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Samstag, 8. April 2023

OSTERN KANN LEBEN RETTEN, KANN SEELEN VERJÜNGEN

Eines der anschaulichsten Dokumente und Belege hierfür verdanken wir Goethe und was er im Verlauf seines Lebens als persönliche Wahrheit niederschreiben konnte, denn in den ersten Fassungen des „Faust“ kommt jene Szene nicht vor, als Faust kurz davor ist, sich das Leben zu nehmen, er den braunen Saft schon in die Phiole eingefüllt hat und zu sich sagt:
Der letzte Trunk sei nun, mit ganzer Seele,
Als festlich hoher Gruß, dem Morgen zugebracht!
(Er setzt die Schale an den Mund.)
in der Regieanweisung heißt es dann weiter:
Glockenklang und Chorgesang.
Und der Text fährt fort_
CHOR DER ENGEL:
Christ ist erstanden!
Freude dem Sterblichen,
Den die verderblichen,
Schleichenden, erblichen
Mängel unwanden. 

FAUST:
Welch tiefes Summen, welch heller Ton
Zieht mit Gewalt das Glas von meinem Munde?
Verkündigt ihr dumpfen Glocken schon
Des Osterfestes erste Feierstunde?
Ihr Chöre, singt ihr schon den tröstlichen Gesang,
Der einst, um Grabes Nacht, von Engelslippen klang,
Gewißheit einem neuen Bunde?

Wenn eine große Seele wie Goethe nicht in der ersten Fassung, dem Urfaust, und auch nicht in der ersten Veröffentlichung („Faust. Ein Fragment“) diese Zeilen eingebracht hat, dann deutet das auf etwas Wichtiges hin: 
die oben zitierten Zeilen sind ihm als ein Seelenereignis zuteil geworden. Deshalb können sie Jahre später auf einmal auftauchen.

Faust ist dabei, Selbstmord zu machen, zu verzweifelt ist er, nachdem ihn der Erdgeist hat abfahren lassen, wo er sich doch wie ein Gott vorkam und nun sich wie ein Wurm vorkommt, der den Staub durchwühlt.

Der Chor der Engel und Fausts Fragen sind nicht nur etwas Hingeschriebenes, ein guter Einfall. Sie sind in der Goetheschen Realität, in seiner Seelenrealität ein Ereignis. - Ostern ist ihm Wirklichkeit. Seelische Wirklichkeit.
Mir stellt sich die Frage, wie tief meine Oster-Realität geht ....
Ostern gibt es nur wirklich in der Tiefe der Seele.

Viele dichterische Figuren tauchen ja auf dem astralen Plan gar nicht auf - oder nur sozusagen als Mumien. Das Personal eines Shakespeare, zum Teil auch das eines Goethe, das ist dort vorhanden. Es ist erlebte und zu erlebende Realität, die sich auch in die Seelen der Leser oder Zuschauer einschreiben kann.

Goethe hat mit seiner Seele begriffen: Es gibt diese Osterglocken, diese Ostertöne. Christ ist erstanden. Warum also sollte ich sterben?

Ostertöne und Osterglocken retten Leben.

Sie können das, weil sich die Seele eines Faust, eines Goethe erinnert, was ihm sich als Kind und Jugendlicher in sein Inneres eingeschrieben hat - wie schlimm, dass das heute kaum mehr geschieht. Es ist eine unserer wichtigsten Aufgaben, Kindern und Jugendlichen von all dem wieder zu erzählen - wenn möglich, von Herzen.

 Jedenfalls sind die folgenden Goetheschen Zeilen kein Zufall, sie sin geboren aus tiefer Seele:

Was sucht ihr, mächtig und gelind,
Ihr Himmelstöne, mich am Staube?
Klingt dort umher, wo weiche Menschen sind.
Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube;
Das Wunder ist des Glaubens liebstes Kind.
Zu jenen Sphären wag ich nicht zu streben,
Woher die holde Nachricht tönt;
Und doch, an diesen Klang von Jugend auf gewöhnt,
Ruft er auch jetzt zurück mich in das Leben.
Sonst stürzte sich der Himmelsliebe Kuß
Auf mich herab in ernster Sabbatstille;
Da klang so ahnungsvoll des Glockentones Fülle,
Und ein Gebet war brünstiger Genuß;
Ein unbegreiflich holdes Sehnen
Trieb mich, durch Wald und Wiesen hinzugehn,
Und unter tausend heißen Tränen
Fühlt ich mir eine Welt entstehn.
Dies Lied verkündete der Jugend muntre Spiele,
Der Frühlingsfeier freies Glück;
Erinnrung hält mich nun, mit kindlichem Gefühle,
Vom letzten, ernsten Schritt zurück.
O tönet fort, ihr süßen Himmelslieder!
Die Träne quillt, die Erde hat mich wieder! 

Tränen sind im Werk Goethes oft ein Zeichen der Verjüngung.

Ostern kann eine Seele retten.
Ostern kann unsere Seele verjüngen.

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