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Donnerstag, 8. Juli 2010

Was Petrus lernen muss und Ricarda Huch schon weiß: Die Blickrichtung muss stimmen!

Des Menschen Seele gleicht dem Wasser, schrieb Goethe angesichts des Staubbachfalls im Lauterbrunnental.
 

Und in der Tat gibt es in der Mythologie und in unserer Realität viele Beispiele dafür, dass das Wasser eine seelische Realität spiegelt. Jahrzehnte über wurde Dünnsäure in die Nordsee verklappt und die Fils, jener Fluss, an dem ich geboren bin, trug in den 50er und 60er Jahren in allen Farben schillernde Schaumkronen, wenn die Weberei Heinrich Otto ihre Pforten öffnete und Abwasser abließ. Dann schwammen sämtliche Fische kieloben. So sorglos gingen und gehen damals wie heute die Menschen mit den Wassern auch ihrer Seele um, der Golf von Mexiko lässt grüßen.
 

Kein Zweifel aber besteht auch darin, dass innerhalb der Menschheit eine positive Entwicklung zu erkennen ist; dem gestiegenen Umweltbewusstsein korrespondiert auch bei vielen ein stärkeres Bewusstsein für die Gesundung der eigenen Seele.

Petrus musste auf leidvolle Weise erfahren, dass Wasser eine seelische Realität spiegelt, dass man auf dem Wasser gehen kann, dass man also wie sein Meister Jesus ein Meister der Seele, ein Meister der Emotionen sein kann; oder aber, wenn man den Blick abwendet, im Grunde also zu dieser Energie die Verbindung kappt, auch in diesen Wassern untergehen kann. Schiller hat in seiner Ballade Der Taucher die Bedeutung dieser seelischen Realität ebenfalls gestaltet.

In der Bibel wird berichtet:

Und alsbald trieb Jesus seine Jünger, in das Boot zu steigen und vor ihm hinüberzufahren, bis er das Volk gehen ließe. Und als er das Volk hatte gehen lassen, stieg er allein auf einen Berg, um zu beten. Und am Abend war er dort allein. Und das Boot war schon weit vom Lande entfernt und kam in Not durch die Wellen; denn der Wind stand ihm entgegen. Aber in der vierten Nachtwache kam Jesus zu ihnen und ging auf dem See. Und als ihn die Jünger sahen auf dem See gehen, erschraken sie und riefen: Es ist ein Gespenst! und schrien vor Furcht. Aber sogleich redete Jesus mit ihnen und sprach: Seid getrost! ich bin´s; fürchtet euch nicht! Petrus aber antwortete ihm und sprach: Herr bist du es, so befiehl mir, zu dir zu kommen auf dem Wasser. Und er sprach: Komm her! Und Petrus stieg aus dem Boot und ging auf dem Wasser und kam auf Jesus zu. Als er aber den starken Wind sah, erschrak er und begann zu sinken und schrie: Herr hilf mir! Jesus aber streckte sogleich die Hand aus und ergriff ihn und sprach zu ihm: Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt? Und sie traten in das Boot, und der Wind legte sich. Die aber im Boot waren, fielen vor ihm nieder und sprachen: Du bist wahrhaftig Gottes Sohn!
Solange Petrus Vertrauen hat, ist ihm scheinbar Unmögliches möglich. Gibt er sich Zweifeln hin,wendet er den Blick ab, dann geht er unter, geht in den Wassern der Seele unter.
Dies gilt für viele Situationen unseres Alltags.
 

Aus einem tiefen Bewusstsein heraus gestaltete Ricarda Huch (1864-1947) ein wunderbares Sonett, das zeigt, dass sie um die Bedeutung der richtigen Blickrichtung weiß.

Nicht von ungefähr könnte sich ihr Gedicht an einen Geliebten richten; es richtet sich hier zugleich an ihre spirituelle Liebe. Es ist diesselbe Liebe, auf die auch Petrus schaute und die ihn auf den Wassern der Seele wandeln ließ:


Du warst in dieser götterlosen Zeit,
Wo trübe Träumer ohne Lichtgedanken
Wie leere Schiffe unterm Himmel schwanken,
Der Stern, der mich geführt hat und gefeit.

Die Spur, die du gegangen zu betreten,
Dass ich nicht irrte, war mein hohes Ziel.
Von irdischen Geschäften, Drang and Spiel
Trug mich empor das Glück dich anzubeten.

Wie nachts ein Segel steuernd heimatwärts
Der Leuchte zu die schweren Nebel spaltet
Und so gelenkt sich in den Hafen rettet,

Ging ich getrost, den Blick an dich gekettet,
Die Hände gläubig auf der Brust gefaltet,
Durch Flut und Dunkel an dein strahlend Herz.

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