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Mittwoch, 28. Dezember 2011

Das Herz kann denken, der Kopf aber kann nicht lieben ...

Im uralten Streit zwischen Herz und Verstand bringen es Kopfmenschen in der Regel zustande, dass sie Kopf gegen Herz ausspielen, einen Gegensatz aufbauen, Herz und Kopf einen Krieg führen lassen, den es gar nicht geben muss.
Wer will kopflos herumlaufen?
Wer will herzlos herumlaufen?
Niemand.
Niemand will das ein oder andere.
Sollte man meinen. Stimmt aber nicht.

In unserer Gesellschaft ist es so, dass Herzlosigkeit willkommen ist, denn sie ermöglicht die Durchsetzung menschenverachtender Ziele (meistens werden sie als ökonomisch notwendig ausgegeben). Herzlosigkeit ermöglicht, dass Geld die Welt regiert, dass Geld, wie es Claire Zachanassion in Dürrenmatts Besuch der alten Dame demonstriert  und formuliert, die Welt zum Bordell macht.

Wir leben in einer Zeit, die genau das dokumentiert. Es geht kaum mehr um anderes als um den Euro.
Alles ist eurotisch. Neurotisch eurotisch.
Eurotisch erotisch. Zwanghaft e(u)rotisch.

Kopflos dagegen darf man in unseren Gesellschaften nicht sein; das wird sanktioniert.

Kopflosigkeit fällt auf.
Herzlosigkeit nicht; sie ist die Norm.
Dabei kann eigentlich das Herz mehr als der Kopf. Das Herz kann denken; ja, es gibt ein Herzdenken. Der Kopf aber kann nicht lieben.
Nur, wenn ich so schreibe, dann genau werte ich. Und das tut weder dem Herzen noch dem Kopf gut.
Dann wird der Kopf aktiv, aber wie ...
Außerdem brauche ich ihn in der Schule, wenn ich in Ethik mit meinen Schülern Kant lesen muss. Den kann man nur mit dem Kopf verstehen; mein Herz legt auf ihn keinen Wert. Aber es sagt ja, um des lieben Friedens und Lehrplans willen.
Kant war ein großes Kind seiner Zeit. Seine Studenten liebten seine Vorlesungen. Aber er war hochneurotisch. Heute hätte man ihm die Bachblüten Crab Apple und Rock Water empfohlen; wenn er sie genommen hätte, hätte er manches nicht geschrieben; und vieles anders.

Lassen wir Herz und Verstand Bruder und Schwester sein.

Für mich gehören Herz und Verstand zusammen. Ich sehe keinen Gegensatz, keinen Streit.
Ich brauche manchmal den Kopf, um mein Herz zu verstehen.
Mein Herz warnt mich vor Menschen, mein Kopf sagt mir warum.
Mein Herz lässt mich Wege gehen, die ich nicht verstehe; dann frage ich meinen Kopf.
Und je mehr sie Hand in Hand gehen, desto mehr kann auch mein Kopf mein Herz mir verständlich machen.
Herzwege lassen mich manchmal kreuz und quer gehen, rückwärts und vorwärts. Wenn es gut geht, kann mir mein Kopf erklären, dass ich kreuz und quer gegangen bin, um jemandem aus dem Weg gehen zu können, rückwärts, weil auch mein Schicksal seine Zeit braucht und ich manchmal Zeit scheinbar verlieren muss, um ein Ziel zu gewinnen.

So ist das Herz.
Mein Herz, mein Löwe. Da stimme ich Ricarda Huch zu, die genau das gesagt hat.
Ohne den Löwen im Außen gäbe es in unserem Inneren kein Herz.
Deshalb ist der Löwe der König der Tiere.

Freitag, 23. Dezember 2011

An Weihnachten berührt der Himmel die Erde!

Vielleicht geht es Ihnen auch so, wenn Sie am Weihnachtsabend auf den Balkon, die Terrasse oder einfach ins Freie treten:
Es liegt ein Frieden in der Luft, der fast mit Händen zu greifen ist, eine Stille, so still, dass sie tief unsere Sinne berührt.
Joseph von Eichendorff hat sie empfunden, wenn er dichtet:


Und ich wandre aus den Mauern
Bis hinaus ins freie Feld,
Hehres Glänzen, heilges Schauern!
Wie so weit und still die Welt!


Doch man muss nicht unbedingt aufs freie Feld sich begeben, auch in der Großstadt ist diese Stille spürbar.
Sie ist jener Stille, jenem Frieden vergleichbar, den wir an jedem Sonntagmorgen erleben, wenn auch nicht so intensiv wie an Weihnachten; da emfinde ich diesen Frieden, diese Stille als ganz besonders. Nicht von ungefähr singen so viele Menschen an Weihnachten "Stille Nacht, heilige Nacht" und davon, dass der See still und klar ruhe. 
Wie Kinder, die gestillt werden, möchte unsere Seele an Weihnachten zur Ruhe kommen.


Sonntagmorgen und Weihnachtsabend


Wie gesagt, wir spüren jeden Sonntag in der Frühe, wie sehr doch werktags die Hektik unseres Lebens die Luft aufwirbelt, wie sehr sie unter der Woche die Unruhe unserer Zeit transportiert. Wir spüren den Kontrast. Und wir sind dankbar für den sonntäglichen Frieden. Wenn nämlich in den Menschen etwas zur Ruhe, in Frieden kommt, dann ist es auf dem Hintergrund der alltäglichen, gegenteiligen Erfahrung so wertvoll. 
Wir verstehen dann auch, warum es so katastrophal wäre, wenn der Sonntag ein Werktag würde - die Tendenzen, ihn zu vulgarisieren, sind ja unübersehbar - und nicht mehr dieser besondere Tag der Woche sein könnte. Es würde unserem wöchentlichen Sein das innere Zentrum fehlen, wie es in der Kreisgeometrie im Zusammenhang mit der Sieben sich spiegelt:


Die Symbolik des Kreises


Wenn wir bei einem Kreis - und es gilt für jeden Kreis - ein Drittel seines Kreisdurchmessers nehmen, können wir genau sieben Kreise in diesen Kreis mit Hilfe des Drittels seines Kreisdurchmessers zeichnen; der siebte Kreis aber liegt genau in der Mitte, von 6 Kreisen umgeben.
Dieses Bild versinnbildlicht die Bedeutung des Sonntags: Er ist jener siebte Kreis in der Mitte der sechs; er ist das innere Zentrum unseres wöchentlichen Seins, ein Tag der Besinnung, des Schauens.
In Bezug auf diese Besinnung haben sich selbst große Philosophen wie Karl Jaspers, neben Martin Heidegger einer der führenden Existenzphilosophen im Deutschland des vergangenen Jahrhunderts, geirrt, und zwar gewaltig geirrt. Er schrieb in seiner "Einführung in die Philosophie":


"Gott ist kein Gegenstand des Wissens, er ist nicht zwingend erschließbar. Gott ist auch kein Gegenstand der sinnlichen Erfahrung. Er ist unsichtbar, kann nicht geschaut, sondern nur geglaubt werden."


