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Sonntag, 7. Januar 2024

Goethes "Faust": Über das Dilemma asymmetrischer Beziehungen und das Verhältnis von Liebe und Begehren


Als sie einander acht Jahre kannten
(und man darf sagen: sie kannten sich gut)
kam ihre Liebe plötzlich abhanden.
Wie andern Leuten ein Stock oder Hut.
Sie waren traurig, betrugen sich heiter,
versuchten Küsse, als ob nichts sei,
und sahen sich an und wussten nicht weiter.
Da weinte sie schließlich. Und er stand dabei.
Vom Fenster aus konnte man Schiffen winken.
Er sagte, es wäre schon Viertel nach vier
und Zeit, irgendwo Kaffee zu trinken.
Nebenan übte ein Mensch Klavier.
Sie gingen ins kleinste Café am Ort
und rührten in ihren Tassen.
Am Abend saßen sie immer noch dort.
Sie saßen allein, und sie sprachen kein Wort
und konnten es einfach nicht fassen.
Dieses „Sachliche Romanze“ überschriebene Gedicht Erich Kästners wirft die Frage auf, ob Liebschaften, die so romantisch beginnen und so sachlich enden, tatsächlich von Liebe geprägt waren oder vielmehr durch ein Begehren, das mit den Jahren mehr und mehr nachließ und plötzlich zwei Menschen sich die Augen öffnen, dass sie sich gar nichts zu sagen haben, vielleicht in Wirklichkeit nie etwas zu sagen hatten.
Auch in Goethes „Faust“ stellt sich die Frage nach dem Verhältnis von Liebe und Begehren, es stellt sich aber auch die Frage nach der Bedeutung einer gewissen Symmetrie zwischen zwei Liebenden; damit angesprochen ist die Bedeutung von Fähigkeiten und Eigenschaften, die jeder Liebende einbringt in eine Beziehung und denen der oder die Andere eine hohe Wertschätzung entgegenbringt - oder eben nicht. Asymmetrisch muss beispielsweise sich ein Altersunterschied nicht auswirken, aber wenn einer der beiden in entscheidenden Situationen des Alter als Waffe beziehungsweise Argument einsetzt oder den eigenen Intellekt gegen das Gefühl des Anderen ausspielt, dann wird deutlich, wie wichtig es ist, dass Liebe und Denken, dass Männliches und Weibliches in einer guten Balance sich befinden. Goethes „Faust“ zeigt hier die Grenzen zweier Liebender auf, denen es in der aktuellen Situation vor allem um sinnliche, körperliche Liebe geht, was per se nicht negativ ist, kann doch auch in einer Beziehung die seelisch-geistige Liebe wachsen. Es ist keineswegs normal, wie es doch recht viele Menschen annehmen, dass Liebe mit der Zeit abnimmt – normal könnte es in einer zukünftigen Menschheit sein, dass Liebe wächst!
PS.
In Goethes „Faust“ spielt eine entscheidende Rolle jene geistige Energie, die sich "Mephistopheles" nennt, in der Goethe zwei geistige Wesenheiten vereint, Luzifer, jene Energie, die vor allem sich selbst liebt und den Menschen von Christus fernhalten und eben bei sich halten möchte, und Satan, der die Menschen an die Erde bindet und sie den Materialismus lieben lehrt (soweit er überhaupt lieben kann); es ist allerdings offensichtlich, dass er dies auf unserer Erde mit großem Erfolg tut.







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