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Freitag, 26. März 2010

Lasset die Kindlein zu mir kommen und wehret ihnen nicht: Die kranken Patres und eine kranke Kirche.


Nichts wird in der christlichen Religiosität höher geschätzt als die Kinder.
Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen, so heißt es im Matthäusevangelium, denn:
Ihrer ist das Himmelreich.

Männer der Kirche - und in den bekannt gewordenen Missbrauchsfällen kommen sie überwiegend aus ihr - haben vielen Kindern die Hölle bereitet.
Sie haben sie missbraucht und sie anschließend das Vater unser beten lassen.

Ja, diese Männer haben das Heiligste verletzt, was es gibt, das Göttliche, denn die Aussage von Jesus ist eindeutig: Wer ein solches Kind aufnimmt in meinem Namen, der nimmt mich auf.
Der Umkehrschluss dürfte genauso gelten: Wer ein solches Kind missbraucht, entehrt, der missbraucht, entehrt die Personifikation des Göttlichen, Gott.

Auf diesem Hintergrund muss man auch den Umgang der Kirche mit den Tätern sehen. Sie wurden nicht im Meer versenkt - davon spricht die Bibel, dass dies das Beste für sie sei -, sie wurden zum Teil versetzt und haben ihr Unwesen an neuem Ort, wo niemand von ihrem Treiben wusste, weiter getrieben. Es war eine Schändung des Göttlichen unter dem Schutz der Kirche.

Kirchenmänner haben der Hölle - und die Hölle ist für mich in erster Linie ein Bewusstseinszustand - in der Kirche eine Heimstatt gegeben.

Erzbischof Robert Zollitsch, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz ist unter den Folgetätern.

Vielleicht geht es dem ein oder anderen, der seine windelweiche Stellungnahme zu seinem eigenen Verhalten gehört hat und der seine Stellungnahme zu den Missbrauchsfällen gehört hat, so wie mir:
Dieser Mann hat nicht die geringste emotionale Regung gezeigt. Bei mir kam nicht das geringste Bedauern an; seine Worte waren für mich tote Buchstaben.
Ich dachte, das kann nicht sein; dieser Mann kann eigentlich nicht den geringsten Kontakt zu seinem eigenen Inneren haben; er ist völlig gefühllos.
Schmallippig und regungslos las er sein Statement vom Blatt.

Die Täter hatten ein vergleichbares Problem: Wer halbwegs gesunde Gefühle hat, kann kein Kind sexuell foltern. Das Gefühlsleben dieser Patres und Herren ist vollkommen kaputt.
Und ich behaupte, es ist unter den Würdenträgern der Kirche vielfach kaputt.

Wir sprechen momentan über bekannt gewordene Fälle. Wir kennen nicht die wahre Anzahl der Fälle, wo Männer der Kirche Kinder in die Hölle schickten.

Und niemand spricht darüber, dass es viele Männer, Priester, Patres gibt, deren Gedanken in eine vergleichbare Richtung wandeln, lustwandeln.

Diese Kirche braucht dringend Hilfe. Sie ist nicht in der Lage, das Ausmaß der Hölle in ihren Reihen, in ihren Gedanken anzusehen.

Als ich die Kardinäle anlässlich der letzten Papstwahl sah, ihre vertrockneten Gesichter, die Aussagelosigkeit ihrer Augen, da dachte ich: So also sieht die Freude im Herrn aus?

Die Freude am Herrn ist unsere Stärke, heißt es beim Propheten Nehemia. Als ich diese vergreiste Corona sah, dachte ich nur: Wo ist hier die Freude?

Ja, wenn ich diese Herrschaften sehe, frage ich mich: Gibt es da den geringsten Grund, Religion für glaubwürdig zu halten?
Die Kurie ist zum Teil ein Haufen Frühverstorbener.

Und so wie dort die Gefühle vereist sind, so kaputt sind sie auch bei den menschlichen Torpedos, die auf Kinder losgegangen sind. Kirchliche Torpedos.

