Seiten

Sonntag, 6. November 2022

Michelangelos Christus-Verständnis überwinden ...

Ich bin bekanntlich kein Anthroposoph, aber es gibt Steiner-Texte, die bringen religiöse Aspekte sagenhaft gut auf den Punkt. Und zu denen zählt der unten wiedergegebene.

Es gibt noch so viele spirituelle Menschen, welche die Michelangelo-Bewusstseinsstufe zelebrieren und andere mit diesem Bewusstsein verseuchen. Heute darf man dieses Bewusstsein wirklich als Seuche bezeichnen, weil es einfach nicht mehr notwendig ist.

Es ist ja nicht mehr nur nicht notwendig, nein, es macht ja auch krank, es macht die Seele krank.

Diese Bewusstseinsstufe beinhaltet ja nicht, dass man nicht die Wahrheit klar und deutlich sagt; mir fehlt beispielsweise, dass Putin öffentlich als Verbrecher und Mörder bezeichnet wird. Das ist die Wahrheit, kein Urteil.

Dennoch gilt ihm mein Mitgefühl, denn der Weg, den er über viele Leben noch vor sich hat, der könnte endlos lange sein, gilt doch auch für ihn die Wahrheit der Bibel: 

Was der Mensch sät, das erntet er.
Wer das Schwert zieht, kommt durch das Schwert um.

Das gilt auch für jene, die im Iran die Möglichkeit einräumen, Demonstranten zu erschießen.

Lasst uns nicht urteilen (auch das kommt einem Schwertziehen gleich) und Menschen verachten, lasst uns aber die Wahrheit sagen:
«Das jüngste Gericht» von Michelangelo in der Sixtinischen Kapelle in Rom. Da sieht man den Christus, wie er die Guten nach dem Himmel, die Bösen nach der Hölle fördert. Man sieht es dem Christus an, wie er die einen nach der guten Welt, die andern nach der schlimmen Welt fördert. Dieser Christus, wie er da dargestellt ist, ist fortan nicht der Christus, den wir erst in seiner wahren Wesenheit durch die Geisteswissenschaft begreifen sollen. Der Christus, der der wahre Christus ist, verdammt nicht, lobt nicht, indem er Zorn, oder indem er gewöhnliche Liebe anwendet, sondern durch das, was er ist, wirkt er. Luzifer werden nicht die Flügel gebrochen, sondern er bricht sie sich durch seine Seelenverfassung, indem er in die Nähe des Christus kommt. Und Ahriman, er fesselt sich selbst durch das, was in seiner Seele geschieht, indem er in die Nähe des Christus kommt. Daher muß die hinaufgehaltene und die hinuntergehaltene Hand alles, was nicht rein seiendes Mitgefühl mit der Welt ist, nicht haben. Der Luzifer dort oben, der kann nicht ertragen, seinerseits nicht ertragen, daß die Hand des Christus in seine Nähe kommt. Und durch das, was er dadurch in sich erlebt, bricht er sich die Flügel, nicht bricht der Christus sie ihm, er bricht sie sich selbst. Und ebenso ist es bei Ahriman. Michelangelo hat noch nicht verstanden, einen Christus zu bilden, wie er wirklich ist. 
Die Christus-Wesenheit ist so bedeutsam, das Verständnis der Christus- Wesenheit ist so schwierig, daß dies nur im Laufe der Zeit erreicht werden kann. Der Christus, der durch das, was er ist, die Wesen dazu bringt, daß sie sich selbst verdammen oder erlösen, der wird erst verstanden werden. Der Christus auf dem Bilde des Michelangelo hat noch etwas Luziferisch-Ahrimanisches, weil er durch seinen Zorn die Bösen in die Hölle, die Guten in den Himmel führt: da ist er engagiert mit seinen Leidenschaften. Der Christus hier steht unpersönlich da, und die Wesen verurteilen sich selbst, die in seine Nähe kommen. 
[aus der GA 295; Rudolf Steiner vergleicht hier Michelangelos Christusgestaltung in der Sixtinischen Kapelle mit jener von ihm geschaffenen Holzskulptur, dem sogenannten ´Menschheitsrepräsentanten´, also Christus, wie sie in Dornach zu sehen ist. 
PS Steiner splittet den christlichen Teufel, den manche auch Satan nennen und den Goethe in seinem "Faust" Mephistopheles nannte, in zwei Wesenheiten auf: Luzifer und Ahriman - s. dazu meinen Facebook-Beitrag vom 29. Oktober 2022 > https://www.facebook.com/johannes.klinkmueller/posts/1958295234366649)]

 

Steiners Menschheitsrepräsentant:


 

Keine Kommentare: