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Montag, 14. Februar 2022

Empfehlung als AUSHANG IN DEN STAATLICHEN LEHRERSEMINAREN und RUNDSCHREIBEN AN ALLE KULTUSMINISTER:

"Seit der Mitte des 15. Jahrhunderts bis in das 20. Jahrhundert hinein – genauer bis zum Ende des 19. Jahrhunderts – war die menschliche Entwicklung vorzugsweise eine solche, die den Verstand, die den Intellekt erstens in Anspruch genommen hat für den Fortschritt der Menschheit, zweitens aber zu einer bestimmten Höhe gebracht hat. Der Intellekt ist wunderbar ausgebildet worden in den verflossenen Jahrhunderten. Allein geradeso, wie jedem einzelnen Lebensalter, dem Kindesalter, dem Jünglings- und Jungfrauenalter, dem reifen Mannes- und Frauenalter, dem Greisenalter eine bestimmte Art der Seelen- und Leibesentwickung entspricht, die dann in den nächsten Lebensabschnitt nicht hineingeht, so ist es auch mit der Entwicklung der Menschheit im allgemeinen. 

Es ist einmal das abgelaufene Zeitalter das des Intellekts, des Verstandes. Und diese Verstandesentwicklung, sie soll nicht – das liegt in den Gesetzen der Menschheitsentwicklung – in den weiteren Fortschritt dieser Entwicklung hineingehen. Es ist so, daß wir jetzt stehen vor dem Beginn einer spirituellen Entwicklung der Menschheit. Dasjenige, was der Verstand leisten kann, hat er zunächst geleistet; er kann nur noch so, wie er ausgebildet worden ist in verflossenen Jahrhunderten, als ein Erbstück hineingetragen werden in die weitere Menschheitsentwicklung. 

Dagegen ist die Menschheitsentwicklung darauf angewiesen, die Welle spirituellen Lebens zu berücksichtigen, die aus den geistigen Höhen heute überall einströmt in die physisch-sinnliche Welt, in welcher der Mensch lebt, und eine spirituelle Art der Entwicklung an die Stelle der reinen Verstandesentwicklung zu setzen. 

Es kann ja so sein, daß diejenige Menschheit, die bisher die zivilisierte war, sich sagt: Wir halten fest an dem alten Verstande; wir halten fest an Experiment und Beobachtung und an dem, was der Verstand daraus machen kann; wir lehnen dasjenige ab, was einzelne behaupten: daß gerade in unserer Zeit eine mächtige Welle spirituellen Lebens aus geistigen Höhen in das irdische Leben hereindringt; wir wollen nichts davon wissen, wir wollen dem Verstand weiter dienen. – 
Sie können das nicht, denn der Verstand hat seinen Höhepunkt überschritten, er kann nur fortgepflanzt werden; aber diese Fortpflanzung bedeutet zugleich, daß er in einen Verfall geht. Der Verstand kommt tatsächlich in einen Verfall; wir sehen diesen Verfall heute schon beginnen, können ihn heute äußerlich schon nachweisen. 

Die Menschheit braucht die Aufnahme desjenigen, was an spirituellem Leben aus den geistigen Höhen in das physische Erdenleben hereinströmt. Das kann zurückgewiesen werden. Aber wenn es zurückgewiesen wird, hört eben für diejenigen Menschen, die es zurückweisen, die Möglichkeit des menschlichen Fortschritts, der menschlichen Kultur, der menschlichen Zivilisation auf, und die Weiterentwicklung der Menschheit muß sich andere Völker, andere Gegenden suchen. Denn wir leben nicht nur in einem Zeitalter des Umschwungs der irdischen Verhältnisse, sondern dieser Umschwung der irdischen Verhältnisse ist ja nur der Ausdruck für den Umschwung, der sich im seelisch-geistigen Reiche vollzieht, das zunächst sich ja in der Sinneswelt nur offenbart, das aber dieser Sinneswelt als ein geistiges Reich zugrunde liegt."
(aus: "Die Anthroposophie und ihre Gegner". GA 255b, S. 357f)

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