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Samstag, 21. November 2009

Laotse: Wer den Tao der Vorzeit betrachtet, vermag der Dinge heute Herr zu werden.


In seinem Buch "Urzahl und Gebärde" berichtet Hugo Kükelhaus über einen Ritus bei manchen Naturvölkern, dass nämlich ein zerfahrener und unruhiger Mann sich von der Gesellschaft seines Stammes zurückzog in die Einsamkeit, dort Lehm aus der Erde grub und unter fortwährendem Gemurmel zu einer immer größer werdenden Kugel formte. Durch diese Arbeit fand seine Seele von der Zerfahrenheit zur Ruhe. Er bildete etwas und bildete damit sich.
Wir wissen, wie wichtig auch für Kinder solches Arbeiten mit Ton und Lehm ist. Im Grunde finden wir darin die grundlegenden Formen der Bildung.
Kükelhaus weist darauf hin, dass hier die Quellen der Arbeit liegen: Sie entspringe nicht nur darin, leibliche Bedürfnisse zu decken, sondern die Quelle der Arbeit entspringe in gleichem Maße der Bemühung unserer Seele um ihre Form, ihr Gleichgewicht. – „Zeiten der Unfreiheit haben ihre Wurzeln in einem falschen Begriff von Arbeit."
Das Bewusstsein von dieser wertvollen Ursprünglichkeit der Arbeit, dass wir also in ihr die Einheit von Leib und Seele gewinnen können, haben wir weitgehend heute verloren.
Gewiss konnten mich die Ansichten Karl Marx´ wenig überzeugen, doch muss man ihm zugestehen, dass er erkannte, was heute vielen Menschen noch oder wieder fremd ist, wie sehr nämlich es notwendig ist, dass der Mensch sich in seiner Arbeit verwirklicht und dass, wenn er sich seiner Arbeit entfremdet - wie Marx schlussfolgert -, auch eine Selbstentfremdung des Menschen stattfindet und damit eine Entfremdung des Verhältnisses zwischen den Menschen. Auch wenn für viele der Name „Marx“ nicht von ungefähr ein rotes Tuch ist: Wo er Recht hat, hat er Recht; entfremdete Arbeit hat in Bezug auf den Menschen selbst viel weit reichendere Folgen als wir wahrnehmen wollen.
Sich die ursprünglichsten Dinge des Lebens bewusst zu machen, u.a. den Zusammenhang von Arbeit und Bildung, ist aus einem Grunde wichtig, den Laotse so formuliert:
„Wer den Tao der Vorzeit betrachtet, vermag der Dinge von heute Herr zu werden.“
Das war der Grund, warum die Alten auf Riten und Bräuche, seien es Weihehandlungen oder Symbole wie den Maibaum oder Sonnenwendfeiern Wert legten.
Wir wissen, dass unsere Kultur durch die Nationalsozialisten ein unbekümmertes Verhältnis zu vielen symbolischen Handlungen und Symbolen verloren hat.
Zurück blieb eine vielfach desymbolisierte und entheroisierte Gesellschaft ...
Diesen Post habe ich geschrieben für FreieWelt.net. Wer weiterlesen möchte: hier.

Mittwoch, 18. November 2009

Ich bete an die Macht der Liebe



Ich bete an die Macht der Liebe,
die mich erschuf und diese Welt.
Die stärker ist als Hass und Kriege
und noch die tiefste Nacht erhellt.
Man mag ihr tausend Namen geben,
sie bleibt unfassbar wie das Leben.


Ich glaube an die Macht der Liebe,
ich weiß, sie lässt mich nie allein.
Ob ich verliere oder siege,
Gott, der mich liebt, wird bei mir sein.
Durch Angst und Not und schwere Zeiten
wird mich die Macht der Liebe leiten.


Ich bete an die Macht der Liebe
in einer Welt aus Stahl und Stein.
Die Wahrheit widersteht der Lüge,
die Liebe heilt und kann verzeihn.
Solange unsre Herzen schlagen,
wird uns die Macht der Liebe tragen.


Das Lied mit diesem wenig gesungenen Text, 
dessen Verfasser mir leider unbekannt ist,
singt Johannes Kalpers bemerkenswert schön 
auf seiner CD Heimat deine Lieder
Die Marienplastik, die ich hier fotografiert habe, 
findet sich im Kurhaus Seehof in Bad Kissingen.
Der Name des Künstlers ist nicht genannt.

Donnerstag, 12. November 2009

Freitag, 6. November 2009

Wie Tränen heilen: Rapunzel, ein Märchen über wahre Liebe!

Der erste Satz im Märchen der Gebrüder Grimm gilt dem übergroßen Kinderwunsch eines Paares und dass die Frau sich endlich berechtigt Hoffnungen macht. Als Nächstes aber stehen ihre Gelüste im Vordergrund, die Gelüste nach den Rapunzeln in der Nachbarin Garten, ausgerechet einer Hexe.

Natürlich schleicht sich ihr Mann dorthin, nachdem seine Frau vom Fleisch fällt vor lauter Rapunzelgier; immerhin ist sie schwanger.

Als jener dort von dieser Hexe gestellt wird, hat er ordentlich die Hosen voll und verspricht bereitwillig sofort sein Kind. Klar, die Hexe holt es gleich nach der Geburt und wie nennt sie es natürlich: Rapunzel. Logisch, denen verdankt sie es ja auch.

Logisch auch, dass das Mädchen Rapunzel in den Turm kommt, immerhin geht es ihm damit nicht ganz so schlecht wie Dornröschen oder Schneewittchen, aber auch nicht viel besser. Selber schuld, könnte man in der Folge sagen, was muss es auch der Hexe von dem Königssohn erzählen, der sich an ihren schönen langen Haaren seit einiger Zeit zu ihr hochseilt.

Als jener wieder kommt, und jenen so bekannten Zweizeiler ruft:



Rapunzel, Rapunzel,
lass Dein Haar herunter

seilt er sich nichtsahnend in die Arme der bösen Hexe und klar, dass er voller Verwzeiflung aus dem Fenster des hohen Turmes springt, nachdem die ihm flüstert:

"Du willst die Frau Liebste holen, aber der schöne Vogel sitzt nicht mehr im Nest und singt nicht mehr, die Katze hat ihn geholt und wird dir auch noch die Augen auskratzen. Für dich ist Rapunzel verloren, du wirst sie nie wieder erblicken.
Und nun weiß das Märchen der Gebrüder Grimm weiter:
Aber die Dornen, in die er fiel, zerstachen ihm die Augen. Da irrte er blind im Walde umher, aß nichts als Wurzeln und Beeren, und tat nichts als jammern und weinen über den Verlust seiner liebsten Frau. So wanderte er einige Jahre im Elend umher und geriet endlich in die Wüstenei, wo Rapunzel mit den Zwillingen, die sie geboren hatte, einem Knaben und Mädchen, kümmerlich lebte. Er vernahm eine Stimme, und sie deuchte ihn so bekannt: da ging er darauf zu, und wie er herankam, erkannte ihn Rapunzel und fiel ihm um den Hals und weinte. Zwei von ihren Tränen aber benetzten seine Augen, da wurden sie wieder klar, und er konnte damit sehen wie sonst. Er führte sie in sein Reich, wo er mit Freude empfangen ward, und sie lebten noch lange glücklich und vergnügt.
Berührt Dich das auch so, liebe Leserin, lieber Leser, dass der Königssohn nicht jammert, weil er blind ist, nicht um seine Augen jammert!

Er weint um den Verlust von Rapunzel.

Andere würden vor Selbstmitleid zerfließen, würden sich pflegen und verhätscheln lassen.

Sicherlich war der Königssohn rechsschutz- und unfallversichert. Aber statt mit der Hexe in einen juristischen Clinch zu gehen und von seiner Rente zu leben, tut der Königssohn nichts anderes, als sich sofort auf die Suche zu machen.

Alles andere ist ihm unwichtig. Das ist sein ganzer Schmerz: dass ihm sein Rapunzel fehlt.

Er hat nur Augen für Rapunzel, seine inneren Augen sind nur auf sie gerichtet.

Für mich ist das so ergreifend, solch ein Zeichen wahrer Liebe!

Es ist, als ob seine Seele wüsste, dass er ohne seine Rapunzel ohnehin nicht sehend ist. Eines allein kann ihn glücklich machen: Eine.

Nur hörend kann er sie finden. Wirklich hört er mit dem Herzen gut. Wer weiß, vielleicht hat Saint Exupéry dieses Märchen gekannt.

Rapunzel weint, als sich beide umarmen. Sie weiß um das Leid ihres Geliebten. Ihr Herz ist ein einziges Mitfühlen. Und dieses, ihr Herzfühlen heilt.

Es kann heilen, weil ihres Geliebten Augen offen sind für ihre Herztränen.

So kann Heilung von außen geschehen, weil sie so tief von innen kommt.