Gott kein Gegenstand sinnlicher Erfahrung?


Über unsere Sinne finden wir Sinn


Da bin ich ganz anderer Meinung und ich halte Karl Jaspers Meinung für eine der meistgeglaubtesten und irreführendsten Meinungen unserer Zeit; für mich ist es wirklich eine Meinung und keine Wahrheit. Genau mit den Sinnen erfahren wir Gott, wir erfahren ihn, wenn wir auf die Weite des Meeres schauen oder in der Bergwelt deren Wunder sehen. Jeder Wasserfall, jedes Bachglucksen kann uns von ihm erzählen.
Auch der Frieden, die Stille eines Weihnachtsabends erzählen auf diese sinnliche Weise von Göttlichem. Es ist dies kein Spezifikum von Weihnachten. Nur an Weihnachten spüren es viele Menschen, und auch wenn sie dieses Spürbare nicht einordnen können, dass nämlich der Himmel die Erde berührt, so ist es wichtig - für das ganze folgende Jahr. Denn immer wieder muss auch der kranke Gralskönig Anfortas - er symbolisiert den Menschen unserer Zeit - den Gral sehen, um am Leben bleiben zu können, bis sein Erlöser, Parzival, kommt, der nichts anderes ist, als sein eigenes neues Bewusstsein.
Dieses neue Bewusstsein beginnt mit Weihnachten, dort wird es geboren.
Davon, von diesem damit einhergehenden neuen Bewusstsein weiß wiederum Joseph von Eichendorff zu schreiben, der um dieses Berührtwerden, diese wiederkehrenden Hochzeit von Himmel und Erde weiß und in der dritten Strophe von Mondnacht davon schreibt:


Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.


Über den Konjunktiv zum Indikativ, über die Möglichkeit zur Wirklichkeit


Freilich traut sich dieser Romantiker nur den Konjunktiv II zu verwenden, wenn er davon schreibt, dass die Seele nach Hause fliegt. Ich glaube, für sich selbst weiß er, dass sie es tut.
Aber es ist wie mit der Schluss-Zauberformel der Märchen, wenn wir dort lesen:
Und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie noch heute.
Natürlich leben die Märchenfiguren heute. Wenn Menschen diesen inneren Prozess machen, den Märchenhelden vollziehen, dann lebt dieses neue Bewusstsein in ihnen, eben wenn die Prinzessin den Frosch gegen die Wand knallt und damit zu seiner und ihrer eigenen Erlösung beiträgt, wenn Schneewittchen wieder aufwachen darf und auch mit und in Dornröschen das neue Bewusstsein erwacht.
Nur möchten die Märchen, möchte Joseph von Eichendorff niemanden überfordern. Denn dass der Himmel die Erde berührt, das ist noch zu unwahrscheinlich für viele.
Und doch geschieht es immer wieder, gerade an Weihnachten. In dem Kind in der Krippe wird dieses Bewusstsein auf die Erde geboren, wiedergeboren. Ein Bewusstsein, das schon immer da war, aber nun, für jeden, der nach Bethlehem sehen mag, mit einer niemals vorher vorhandenen Intensität in sein Bewusstsein hineingeboren sein will. 
Ganz im Sinne des Angelus Silesius:


Wird Christus tausendmal in Bethlehem geboren und nicht in Dir:
Du bleibst doch ewiglich verloren.


Möge diese Zeit des Verlorenseins, die ewig anmuten muss, solange sie währt, für immer mehr Menschen für immer vorüber sein!


In Dir: Weihnachten ist ein Geschehen in uns!


Das Kind in der Krippe ist der puer aeternus der Mythologie, der Urgrund unseres Seins. Wir erfahren sein Bewusstsein nur in einem Stall, das heißt, wenn unser innerer Raum so frei von Ballast ist, wie es die Weihnachtsbilder der großen Maler zum Ausdruck bringen. 
Was sie allerdings bisweilen zeigen:
die Hirten; die benötigen wir:
ihre Andacht. 
Ebenso die Wertschätzung des Kindes; es sind die Heiligen Drei Könige in uns.


Und endlich hat dieser puer aeternus einen Namen bekommen: Jesus.


Ich wünsche meinen Lesern ein gesegnetes Weihnachtsfest.

Dienstag, 6. Dezember 2011

"Ich wachse gern!"

Ab und zu begegne ich im Schulhaus Kindern, die ich zwei Jahre lang unterrichtete und die jetzt in der 7. Klasse sind, in der sie neue Lehrer haben; manche sind mit ihren 12 oder 13 Jahren in die Höhe geschossen, dass ich nur so staune.
Heute aber habe ich etwas Besonderes erlebt: Ich begegnete einem Jungen, den ich seit dem Ende des letzten Schuljahres nicht mehr gesehen hatte - viereinhalb Monate sind seitdem ins Land gegangen, der schon immer recht groß für sein Alter war, mir mittlerweile aber ziemlich deutlich über den Kopf gewachsen war, ein wirklich lieber Kerl, offen und gerade heraus, immer freundlich und höflich, aber keineswegs angepasst höflich. (Ich nenne ihn mal Jonas).
"Mensch, Jonas", sage ich, "du bist ja auch gewachsen!"
"Ja", sagt er, "ich wachse gern!"
Für einen Moment war ich sprachlos.
Dieses Bekenntnis kam so spontan aus seinem Inneren, dass ich wusste, ja, dieser Junge wächst gern.
Ich gab ihm einen Klaps auf die Schulter und sagte einfach "klasse". Beide strahlten wir, als wir in unsere Richtungen weiterliefen, ich glaube, jeder mit einem Lächeln im Herzen.
Solch ein schönes Bekenntnis zum Leben habe ich selten gehört.

Sonntag, 27. November 2011

"Sei getrost, liebes Schwesterlein, und schlaf nur ruhig ein, Gott wird uns nicht verlassen" – eine märchenhafte Realität. Von Hänsel und Gretel lernen!


Obige Worte Hänsels, als seine Schwester Gretel und er gehört hatten, was die Stiefmutter dem Vater vorgeschlagen hatte, verraten ein Bewusstsein, das weit über das von Kindern hinausgeht.
In Hänsels Herzen ist bereits Advent. Da ist die Liebe und das Vertrauen in die Liebe bereits angekommen. Nur so auch können die beiden die schwerste Prüfung, denen Menschen ausgesetzt sind, überstehen: die Konfrontation mit dem personifizierten Bösen. 
Hänsel und Gretel repräsentieren Menschen auf dem Weg. Und wenn man so will, sind Hänsel und Gretel Teile von uns. Beide in jedem von uns. Wir brauchen die Zuversicht Hänsels, wir brauchen aber auch die Angst Gretels und ihr Raffinesse, mit deren Hilfe beide zu überleben vermögen und die Personifikation Diabolos überwinden, die Hexe.

Mehr dazu hier unter der Überschrift "Wer A sagt, muss nicht B sagen". – Hilfen aus dem Hänsel-und-Gretel-Märchen gegen die Macht des Bösen.

Mittwoch, 23. November 2011

Meine Seele ist betrübt bis an den Tod; bleibet hier und wachet mit mir!

In der letzten Woche habe ich in Ethik mit Schülern meines Kurses über Alleinsein und Einsamsein gesprochen.
Über die Tatsache, dass es Menschen gibt, die kontaktarm sind und aus den unterschiedlichsten Gründen keinen Anschluss finden; auch darüber, dass es Phasen im Leben gibt, in denen sich viel verändert, auch der Bekannten- und Freundeskreis und man eine Phase durchstehen muss, in der man eher allein ist.
Und dass es wertvoll sein kann, allein zu sein.
Aber eben auch schwierig, deutlich in dem Gedichtanfang von Rainer Maria Rilke: Ausgesetzt auf den Bergen des Herzens ...
Ich finde das einfach nach wie vor beeindruckend, wie Rilke eine Landschaft als Seelenlandschaft verwendet, um einen seelischen Zustand zu übermitteln.

Bevor wir uns in dieser Woche Camus` Mythos vom Sisyphos gewidmet haben - dieser tragische Held ist ja verurteilt, ganz alleine Tag für Tag und Nacht für Nacht seinen Stein auf den Berg zu wuchten, von dem er mit größter Gewissheit wieder nach unten rollt -, sprachen wir darüber, dass es auch ein Alleinsein, eine Einsamkeit gibt, die eine Stufe in der Entwicklung eines Menschen sein kann. In diesem Zusammenhang haben wir einen Bibelauszug aus dem Matthäusevanglium gelesen, in dem berichtet wird, wie es Jesus im Garten Gethsemane erging.
Den Tod vor Augen bat er seine drei Jünger, die ihn begleiteten - es waren Petrus, Johannes und Jakobus -, mit ihm zu wachen. Doch dreimal schliefen sie ein.
Schwach, denkt man. Nicht einmal in dieser Nacht, in der es ihrem geliebten Freund und Meister so schlecht geht, bringen sie es fertig, wach zu bleiben.
Was mir aber bewusst wurde:

Sie hatten, glaube ich, keine Chance, wach zu bleiben.
Die Macht des Bösen ist so stark, dass es jeden Menschen auf dieser Erde förmlich zwingt, einzuschlafen.
Es sei denn, er wäre den Weg Jesu schon gegangen und hätte sein Kreuz nach Golgatha getragen. Dann hätte er sein Ego gekreuzigt.

Solange wir Menschen Ego-Anteile haben, von Machtdenken, Neid, Eifersucht, Häme, Selbstmitleid und anderem beeinflusst sind, haben wir Einfallstore für dunkle Kräfte. Kräfte, die sich unter anderem aus dem kollektiven Unbewussten der Menschheit speisen und unglaublich stark sind.
Man muss dieses Einschlafen nicht werten. Es ist nicht schlimm. Es ist.
Die Jünger wären gerne NICHT eingeschlafen. Es waren keine Schwachmathiker; sie waren auf dem Weg zur Liebe.
Ich bezweifle jedoch, dass sie wirklich eine Wahl hatten.
Vielleicht hätten wir eine, weil wir um Gethsemane wissen.
Dann bliebe Jesus oder ein Mensch wie Jesus nicht allein.

Wie tragisch ist es, wenn man einem Freund und geliebten Menschen helfen möchte und es nicht kann, weil man einschlafen muss.
Befreien können wir uns durch diesen Weg, den Jesus ging, den Kreuzweg. Nicht die Liebe wird hier gekreuzigt - so ist es nicht angemessen formuliert, sondern die Liebe, die das Ego zu Kreuze trägt, damit es sterben kann.
Vor aller Augen.
Für alle Augen.
Es ist die große Leistung und Mission von Jesus, dass er den Menschen gezeigt hat: Das Ego ist euer Kreuz; das gilt es zu kreuzigen, damit ein neues Bewusstsein auferstehen kann.
So wissen Menschen, was sie tun können, um ihrer Liebe zum Sieg verhelfen zu können.
Damit sie nicht mehr schlafen muss. 
Dazu müssen wir unser Ego auf die Schädelstätte tragen.

Inmitten seiner inneren Kämpfe im Hinblick auf seinen nahenden Tod musste Jesus auch noch seine Jünger mehrfach wecken, um sie zu bitten, doch mit ihm zu sein.
So ergeht es der Liebe:
In solch einer Situation ist sie ganz allein.
Scheinbar.
In Wirklichkeit ist sie es nie.
Auch die Liebe in uns ist nie allein.
Es ist gewiss so, dass der ganze Himmel bei ihr ist.
Deshalb konnte Bonhoeffer schreiben:
Von guten Mächten wunderbar geborgen,
erwarte ich getrost, was kommen mag ...

Samstag, 19. November 2011

Heirate keinen Muslimen, wenn Du Pfarrerin in Baden-Württemberg werden willst!


Denn wisse: Das im Neuen Testament von Jesus als dezidiert neues Gebot ausgewiesene Gebot der Liebe gilt nicht für die Liebe zwischen einer evangelischen Pfarrerin und einem Muslimen. Hier gilt das Gesetz, insbesondere das Württemberische Pfarrdienstrecht.
Wo kämen wir da hin, wenn Liebe überkonfessionell wäre und auch noch Recht bricht.

Liebe als geistliche Basis genügt der Kirche nicht!

