Wenn Papa mit der Märklin-Eisenbahn spielt, glänzen seine Augen. Und der Sohn muss dann die Eisenbahn auf einmal nicht alleine auf aufbauen, auch wenn der Vater bei den Hausaufgaben noch sagte: "Stell Dich nicht so doof an, das musst Du schon selbst rausbekommen!"
Beim Aufbau der Eisenbahn wird der Sohn zur Randfigur und das innere Kind des Vaters übernimmt die Regie. Und will das Kind Sohn stören, dann gibt´s im übertragenen Sinn eins auf die Finger, wie in den besten Revierkämpfen im Sandkasten des Spielplatzes.
Oder wenn die Kinder Fußball spielen und der Vater sich auf einmal den Ball schnappt und übergewichtig herumtrickst ... da zeigt sich der Bub, das Kind im Mann, bevor es gleich wieder in Deckung geht, obwohl es den Papa die ganze Zeit in den Beinen juckt mitzuspielen.
Dieses innere Kind - im Grunde ist es ja nur eine Facette, haben wir doch viele innere Kinder in uns - ist ja nicht wirklich frei und lebt nicht wirklich.
Wie sehr sich diese inneren Kinder danach sehnen gelebt zu werden, habe ich auf Theaterfortbildungen des Oberschulamtes erlebt. Wenn Erwachsene, Lehrer, anfangen zu improvisieren, zu spielen, dann blühen sie unglaublich auf, und manche Schüler würden staunen über manche Lehrerin und manchen Lehrer, wie der sich verwandeln und originell und kreativ sein kann. Jemanden, den sie sonst nur als trockenen Lehrer kennen.
Im Alltag aber sind diese Kinder wieder weggesteckt, versteckt.
Dahinter kann unter anderem die Angst stecken, mit etwas umzugehen, was man nicht mehr unter Kontrolle haben könnte, was dann immer wieder sich meldet oder mit dem dann wirkliche Kinder auch spielen wollen.
Der Erwachsene, der in Einheit mit seinem inneren Kind lebt, hat keine Angst davor, dass dieses innere Kind, wenn es sich zeigt, ein angsteinflößendes Eigenleben führen könnte.
Was der Erwachsene aber nicht weiß, und was unser Verständnis der Wirklichkeit 2011 in der Gesellschaft noch nicht wahrgenommen hat:
Wirklich erwachsen ist nur jemand, der im Einklang mit seinem inneren Kind lebt, der es hört, wenn es etwas möchte, der ihm auch notwendige Grenzen zeigt, wenn es sich auf ungute Weise ausleben will, der Verständnis für es hat und es versteht und mit ihm Vereinbarungen trifft; beide aber leben.
Innere Kinder bedeuten ja weit mehr als Spielfreude. Innere Kinder sind unsere Intuition, unser Glaube an das Leben.
Oder hat jemand ein achtjähriges Kind schon nach dem Sinn des Lebens fragen hören oder sagen:
"Jetzt bin ich acht Jahre alt und mein Leben plätschert dahin ..."
So denkt ein Kind nicht, weil sich das Denken (noch) nicht vom Fühlen abgespalten hat und von dem Wunsch nach Er-Leben und Er-Fahrung.
Natürlich gibt es auch das Kind in der Frau.
Aber seltsam, dass man im Volksmund vom Kind im Mann spricht, nicht aber vom Kind in der Frau ...
Auf meinem Blog zum Inneren Kind gebe ich die Kurzgeschichte Ilse Aichingers wieder, überschrieben Das Fensterheater.
Gut, es ist ein Alter, dessen inneres Kind sich hier zeigt, und alten Menschen fällt es leichter, dieses wieder zu zeigen. Aber selbstverständlich ist das auch nicht. Allemal aber ist diese Geschichte lesenswert; sie lässt uns spüren, wie sehr unser inneres Kind leben will, nicht das trotzige, jähzornige, das manchmal aus uns herausbrechen mag, oder das gelähmte, sich langweilende, um Leben röchelnde, sondern das Kind, dass das Leben liebt, weil es lebt.
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