter allem Geschehen auf der physisch-materiellen Ebene ein geistiges Geschehen steht, unberücksichtigt ließ.
Das hat mich veranlasst nachzuforschen, was Steiner selbst von Zahlen und Fakten hält, und so ist der folgende Beitrag, den ich in beiden Gruppen veröffentlichte, entstanden.
 
Vieleicht sollte ich noch für Nichtanthroposophen anmerken, dass Steiner nicht generalisierend von einem Teufel spricht, sondern unterscheidet zwischen Luzifer und Ahriman: Ersterer, auch Diabolo genannt, kommt der biblischen Schlange gleich und dem Ibils des Koran; er bringt, so sein Name, das Licht, aber es ist ein kaltes Licht, er verführt die Menschen zu einer Geistigkeit, die an sich selbst erfriert (Faust: "Bin ich ein Gott? Mir wird so licht!"); Ahriman dagegen ist der Satan, der Jesus auf dem Berg verführen will und die Menschen zu rein materialischer Sicht- und Lebensweise verleitet (der Faust der Walpurgisnacht, der sich, wenn er zweifelt, als Wurm empfindet). - Der Mephistopheles des Faust vereinigt nach Steiner beide Wesenheiten in sich.

Und nun der Beitrag:

Es hat mich nicht überrascht, dass auch Anthroposophen sich an Zahlen und diversen Statistiken über Infizierte, Erkrankte und Tote orientiert haben. Warum nicht, es wäre falsch, sie nicht zur Kenntnis zu nehmen. Das Interesse an geistigen Erklärungen schließt das Interesse an Zahlen und Statistiken nicht aus. Steiner selbst äußerte sich dahingehend, dass es „richtig (sei), daß die Statistik sehr viel helfen kann.“, mit einer kleinen, allerdings entscheidenden Einschränkung:
„Aber die statistische Methode wird heute äußerlich angewendet.“ (GA341, S.21f)
Und an anderer Stelle äußert er - und wichtig ist das eben nun einmal, weil wir ständig statistische Zusammenstellungen über die Zahl der Infektionen, der Erkrankten, der Verstorbenen und der Gesundeten hören:
„Statistik und dergleichen, das hat keinen Wert, wenn man das Innere berücksichtigen will. Statistik hat im äußeren Leben ihren großen Wert, aber auch da beschränkt sie sich auf das Äußere und ergreift gar nicht dasjenige, was Lebensprinzip ist (…) Alles das, was Statistik, Wahrscheinlichkeitsrechnungen für das äußere Leben an gutem Wert besitzen, das hört auf, eine Bedeutung zu haben, wenn der Überzeugungswert für das Geistige beginnt.“ (GA182, S.72f)
Fehlt also eine innere Ebene der Betrachtung - man könnte auch sagen, eine geistige -, dann ist eine äußere Betrachtungsweise Ahriman pur - O-Ton Steiner in der GA 191:
„ Mit der Statistik und mit den Zahlen hat Ahriman ein ganz besonders leichtes Spiel (…).“
Und:
„(..) mit Zahlen läßt sich alles beweisen und alles glauben. Denn die Zahl ist nicht ein Mittel, etwas zu beweisen, sondern die Zahl ist gerade ein Mittel, die Menschen zu täuschen. Sobald man nicht von den Zahlen auf das Qualitative sieht, über die Zahl hinwegsieht und auf das Qualitative sieht, kann man durch die Zahl am meisten getäuscht werden.“ (GA133, S.190)

Mit Worten läßt sich trefflich streiten,
mit Worten ein System bereiten,
an Worte läßt sich trefflich glauben,
von einem Wort läßt sich kein Iota rauben.