Nicht einmal ihr Vikariat darf nun die Vikarin Carmen Häcker nach ihrer Heirat mit einem Bangladeshi zu Ende bringen; das hätte ihr wenigstens eine Anstellungsmöglichkeit in einem anderen Bundesland offen gelassen, dessen Evangelische Kirche einen dehnbareren Liebesbegriff kennt als den in der Evangelischen Amtskirche Baden-Württembergs vorhandenen. Denn im Schwobeländle müssen Pfarrer und Pfarrerinnen einen Partner heiraten, der auch evangelisch ist, zumindest aber der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen angehört.
Der Grund für diese Bestimmung ist, dass ein Ehepaar eine gemeinsame geistliche Basis brauche, um den Belastungen des Pfarrberufs gewachsen zu sein. 
Die Liebe zweier Menschen zueinander genügt einer Kirche nicht!

Fröhliche Weihnachten!

Zum 31. Dezember 2011 ist Carmen Häcker aufgrund ihrer Hochzeit mit Md Monir Khan entlassen.
Ein ziemlich christlicher Zeitpunkt!

Jeden Tag mit einem Gottlosen am selben Tisch, im selben Bett !

Liebe genügt also als gemeinsame geistliche Basis nicht.
Was gibt es Wertvolleres?
Vermutlich wissen der Oberkirchenrat und seine geistigen Wasserträger mehr als Gott. Jedenfalls bleibt die Antwort auf obige Frage wohl das Geheimnis der Amtskirche, die verantwortlich ist für das Württembergische Pfarrdienstrecht und seine kompromisslose, um nicht zu sagen: gnadenlose Umsetzung.

Man stelle sich das auch mal vor: Eine Pfarrerin verheiratet mit einem Muselmann. Wie soll sie von Liebe baden-württembegischer Prägung predigen? Wie soll sie ihren Dienstgeschäften nachkommen können, wenn sie jeden Tag mit einem Gottlosen am selben Tisch sitzt und - noch schrecklicher - das Bett teilt?
Er hat ja entweder keinen Gott oder nicht den richtigen, sonst dürfte ja alles kein Problem sein.

Nein, solche Pfarrerinnen und Pfarrer kann Jesus nicht gewollt haben. Bedauerlicherweise hat er es versäumt, sich präziser auszudrücken.
Gesagt hat er: Ein neu Gebot habe ich euch gegeben: Das ihr euch untereinander liebet. 
Vergessen hat er offensichtlich zu sagen: Dieses Untereinander gilt nur für Christen. 
Für Hindus, Muslime und Ähnliches gelten Sonderliebesregelungen.

Die Evangelische Landeskirche Baden-Württembergs weiß, wie Jesus wirklich denkt und das wissen übrigens auch eine Mehrheit von Baden-Württembergern, die sich an einer Umfrage des SWR-Fernsehens am Freitag beteiligten; sie fanden die Entscheidung der Landeskirche richtig.
Gott sei Dank muss man diese Umfrage nicht als repräsentativ ansehen.

Noch peinlicher als obiger Umstand der Entlassung ist - und solches Verhalten sind wir ja aus der hohen Politik gewohnt - wie sich die Protagonisten der Landeskirche winden.
Anstatt dass sie sagen: 
* Ja, unser Kirchenrecht ist leider antiquiert. Eigentlich begrüßen wir die Ehe von Pfarrerinnen und Pfarrerinnen mit nicht-christlichen Konfessionen, wissen wir doch, dass der Geist Christi überkonfessionell ist und eine Bewusstseinsstufe beinhaltet, die nicht an Konfessionen gebunden ist. 
* Ja, wir wissen, dass dies uns Menschen vorgelebt haben wie z.B. Fatuma Abdulkadir Adan und Mahatma Gandhi, der als Hindu die Bergpredigt wie kaum etwas anderes schätzte.

Stattddessen ihr unwürdiges Weicheiern, das mehrfach nachzulesen ist, unter anderem hier.

Schade im Übrigen, dass die Kirche ihren eigenen Sakramenten misstraut.
In diesem Fall dem Sakrament der Ehe!
Und das ganz besonders im Hinblick auf ihre eigenen Pastorinnen und Pastoren!

Ja, Fatuma Abdulkadir Adan hat gerade den Stuttgarter Friedenspreis erhalten. Täglich riskiert die 33-jährige Rechtsanwältin in der kenianisch-islamischen Männergesellschaft ihr Leben und organisiert - orthodoxen Muslimen eigentlich unvorstellbar - für Mädchen und Frauen Fußballturniere unter dem Motto:
Wir zielen, um Tore zu schießen, nicht um zu töten.
Die Kenianerin ist als Muslima die personifzierte Provokation für alle Imame. Sie ist das grässliche Töten unter den Ethnien ihres Landes leid und bringt die Frauen der verfeindeten Stämme unter anderem mittels des Fußballspielens zusammen.
Nun stellen Sie sich vor: Diese Frau verliebt sich in einen evangelischen Pfarrer und wollte ihn heiraten, sie, die wirklich Liebe lebt und so vieles im Sinne Jesu mutig tut.

Geht nicht! 

Die Todeslisten der Neonazis

Neuerdings wissen wir, dass, wer entsprechende Gedanken äußert und vielleicht auch solche Zeilen wie hier schreibt, Gefahr läuft, auf neonazistische Todeslisten zu kommen.
Wie dringend braucht gerade unsere Zeit auf dem Hintergrund des aktuell sich herauskristallisierenden neonazistischen Treibens gelebte Toleranz, den Respekt vor dem  Anderen.
Was könnte eine Heirat zwischen einer evangelischen Pfarrerin und einem Muslimen ein lebendiges Zeichen der Liebe sein!! Der Toleranz! Des Miteinander!

Dabei wäre eine Heirat zwischen einer evangelischen Pfarrerin und einem Muslimen gar kein Zeichen von Toleranz. Sie ist eine Selbstverständlichkeit; es ist eine Selbstverständlichkeit, dass ein evangelischer Pfarrer eine Muslima heiraten können muss und eine evangelische Vikarin einen Muslimen.
232 Jahre ist jetzt die Uraufführung von Gotthold Ephraim Lessings Nathan der Weise her. In diesem Theaterstück geht es um gelebte Toleranz zwischen Religionen und um die Tatsache, dass allen Religionen ein gemeinsamer Kern zugrunde liegt. Wir schreiben 2011 und müssen solch eine Diskriminierung der Ehe mitansehen, müssen mitansehen, wie ein Muslim diskriminiert wird. Denn wie ein Liebender sich vorkommt, dem im Vorhinein schon attestiert wird, er könne seine Frau in ihrem Beruf nicht angemessen unterstützen, kann man sich wohl vorstellen.

Ganz offensichtlich hat die Evangelische Kirche aus den Austrittswellen nichts gelernt.

