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Samstag, 4. Februar 2023

Die Miteinander-Falle: "Wir" geht nicht ohne "Ich"!


Ich habe gezögert, obige Überschrift zu wählen, weil ein ehrliches Miteinander guttut. Aber es gibt eben auch hier eine Flucht ins Miteinander, ins Wir, und es gibt Voraussetzungen dafür, dass ein Miteinander gelingen kann.
Die zentrale Voraussetzung für mich ist, dass für ein Miteinander, das konstruktiv für uns und die Menschheit sein soll, Individuen zusammenfinden, die auf dem Weg, ein Individuum zu sein, weit fortgeschritten sind. 
Individuum zu sein, das heißt, seine Individualität entdeckt zu haben, hat natürlich etwas mit Egoismus zu tun. Man muss Egoist sein können, um ein Individuum zu sein.
Das ist ja eine große Traurigkeit, dass man Menschen beschimpft, wenn sie Egoisten sind. Man müsste Ihnen eigentlich gratulieren, denn sie sind dabei, s-ich zu finden.Es gibt keinen Weg der Selbstfindung ohne die Erfahrung, Egoist zu sein bzw. Egoist sein zu können.
Natürlich gibt es auf diesem Feld eine gewisse Perfektion und um auf dem Weg der Selbstfindung weiterzukommen, sollte man, wenn man ein (nahezu) perfekter Egoist sein kann, nicht unnötig lange in diesem seelischen Zustand verharren. Ein nächster Schritt, um über diesen Zustand hinauszukommen, ist, zu spüren, ja zu wissen, wann man egoistisch ist.
Egoist sein zu können, ist deshalb so wichtig, weil man dieses Ich kennen, mit ihm umgehen können muss, um es zu erweitern zu jenem Ich, das sich auch I-CH schreiben lässt.

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I-CH ist ja - und darin ist die deutsche Sprache einmalig auf der Welt - die erste Person des Personalpronomens und zugleich sind es die Initialen von J-esus Ch-ristus
[Auf der Tafel am oberen Ende des Kreuzes wurde der Grund für die Kreuzigung angegeben. Da stand bei Jesus, veranlasst von Pontius Pilatus "INRI" = Jesus Nazarenus Rex Judaeorum (Jesus aus Nazareth, König der Juden)].
Ich kann also Ego sein und zugleich I-CH (bzw. auf dem Weg zu Letzterem sein). Um das erkennen, um ein Gefühl dafür bekommen zu können, was Ich und I-CH ausmachen, ist die Erfahrung des Egoismus notwendig. Es ist keineswegs negativ, wenn jemand egoistisch ist, die Frage ist eher, ob er bereit ist, sich weiterzuentwickeln. Und da ist es schon auch wichtig, nicht unnötig lange auf der Weltbühne den Egoisten zu geben. Dass viele das zu lange tun: den Eindruck kann man leider schon gewinnen.

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I-CH hat im Übrigen für mich nichts zu tun mit dem, was man gemeinhin unter Religion versteht. Richtig verstandenes Christentum ist für mich ein Bewusstseinszustand, eine Bewusstseinsstufe, die sich weiter zur Vaterstufe entwickeln will und Fakt ist, dass eine der größten Religionen das Weibliche nicht als göttlich anerkennt, sonst müsste sie nicht für alle Jünger Petri das Weibliche vom Leib halten wollen. Damit halbiert sie ja systematisch auch Gott.
Und genauso bedauerlich ist, dass viele das Wort „Vater“ geschlechtsbezogen sehen und womöglich nicht wenige Frauen aufschreien.
Wie weiblich ist denn das Ewig-Weibliche?
In unserem, also ich meine, in dem üblichen Verständnis des Weiblichen ist es überhaupt nicht weiblich - aber das ist ein anderes Thema.
Man muss verstehen, dass das Männliche und Weibliche in dem, was es ursprünglich ist, wenig bis nichts zu tun hat mit dem, was wir unter Geschlecht verstehen und dass unser Geschlechterverständnis nur ein Weg ist, zu verstehen, was eigentlich sich hinter dem wahrhaft Weiblichen und Männlichen verbirgt.