PS Aus Gründen der Selbstliebe aber nimmt der Königssohn sich noch einen sehr guten Rechtsanwalt und macht der Hexe den Prozess. Denn die Hexe, die hier eine wirkliche Teufelsbraut ist, muss dahin, wo sie hingehört! Vor allem, wenn sie ein Teil seines Inneren ist, was allerdings nicht zwangsläufig sein muss. Denn für das sogenannte Böse ist wahre Liebe immer eine Herausforderung, wo immer sie auftritt. Deshalb bedarf die Liebe ihrer Kämpfer. Und sie bedarf ihrer viel!

Donnerstag, 5. November 2009

Pandemie der Profitgier: noch einmal zur Schweinegrippe



Dana hat auf ihrem Blog einen Beitrag aus der mexikanischen Tageszeitung "La Jornada" reingestellt, den sie nicht nachgeprüft hat, wie sie schreibt, und unter diesem Vorbehalt gebe ich ihn auch weiter; lesens- und bedenkenswert ist er allemal:


Pandemie der Profitg(e)ier

Auf der Erde sterben jedes Jahr 2 Mio. Menschen an der Malaria, die ganz einfach durch ein Moskitonetz geschützt werden könnten. Und den Nachrichten ist es keine Zeile wert.
Auf der Erde sterben jedes Jahr 2 Mio. Mädchen und Jungen an Durchfallerkrankungen, die mit einer isotonischen Salzlösung im Wert von ca. 25 Cent behandelt werden könnten. Und den Nachrichten ist es keine Zeile wert.
Die Masern, Lungenentzündungen und andere mit relativ preiswerten Impfstoffen heilbare Krankheiten haben jedes Jahr bei fast 10 Mio. Menschen den Tod zur Folge. Und den Nachrichten ist es keine Zeile wert.
Aber als vor einigen Jahren die famose „Vogelgrippe“ ausbrach, überfluteten uns die globalen Informationssysteme mit Nachrichten. Mengen an Tinte wurden verbraucht und beängstigende Alarmsignale ausgegeben. Eine Epidemie, die gefährlichste von allen!
Eine Pandemie!
Die Rede von der schrecklichen Krankheit der Hühner ging um den Globus.
Und trotz alledem, durch die Vogelgrippe kamen weltweit „nur“ 250 Menschen zu Tode. 250 Menschen in zehn Jahren, das sind im Durchschnitt 25 Menschen pro Jahr. Die normale Grippe tötet jährlich weltweit ca. 500.000 Menschen. Eine halbe Million gegen 25 !
Einen Moment mal. Warum wird ein solcher Rummel um die Vogelgrippe veranstaltet?
Etwa, weil es hinter diesen Hühnern einen „Hahn“ gibt, einen Hahn mit gefährlichen Spornen ?
Der transnationale Pharmariese Roche hat von seinem famosen Tamiflu zig Millionen Dosen alleine in den asiatischen Ländern verkauft. Obgleich Tamiflu von zweifelhafter Wirksamkeit ist, hat die britische Regierung 14 Mio. Dosen zur Vorsorge für die Bevölkerung gekauft. Die Vogelgrippe hat Roche und Relenza, den beiden Herstellern der antiviralen Produkte, milliardenschwere Gewinne eingespült.
Zuerst mit den Hühnern, jetzt mit den Schweinen. Ja, jetzt beginnt die Hysterie um die Schweinegrippe. Und alle Nachrichtensender der Erde reden nur noch davon. Jetzt redet niemand mehr von der ökonomischen Krise, den sich wie Geschwüre ausbreitenden Kriegen oder den Gefolterten von Guantanamo.
Nur die Schweingrippe, die Grippe der Schweine?
Und ich frage mich …, wenn es hinter den Hühnern einen großen Hahn gab, gibt es hinter den Schweinen ein „großes Schwein“?
Was sagt ein Verantwortlicher der Roche dazu?
„Wir sind sehr besorgt um diese Epidemie, soviel Leid …! Darum werden wir das wundervolle Tamiflu zum Verkauf anbieten.“
„Und zu welchem Preis verkaufen sie das wunderbare Tamiflu?“ „OK, wir haben es gesehen. 50 US $ das Päckchen.“ „50 US $ für dieses Schächtelchen Tabletten?“ „Verstehen Sie doch, meine Dame, die Wunder werden teuer bezahlt.“ „Das, was ich verstehe, ist, dass diese multinationalen Konzerne einen guten Gewinn mit dem Leid der Menschen machen .
Die nordamerikanische Firma Gilead Sciences hält das Patent für Tamiflu.
Der größte Aktionär dieser Firma ist niemand weniger als die verhängnisvolle Person, Donald Rumsfeld, der frühere Verteidigungsminister der US-Administration George W. Bushs, der Urheber des Irak-Krieges. Die Aktionäre von Roche und Relenza reiben sich die Hände, sie sind glücklich über die neuen Millionen-Gewinne mit dem zweifelhaften Tamiflu.
Die wirkliche Pandemie ist die Gier, die enormen Gewinne dieser „Gesundheitssöldner“.
Wir sind nicht gegen die zu treffenden Vorbeugemaßnahmen der einzelnen Staaten. Aber wenn die Schweingrippe eine so schreckliche Pandemie ist, wie sie von den Medien angekündigt wurde, wenn die Weltgesundheitsorganisation um diese Krankheit so besorgt ist, warum wird sie dann nicht zum Weltgesundheitsproblem erklärt und die Herstellung von Generika erlaubt, um sie zu bekämpfen? Das Aufheben der Patente von Roche und Relenza und die kostenlose Verteilung von Generika in allen Ländern, die sie benötigen, besonders in den ärmeren, wäre die beste Lösung.