Im Baden-Württembergischen Weinberg des Herrn - evangelischer Provenienz jedenfalls - zählt ein Gesetz, das von Liebe nichts weiß !

Gott sei Dank gibt es Menschen, die der Liebe vertrauen!

Freitag, 11. November 2011

"Ich verliere einen Freund und in demselben die Hälfte meines Daseins"! - Zu Schillers Tod.

Obigen Satz schrieb Goethe am 1. Juni 1805, nachdem er selbst über längere Zeit krank gewesen war. Man kann ihm entnehmen, wie sehr ihm Schiller ans Herz gewachsen war, wie viel ihm der Gedankenaustausch mit diesem kongenialen großen Geist, dessen Wertvollstes vielleicht nicht einmal die großen Dramen oder Balladen, sondern seine ästhetischen Schriften sind, bedeutete. Letztere sind für uns Heutige zum Teil schwer lesbar, doch sagen sie so Wertvolles und Wegweisendes über Ansprüche, die das Leben bezüglich Verhalten und Einstellung an uns richten will, gerade jener Brief über "die ästhetische Erziehung des Menschen".

Schiller starb vermutlich an einer akuten Lungenentzündung. Zehn Tage nach seinem Tod teilte der weimarische Hofmedikus und Leibarzt Wilhelm Ernst Christian Huschke seinem Herzog das Ergebnis einer am 10. Mai durchgeführten Obduktion mit, und er spricht davon, dass sich »folgendes Merckwürdige« ergeben habe:

1) Die Rippenknorpel waren durchgängig und sehr starck verknöchert.
2) Die rechte Lunge mit der Pleura [dem Rippenfell] von hinten nach vorne u. selbst mit dem Herzbeutel ligamentartig [in fester Verbindung] so verwachsen, daß es kaum mit dem Messer gut zu trennen war. Diese Lunge war faul u. brandig, breiartig u. ganz desorganisirt.
3) Die lincke Lunge beßer, marmorirt mit Eiterpunkten.
4) Das Herz stellte einen leeren Beutel vor u. hatte sehr viel Runzeln, war häutig ohne Muskelsubstanz. Diesen häutigen Sack konnte man in kleine Stücken zerflocken.
5) Die Leber natürl. nur die Ränder brandig.
6) Die Gallenblase noch einmal so groß als im natürl. Zustande u. strotzend von Galle.
7) Die Milz um 2/3 größer als sonst.
8) Der vordere concave Rand der Leber mit allen nahe liegenden Theilen bis zum Rückgrad verwachsen.
9) Die rechte u. lincke Niere in ihrer Substanz aufgelößt u. völlig verwachßen.
10) Auf der rechten Seite alle Därme mit dem Peritoneum [Bauchfell] verwachsen.
11) Urinblase u. Magen waren allein natürl.
Huschkes Kommentar: »Bey diesen Umständen muß man sich wundern, wie der arme Mann so lange hat leben können.« (NA 41 II A, Nr. 535.)

Ich habe dies hier im Zusammenhang mit einem Post wiedergegeben, im Rahmen dessen es um die Macht unseres Geistes geht. 

Wie lange hätte dieser Mann sonst in diesem Zustand leben können, wenn ihn nicht sein Arbeits- und Lebenswille, seine Frau und seine Dankbarkeit gegenüber dem Weimarer Hof, der ihm gerade sein Salär nochmals verdoppelt hatte, nun auf 800 Taler, wofür Schiller unendlich dankbar war, am Leben gehalten hätten.

Samstag, 5. November 2011

Tierheim Wannigsmühle in Not! – Wie Sie mit Hilfe einer Good Bank helfen können!

Von über 19 000 Vereinen, die sich beteiligt haben, rangierte am Ende das Tierheim Wannigsmühle auf Platz 5598. Immerhin! Wenn auch weit von einem Platz entfernt, der 1000 Euro gebracht hätte.
Dennoch ein Danke all denen, die mit abgestimmt haben. Ich bin sicher, Ihr seid Eurem Herzen gefolgt, und alles, was wir in diesem Sinne tun, bahnt diesen Weg des Herzens.
Im Grunde braucht man keinen anderen Pilgerweg als nur diesen.

Es gibt nicht nur Cannes, Berlin, Athen, Merkel, Papandreou und die Frankfurter Börse - nein, es gibt auch noch den Nachbarn, den Blick über den Zaun, unseren Nächsten und sei es ein Tier ganz im Sinne Franz von Assisis:
Gott wünscht, dass wir den Tieren beistehen, wenn es vonnöten ist. Ein jedes Wesen in Bedrängnis hat gleiches Recht auf Schutz.
Es gibt wirklich - was man, wenn man täglich die Nachrichten verfolgt, kaum mehr glauben mag - nicht nur notleidende Banken, die weltweit immensen Arten-Schutz genießen, werden sie doch allein in Europa mit bis zu einer Billion per EFSF gehebelt (schließlich werden bekanntlich  ja sie und nur vordergründig die Staatshaushalte gerettet), sondern es gibt auch notleidende Tiere und notleidende Helfer.
Denn sie leiden mit, jene Helfer, die ihren Tieren helfen wollen und denen das Geld ausgeht.

Ein Tierheim möchte ich Ihnen ans Herz legen und bitten, Ihre Stimme für es abzugeben im Rahmen einer Aktion, die, um sie einschätzen zu können, es notwendig macht, dass ich Folgendes vorausschicke:

Tatsächlich gibt es nicht nur Bad Banks, sondern auch Good Banks; eine davon ist die ING-DiBa, die seit 2005 in Zusammenarbeit mit der Unicef das Projekt "Schulen für Afrika" mit 600 000 Euro unterstützt hat oder auch den Rollstuhlbasketball über den Deutschen Rollstuhlverband unterstützt und in 150 Ländern weltweit aktiv ist.
Auch in Deutschland, und in dem Zeitraum vom 4. Oktober bis zum 15. November im Rahmen einer Aktion, in der die Bank 1000 Vereine mit jeweils 1000 Euro unterstützt.
Deutschland hat eine ausgeprägte Vereinskultur, die unser soziales Gefüge maßgeblich mitträgt.
Ich glaube, jede Stimme, mit der Sie einen Verein unterstützen, stärkt den vielen Ehrenamtlichen den Rücken und gibt ihnen Kraft, Kraft, die unter anderem notwendig ist, um gefährdete Jugendliche von der Straße zu holen oder sie grundsätzlich einer sinnvollen Betätigung durchzuführen.