Und die Eltern dachten, ihre Kinder sind ganz besonders bei ihnen geschützt.

Wie sagte ein etwa 11-jähriger Junge im Rahmen einer Nachrichtensendung sinngemäß: Ich verstehe nicht, dass diesen Erwachsenen nicht das Gewissen explodiert.

Hat irgendjemand den Eindruck, dass Amts- und Würdenträgern in der Kirche das Gewissen explodiert ist?
Ist der Kirche ihr Gewissen explodiert?

Ja, ich glaube, vielen in der Kirche von unten schon, obwohl sie es nicht waren, auf die sich der Junge bezog. In der Kirche von unten finde ich auch, was Kirche wertvoll macht.

Um klarzustellen. Ich lehne Kirche als Institution nicht ab.
Ich weiß um die Kriminalgeschichte des Christentums, ich weiß aber auch um den Segen, den in der Vergangenheit Nonnen und Mönche Europa gebracht haben. Unsere Kultur stünde nicht dort, wenn diese Menschen nicht gewirkt hätten, auch das Herz Europas hätte nicht den Raum finden können, den es einnimmt. Ich verehre Franz von Assissi, Hildegard von Bingen, Pater Pio genauso wie die namenlos wirkenden Menschen in Vergangenheit und Gegenwart. In den letzten Dekaden aber verliert Europa mehr und mehr sein Herz - unter Mitwirkung der Kirche, das ist das eigentlich Traurige. Deshalb auch kann sie sich nicht ernsthaft zur Wehr setzen, wenn ihre Symbole in den Schmutz gezogen werden.

Die Amtskirche unterstützt nicht die Wahrheit, die eine Kirche ist, sie unterstützt die Macht, die ihre Kirche ist. Sie hat Angst um diese Kirche, obwohl sie wissen müsste, dass die wahre Kirche unzerstörbar ist. Daher ihr zögerliches und verschleierndes Verhalten.

Eins wundert mich ganz besonders:

Wie kann man ernsthaft annehmen, dass genau dieselben Dinge nicht aktuell genauso geschehen?
Gibt es den gerinsten Grund zu zweifeln, dass die Täter auch heute unterwegs sind?

Wie viele Dateien mit pädophilen Inhalten gibt es auf vatikanischen Computern?
Eine erweiterte Fassung dieses Beitrags findet sich hier.

Sonntag, 14. März 2010

Wer verträgt die ganze Wahrheit über sich? - Die Wahrheit ist: NIEMAND!

Es ist schon eine Weile her, dass ich für viele Jahre regelmäßig nach Paris zu meinem Freund Bernard fuhr, einem ehemals exzellenten Balletttänzer und Körpertherapeuten. Von ihm habe ich viel über den menschlichen Körper gelernt und mein Körper hat viel gelernt. Bernard sah die Menschen an und wusste über sie Bescheid. Er verstand die Sprache des Körpers zu hören, zu lesen und hat mit Hilfe eines von ihm wieder entwickelten Verfahrens, das ursprünglich aus dem alten Ägypten stammt, Stück für Stück den Menschen, die mit ihm arbeiteten, Puzzleteile ihrer körperlichen Freiheit zurückgegeben. – Und damit auch ihrer seelischen.

Eines Tages hat er mir erklärt, dass es gar nicht möglich sei, alle Verspannungen des Körpers auf einmal zu lösen; kein Mensch könne das aushalten, er würde von der frei gesetzten Energie überflutet werden.

Damals war mir das ein völlig neuer Gedanke und ich habe nicht so recht verstehen können, was er meinte, wenn er davon sprach, dass er in den Sitzungen gewaltigen Energien ausgesetzt sei, wenn sie sich freisetzten; oft werden Menschen bekanntlich versteckt oder offen aggressiv, wenn etwas in ihnen zu Tage tritt, was sie nicht sehen wollen oder nur widerwillig ansehen können.

