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Sonntag, 16. November 2008

Vom Wasser haben wir´s gelernt, vom Wasser ... Die vergessene Weisheit der Volkslieder



Die Bilder sind entnommen dem 1992 im Gondrom-Verlag erschienen Band
Die schönsten Volks- und Kinderlieder.

Im Rahmen der Wirklichkeiten der Wasser, denen wir uns bisher gewidmet haben, dem sinkenden Petrus nämlich und dem Kranken am Teich Bethesda, die Persönlichkeitsanteile von uns spiegeln, mag bewusst geworden sein, dass es ein äußeres Wasser gibt, wie es uns in Wasserfällen, Brunnen, Seen und Flüssen begegnet, in den Zellen unseres Körpers und natürlich auch aus dem Wasserhahn zu Hause; genauso aber auch gibt es ein inneres Wasser, das Wasser der Seele. Goethes Des Menschen Seele gleicht dem Wasser mag immer wieder als Beleg dienen, desgleichen unsere Ausführungen zu der Nachtmeerfahrt der Seele jenes Edelknechtes, den Schiller nahezu unsterblich gemacht hat.
Aber auch Teresa von Avila hat sich dahingehend in Die innere Burg geäußert:

Wie die Bächlein, die einer sehr klaren Quelle entspringen, rein und lauter sind, so ist es auch die Seele, die in der Gnade lebt. Dass ihre Werke den Augen Gottes und der Menschen wohlgefällig sind, hat seine Ursache nur darin, dass sie jener Quelle des Lebens entspringen, in welcher die Seele wurzelt, eingepflanzt wie ein Baum, der nicht die Frische und Fruchtbarkeit besäße, wenn sie ihm nicht von dorther zuflössen. Dies erhält ihn und macht, dass er nicht verdorrt und gute Frucht bringt. Entfernt sich eine Seele aus eigener Schuld von dieser Quelle und senkt sich in eine andere mit schwarzem Wasser von widerlichem Geruche ein, so ist auch alles, was aus ihr hervor­geht, nichts als Schmutz und Unheil.

Auch ein Tsunami ist eine seelische Realität, genauso wie manche Menschen einen Pazifik in ihrem Inneren leben, andere einen Neusiedler See ... Dazu in einem späteren Post.
Heute muss es um etwas eigentlich sehr Trauriges gehen, nämlich um die Tatsache, dass für den überwiegenden Teil unseres Kulturkreises mehr und mehr der Wert und die Bedeutung von Volksliedern aus dem Blickfeld gerät, ja eigentlich schon längst geraten ist.
In diesem Zusammenhang soll hier der Blick einmal weniger auf die Bedeutung des Melodiösen gerichtet werden; zu früheren Zeiten war man sich dessen bewusst, dass unseren Melodien ein kosmischer Sphärengesang korrespondiert und dieses Wissen finden wir u.a. bei Pythagoras, Kepler und Goethe, auch die Kabbala ist davon durchzogen.-

Im Folgenden wollen wir unser Augenmerk auf die Wirklichkeiten des Wassers richten, wie sie in den Volksliedern immer wieder ihren Ausdruck finden und sich prägend auf die Seelen der Menschen ausgewirkt haben.
Kein Computerspiel kann den Verlust von Märchen und Volksliedern ausgleichen. Beide zusammen haben die Seelen der Menschen gestimmt.
So weisen die Volkslieder darauf hin, dass der Mensch ständig sich auf einer inneren Wanderschaft befindet. Gleich die 2. Strophe von Das Wandern ist des Müllers Lust lautet deshalb:

Vom Wasser haben wir´s gelernt,
vom Wasser haben wir´s gelernt, vom Wasser.
Das hat nicht Ruh bei Tag und Nacht,
ist stets auf Wanderschaft bedacht,
ist stets auf Wanderschaft bedacht, das Wasser.