Das tut das Tierheim Wannigsmühle in der Nähe von Münnerstadt, 50 Kilometer nördlich von Schweinfurt gelegen mit seiner Tierschutzjugendgruppe und seinen Ferienprogrammen für Kinder und Jugendliche.
Seit Jahren ist es existentiell gefährdet, denn so ein Tierheim bedarf im Jahr mindestens 380 000 Euro für den Unterhalt, die Pflege und medizinische Versorgung seiner ca. 200 Katzen und vieler anderer Tiere sowie der Bezahlung seiner fest angestellten Mitarbeiter. 2010 - wie schon im Jahr zuvor schlingerte es knapp am Exitus vorbei. Nur eine Veröffentlichung in der Saale-Zeitung konnte die 50 000 Euro beibringen, die das Tierheim vor dem Aus bewahrten - sie wurden dann von einer Person übernommen :-))
Nun aber zu der Aktion, mit der Sie dem Tierheim wertvolle 1000 Euro sichern können, wobei Sie ihm eine Stimme geben können, dies aber auch noch zweimal wiederholen können, denn man darf auch drei Stimmen auf einen einzelnen Verein vereinen. – Das fände ich natürlich klasse, wenn Sie das für dieses Tierheim tun.
Am besten, Sie gehen gleich auf diesen Link,  klicken dann auf die linke Spalte, also auf Kreistierschutzverein Bad Kissingen e.V., und lassen sich dann durch das Abstimmungsverfahren führen, wie gesagt, vielleicht dreimal - das wäre super.
Sie können auch auf der ING-DiBa-Seite über den Button Über uns zu FAIRantwortung gelangen, um dann unter DiBaDu und Dein Verein auf mitmachen zu klicken. Dort geben Sie unter Verein suchen nur die Postleitzahl 97702 ein, mehr nicht . Dann gelangen sie zum Tierheim Wannigsmühle (Kreistierschutzverein Bad Kissingen).
Vergessen wir nicht: Wir geben auch denen, die sich - ob bezahlt oder ehrenamtlich - dort engagieren mit unserer Stimme Unterstützung und Kraft. Und schließlich ist es ja so, dass immer dann, wenn wir Freude und Unterstützung geben, wir selbst ein Stück weit gesundern werden.
Solche Aktionen tun uns gut - und unserer Erde, ganz im Sinne Albert Schweitzers:
Solange ich zurückblicken kann, habe ich unter dem vielen Elend, das ich in der Welt sah, gelitten. Unbefangene, jugendliche Lebensfreude habe ich eigentlich nie gekannt, und glaube, dass es vielen Kindern ebenso ergeht {...} Insbesondere litt ich darunter, dass die armen Tiere so viel Schmerz und Not auszustehen haben.Wo irgendwie das Tier zum Dienst des Menschen gewzungen wird, muss jeder von uns mit den Leiden beschäftigt sein, die es um dessentwillen zu tragen hat.Finden sich Menschen, die sich gegen den Geist der Gedankenlosigkeit auflehnen und als Persönlichkeit lauter und tief genug sind, dass die Ideale ethischen Fortschritts als Kraft von ihnen ausgehen können, so hebt ein Wirken des Geistes an, das vermögend ist, eine neue Gesinnung in der Menschheit hervorzubringen.
Veröffentlicht auch in FreieWelt.net

Mittwoch, 2. November 2011

Über den Schwabenstein, einen Suevit, und unsere viereinhalb Milliarden Jahre alte Mutter Erde


Heute bin ich extra nochmal vorbei, bei meinem Schwabenstein, von dem ich gestern kurz berichtete. Vor lauter Ehrfurcht hatte ich ihn vergessen zu berühren.
Und das wollte ich doch schon immer mal: etwas anfassen, etwas berühren, was 15 Millionen Jahre alt ist.
Unvorstellbar eigentlich: Man lehnt sich an etwas an, setzt sich auf etwas, betastet es, und dieses ES existiert seit fast 15 Millionen Jahren.
Immerhin hat man dieser Kostbarkeit eine Tafel gewidmet:



Ehrlich gesagt wundert es mich, dass man solch ein Geschenk irgendwo in der Pampa versteckt an einem Wegchen, das kaum jemand läuft - und ich nur per "Zufall".
Jedenfalls freue ich mich, diesen Stein um die Zeit von Allerheiligen getroffen zu haben. Das hat mir bewusst werden lassen, dass, wenn ich mich auf den Erdboden setze, ich auf etwas Platz nehme, was seit ungefähr - heutigen Schätzungen zufolge - 4,5 Milliarden Jahren existiert; erst eher gasförmig und dann recht flüssig, aber dennoch 4 500 000 000 Jahre. Und heute sehr kompakt. Es lässt sich gut drauf gehen; wie sehr hab ich das in den letzten Tagen genossen!


Allein schon deshalb sollten wir mehr Respekt vor Mutter Erde haben.
Übrigens: Diesen Stein als Schwabenstein zu bezeichnen, finde ich echt originell, leitet sich Suevit doch von Suevia ab, dem lateinischen Namen für Schwaben - und das Nördlinger Ries, wo er seine Weltraumreise beendete und eine neue Heimat fand, gehört nun einmal zum Land der Sieben Schwaben.
Ich vermute, ich gehe bei meinem Schwabenstein immer mal wieder vorbei und lasse mir von ihm etwas erzählen; er hat ja viel mitgemacht! Durch ihn ist mir zudem einiges bewusst geworden, gerade auch im Hinblick auf Mutter Erde, und ich bin im Grunde gar nicht undankbar, dass er ziemlich seitab liegt; so haben wir beide wenigstens unsere Ruhe, wenn wir miteinander reden :-))




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Buchveröffentlichung Gedichtinterpretationen gestalten lernen
Für Oberstufenschüler und alle, die verstehen möchten, auf 
welche Weise Inhalt und Form von Gedichten in unsere 
Tiefenstruktur hineinwirken. - Mehr unter diesem LINK

Dienstag, 1. November 2011

Mein Allerheiligen

Erst diese herrliche Natur um das Erntedankfest herum und nun, in den letzten Tagen, war die Erde so, als ob das Göttliche sich selbst hineingegossen hätte:



















Ich habe so viele Bilder gemacht, so viele so traumhaft ...





















Selbst am Wegrand fand ich die Sonne (obwohl dort immer wieder Traktoren fahren, hat sie überlebt ...)


Und schließlich hab ich zwei fotogene neue Freunde kennengelernt, sie blieben etxtra lange, damit ich sie fotografieren kann :-)


Vor allem er wollte gar nicht mehr weg ...


Und dann der krönende Abschluss, verbunden mit der Frage an dich - rat mal: 
Wie alt ist dieser Stein?
Auflösung demnächst!