Heute möchte ich sagen: Jeder Mensch würde, wenn seine Energie in Gänze freigesetzt würde, von dieser entfesselten Energie zerissen werden. Wir ahnen nicht, wie viel von ihr in Verspannungen des Körpers und Verwerfungn der Seele gebunden ist. In diesen Bindungen steckt zugleich eine tiefe Weisheit und ein notwendiger Schutz.

Wer seine Seele und seinen Körper der Freiheit und Weisheit öffnen darf und kann, ist zudem zutiefst gefährdet. Denn er muss die zunehmende Offenheit des Körpers und der Seele schützen. Wird er doch immer empfindsamer.

Der Wahnsinn Nietzsches und Hölderlins beispielsweise und der frühe Tod vieler sensibler Künstler hängen damit zusammen, dass es damals kaum jemand gab, der ihnen helfen konnte; auch heute noch muss man das Glück haben, auf einen guten Therapeuten und/oder einen Menschen zu treffen, der nicht wertet, sondern hört, sieht, versteht, weil er vieles selbst erlebt hat; nicht umsonst war der Schmetterling in Griechenland Symbol der Seele; kaum etwas ist so verletzbar und zugleich schützenswert.

Niemand wird einen Steinway-Flügel auf eine Verkehrsinsel stellen, den wunderbaren Körper eines Balletttänzers wird niemand in einen Boxring beordern. Beides, beide würden zugrunde gehen.

So ist es mit der zarten Seele, sie sich von ihren Hornhäuten und Krebszellen befreien darf.


Wer sich jedoch zu Wahrheit und Weisheit, unendlicher Intuition und Gefühl Zugang verschafft und nicht reif dafür ist, geht zugrunde.

Das ist der Grund, warum so vielen Drogenopfern nicht zu helfen ist. Wer seine Seele mittels Drogen öffnet, erlebt zwar bisweilen ungeahnte Trips, aber er ist auch ungeahnt offen für dunkle Energien, die ihn überfluten. Kaum ein Therapeut wird ihm helfen können.

Deshalb sind viele Abhängige so gravierend abhängig; es ist nicht nur die körperliche Abhängigkeit …

Märchen haben dieser Tatsache bildhaften Ausdruck verliehen.

Wer sich das Sesam öffne Dich ergaunert, muss schlimmstenfalls sterben. Mit Ali Babas Bruder geschieht das und auch das Grimm-Märchen Simeliberg erzählt davon. Die Tür zum Berg ist die Tür zum eigenen Inneren; man muss wissen, wie man hineinkommt, damit man auch wieder heil hinauskommt, wenn es angesagt ist. Wenn man aber den Zugang findet - und bisweilen geschieht das zunächst über Träume - findet man wie Heinrich in Novalis´ Heinrich von Ofterdingen die Blaue Blume, zusammen mit dem Gral eines der höchsten Menschheitssymbole.

Im Grunde geschieht im Nibelungen-Lied Vergleichbares. König Gunther aus Worms erobert mit Hilfe Siegfrieds eine Frau, Brünhilde aus Isenstein, der er nicht gewachsen ist.

Aus der Eddha wissen wir, dass es in Wahrheit Siegfrieds eigene Frau ist, eine Walküre, die er für Gunther erobert. Nur Siegfried selbst ist ihrer Energie wirklich gewachsen. Doch er erkennt sie aufgrund eines ihm durch seine zukünftige Schwiegermutter verabreichten Vergessenstranks nicht mehr.

Diesen Hintergrund verschweigt das deutsche Nibelungenlied. Das Blutbad auf der Etzelburg und der Tod Siegfrieds sowie der Burgunden, das ganze Gemetzel des Schlusses also ist eine Folge der Tatsache, dass Gunther sich auf hinterhältige Weise, mit Hilfe der Tarnkappe Siegfrieds und dessen Kraft, Zugang zu einer Energie in Gestalt Brünhildes verschafft, die für ihn um ein vielfaches zu groß ist.