Des Mephistopheles Aussage gilt eben auch für Zahlen, denn nicht nur aus Buchstaben, auch aus Zahlen kann der Geist gefallen sein.
Vereinzelt gab es Beiträge, die eine geistige Sicht auf das Geschehen angemahnt haben - zu wenig, wie ich fand, und wir sollten, finde ich, daraus für die Zukunft lernen. Zu oft und zu sehr war das Bockshorn aus Zahlen und Statistiken Endstation der Überlegungen und es fehlten mir Gespräche u.a. darüber, welche Erklärungen es geben könne für bestimmte Phänomene wie z.B. die unterschiedlichen Todesfall-Quotienten in den Ländern Europas und weltweit.
Italienische, spanische und auch US-amerikanische Verhältnisse haben verschiedentlich dafür herhalten müssen, entsprechende Maßnahmen in Deutschland anzumahnen, ohne dass berücksichtigt wurde und wird, dass einzelne Völker unterschiedliche seelische Entwicklungen aufweisen - Steiner hat z.B. auf die italienische Nation als Träger der Empfindungsseele verwiesen und für die deutsche als Träger der Bewusstseinsseele. Natürlich lässt sich das nicht für alle Menschen eines Volkes generalisieren, aber es ist sicherlich einsichtig, dass seelische Entwicklungsstufen auf einen ahrimanischen Angriff auf der körperlichen Ebene unterschiedlich reagieren.
Und wessen wir uns auch bewusst sein dürfen, ist, dass jeder Volksgeist - in der Regel ein Erzengel - doch wohl weiß, durch welche Prüfungen er sein Volk schickt (was nicht ausschließt, dass auf Deutschland Schlimmeres zukommt, es aber andererseits vielleicht auch verschont bleibt von Verhältnissen, wie es sie in manchem anderen Land gibt). Ja, es ist zudem in jedem Land so, dass Regionen ganz unterschiedlich betroffen sind - in Deutschland trifft das z.B. auf Nordrhein-Westfalen zu -, und es ist gewiss so, dass jeder Landschaftsengel weiß, warum seine Region auf eine bestimmte Weise durch diese Menschheitsprüfung geführt wird. - Kein Haar fällt von unserem Kopf, weiß der Evangelist Lukas, ohne dass Gott es nicht weiß.
Wir wissen von Ratschlüssen auf diesen geistigen Ebenen nichts, umso verwunderlicher war für mich die Gewissheit mancher, so sicher zu wissen, was zu tun sei.
Wenn wir uns zu den Corona-Ereignissen äußern, wissen wir, dass das, was geschieht, zurückgeht auf einen gewaltigen Kampf hinter den Kulissen unseres Bewusstseins. Und es mag wichtig sein, dass wir nicht noch mit Worten Energien freisetzen und vergeuden, um die mancher Volksgeist froh wäre, wenn sie ihm zur Verfügung stünden.
„Spiritus, ubi vult, spirat” - der Geist weht, wo er will, und es ist wohl gut, wenn wir nicht auch noch ihm ins Kunstwerk pfuschen. -
Der Geist weht, wo er will: Das gilt übrigens auch für gefallene Geister und das Schachspiel mahnt uns, auf der geistigen Ebene zu sehen, dass, wenn Schwarz am Zug ist, Schwarz am Zug ist!
Das klingt nur auf den ersten Blick banal. Im Rahmen des Weltgeschehens steckt dahinter eine große Dramatik.
In solch einer Phase tut Gelassenheit und Duldsamkeit Not, nicht Vernichtung positiver Energie, wie sie zuhauf meines Erachtens bedauerlicherweise auch in anthroposophischen Foren stattfand - ich hätte mir an der ein oder anderen Stelle erheblich mehr Toleranz gewünscht und, was Steiner anmahnt, sich in ihn hineinversetzend, mehr den Anderen als sich zu denken.