Wie wenig dieses Wissen verankert ist im Bewusstsein der Menschen zeigt sich unter anderem in Aussagen wie:
Du hast dich ja gar nicht verändert.
Wer nur auf das Äußere schaut, kann zu diesem Ergebnis kommen, aber er sagt zugleich damit, dass er kein Bewusstsein von der inneren Realität des Menschen besitzt; diese verändert sich ständig, denn das Bewusstsein des Menschen drängt zur Weiterentwicklung. Geschieht das nicht, dann gilt: Stillstand ist Rückschritt.
Desgleichen ist ein Wunsch wie Bleib, wie Du bist schlicht und ergreifend Unfug.
Freilich gibt es Menschen, die errichten Staustufen, die geraten in ein Kehrwasser, die schwimmen gegen den Strom den Fluss hinauf, die lassen sich in einer Uferböschung nieder; dort gibt es in der Regel einen Fernseher, einen Computer und ein Zauberland der Illusion, des schönen Scheins. Wenn man sich umdreht, sieht man das Wasser fließen und sagt zu sich: Wirklich, alles ist in Bewegung.
Vielleicht erinnert man sich sogar an die Schule, in der man einmal gehört hat von einem griechischen Philosophen, dessen Kernsatz gelautet haben soll: panta rhei - alles fließt. Und weiter soll jener Heraklit gesagt haben: Man kann nicht zweimal in denselben Fluss steigen.
Niemand kann einem anderen eigentlich also ernsthaft wünschen zu bleiben, wie er ist. Dann wäre seine Seele ein Tümpel, Brackwasser; es gibt ja auch kaum einen See, der nicht ständig von unten und oben gespeist wird durch Quellen und Regen, von Bächen und Flüssen und Strömen ganz zu schweigen. Wenn ich später in einen Fluss steige, ist sein Wasser ein anderes, wenn ich einen Menschen nur Stunden später wieder treffe, ist er ein anderer!
So wird des Menschen Seele ständig gespeist, und wer sich nicht dessen bewusst ist, der lässt sich speisen - fragt sich nur mit was.
Wir sollten ernster nehmen, mit was unsere Seele gespeist wird, darauf weist schon Teresa von Avila hin.
Für die höchste Speisung gilt, was für die Gralsburg und den Gral gilt. Die Gralsburg heißt Wilde Burg; damit ist zum Ausdruck gebracht, dass man nicht so ohne Weiteres hingelangt.
Dasselbe gilt für das Wasser des Lebens; von dem heißt es im Volkslied:

Und in dem Schneegebirge,
da fließt ein Brünnlein kalt;
und wer das Brünnlein trinket,
und wer das Brünnlein trinket,
wird jung und nimmer alt.

Ich hab daraus getrunken,
gar manchen frischen Trunk,
ich bin nicht alt geworden,
ich bin nicht alt geworden,
ich bin noch allzeit jung.

Weitere Strophen haben eine spätere Zeit hinzugedichtet und damit die Botschaft dieser zwei Strophen verwässert; diese wollen uns aufmerksam machen auf ein Wasser, das es nur in dieser reinen Umgebung gibt, in dieser leuchtend weißen des ewigen Schnees, der nun auf unserer Erde nicht von ungefähr mehr und mehr schmilzt bzw. sich zurückzieht.
Frühere Generationen haben mit dem Singen dieser Lieder einen Schatz in die Seelen gerade auch von Kindern gelegt. Nicht, dass hier eine Glorifizierung früherer Zeiten geschehen soll, doch manches hätten wir nicht so ohne Weiteres über Bord gehen lassen sollen - das betrifft zum Beispiel unsere Volkslieder.

Samstag, 8. November 2008

Alp-(T)Raum Schule: statt Sinnlehre Sinnleere, statt Gegenwart Flucht, statt Wertesubstanz Stoffüberfülle

In Jahrgang 12 und 13, den letzten beiden Jahren vor dem baden-württembergischen Abitur im Fach Deutsch haben die Schüler drei Werke zu lesen, zu verstehen und Interpretationsansätze kennenzulernen. Für das Abitur 2010 beispielsweise sind es zwei Erzählungen (Kafka: Der Prozess, Kleist: Michael Kohlhaas) und ein Schauspiel (Schiller: Die Räuber). In díesen Werken finden sich zahlreiche Passagen voller Gewalt von Menschen gegen sich selbst und andere; es findet sich kein Beispiel überzeugender Liebe in ihnen, dagegen Menschen, die unfähig sind zu kommunizieren, Väter, die keine Väter und Männer, deren weibliche Seite - um es beschönigend zu formulieren - am Hungertuch nagt. Es findet sich eine Ehefrau, die von ihrem Mann an existentiellen Entscheidungen nicht beteiligt wird und eine Geliebte, deren Geliebter sich vor ihr verleugnet und sie dann ermordet.
Ein Außenstehender könnte sich fragen, ob es nicht Werke gibt, die auch eine aufbauende Substanz beinhalten. Abgesehen davon, dass dies offensichtlich kein Kriterium in Bezug auf die Auswahl der Werke zu sein scheint, könnte man sich fragen, ob es in der deutschen Literatur nur noch kranke Menschen gibt oder nicht auch Menschen, die Probleme wie alle haben, aber Lösungen finden. Ist Literatur langweilig, wenn sie konstruktiv ist, wenn sie aufbauend ist, womöglich mit Menschen voll überzeugender Liebe?
Destruktives scheint Schüler am besten auf das Leben vorzubereiten.
Halt, da gibt es ja noch ein Sternchenthema "Liebe in der deutschen Lyrik".
Das ist bemerkenswert und erfreulich, ist es doch DAS Thema, das menschliches Leben lebenswert macht und geistiger Hintergrund des christlichen Abendlandes und fast aller Religionen auf der Welt ist, das alle Menschen bewegt und in seinen Mittelpunkt das perpetuum mobile kosmischer Energie stellt: die Liebe.
Und haben wir nicht in der deutschen Literatur Gedichte, die den Zusammenhang zwischen menschlicher und göttlicher Liebe auf fast traumhafte Weise ansprechen wie z.B. Goethes Marienbader Elegie, welche die Frage nach den Ursprüngen der Liebe aufwerfen wie Schillers Reminiszenz, die in den Mittelpunkt die Frage nach der Realität des Ewig-Weiblichen und der Walküren stellen wie Hölderlins An die Unerkannte, die die tatsächliche Realität der Liebe auf der Erde ansprechen wie Mörikes Peregrina-Gedicht Die Liebe, sagt man, steht am Pfahl gebunden oder Kästners Sachliche Romanze, die den versteckten Chauvi in den Vordergrund rücken wie Brechts Entdeckung an einer jungen Frau, die den Zauber der Volkslieder odes des Volksliedtons beschwören wie Mörikes Begegnung oder Ich hört ein Sichelein rauschen oder die Liebe zu sich selbst thematisieren wie Ingeborg Bachmanns Erklär mir Liebe ... die Liste ließe sich beliebig weiterführen mit all den Facetten, die Frauen und Männer unseres Sprachraums über Jahrhunderte hinweg thematisiert haben, von tollen Gedichten in Italienisch oder Englisch wie Michelangelos oder Shakespeares Sonetten, die man ergänzend einbringen könnte, gar nicht zu reden.
Voraussetzt das natürlich, dass wir mit den Jugendlichen uns austauschen über ihre Erfahrungen mit familiärer Liebe oder mit ersten Freundschaften und dass wir mit ihnen Quellentexte zu diesem Thema lesen, z.B. was Platons Diotima zu sagen hat, wenn sie Sokrates in Sachen Liebe unterweist, was Kahlil Gibran, einer der wohl zu diesem Thema meist gegoogelten Autoren ausführt, Krishnamurti, Paulus oder Moses als litarischem Zeugen des wohl für uns bedeutendsten göttlichen Liebesaktes, als Gott in Liebe den Menschen schuf. Da gäbe es die Möglichkeiten zu Auszügen aus Franz Alts Liebe ist möglích oder Fromms Die Kunst des Liebens, ja man könnte so weit gehen nachzuforschen, was so hochberühmte Denker wie Kant zu diesem Thema zu sagen hatten und müsste feststellen: seltsamer- oder bezeichnenderweise herzlich wenig.