Sonntag, 23. Oktober 2011

Der Herbst des Einsamen - Georg Trakls Sicht dürfen wir transformieren.


      Georg Trakl (1887-1914)
 Der Herbst des Einsamen

Der dunkle Herbst kehrt ein voll Frucht und Fülle,
Vergilbter Glanz von schönen Sommertagen.
Ein reines Blau tritt aus verfallener Hülle;
Der Flug der Vögel tönt von alten Sagen.
Gekeltert ist der Wein, die milde Stille
Erfüllt von leiser Antwort dunkler Fragen.
Und hier und dort ein Kreuz auf ödem Hügel;
Im roten Wald verliert sich eine Herde.
Die Wolke wandert übern Weiherspiegel;
Es ruht des Landmanns ruhige Geberde.
Sehr leise rührt des Abends blauer Flügel
Ein Dach von dürrem Stroh, die schwarze Erde.
Bald nisten Sterne in des Müden Brauen;
In kühle Stuben kehrt ein still Bescheiden,
Und Engel treten leise aus den blauen
Augen der Liebenden, die sanfter leiden.
Es rauscht das Rohr; anfällt ein knöchern Grauen,
Wenn schwarz der Tau tropft von den kahlen Weiden.


Respekt gebührt diesem sensiblen Dichter, dessen Seele so tief verletzt war und dessen Weise, sterben zu müssen, wir alle bedauern - ich habe an anderer Stelle darüber geschrieben.
Dennoch wollen wir uns - wenn es nach mir geht - seinen Gedanken, vor allem den Schlussgedanken, nicht anschließen, gründen sie doch auf seinem Leben- und Sterbenmüssen, das stellvertretend für das noch anderer unglücklicher Menschen steht.

Auch in diesem Herbstgedicht, wie in vielen Traklgedichten, finden wir Töne, die unsere Seele tief berühren, weshalb es wert ist, dass sie Beachtung finden.
Da findet sich der Topos des Fluges der Vögel, von dem wir wissen, dass er tiefe Geheimnisse enthält, die uns Modernen verschlossen sind und die wir nur dunkel ahnen. Wir wissen um die Geheimnisse der Sagen, der alten Sagen, deren Wissen uns so tief bereichern kann und es momentan nur unbewusst tut.
Auch sprachlich berühren Trakls Worte, und dies geschieht ja fast immer auf einer unbewussten Ebene: Wir finden die Zwillingsformel Frucht und Fülle, die zugleich als Alliteration wirkt, wir finden Gekeltert und Erfüllt, inversiv, das heißt, abweichend vom normalen Satzbau, als parallel gestellte Partizip-II-Konstruktionen am Zeilenanfang, auf uns wirkt die milde Stille als assonanter Binnenreim, Alliterationen wie die Wolke, die über den Weiherspiegel wandert, die zugleich auch eine Personifikation beinhaltet, wie das ebenso  von des Abends blauem Flügel gesagt werden kann, der dadurch ein besonderes Leben erhält.
Da sind zugleich auch ganz besonders die Farbklänge, die um DIE Farbe des Expressionismus kreisen, um das Blau.
Trakl weiß um dessen Geheimnis: Das Blau, das wir auch als Farbe der GottesMutter Maria kennen, befreit sich in die Stille hinein, wenn alles lautere Farbenspiel der Hitze, des Sommers zurücktreten konnte. Wir kennen viele Blautöne, kennen das Himmelsblau, das Blau des Meeres, sprechen davon, dass der Morgen blaut; wir dürfen ganz besonders um das stille Blau wissen.
Bei Trakl tritt dieses stille Blau als reines Blau hervor und bei ihm ist es nicht der Morgen, sondern der blaue Flügel des Abends, der menschliche Gefilde berührt; es sind die blauen Augen der Liebenden, von denen er spricht.
Wir spüren aber in allem zarten Ton eine leise und doch dringliche Not: die Hülle ist verfallen, es gibt dunkle Fragen, die Herde verliert sich, Liebende leiden, Stroh ist dürr, Stuben sind kühl, es fällt ein knöchernes Grauen an, das den Blick öffnen will, hin zu Gevatter Tod; nicht von ungefähr ist von schwarzem Tau die Rede, der von kahlen Weiden tropft.

Bei dieser Sicht der Dinge darf der Mensch nicht stehen bleiben, sonst versäumt er es aufzumerken, dass der November ein Monat der Wandlung ist, der uns einstimmen will auf die Tage der Ankunft, des Advents, die gipfeln in dem intensivsten Licht, das der Menschheit geschenkt worden ist, dem Weihnachtslicht, der Sonne um Mitternacht, wie wir sie ganz besonders in der Stillen Nacht empfinden können.
Jedes Jahr aufs Neue. Jedes Jahr wird es aufs Neue geschenkt.

Es gilt, solche Trauer, wie wir sie bei Trakl finden, anzunehmen, die, wie gesagt,  eine Trauer vieler Menschen ist.

Doch einsam ist niemand; es gibt Antworten für eine Seele, die sie vernehmen kann, und sie kommen von den Sternen, die uns ewig begleiten, und den Engeln, die uns Antwort geben, gerade wenn die Tage dunkler werden. In deren zunehmender Dunkelheit liegt die Möglichkeit, jenes Licht wahrzunehmen, von dem wir wieder einen ganzen Sommer lang zehren.

Es sei denn, uns gelingt etwas Besonderes: Weihnachten als seelische Entwicklungsstufe das ganze Jahr in uns mitzunehmen.