Wie die Schalen einer Zwiebel müssen Ring für Ring die Türen geöffnet werden, die den Menschen seiner inneren Wahrheit und Größe näher bringen. Wer das nicht berücksichtigt, muss die Konsequenzen tragen. Friedrich Schiller hat in seiner Ballade Das verschleierte Bild zu Sais dieser Tatsache ein literarisches Denkmal gesetzt.

Wer noch glaubt, im Unbewussten seiner Seele würden nur ein paar harmlose Fischchen herumschwimmen, keine Haie, Rochen und anderes Ungetier, sollte Schillers Taucher aufmerksam lesen, denn was der Knappe sieht, sind im Grunde die Seelentiefen eines jeden Menschen. Es ist das Verdienst von Hieronymus Bosch, diese Welt ins Bild gesetzt zu haben.

Zwei Seelen wohnen - und Goethe weiß, warum er hier ein "ach" einfügt - in unserer Brust ...

Samstag, 13. März 2010

"... Nur weiß von sich, wenn sie sich offenbaret ..." - Den Raum der Liebe schaffen!


Es gibt Aussagen, die treten auf einmal wie ein Bild vor uns hin.
Wie wir in einer Pinakothek einem Gemälde gegenüberstehen, das seine ganze Eindrucksmächtigkeit auf uns entlädt, so können es Worte sein, die uns beeindrucken und das Empfinden für ein Gefühl freisetzen.
So ist es mir ergangen mit Else Lasker Schülers Wenn Du da bist, bin ich immer reich. So geht es mir mit Goethes Worten aus der Marienbader Elegie

Nur weiß von sich, wenn sie sich offenbaret ...

Es ist von dem Herzen die Rede, von dem eigenen, das sich in der Liebe zu einem anderen Menschen wirklich seiner selbst bewusst wird.
Ja, es ist schön, wenn uns die Selbst-Liebe den Zugang zum eigenen Herzen öffnet, aber es kann eben auch die Liebe zu einem Anderen sein.
Es ist, als ob die Liebe uns an die Hand nimmt und sagt:
Hab Vertrauen, das Du vielleicht Dein Leben lang noch nicht gehabt hast, und lass Dich von mir führen, in Dein Allerheiligstes.

Vielleicht ist es auch so, dass uns die Liebesabenteuer unseres Lebens immer wieder in unser Allerheiligstes führen wollen, damit wir uns an das Licht dort gewöhnen, an die Atmosphäre der Liebe, damit wir irgendwann sagen können: Hier ist es schön, hier bleibe ich.
Mit den Abenteuern der Liebe meine ich nicht nur die, die man üblicherweise darunter versteht, sondern auch Abenteuer in der Art wie jenes, das den Zugang zum Allerheiligsten für die Menschen öffnete, als nämlich am Karfreitag anlässlich des Todes von Jesus der Vorhang im Tempel zerriss und den Zugang zum Allerheiligsten freigab.

Es war teuer erkauft, dieses Abenteuer, aber der Preis für die wahre Liebe ist hoch; es ist nicht der Olivenzweig, es ist nicht der Kranz aus Myrthen, es ist das Kreuz des Egos, der Tod des falschen Selbst, damit das wahre auferstehen kann.
Dann weiß das Herz wirklich von sich ... durch die Liebe:

Nur weiß von sich, wenn sie sich offenbaret ...

Vielleicht ist es auch so, dass wir im Rahmen unserer vielen Abenteuer gar nicht in das Allerheiligste kommen; vielleicht enden sie ja oft in Gethsemane, im Alleinsein, im Verlassensein und im Ganz-auf-sich-Verwiesensein.

Ja, ich glaube, so ist es:

Wir brauchen diese Offenbarungen der Liebe, die ja oft im Schmerz enden und an deren Ende sich herausstellt, dass es gar nicht die wirkliche Liebe war, die wir erlebten oder die wir erleben wollten.

Mit dem Wunsch nach Liebe und den Erlebnissen auf dem Weg zu ihr öffnet sich erst der Raum der wahren Liebe in uns, damit wir ihn irgendwann in seiner Reinheit betreten können.