Tatsächlich könnte es dann so sein, dass Jugendliche eine Vorstellung entwickeln, woher Liebe kommt, wohin sie geht, was sie im Leben bedeuten kann, durch was sie verhindert wird - man denke an die Bildnisproblematik Frischs -, was sie fördert oder ermöglicht ... ob Liebe auch in der Politik möglich ist, im Beruf, in der Schule, ob wir alle die gleichen Voraussetzungen haben, um Liebe zu verwirklichen und was uns dazu die Entdeckung der Spiegelneuronen Erhellendes sagen kann, nämlich, dass es genau so eben nicht ist ...
Das alles ist eigentlich notwendig, damit Jugendliche wissen, welche Dimensionen dieses Thema hat, das doch ihr Leben bestimmen sollte.
Spannend!
Wie sinnvoll!
Welch eine Vorbereitung auf das Leben ...
Welch eine tolle Thematik ...
Die Realität allerdings sieht ganz anders aus.
In den ca. 55 Schulwochen bis zum Abitur sind eben die zwei genannten Romane und das Theaterstück zu bearbeiten, ist zusätzlich ein Werk nach 1945 zu lesen, eigentlich sollte auch Goethes Faust, zumindest der erste Teil gelesen werden; es müssen die 5 Formen möglicher Themenstellungen im Abitur vorbereitet, in Hausaufgaben und Klassenarbeiten geübt und besprochen werden - und die sind nicht ohne -, eigentlich sollte auch eine Unterrichtseinheit zum Thema Reflexion über Sprache durchgeführt werden und Schüler haben zum Teil verpflichtende Referate zu halten oder Hausarbeiten anzufertigen.Damit ist noch nicht alles benannt. Zwar kann davon ein Thema, das für die schriftliche Abiturprüfung nicht relevant ist, in die Zeit zwischen schriftlichem und mündlichem Abitur gelegt werden, aber offensichtlich ist: Die zur Verfügung stehenden Stunden sind heillos überfrachtet, davon abgesehen, dass immer wieder einige ausfallen oder man eine Doppelstunde hat, vor der eine Mathematik-Klausur geschrieben wurde oder eine in den darauf folgenden ansteht: keine optimale Voraussetzung für gedeihlichen Unterricht.Um es kurz zu sagen:
Über Liebe wirklich zu sprechen oder über sie zu lesen: davon kann keine Rede sein.
Ich glaube ohnehin, dass von den Verantwortlichen die Thematik auch nicht ansatzweise so konzipiert ist, wie ich es oben beschrieben habe - es ist schlichtweg gar nicht möglich.
Ja, ich möchte behaupten, dass bei den Verantwortlichen gar kein Bewusstsein für die Dimensionen dieser Thematik besteht. Sonst könnte man nicht so lieblos mit Liebe umgehen, so fahrlässig, so bewusst-los.Die Zeit, um die Voraussetzungen zu schaffen, über dieses Thema sinn-erfüllt schreiben zu können, ist gar nicht vorgesehen.
Um Liebe kann es also nicht gehen.
Zwar könnte Deutsch mit Religion bzw. Ethik kooperieren, aber die Leitung muss in der Hand des Deutschlehrers bleiben, der sich die fehlende Zeit dennoch nicht stricken kann.
Was also lernen Jugendliche, wenn Erwachsene sie über Liebe schreiben lassen?
Für Liebe keine Zeit.
Dabei könnten sie lernen:
Liebe adelt Zeit!
Ich habe mit meinen Schülerinnen und Schülern einen Auszug aus dem Hohelied Salomos gelesen, einen Platon-Text, Kahlil Gibran ... und ich fand, es fanden interessante Gespräche statt, doch dann musste ich abrupt abbrechen, weil der zentral festgelegte Termin der ersten Deutsch-Klassenarbeit auf uns zukam, ich eine Hausaufgabe stellen und besprechen musste und erkannte, dass die meisten in den vorausgegangenen Klassen kaum eine wirkliche Gedichtinterpretation geschrieben hatten, was eigentlich hätte der Fall sein sollen; dabei müssen alle noch einen Gedichtvergleich in Sachen Liebe lernen ...
Da könnte Liebe zur Quälerei werden.
Um Liebe ging es wirklich nicht mehr ...
So wird dieses wertvolle Thema in unserem Schulsystem verunmöglicht, vergeudet, verschwendet, missbraucht.