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Wie bemerke ich, ob ich ein Individuum bin? Ein Merkmal ist, froh darüber zu sein, dass andere anders sind. Wer nicht versteht, um was es geht, versucht, auf allen möglichen Feldern die Menschen gleichzuschalten, dafür Sorge zu tragen, dass sie so sind, wie man selbst, gleich denken, Gleiches fühlen, möglichst auch Gleiches wollen (man schaue sich nur die vergangenen Impf- und Maskendiskussionen an, wobei ja nicht schlimm war, dass sie geführt wurden (im Gegenteil), sondern wie!).

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Stellen wir uns vor, viele Menschen plädierten für ein Miteinander, ohne individuell zu sein. Das gäbe ein großes Menschengemansche, aber kein wahres Miteinander. Nur wer seine Individualität entwickelt hat und zu schätzen weiß, kann die des Anderen schätzen, kann den Anderen schätzen.
Wir wissen, dass die Meere aus unendlich vielen Tropfen bestehen. „Weißt Du wieviel Sternlein stehen“ - so beginnt ein Volkslied und macht darauf aufmerksam, dass Gott sie alle kennt. Allein unsere Milchstraße hat - Schätzungen zufolge - 100 bis 400 Milliarden Sterne und unsere Nachbargalaxie, der Andromeda-Nebel, hat erheblich mehr … und es gibt Millionen von Galaxien …
So ist es auch nicht unwahrscheinlich, dass es ein Bewusstsein, das wir Gott nennen können, gibt, das um alle Wassertropfen dieser Erde weiß, auch wenn sie gerade in anderen Aggregatzuständen unterwegs sind.
Wie keine Schneeflocke gleich ist, so ist auch kein Wassertropfen einem anderen gleich. Und das gilt auch für Menschen.

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WARUM VORSICHT?
Auch deshalb, weil wir entdecken könnten, wenn wir genau hinblicken, dass viele, die die Glocken eines großen Miteinander läuten, es deshalb tun, weil sie vor sich und anderen kaschieren wollen, dass sie um sich selbst nicht wissen, nicht wissen wollen. Dass sie vielleicht zu bequem sind oder noch nicht dazu in der Lage, sich zu einem Individuum zu entwickeln, zu einem eigenständigen Bewusstsein.
Natürlich gibt es geistige Kräfte, die extrem interessiert daran sind, dass Menschen miteinander sind, ohne Individuen zu sein.
Sie haben Interesse daran, dass die Meere eine undefinierbare Brühe sind.
Ich persönlich finde es deshalb sehr wichtig, dass Menschen, die auf einer psychologischen oder spirituellen Ebene das WIR proklamieren, die Frage stellen:
Bist Du, bin ich ein Individuum? Weißt Du, weiß ich, was es heißt, ein Individuum zu sein? Kannst Du allen Deinen Mitmenschen ihre Individualität zugestehen?
Es kann brandgefährlich sein, ein Miteinander, ein Wir auf den Schild zu heben, weil es doch spirituell so wertvoll und gerade an der Zeit zu sein scheint.
Wahre Individualität ist nicht individuell auf Kosten anderer und hat an Gleichschaltung kein Interesse oder glaubt, man sei nur mächtig, wenn andere weniger mächtig sind und man ihnen einen Teil ihrer Macht rauben sollte.
Ich glaube allerdings, dass sich ein Miteinander auch schon auf unserer Erde erleben lässt in Gruppenerfahrungen oder auch in partnerschaftlicher Beziehung.

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Wir wissen, dass Zustände immer wieder auch umschlagen und wir das Gegenteil erleben. Aber wir wissen eben auch, dass solche Erfahrungen notwendig sind, um einschätzen zu können, was sich hinter einem wahren Miteinander an Wunderbarem verbirgt.
Dennoch sollten wir, wie Paulus rät, alles prüfen, damit die Wahrheit, das wahre Miteinander erreichbar bleibt.
PS Nachgereicht
Ich finde Birgit Vogels Lied zu dieser Thematik echt gut, auch, weil ich gelebte, aus dem Leben gegriffene Spiritualität einfach gut finde, kein allgemeines esoterisches Gefasel, sondern persönlich und damit lebendig. Sie beleuchtet auf ihre individuelle Weise das Wechselspiel von "Ich" und "Wir":


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