Montag, 2. November 2009

Angst, dass etwas passiert!


Es scheint so zu sein, dass Menschen Angst davor haben, dass etwas passiert, etwas, auf das sie nicht vorbereitet sind, etwas womöglich Schreckliches, Außergewöhnliches.

In Wirklichkeit ist es ganz anders:

Viele Menschen haben panische Angst davor, dass nichts passiert.

Ereignisse gibt es nur noch digital.
Und weil diese Angst schon längst ihre Wirklichkeit ist, weil in ihnen wirklich sich nichts mehr entwickelt, haben sie ständig Angst und halten diesen Zustand für normal.

Wie prophetisch der Titel des 1974 entstandenen Fassbinder-Films war: Angst essen Seele auf.

Sonntag, 1. November 2009

"HERBSTTAG" - Rainer Maria Rilkes Zwiegespräch mit Gott: Herr, es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß!




HERBSTTAG

Herr, es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
und auf den Fluren lass die Winde los.

Befiehl den letzten Früchten voll zu sein;
gib ihnen noch zwei südlichere Tage,
dränge sie zur Vollendung hin und jage
die letzte Süße in den schweren Wein.

Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
und wird in den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die letzten Blätter treiben.

Ist Rainer Maria Rilkes Ton in diesem 1906 geschriebenen Gedicht nicht sehr, vielleicht zu forsch gegenüber Gott?
Ist dieser zutiefst religiöse Dichter zu respektlos?
Und warum sollen Schatten kommen und Winde, warum bittet Rilke nicht um die goldenen Farben des Herbstes?

Des Rätsels Lösung liegt in dem Hinweis auf den großen Sommer und in dem Wunsch nach Vollendung. Früchte und Trauben spüren und wissen um den kommenden Wandel und müssen und wollen noch aufnehmen, was geht. Das Ende des Sommers ist fühlbar; es liegt in der Luft, auch in den Stürmen; die Schatten werden länger; alles atmet noch einmal bewusst und intensiv letzte sommerliche Lebensglut ein. Alle Steine, Pflanzen, Wesen, ja, die Erde atmet den Dank an die Sonne.
Es ist Erntedank. Er reicht weit in den November hinein.

Rilke weiß um die göttlichen Metamorphosen des Jahreszeitenwechsels; die Natur bedarf der reinigenden Stürme, sie bedarf zugleich der Schattenräume, um zur Ruhe zu kommen.
Leg ... lass ... befiehl ... gib ... dränge ... jage: Rilke gibt nicht Anweisungen; so ist es nicht. Er weiß um den göttlichen Wechsel. Vorausschauend spricht er an, was Gott in seiner Weisheit tut, wohlwissend, dass es gut ist, wie im Alten Testament Josef und wie im Neuen Testament die klugen Jungfrauen Vorkehr getroffen haben, damit die Heimkehr gelingen kann.

Immer ist auch der Herbst im Jahresverlauf vergleichbar dem Herbst des Lebens.
Der Sommer hat das Lebenshaus gebaut, im Herbst wird das Dach gedeckt, und zwar hurtig; dann muss noch der letzte Handwerker her.
Herbst und vor allem Winter können lang sein; sie sind aber vor allem für jenen ein Segen, der im Sommer nicht die Hände in den Schoß gelegt hat, sondern rege war, unterwegs, auf großer Fahrt, vor allem in seinem Inneren.
Dann füllen sich die Briefe, die Rilke anspricht, mit tiefem Sinn und ein ruhiges Gewissen ist Gefährte auf dem Gang durch die Allee des Lebens.

Du kannst dieses ruhige Gewissen auch Gott nennen.

Rainer Maria Rilke sagt Ja zu Gott:

Ja Herr, es ist Zeit.

* DEINE ZEIT *


mehr Rilke hier und hier