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Freitag, 3. November 2023

> Herzensbildung < - Am 31.10. 2023 wurde dieses Wort im Deutschen Fernsehen genannt! - ein einmaliges Versehen ?

Am Abend vor Allerheiligen saß eine traute Runde bei Markus Lanz zusammen: Der Historiker und Publizist Michael Wolffsohn, die gerade vom Medium-Magazin zur Politik-Journalistin des Jahres gekürte Iran-Expertin Gilda Sahebi und der FDP-Vize Johannes Gogel.
Im weitesten Sinne ging es um den Antisemitismus in Deutschland sowie u.a. um die Rolle der Palästinenser und Muslime in Deutschland und ihr Verhältnis zur Hamas.

In 41.45´ fielen folgende Sätze, geäußert von Michael Wolffsohn (https://bit.ly/3FLyz7A):
Ich hab´ nichts gegen Bildung, können Sie sich ja vorstellen, mein Beruf als Hochschullehrer, aber ob Bildung wirklich den Menschen in Bezug auf sein menschliches Verhalten verbessert, ich bin da sehr skeptisch.
Nehmen Sie nur mal das deutsche Beispiel: März 1933, die halbfreien Wahlen im Dritten Reich: 44 Prozent knapp für die Nationalsozialisten; die ersten, die umgefallen sind, waren die deutschen Hochschullehrer!
Waren die gebildet?
Natürlich waren sie gebildet.
Hatten sie Herzensbildung?
Die meisten eben nicht, das heißt also mit Bildung, gegen die ich verständlicherweise nichts habe, werden wir als Allheilmittel nicht weiterkommen.
(…)
Lanz: Wie dann?

Wolffsohn: Ich bin in Bezug auf die normative Kraft der Bildung sehr skeptisch.
Ich will ein ganz banales Beispiel nehmen: Im Straßenverkehr ist es jedermann klar, bei uns ist Rechtsverkehr, in Großbritannien immer noch Linksverkehr. Wer diese Regel bricht, ob bei uns oder in Großbritannien, der muss mit einer Verwarnung, Strafe oder was auch immer rechnen, Der Regelkonsens muss a) da sein und er muss b) durchgesetzt werden, wenn sie dann noch die Bildungsarbeit leisten, bravo, hab ich nichts dagegen, sind meine Kollegen und ich auch beschäftigt, aber in erster Linie kommt es darauf an, die Regeln durchzusetzen, und das ist nicht nur eine Aufgabe der Politik, sondern das ist auch die Aufgabe von Erziehern in Schulen, in Universitäten und nicht zuletzt der Medien, von allen!
In seiner folgenden Wortmeldung nimmt Johannes Gogel das Wort „Bildung“ zwar noch einmal in den Mund - ich zitiere die Passage noch abschließend , aber vermutlich ist ihm auch nicht ansatzweise bewusst, dass ein himmelweiter Unterschied zwischen Herzensbildung und Bildung besteht. Letztere kann trotz ihres Bildungsauftrags problemlos menschliche Monster und moralische Hasenfüße produzieren.

Erschütternd für mich vor allem ist, dass M. Wolffsohn von Herzensbildung spricht, dann aber glaubt, mit Hilfe von Regeln die Probleme des menschlichen Miteinander lösen zu können - eigentlich unfassbar, wie er unmittelbar darauf auf diese Ebene alles reduziert.
Auch Markus Lanz hat im Folgenden nicht erkannt, dass eine Sternstunde seiner Sendung hätte anstehen können, wenn angesprochen worden wäre, wie sehr Herzensbildung ein Schlüssel zu einem menschlichen Miteinander sein kann.

Was ist Herzensbildung?
Woran erkennt man Menschen mit Herzensbildung?
Lässt sich für sie ein Curriculum, ein Lehrplan schreiben?

Auf die Fragen und Antworten rund um dieses Thema möchte ich in einem folgenden Beitrag eingehen; es ist ja zentral für die Zukunft unseres Landes und der Erde.

Hier zum Abschluss noch die sich unmittelbar anschließende Wortmeldung von Johannes Gogel:
So und damit sind wir doch vielleicht an dem Punkt, wo ich glaube, wo wir in diesem Land hinmüssen in der Debatte, zu begreifen, dass das Problem so groß ist (Israel-Hass und Antisemitismus), dass es nicht den einen Hebel gibt, der es löst, dass wir Dinge kombinieren müssen. Ich glaube, dass Bildung ein Faktor ist, weil mein Eindruck ist, dass es helfen würde, dass Leute nicht mehr verhetzt werden und bullshit erzählen und dann für Hass empfänglich sind, wenn sie in Deutschland genauso wie sie nicht ohne Grundkenntnis von Lesen., Schreiben, Rechnen die Schule verlassen, zumindest ein paar Grundkenntnisse über den Nah-Ost-Konflikt haben, weil der ist zum Katalysator geworden, Israel-Hass zu propagieren und darüber Antisemitismus zu propagieren. 
Wie sehr Menschen wie ein Johannes Gogel auf die übliche Weise an zentralen Punkten vorbeireden und dennoch glauben, dass sie Lösungen kreieren können - als ob durch Information (natürlich macht sie in gewissem Rahmen Sinn) seit Jahrhunderten vorhandener Hass und fehlendes Verstehen auch nur ansatzweise behoben werden könnten.



PS: 

In der Folgesendung des kommenden Tages findet sich ein Statement der jüdischen Autorin Deborah Feldman, beginnend bei Minute 13.01 auf https://bit.ly/3StBDfY das ich sehr bemerkenswert finde auch für meinen Folgebeitrag über Herzensbildung. Vielleicht ist unsere Zeit reif für ihre gedankliche Position, die sehr viel in der Tat mit Herzensbildung zu tun hat. Letztere schiebt eben keine Pluspunkte mehr in das eine oder andere Feld, um irgendeine Position zu verstärken, verstärkt eben keine dualistischen Positionen mehr, sondern versucht den Weg des Friedens, den, wie es der Anthroposoph Rudolf Steiner sehen würde, dritten Weg zu gehen, den Weg zwischen pro Juden versus pro Palästinenser.
Herzensbildung kann auf Bildung nicht verzichten, kann nicht verzichten auf das Wissen um politische Logik und die politische Realität und wie Moral einvernommen wird von jeder der dualistischen Seiten, als ob es beispielsweise Werte gäbe, die der Westen für sich reklamieren könnte (das Gerede von westlichen Werten ist Dualismus im Quadrat). Manche mögen glauben, wer Herzensbildung in sich bildet, schläft hinein unter die große Friedensglocke und alles wird gut. Nein, es wird sich zeigen, dass Herzensbildung mit viel innerem Kampf und Leid verbunden ist; wer den Kampf zwischen Menschen per Herzensbildung überwinden will, gerät ein Stückweit auch in die Hölle, in die eigene zu überholender Positionen und jene, die ständig im Außen produziert wird, weil für viele Kräfte eben die Hölle himmlisch ist.



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