Manche Erklärungen, die Virologen und Statistiker hevorzaubern, mögen plausibel sein, aber aus geisteswissenschaftlicher Sicht muss eigentlich klar sein, dass Abläufe und Ereignisse ganz andere Ursachen haben. Wir wissen doch, dass kein Astronom glaubt oder sich dessen bewusst ist, dass es geistige Wesen sind, die die Planeten bewegen und dass bis in die atlantische Zeit hinein die meisten von uns von dorther kamen. Vergleichbares git doch auch für die medizinische und virologische Ebene.
Vielleicht mag es uns in Zukunft besser gelingen, mit dem einen Auge die äußere Ebene zu sehen und mit dem anderen die geistige. Ein Auge abzukleben, wenn sich keine Deckungsgleichheit ergibt, kann nicht der Weg sein - erst recht nicht, dies prophylaktisch zu tun. - Wir sind gehalten, nie aufzuhören, das Sehen zu üben, zu lernen.
Letztendlich wissen wir auch nicht, um einen letzten unberücksichtigten Aspekt anzusprechen, wie jene ichlosen Wesen, die Steiner in der GA 346 anspricht und welche in der Apokalypse im Rahmen der 5. Posaune immerhin als Heuschreckenplage bezeichnet werden, auf diese ahrimanische Attacke reagieren. Die genannte Bezeichnung sprach der Seher ja nicht menschenverachtend aus, sondern wollte mit ihr darauf verweisen, dass der Körper dieser Wesen, denen wir womöglich täglich begegnen und mit denen wir immer wieder auch zu tun haben, als ätherische Wesen auf der astralen Ebene so aussehen. Gerade im Falle dieser Pandemie ist diese Bezeichnung womöglich auch deshalb aufschlussreich, weil sie darauf verweisen könnte, in welch großer Zahl sie, die Steiner als eine Art ´überzähliger Menschen´ bezeichnet, die nicht im vollen Sinne des Wortes Menschen sind, auf der Erde vorhanden sind, ein Umstand, den es gerade im Rahmen der Krankheitsverläufe und Sterbefälle zu berücksichtigen gilt, auch und gerade im Hinblick auf die Häufung von Todesfällen in bestimmten Gegenden. Wir können nur ahnen, dass diese Wesen, denen wir ja genauso unser Mitgefühl entgegenbringen dürfen, womöglich schutzloser der ahrimanischen Attacke ausgeliefert sind als Menschen, die vielfach reinkarnieren. Möglich, dass viele von ihnen im Rahmen dieser Pandemie die Erde verlassen.
Gleichzeitig gilt es auch zu berücksichtigen - und diese Steiner-Aussage kann uns durchaus Hoffnung geben:
„Sie würden staunen, welch großen Prozentsatz Sie erleben würden als direkten Einfluß aus der geistigen Welt. Viel mehr, als die Leute heute zugeben, stehen sie nämlich unter dem Einfluß der geistigen Welt. Und gerade bedeutsame Geschehnisse, die durch Menschen vollzogen werden, geschehen unter dem Einfluß der geistigen Welt.“ (GA 177, S. 167)

Ich plädiere für ein aktives „Wachet und betet“ und dafür, sich - in Übereinstimmung mit einem verantwortlichen Verhalten, das auf bestmögliche Weise sich selbst und den Nächsten schützt - auf das zu besinnen, was Menschen tun können, die wissen, dass das Dhammapada so Recht hat, wenn es dort zu Beginn heißt: „Alle Dinge entstehen im Geist, / Sind unseres mächtigen Geistes Schöpfung.“
Reinhold Schneider wusste in den Terzetten seines berühmten Sonetts im Jahre 1933, was es heißt, wenn Schwarz zieht:

Jetzt ist die Zeit, da sich das Heil verbirgt,
Und Menschenhochmut auf dem Markte feiert,
Indes im Dom die Beter sich verhüllen,

Bis Gott aus unsern Opfern Segen wirkt
Und in den Tiefen, die kein Aug’ entschleiert,
Die trockenen Brunnen sich mit Leben füllen.

Uns steht der Blick auf Weiß immer zur Verfügung. Und es ist gewiss ein gutes Unterfangen, wenn wir im Sinne des Dhammapada in unseren Gebeten unsere Erde in weißes Licht einhüllen, damit, wenn Weiß zieht, es eine mächtige Wirkung hat.

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