Da hat Mörike wohl recht, wenn er schreibt:

Die Liebe, sagt man, steht am Pfahl gebunden,
Geht endlich arm, zerüttet, unbeschuht;
Dies edle Haupt hat nicht mehr, wo es ruht,
Mit Tränen netzet sie der Füße Wunden.


Und das Schlimme für mich ist: Meinem Eindruck nach ist das kaum jemand bewusst. Vielleicht ist es auch einfach egal ...
Von Liebe keine Spur.
Kein Raum, keine Zeit für Liebe.Kein Wunder, dass so viele Kinder aus diesen auch seelisch-geistig zumeist lieblosen Räumen hinauswollen, ja flüchten.Ist das nicht sogar eine gesunde Reaktion?

Mittwoch, 5. November 2008

Von den Wirklichkeiten des Wassers (II): Der sinkende Petrus - auch das sind wir!

Nie hätte Petrus gedacht, dass er einmal auf dem Wasser gehen würde, wiewohl er ein Typ Mann war, der sich eigentlich alles zutraute, der später, wenn er in eine Bredouille kommen wird, einem Soldaten ein Ohr abschlägt, der, wenn er ein Brot in die Hand nimmt, es spielend zum Brötchen macht.
Eben jedoch hat er noch gewaltig die Hosen voll, denn der Kahn, in dem er mit anderen Jüngern sitzt, schlingert gewaltig auf dem See und er weiß genau, dass für ihn als passioniertem Nichtschwimmer bei diesem Wellengang das Ufer kaum zu erreichen ist. Da, auf einmal, taucht auf dem Wasser ein Gespenst auf, das sich als Jesus entpuppt. 
Das nun imponiert Petrus gewaltig; so einfach auf dem Wasser zu gehen, das möchte er auch, und er sagt zu Jesus, er solle ihn zu sich kommen heißen. Diese Garantie nun wollte er doch haben, dass er sozusagen auf göttliche Aufforderung hin auf dem Wasser geht. Und tatsächlich sagt Jesus zu ihm: "Komm her!"
Dieses Geschehen hat eine reale  und eine symbolische Ebene.
Für erstere erhebt sich die Frage, ob sich alles wirklich so abgespielt hat. 
Eine Diskussion über diese Frage verstellt den Blick auf eine weitere, nächste Ebene, die wir erkennen, wenn wir Johann Wolfgang von Goethes Sicht auf die Wirklichkeit des Wassers verstehen, die er angesichts des Staubbachfalls im wunderschönen Lauterbrunnental niederschreibt:

Des Menschen Seele 
Gleicht dem Wasser ...

Wir wissen, dass bis ins Mittelalter hinein der Mensch in vier elementare Ebenen eingeteilt wurde: in die des Erdelements, die bis zu den Hüften sich erstreckte, die des Wassers - bis zum Solarplexus, der Luft (Brust, Lunge, Bronchien) und des Feuers, die also die Kopfzone erfasste.
Übrigens wurden auch die Evangelisten diesen Elementen zugeordnet:
Matthäus dem Element der Luft, welches in unmittelbarem Zusammenhang steht mit der Fähigkeit zu gedanklicher Kraft;
Markus dem des Feuers und dem Tierkreiszeichen des Löwen, was kein Wunder ist, leitet sich doch sein Name von dem lateinischen Gott Mars und seinen gewaltigen lichtvollen kriegerischen Kräften ab;
Lukas dem Element der Erde im Zeichen des Stieres und schließlich 
Johannes, ursprünglich im Zeichen des Skorpions dem Wasserelement zugeordnet. 
Dieser Jünger war der Lieblingsjünger Jesu, dessen Herzen er am nächsten lag, was in der Sprache der Bibel schlicht bedeutet, dass er dem großen göttlichen Herzen sich am meisten anverwandeln konnte. Johannes überwand die Gebundenheit an die Tierkreiszeichen, eine Aufgabe, von der auch Paracelsus spricht, wenn er meint, dass es gelte, den Himmel in uns zu reinigen. Nicht mehr in irgendeiner Form von den stellaren Konstellationen zum Zeitpunkt der Geburt abhängig zu sein, war das Ziel von Paracelsus, dem großen Arzt, und Johannes.
Das Zeichen des Adlers für den Lieblingsjünger Jesu weist auf seine Fähigkeit hin, Göttliches und Menschliches zu verbinden.

