Dass sich dieses Denken mehr und mehr durchsetzt, hängt natürlich auch mit der Entwicklung des menschlischen Bewusstseins zusammen. Und manchmal bedarf es der Materie, um ein Verständnis für geistige Prozesse zu bekommen:
Für manche war und ist unvorstellbar, dass im menschlichen Körper über Botenstoffe jede Zelle informiert ist, was ingesamt geschieht. Die Annahme, eine Verletzung des Fußes lasse eine Zelle im Auge unberührt, gehört der Vergangenheit an. So wie der Körper ein Netzwerk unbewusster und bewusster Vorgänge ist, so ist und gilt dies auch für den - wie es Rilke nennen würde - den Weltinnenraum des Lebens, das Universum: alles ist auf eines hin gewendet, auf den Geist, auf dem alles basiert. Das bedeutet ja auch Uni-versum: in eins gewendet oder, wenn man will, aus einem heraus geschaffen.
Von daher gewinnt der morgige zweite November, eine neue Bedeutung, denn:
das Universum ist ein Aller-Seelen-Raum.
Im Grunde ist es die Botschaft aller Religionen, dass alle Dinge im Geist und aus diesem heraus geschehen.Wer diesen Zusammenhang leugnet, bleibt zwangsläufig in Abhängigkeit von den Kräften, die den Menschen in seine niedere Natur zwingen wollen.
Ich möchte das am Symbol der Schlange verdeutlichen: Sie kann ein Symbol höchster Weisheit sein, sie kann uns aber auch, wie es in der Bibel heißt, in die Ferse stechen.
Aus dem Kundalini-Yoga wissen wir, dass es im Menschen eine Schlangenkraft gibt, deren Sitz und Ausgangspunkt in der Region des untersten Wirbels ist. Entwickelt der Mensch sein Bewusstsein und steigt dies und damit die Schlangenkraft durch die 33 Wirbel auf bis zum höchsten Punkt, dann findet Erleuchtung statt. Bis dahin ist es ein langer Weg und wird dieser Weg künstlich forciert, z.B. durch Drogen, werden also seelische Ebenen geöffnet, denen der Mensch nicht gewachsen ist, dann kann die Seele höchsten Schaden nehmen. Das ist auch ein Grund, warum Drogenabhängigen so schwer zu helfen ist; oft haben sie durch ihren Drogenkonsum Türen zu Ebenen geöffnet, deren Kräften ihre Seelen nicht gewachsen sind und mit denen auch viele sie psychisch Betreuenden nicht umzugehen wissen.
Jene Geschichte in der Bibel - von der wir in 4. Mose 21 lesen, sei sie real geschehen oder nur auf einer symbolischen Ebene zu betrachten - spricht diesen Punkt an: das Volk Israel, aus der ägyptischen Gefangenschaft geführt, nörgelt und zweifelt an seinem Schicksal herum, denn es befindet sich in der Wüste.
Was geschieht: die Israeliten werden von feurigen Schlangen heimgesucht. Diese feurigen Schlangen, die die Menschen beißen und sterben lassen, sind genau diese Kräfte, die unter den Menschen wüten, die sich falsch orientieren, die mit ihrem Schicksal hadern, an dem Sinn ihres Lebens zweifeln, im Grunde lieber in Gefangenschaft - und damit auch in der Gefangenschaft eines falschen, aufgezwungenen Bewussteins bleiben -, als den Weg ins gelobte Land wagen.
Die Lösung in der Bibel: Mose muss auf Geheiß Gottes eine eherne Schlange gestalten, die für jene Kraft steht, die als aufsteigende Schlangenkraft den Menschen zum höchsten Punkt der Erkenntnis, zu Gott führen will.
Sie allein kann dem Menschen den Weg weisen. – Das mag mancher orthodoxe Theologe oder Christ nicht wahrhaben wollen, dass im Alten Testament so deutlich von der Kundalini die Rede ist ...
Jene Israeliten, die in der Folge gebissen wurden und diese eherne Schlange ansahen, mussten nicht sterben.
Kann man das glauben?
Ja, man kann, aber man muss es nicht. Viele ziehen die Sicherheit des Todes dem Wagnis des Glauben vor.
Zurück zu dem Aller-Seelen-Raum unseres Lebens, in dem wir sterben müssen und in dem doch die Verstorbenen auch mit uns in Kontakt sind - und das kann auf negative oder auch auf positive Weise der Fall sein: Um in diesem Aller-Seelen-Raum nicht die Orientierung zu verlieren, um die wertvollen Kräfte dieses Weltinnenraums anzuziehen und die gefahrvollen, ja todbringenden zu überwinden, müssen wir auf die eherne Schlange schauen, an den Geist glauben, einen Geist, den wir nicht beweisen können, nicht beweisen müssen, nicht beweisen dürfen: Er ist und bleibt eine Sache des Glaubens.
Und wenn wir glauben, dann wissen wir im Grunde, was dieser Aller-Seelen-Raum auch ist ... in den Worten Hugo von Hofmannsthals:
Was ist die Welt? Ein ewiges Gedicht,
Daraus der Geist der Gottheit strahlt und glüht,
Daraus der Wein der Weisheit schäumt und sprüht,
Daraus der Laut der Liebe zu uns spricht
Und jedes Menschen wechselndes Gemüt,
Ein Strahl ists, der aus dieser Sonne bricht,
Ein Vers, der sich an tausend andre flicht,
Der unbemerkt verhallt, verlischt, verblüht.
Und doch auch eine Welt für sich allein,
Voll süß-geheimer, nie vernommner Töne,
Begabt mit eigner, unentweihter Schöne,
Und keines Andern Nachhall, Widerschein.
Und wenn du gar zu lesen drin verstündest,
Ein Buch, das du im Leben nicht ergründest.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen