Seiten

Sonntag, 12. August 2018

... als ob auch eine Straße eine Seele hätte ...

Eine Straße hat mehr Ähnlichkeit mit einem Menschen, als man glauben möchte. Wie die meisten von uns hat sie eine Schokoladenseite, die sie gern vorzeigt. Noch nicht einmal fertiggestellt - erst der erste Teilabschnitt der Erhardstraße ist freigegeben - rollt über sie schon ein Festzug hinweg (eigentlich - finde ich - hätten die Bauarbeiter mit einem Festwagen den Zug eröffnen müssen), wie kürzlich anlässlich des Ragoczky-Festes in Bad Kissingen. Das erste Bild zeigt gleich den Fürsten, ein ursprünglich durchaus rebellischer Ungar, der allerdings nie in Bad Kissingen weilte, aber doch zum Namenspatron einer Quelle wurde:


Manchem SchwerVerletzten geht´s in so einem Festzug trotz allem ganz gut:


Und manche Dame kann sich zwischen Pandur und Ragoczky kaum entscheiden:


Es war am letzten Juli-Wochenende brütend heiß, und wenn der Zug zum Stehen kam, wurde von den Seiten eifrig Wasser gereicht oder mitgeführtes getrunken, da durfte so ein Spielzug schon mal die Formation verlieren:


 bzw. der ein oder andere musste die Pause nutzen, um ein hitzegeschwächtes Tenorhorn wiederzubeleben:


zur Not unter fachkundiger Beratung


(Für Mitglieder der Kissinger FB-Gruppe: am Schluss hab ich noch ein paar Bilder vom Umzug eingestellt. Wer im Übrigen in diesem Beitrag betroffen, aber nicht gezeigt werden möchte: bitte einfach kurz informieren: j-k[@]freenet.de )

Für all das, für all dieses Treiben auf ihr, hat eine Straße viel Verständnis, und sie hält ganz still, vor allem, was selten vorkommt, wenn sie mit solcher Art von Blech wie oben in Kontakt kommt, kommen darf.

Aber es ist, wie bei einem Menschen: Unter der Haut , unterm Asphalt (nicht jede Haut sieht glücklicherweise wie Asphalt aus), mehr oder weniger tief im Inneren, verbergen sich ganz ungeahnte Dinge und manchmal trifft zu, was Schiller schon in seinem Taucher geschrieben hat: Da drunten aber ist´s fürchterlich ...

So war es ja auch bezüglich der Erhardstraße: Der alte Bergab-Abwasserkanal war mehrfach eingebrochen - manche Delle in der Fahrbahn deutete einen inneren Zusammenbruch an - und mit einem Durchmesser von um die 20 Zentimeter für heutige Verhältnisse unvorstellbar klein (nun umfasst der Innen-Durchmesser 140 Zentimeter) und die alten Leitungen, die rechts und links aus den Häusern kamen, die Wasser- und Telekom-Leitungen, die von Kabel Deutschland, Gas und Strom waren zum Teil dringend erneuerungsbedürftig.
Kaum vortstellbar, was sich so alles im Erdboden verbirgt - der ein oder andere wird sich an einen Post erinnern, in dem ich einige Bilder gezeigt habe - zur Erinnerung zwei:


bis zu sieben Meter geht es da runter:


Wie so oft gibt es überraschende Zusammenhänge zwischen äußerem Geschehen und Entwicklungen im Inneren des Menschen. Der ein oder andere mag wissen, dass es noch gar nicht so lange Kanalisationen gibt. Gewiss gab es schon vor 5000 Jahren - also ca. 3000 v. Chr. bei den Sumerern - Entwässerungskanäle und auch in Rom gab es bereits zu vorchristlichen Zeiten einige, die berühmteste ist die Cloaca Maxima. In neuerer Zeit war wohl Wien um 1740 die erste vollständig kanalisierte Stadt; in der Mitte des 19. Jahrhunderts zog London nach und ab 1856 Hamburg und auch Berlin; die anderen Großstädte folgten peu à peu.

Da mag nicht uninteressant sein, dass es noch nicht so furchbar lange her ist - Sigmund Freud (1856-1939) lässt grüßen -, dass der moderne Mensch sich dessen bewusst wurde, dass es tief in seiner Seele ein Unbewusstes gibt, um das zu kümmern manches Mal durchaus heilsam sein kann, wenn da allerdings sich auch manches verbirgt, was besser nicht ans Licht der Öffentlichkeit kommen sollte, was schließlich auch für manches aus der Kanalisation gilt. Übrigens kannte man durchaus auch in vorchristlicher Zeit das Unbewusste, wenn es auch Platon anders benannte und Mythen ihre Helden in die Unterwelt absteigen bzw. Theseus ins berühmte kretische Labyrinth eindringen ließen, um dem Minotaurus den Garaus zu machen. Dem Otto Normalverbraucher - auch der damaligen Zeit - war kaum bekannt, dass das alles die Tiefen seines Inneren betraf.