Zurück zu der Bedeutung des Wassers: 
Jesus ist der Meister des Wasserelementes, dem alle Gefühle zugeordnet sind. Ein Meister des Wassers kann in seine unendliche Tiefen tauchen, er kann darin schwimmen, er kann auf diesem Element gehen - wie er möchte. Alle Emotionen der Menschen sind ihm vertraut, nichts ist ihm unbekannt.
Die Symbolik des Auf-dem-Wasser-Gehens sagt uns: Jesus ist der Meister dieses Elementes, nicht sein Beherrscher, sondern sein Vertrauter.
Solange Petrus auf diesen Meister bei seinem Gehen über das Wasser schaut, ist er dessen Kraft und Fähigkeit teilhaftig. In ständigem Kontakt mit dem Meister ist er ein vollkommener Schüler.

In jenem Moment, als Petrus auf einmal diesen Windstoß, der da so heftig von der Seite kommt, spürt und meint, das Wasser kontrollieren zu müssen, indem er einen Blick seitwärts wirft, verliert er den Kontakt zu Jesus und säuft so schnell ab, dass er kaum mehr um Hilfe rufen kann.
Genau das geschieht uns tagtäglich, wenn wir zweifeln, wenn wir gespalten sind; denn das bedeutet Zwei-fel: in zwei gefaltet, gespalten zu sein.
Aller Zweifel zerreißt uns, trennt uns von uns selbst, von unserem inneren Kern, dem Himmel in uns.
Zweifel und Angst unterbrechen den Kontakt zum Göttlichen und schon trägt das Wasser nicht mehr; wir gehen in ihm unter. Strudel von Angst, von Neid,  von Hass und allen möglichen trüben Emotionen lassen uns in den Wassern der eigenen Seele schier untergehen. Und welche Erfahrungen man in den Tiefen des Wassers machen kann, hat niemand anders als Friedrich Schiller in seiner Ballade Der Taucher so überzeugend gestaltet.
Manche bleiben wie Narziss ewig an der Oberfläche, andere haben den Mut, die Seele zu erkunden.
Gut, wenn man wie der Edelknecht im Taucher mit einem goldenen Becher wieder auftauchen darf.

Wie wunderbar diese Verbindung zum Göttlichen sein und aussehen kann, wenn man unverwandt, wie Petrus zu Beginn, Jesus anschaut, hat die hochverehrte Ricarda Huch in einem der schönsten Sonette, die ich kenne, gestaltet:

Du warst in dieser götterlosen Zeit,
Wo trübe Träumer ohne Lichtgedanken
Wie leere Schiffe unterm Himmel schwanken,
Der Stern, der mich geführt hat und gefeit.

Die Spur, die du gegangen, zu betreten,
dass ich nicht irrte, war mein hohes Ziel.
Von irdischen Geschäften, Drang und Spiel
Trug mich empor das Glück dich anzubeten.

Wie nachts ein Segel steuernd heimatwärts
Der Leuchte zu die schweren Nebel spaltet
Und so gelenkt sich in den Hafen rettet,

Ging ich getrost, den Blick an dich gekettet,
Die Hände gläubig auf der Brust gefaltet,
Durch Flut und Dunkel an dein strahlend Herz.