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Sonntag, 21. September 2008

Komasaufen und Sexualisierung als Ersatz und Folge fehlender Initiation

Was man bei Jugendlichen feststellt, ist eigentlich ein Problem der Elterngeneration:
Die Haltlosigkeit der Erwachsenen bedingt die Desorientierung der Jugendlichen.
Vielleicht ist Mit-Leid das falsche Wort, aber mein Mitgefühl haben die Heranwachsenden. Was ihnen fehlt und was bedauerlicherweise ein Mangel ist, von dem sie gar nichts wissen, ist das Fehlen einer inneren und äußeren Initiation.
Wann, wie, wodurch wird heute ein Junge zum Mann?
Wann, wie, wodurch wird heute ein Mädchen zur Frau?
Bis vor ein, zwei Jahrzehnten konnten Konfirmation und Kommunion wenigstens als eine Art Ersatzhandlung gelten, doch diese fiel zunehmend auch weg, weil Erwachsene nicht wirklich mehr ein Ritual zelebrieren bzw. wirklich bewusst Feste feiern könnnen und weil die Kirche diese Art Prüfung zu einer Showveranstaltung degenerieren ließ aus Angst, dass ihnen noch die letzten Jugendlichen weglaufen; darüber können auch die Weltjugendtage nicht hinwegtäuschen, die aus anderen Gründen stark frequentiert sind.

Was verstehe ich unter einer Initiation?
Lateinisch initiare bedeutet: in etwas hineingehen. initium ist der Anfang. Dieser Anfang ist verbunden mit einem Erlebnis, sei es ein Ritterschlag, Kommunion, Konfirmation, in der alten DDR die Jugendweihe, die Aufnahme in einen Orden, in den Rat der Männer oder Ähnliches.
In früheren Kulturen wurden die heranwachsenden jungen Männer bewusst aus den Familien herausgenommen und unterwiesen, hatten Prüfungen zu bestehen und Ähnliches. Mircea Eliade, C.G. Jung und andere haben sich ausführlich mit den Formen und der Bedeutung der Initiation befasst. Die Mütter taten besorgt, in Wirklichkeit waren sie stolz auf ihr männliches Kind. Den jungen Mädchen fehlte diese Initiation keinesfalls, die älteren Frauen nahmen sie in ihre Obhut.
Man darf sich fragen, ob solche offiziellen Handlungen und Ereignisse notwendig waren.
Ich möchte sagen: Ja, sie waren für die innere Ebene der Seele ausgesprochen hilfreich; denn der Schritt zum Mann oder zur Frau ist kein äußerer. Die äußere Handlung ist eine Art Initialzündung für die innere.
Genau das, was wir heute erleben, sollte nicht sein:
Wir sehen heute Kinder, die einander auf dem Schoß sitzen und anfangen, Mann und Frau zu spielen; jeder aber sieht, dass sie im Grunde wenig miteinander anfangen. Sie tun es, weil es in den Soaps die Kids (eine schreckliche Bezeichnung) auch so machen; also probiert man es auch mal. Es ist in und irgendwann ist man so weit, dass man miteinander was anfängt. Ein schrecklicher Beginn für etwas, was heilig sein sollte: Der Umgang mit dem anderen Geschlecht und der Zusammenklang von körperlicher und seelischer Liebe.
Die Initiation ist eigentlich ein über viele Monate verlaufender Prozess, zugleich aber auch eine feierliche bewusste Handlung, mit der auf der äußeren Ebene der inneren seelischen signalisiert wird: Es geschieht etwas ganz Besonderes; bald bist Du ein Mann, bald bist Du eine Frau. Beides, der Prozess und die weihevolle Handlung, sind sinnvoll, ja notwendig.
Ein wesentliches Merkmal dieser Handlung war, dass auch von der Erwachsenenseite her die Weise des Umgangs sich änderte. Der Initiierte war nun einer der ihren.
Die vielleicht bekannteste Initiation ist Siegfrieds Kampf mit dem Drachen. Dazu ein andermal mehr.

Die vielleicht bekannteste Ersatzhandlung für Initiation ist das Komasaufen junger Männer, das oft in 8. Klassen, also im Alter von 14, 15 Jahren, zum Teil auch erheblich früher zu erleben ist; manchmal nehmen auch Mädchen teil, die Zahl wird eher zunehmen.
Angehende junge Männer saufen sich bis zum Geht-nicht-mehr die Hucke voll und kommen sich dabei stark und erwachsen vor. Für sie steht es jedenfalls dafür.
Erwachsene schütteln fassungslos den Kopf. Dabei sind sie es, die versagen, und eigentlich wissen sie es auch, auch wenn sie so tun, als wüssten sie es nicht. Ziehen sie sich doch vor der Verantwortung zurück, junge Frauen und Männer in die Männlichkeit und Weiblichkeit zu führen.
Wie das geht?
Es scheint so, als ob wahre Männlichkeit und wahre Weiblichkeit sich zu schwarzen Löchern entwickeln.
Ein Grund dafür ist das vorschnelle, dümmliche Geschimpfe auf das Patriarchat und die daraus resultierende Dysbalance zwischen Patriarchat und Matriarchat. Nun haben wir den Salat und beides ist krank ...

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