Mittwoch, 19. Oktober 2011

Heilung durch Liebe. – Die ganze Wahrheit des Rapunzelmärchens

Im Folgenden findest Du, lieber Leser, das Original-Märchen Razunzel.
Wie sehr dieses Märchen ein Märchen über Liebe ist, über wahre Liebe, habe ich hier versucht aufzuzeigen. Meine Empfehlung: Lies zuerst das Märchen. Für mich sind die großen Grimm-Märchen schon allein im Lesen und durch das Lesen heilsam. Du kannst auch noch am Schluss per angebotenem Link zu meinen Gedanken gelangen.
Hier nun das wunderschöne Märchen über einen Mann, der wirklich liebt:
Du weißt, liebe Leserin, lieber Leser, wie es Rapunzel ergangen ist: Sein Herz war voller Liebe zu dem Königssohn, und weil es vor Liebe überfloss, ließ es alle Vorsicht fahren und plauderte der Hexe sein zärtliches Geheimnis aus: sein Geliebter besuche sie jeden Abend, und er sei leicht wie eine Feder, sie aber die Hexe so schwer wie zwei Kartoffelsäcke; über den Geliebten würden sich seine Haare freuen, über sie aber würden sie nichts als jammern.
Die Hexe aber war weniger zornig über die Tatsache, dass hinter ihrem Rücken ein Königssohn dieselbe Leiter benutzt hatte wie sie; in Wirklichkeit ärgerte sie sich maßlos über den Vergleich mit den Kartoffelsäcken: „Warte nur, Rapunzel, das zahle ich Dir heim!“
Als nun der Königssohn an den Haaren Rapunzels wieder zum Turmfenster hinaufgelangt war, brauchte sie ihn einfach nur anzusehen, war doch schon ihr normales Gesicht voller schrecklichem Hass. Der Königssohn, der geglaubt hatte, nun das liebe Gesicht seiner Rapunzel zu sehen, erschrak fürchterlich, so dass er vor Schreck aus dem hohen Turmfesterchen sprang, mitten in eine Dornenhecke hinein, wobei er sich so sehr die Augen verletzte, dass er auf der Stelle erblindete.
Die Hexe aber konnte nun mit Rapunzel tun und lassen, was sie wollte. So rollte sie das Mädchen in ihren Zauberteppich ein und schickte alle Drei auf die Reise in die Einöde einer Wüstenei am Ende der Welt.
Alle Drei, fragt ihr?
Ja, die Liebe der beiden, von Rapunzel und dem Königssohn hatte schon Früchte getragen. Im Schoß Rapunzels wuchsen zwei kleine Zwillinge heran, Röschen und Rosenrot.
Rapunzel aber wusste, dass es seine Kinder - es ahnte schon um die zwei - allein würde erziehen müssen. Keinen Laut mehr hatte es von seinem Geliebten vernommen; so dachte es, er sei tot.
Das dachte die Hexe auch. Wie erstaunt aber war sie, als sie die Stimme des Königssohnes unter einem Dornengestrüpp vernahm. Noch viel erstaunter aber war sie, dass dieser nicht über seinen schmerzenden Körper oder sein verlorenes Augenlicht jammerte, auch nicht, dass er fortan blind durch die Gegend tappen musste; nein, der Königssohn weinte und klagte allein um den Verlust seines geliebten Rapunzels. Um das Gestrüpp herum sah die Hexe die Rehe des Waldes stehen, die mit dem Königssohn weinten; die Bäume bogen ihre Kronen zu ihm hin; Eulen, Tauben und Rotkehlchen saßen auf Büschen und Baumästen und alle weinten leise mit. Nur eine Nachtigall erhob des Nachts ihre Stimme und wollte nicht aufhören davon zu singen, dass alles gut würde. So blieb dem Königssohn ein kleiner Hoffnungsschimmer.
Die Hexe aber war fassungslos über so viel Liebe. Wie konnte ein Mensch so lieben, dass er sein eigenes Leid vergaß und nur an die Geliebte dachte! Sie beauftragte einen Kobold, den Königssohn zu einer Schlucht zu locken; das tat dieser auch. Alle Tiere, die ihn umgaben, versuchten vergeblich ihn zu warnen, glaubte der Königssohn doch, in der Nähe seines Rapunzels zu sein. So stürzte er eine steile Wand hinunter. Furchtbar schlug er in der Schlucht auf. Sein Blut floss aus einer Kopfwunde. Doch was die Hexe noch fassungsloser machte, war, dass jeder Tropfen Blut von der Liebe zu Rapunzel sang. So kam es, dass der Strom von Blut der Hexe wie ein gellender Gesang vorkam. Flugs sann sie auf einen ganz und gar tödlichen Anschlag. Als sie aber fort war, kamen Zwerge aus den Felsen der Schlucht und verbanden den Königssohn. Ein Bär schulterte ihn vorsichtig und trug ihn nach oben und ein Einhorn berührte ihn, so dass sich seine Wunde schloss; sehen aber konnte er nicht, nur singen und rufen nach seinem Rapunzel.
Die Hexe aber rief die giftigste Natter, die sie kannte, herbei und beauftragte sie, ihr ganzes Gift mit einem Biss in die Ferse des Königssohnes zu entladen. Das wollte die giftige Schlange auch tun. Als sie sich aber dem Königssohn näherte, kam sie kaum mehr vorwärts. Denn diesen umgab seine Liebe zu Rapunzel, durch diese aber kam die giftige Schlange nicht hindurch. Die Hexe aber schalt sie furchtbar. “Dann“, so sprach sie, „muss ich ihn eben selbst umbringen. Wenn ich ihn berühre, bleibt sein Herz für immer stehen.“
Das tat sie auch; doch kaum hatte sie den Königssohn berührt, da schlug ihr eigenes Herz wie rasend und es bat sie: „Berühre den Prinzen noch einmal, dann wird es geschehen.“ „Gut“, dachte die Hexe, „dann soll er also erst bei der zweiten Berührung sterben, mir auch recht.“ Und sie berührte den Prinzen noch einmal.
Mit einem Mal aber war es ihr, als falle ein Felsbrocken von ihrem Herzen und als fließe zum ersten Mal Blut durch dessen Kammern hindurch. Sie erkannte auf einmal die Schönheit des Prinzen und die Liebe, die ihn umfloss. Sie hörte, wie sein Herz mit dem Herzen von Rapunzel sprach und sie wusste, dass diese beiden Herzen niemals aufhören würden, miteinander zu sprechen. Sie spürte, dass die beiden trotz ihres Getrenntseins glücklich waren. Und auf einmal wusste sie dank ihres neuen Herzens, dass auch sie das größte Glück der beiden wollte. Sie rief ihren Zauberdrachen, heilte ihn von seinem todbringenden Hass durch die Liebe, die ja nun auch durch sie floss, so dass es ein Glücksdrachen wurde, und sie bat ihn: „Hole Rapunzel.“
Und ehe sie sich's versehen hatte, stand Rapunzel vor ihr, an der linken Hand hielt es Rosenrot, an der rechten Röschen. Alle drei aber beugten sich über ihren Mann und Vater und mit ihren Tränen netzten sie seine Augen, die auf einmal all ihr Glück sehen konnten. Dazu aber sang leise eine Nachtigall.
Die Hexe aber konnte dieses neue Glück kaum fassen, das auch ihr Glück war, und sie dankte mit heißem Herzen dem Königssohn, dass seine Liebe ihr Herz geheilt hatte.
Alle Fünf und alle ihre lieben Begleiter, Tiere, Pflanzen, und Bäume leben noch heute und gerade heute und heilen Menschen, die heilen Herzens sein wollen.

Gedanken zum Rapunzel-Märchen: hier