Nur ist es eben kein Zufall, dass der Mensch den Kosmos Milliarden von Jahre zurück erforscht, die Tiefen des Meeres und zugleich die der eigenen Seele, die - in Erinnerung hat es zuletzt vor allem der IS mit seinen sadistischen Grausamkeiten gerufen - Untiefen aufweist, die niemand für möglich hält. Aber Schiller hatte schon recht: In die menschliche Seele geht es bergetief hinab und diese Tiefe, möchte man glauben, mag bei manchen Menschen kein Halten kennen (wir denken auch an Kreaturen, die auf eigene Landsleute Nagelbomben werfen lassen, sie vergiften und anderes mehr).

Jedenfalls hat auch solch eine Straße viele Ebenen, die man nicht für möglich hält, und es ist gut, dass sich eine Stadtverwaltung um diese Ebenen kümmert (leider wird ja den Bürgern unserer Republik mehr und mehr bewusst, dass die Infrastruktur Deutschlands schon eine ganze Weile und in zunehmendem Maße verlottert, ohne dass die verantwortlich Regierenden wirklich etwas tun).

In meinem letzten Beitrag habe ich bereits darauf hingewiesen, welchen Respekt ich vor denen habe, deren Arbeit ich über Monate vor meinem Fenster beobachten konnte, im Winter, wenn es bitter kalt war, oder, wenn die Sonne knallte. Die Männer - übrigens könnten durchaus auch Frauen Bagger bedienen - stehen stellvertretend für die Kräfte - in den Märchen sind es Zwerge wie die bekannten sieben - die auch in uns Arbeit zu leisten haben, damit das Innere des Menschen nicht verkommt. Leider gibt es für mich eine eindeutige Tendenz, dass unsere Gesellschaft zunehmend auf den schönen Schein abfährt und auch moralisch mehr und mehr verkommt.

Stellvertretend für die Kräfte, die auch in uns ihre Arbeit tun sollten, im Folgenden noch ein paar Bilder, die zeigen, dass innere und äußere Arbeit kein Honigschlecken ist. Am meisten Respekt hatte ich vor den Männern, die Begrenzungssteine des Bürgersteigs setzten (die meisten von uns würden solch einen Stein nicht einmal anheben können, von denen sie viele Dutzend an einem Tag einsetzen):
 

Auch die Steine des Straßenrandes - alle einzeln gesetzt -, die wir kaum beachten, sind eine Arbeit, die kaum überbezahlt werden kann (ich wünschte, die Herren von Toll Collect, die Hunderte Millionen verschleuderten, würden mal ein Jahr diese Arbeit machen - übrigens habe ich null Verständnis dafür, dass unser Bundesverkehrtminister namens Scheuer sie und ihr Geldverschleudern auch noch in Schutz nimmt):


Wir gehen über Bürgersteige, wie selbstverständlich, aber sie wollen geteert und sauber bearbeitet sein:


Und man sieht den Bildern nicht an, welche Hitze schon im Mai herrschte und das Arbeiten mit dem dampfenden Asphalt für die zukünftige Fahrbahndecke zu einer Herausforderung macht:









Auf was aber noch einmal hingewiesen sein will, ist, dass jedes Haus seine eigenen Anschlüsse hat, die neu gerichtet und gesichert sein müssen - Haus für Haus. Dafür müssen die Leitungen in der Straße neu verlegt sein:


Wir dürfen durchaus dankbarer dafür sein, dass wir Tag für Tag den Wasserhahn aufdrehen, das Licht anknipsen oder den Gasherd anmachen können. Hinter all dem steckt ein immenser Aufwand. Und es kommt hinzu, dass die Arbeiter immer dafür sorgten, dass die Anwohner möglichst gut mit ihren Autos in die unterirdische Garage oder auf ihren Hof kamen, soweit das möglich war.

Einen großen Unterschied aber gibt es nun einmal zwischen Straße und Mensch: Eine Straße zu bauen oder zu sanieren können wir Menschen in Auftrag geben. Den Menschen aber kann niemand in Auftrag geben. Ihn sozusagen zu bauen, ist uns Menschen unmöglich; wir würden nicht einmal die einzelnen Systeme, ob Nerven- oder Hormonsystem, Blutzirkulation oder den Muskelapparat hinbekommen, schon gar nicht so genial. Wir haben leider verlernt, diese Schöpfung zu würdigen. Wobei hier nur das Äußere, Sichtbare angesprochen ist; die Seele in ihren Abstufungen, Tiefen und Höhen, in ihren unterschiedlichen Ausprägungen von Mensch zu Mensch wird uns sicherlich noch lange weitgehend verschlossen bleiben. Solange, bis der Mensch wieder ernst zu nehmen beginnt, dass hinter allem materiellen Geschehen sich ein geistiges verbirgt.

Im Folgenden nun noch einige Bilder vom Festzug, die ich Anfang der kommenden Woche noch um einige ergänze.

Noch einmal möchte ich darauf verweisen, dass, wer nicht gezeigt sein will, mich bitte informiert: j-g[@]freenet.de

Und nun noch viel Spaß beim Betrachten:





























Keine Kommentare: