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Sonntag, 17. April 2011

Darf ich Sie um die Hand Ihrer Tochter bitten? – Ein Brauch, wichtiger denn je!

Kürzlich im Radio ein kleines Feature zu dem Thema Heirat und Tradition gehört und zu der Tatsache, dass höchstens noch jede fünfte Frau - wenn ich mich recht entsinne - Wert darauf legt oder sich gar geehrt fühlt, wenn ihr Zukünftiger den Schwiegervater in spe um die Hand seiner Tochter bittet.
Ja, manche Frauen lehnen das kategorisch ab. Zu was hat man sich zu eigenem Selbstbewusstsein entwickelt, wenn da der Zukünftige etwas tut, was ohnehin keine Bedeutung hat ... Schließlich ist die eigene Entscheidung gefallen, und die ist entscheidend, nicht was der Herr Vater sagt ...
Nun, so einfach ist die Sache nicht ...
Sie ist nur scheinbar ohne Bedeutung.
Wir wissen, dass erst im 19. Jahrhundert sich so etwas wie eine Heirat aus Liebe entwickelt hat. Dass es in fernen Zeiten ganz anders war, darüber habe ich an anderer Stelle geschrieben.
Aber wenn wir in unsere Geschichte zurückblicken, dann wissen wir, dass es noch im Mittelalter die Muntehe gab; der Mann zahlte einen Muntschatz, damit seine Zukünftige ihre Sippe verließ und zu seiner Sippe wechselte. Dann gab es noch die Friedelehe und die Kebsehe, nachzulesen und kurz, aber kenntnisreich zusammengefasst von Angelique Schnabel. Jedenfalls, von Liebesheirat keine Spur!
Heirat hatte also sehr viel mit einem Vertrag zu tun und quasi einem Handschlag, der diesen besiegelte. Daher auch mag die Redewendung "Um die Hand anhalten" kommen. Die Verlobung wurde im Übrigen von der Kanzel bekannt gegeben und mittels einer großen Polterei, mit Hilfe deren Unheil und böse Geister möglichst für alle Zeiten von den zukünftigen Eheleuten ferngehalten werden sollten, eingeleitet, ein Brauch, den wir ja auch von Sylvester kennen.
Um die Ehe ist es still geworden. Zu viele werden geschieden und für manche traditionell denkenden Menschen hat die Möglichkeit, dass gleichgeschlechtliche Menschen sich heute ehelichen können, nicht zu deren Attraktivität beigetragen.
Dennoch ist sie nach wie vor für einige etwas Besonderes, ja, für manche nach wie vor ein Sakrament.
Doch zurück zu diesem Brauch, dass der zukünftige Ehemann den Vater der Braut um die Hand seiner Tochter bittet.
Ich glaube, es geht um viel mehr und ich bin der Auffassung, dass es sehr wichtig ist, dass der zukünftige Ehemann ganz bewusst dem Vater der Braut in die Augen schaut und ihn fragt, ob er die Hand seiner Tochter loslässt, zu treuen neuen Händen! - Falls es diesen Vater gibt und die Braut ihn öfter als einmal im Jahr sieht - leider sind ja viele Familien heute zerrüttet - ist dieses Ereignis so wichtig!
Es geht um Muttersöhnchen und Vatertöchterchen.
Manche werden das Märchen Eisenhans und das faszinierende Buch von Robert Bly Eisenhans. Ein Buch über Männer kennen.
Darin - und in dem Märchen - geht es um eine der gravierendsten Aufgaben im Leben eines Mannes: sich von der Mutter zu lösen. Denn mehr Mütter, als einem lieb sein kann, halten ihren Jungen fest, energetisch, nicht faktisch (heiraten darf er schon, wenn er nur in Wirklichkeit der Mutter treu bleibt). An anderer Stelle habe ich davon erzählt, wie sehr eine Frau um ihre Ehe kämpfte und um die Liebe ihres Mannes, wie sehr sie verzweifelte und dass es sie sogar in Selbstmordversuche trieb, worauf das ganze Dorf lästerte und sich auch ihre Kinder von ihr zurückzogen. Kaum aber war sie ausgezogen aus dem gemeinsamen Haus übernahm wer die Regentschaft dort? Seine Mutter!
Die Frau des Mannes hatte vermutlich nie eine Chance gegen Frau Mutter, sie hat deren Allmacht immer gespürt, deren Macht über ihren Mann, der nie IHR Mann war.
Dieser, ihr Mann, hatte leider nie den Schlüssel zum Käfig des Wilden Mannes unter dem Kopfkissen der Mutter entwendet, wie es das Eisenhans-Märchen beschreibt.
So bleibt dieser Mann ewig ein Muttersöhnchen.
Und es gibt mehr Muttersöhnchen als wir ahnen.
Genauso gibt es auch genug Vatertöchterchen.
Anhand eines Beispieles habe ich das deutlich gemacht.
Mehr Väter, als deren Frauen lieb sein kann, ziehen diesen die eigene Tochter vor; das muss nach außen nicht sichtbar sein; es kann in erster Linie ein energetischer Prozess sein; doch die Frauen dieser Männer altern schneller als ihnen lieb ist, denn die Liebe, die jung hält, bekommt die Tochter.
Es steckt mehr Elend hinter dieser Tatsache, als wir ahnen.
Verstehst Du nun, liebe Leserin, lieber Leser, warum ich der Ansicht bin, dass obiger Brauch so wichtig ist?!
Wenn der zukünftige Ehemann dem Vater der Tochter gegenübertritt, dann muss er ihm ganz bewusst in die Augen schauen, und er muss die Tochter aus der Hand des Vaters wollen und der Vater muss die Hand der Tochter loslassen. Denn diese Hand hält nun für alle Zeiten ein anderer in seiner Hand.
Der Vater ist der erste Mann im Leben jeder Frau. Von ihm lernt sie so viel und beobachtet ihn so genau, über viele Jahre; er prägt ihr Bild von einem Mann.
Nun aber tritt der Vater zurück; er hat zurückzutreten.
Deshalb ist dieser Brauch so wertvoll. Er besiegelt diese Tatsache. 
Damit es eine Tatsache ist!

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